Kommandowechsel in Litauen: Fünfte Rotation bei der NATO-Battlegroup (m. Korrektur)
Die von der Bundeswehr geführte NATