Die 16. Rotation der NATO-Battlegroup in Litauen – Erstmals ein Niederländer an der Spitze
Die NATO-Battlegroup in Litauen, die als Teil der Rückversicherung für das baltische Land eingerichtet wurde, hat turnusgemäß einen neuen Kommandeur. Erstmals seit dem Start der multinationalen Einheit 2017 ist es kein Bundeswehroffizier, sondern der niederländische Oberstleutnant Sebastiaan Schillemans, der sonst das gemischte deutsch-niederländische Panzerbataillon 414 der Bundeswehr führt.
Im Februar 2017 hatte das Panzergrenadierbataillon 122 aus Oberviechtach den ersten Kern der vom Bündnis neu installierten Kampfgruppe an der Nordostflanke der NATO gestellt. Die Allianz hatte im Jahr zuvor beschlossen, eine sichtbare Präsenz in den drei baltischen Staaten und Polen aufzubauen und damit der Abschreckung gegen Russland zusätzliches Gewicht zu verleihen – unter dem Eindruck der russischen Annexion der Krim und mehrere Jahre vor dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine im Februar 2022.
Das verstärkte Bataillon in Litauen wurde seitdem von Deutschland geführt. Regelmäßig verlegen deutsche Soldaten und Soldatinnen für ein halbes Jahr nach Rukla und übten dort gemeinsam als Teil der litauischen Iron Wolf-Brigade mit den Litauern und den anderen beteiligten Verbündeten, vor allem aus den Niederlanden. Dabei wurde und wird auch regelmäßig das gesamte Großgerät ausgetauscht; die jeweiligen deutschen Bataillone nehmen ihre Panzer oder Haubitzen mit in diese Mission und auch wieder mit zurück.
Mit der inzwischen 16. Rotation und der Übernahme der Führung der Battlegroup in Rukla in Litauen durch das deutsch-niederländische Bataillon rückt eben auch der Kommandeur dieses Bataillons an die Spitze des multinationalen Kampfverbandes. Schillemans hatte 2022 als erster Niederländer das Kommando über dieses Bataillon übernommen. Er löst in Litauen den Kommandeur des Panzerbataillons 104 aus Pfreimd, Oberstleutnant Marek Krüger, ab.
Zeitgleich wechselte auch der Kontingentführer der deutschen Truppen in Litauen: Oberst Christian von Blumröder löste den bisherigen Senior National Representative Oberst Mike Werner ab. Auch dieser Wechsel zeigt, wie schon das neue Kommando der Battlegroup, die enge Verzahnung der deutschen und der niederländischen Streitkräfte: Blumröder ist bislang stellvertretender Kommandeur der niederländischen 43. Mechanisierten Brigade, die wiederum der deutschen 1. Panzerdivision unterstellt ist.
Die zwei kurz nacheinander stattfindenden Übergaben sind, wie schon in den vergangenen Jahren, Teil der komplizierten Struktur des deutschen militärischen Engagements in Litauen. Denn parallel zu dem inzwischen langjährigen Engagement der NATO-Battlegroup, die wiederum der litauischen Iron Wolf-Brigade unterstellt ist, läuft die Aufstellung einer Bundeswehr-Kampfbrigade, die bis 2027 in Litauen stationiert werden soll.
Ein Hinweis, um möglicher Verwirrung entgegenzuwirken: Bislang wurde die Battlegroup in Bataillonsstärke in Litauen, ebenso wie gleichartige Verbände in den anderen baltischen Staaten und in Polen, als enhanced Forward Presence (eFP), vorgeschobene verstärkte Präsenz, bezeichnet. Nachdem die NATO von dieser Bezeichnung Abschied genommen hat – vgl. dazu die unterschiedliche Angabe auf der Webseite des NATO-Oberkommandos SHAPE aktuell und noch im Juni – wird der Begriff nun auch von der Bundeswehr nicht mehr verwendet.
Fürs Archiv die bisherigen Rotationen des eFP-Bataillons/der NATO-Battlegroup:
Beginn und 1. Rotation: Panzergrenadierbataillon 122 aus Oberviechtach
2. Rotation: Panzergrenadierbataillon 371, die Marienberger Jäger
3. Rotation: Jägerbataillon 292 aus Donaueschingen
4. Rotation: Panzerbataillon 393 aus Bad Frankenhausen
5. Rotation: Panzerbataillon 104 aus Pfreimd
6. Rotation: Panzergrenadierbataillon 391 aus Bald Salzungen
7. Rotation: Panzergrenadierbataillon 371, die Marienberger Jäger
8. Rotation: Panzerbataillon 104 aus Pfreimd
9. Rotation: Panzerlehrbataillon 93 aus Munster
10. Rotation: Panzerbataillon 414 aus Bergen
11. Rotation: Panzergrenadierbataillon 411 aus Viereck
12. Rotation: Panzerbataillon 203 aus Augustdorf
13. Rotation: Panzergrenadierbataillon 401 aus Hagenow
14. Rotation: Panzerbataillon 363 aus Hardheim
15. Rotation: Panzerbataillon 104 aus Pfreimd
(Foto: Kommandoübergabe der NATO-Battlegroup in Rukla von Marek Krüger, r., an Sebastaan Schillemans, in der Mitte der Kommandeur der litauischen Iron Wolf Brigade, Aurelijus Motiejūnas – Foto Litauisches Verteidigungsministerium)
Bei der Übergabe in Litauen von Oberst Mike Werner an Oberst Christian von Blumröder ist dieser mit LLBarett zu sehen.
Anzumerken, O v. B.llumröder ist ausgebildeter PzGrenOffz und wurde erst nach seiner Attaché-Zeit in Den Haag, 2004-06 Luftlander, selbstverständlich mit Springerlehrgang.
Auch hier um möglicher Verwirrung entgegenzuwirken, ein im Ursprung PzGrenOffz führt in Litauen als Senior National Representative und ist Nächsthöherer der NATO-Battlegroup, nicht etwa ein FSchJgOffz, der „noch nie zuvor Ketten sah“.
Sicher, dass Oberst v. Blumröder der Stellvertretende Kdr 43. Mech Brigade ist? Ich hatte im Kopf, dass er „nur“ DDO ist, der Deputy aber unverändert ein NLD StOffz. Kann aber auch eine veraltete Information meinerseits sein.
@KPK
Ich kann Ihnen aus eigener Erfahrung berichten, da Oberst v. Blumröder deutlich „bordeaux“ ist und das auch gerne so formuliert… ;-)
[Bitteschön:
https://web.archive.org/web/20210930150740/https://www.bundeswehr.de/de/organisation/heer/aktuelles/ein-keyplayer-verabschiedet-sich-5224960
T.W.]
@ Voodoo
Der Begriff „Deutscher Anteil …“ zeigt an, dass hier deutsche Soldaten in eine ausländische Dienststelle integriert sind.
Insofern ist DDO eine Dienststellung, um die Unterstellung der deutschen Soldaten formal zu regeln – aber auch der DDO hat dann eine Funktion in der jeweiligen Dienststelle, hier dann eben der „DCOM Ops“, anderswo ist er dann möglicherweise der G3 oder der G7.
Besten Dank für die Auffrischung!
Skandinavier nehmen die Bedrohung der Ostflanke ebenfalls ernst.
Hans Tino Hansen, Denmark
@HthHans
🇩🇰 Denmark deploys a mechanized infantry btn to the 🇨🇦-led Multinational Brigade in 🇱🇻Latvia for 4 mths, being part of the Danish-led Multinational Division North. An alternate presence of a 🇩🇰and a 🇸🇪 btn is in planning stages.
In Friedenszeiten unterstützt das Hauptquartier unter anderem die nationale Verteidigungsplanung der baltischen Staaten, bildet baltische Soldaten aus und koordiniert militärische Aktivitäten in der Region, einschließlich der verstärkten Vorwärtspräsenz der NATO in den baltischen Ländern, zu der auch Dänemark gehört.
The Danish-led multinational headquarters in Latvia, HQ in Adazi, Multinational Division North (MND N), has reached full operational capability july 2023.
Freundlich gemeinter Hinweis @ T. W.
Es kann davon wohl ausgegangen werden, daß die Formulierung „Oberst Christian von Blumröder“ der Vollständigkeit wegen zuerst genannt wurde, damit dem Autor i. A. auf eine Kurzbezeichnung zurückgreifen kann. Da die ehemaligen Adelsprädikate seit der Weimarer Reichsverfassung von 1919 namensrechtlich zum Bestandteil des Familiennamens geworden sind, muß diese Kurzbezeichnung allerdings zumindest „von Blumröder“ heißen.
(Aus diesem Grund dürfte es sich etwa bei der Berliner „Stauffenbergstraße“ um eine inkorrekte Benennung handeln – zumindest dann, wenn ein [Oberst i. G. Claus Schenk Graf] von Stauffenberg gemeint ist -, währenddessen bspw. die Strausberger „Von-Hardenberg-Kaserne“ korrekt betitelt wurde.)
[Ebenso freundlich gemeinte Antwort: Ah danke. Übrigens, nach der seit einigen Jahren geltenden amtlichen Rechtschreibregelung muss es „muss“ heißen, nicht muß. T.W.]
@T.W. woher stammt die Information, dass „eFP“ jetzt „NATO Battlegroup“ heißt? Auf der Internetseite der Bw wurde noch nicht davon berichtet. Lg
[Ich empfehle den Blick auf die im Text verlinkten SHAPE-Webseiten. T.W.]
Hallo, ist bereits bekannt, ob die deutsch-niederlaendische Teilhabe an der Iron Wolf-Brigade auch nach erfolgter Aufstellung der neuen deutschen Litauen-Brigade fortgesetzt wird? Vermutlich schon, weil einmal NATO und einmal direkte bilaterale Uebereinkunft?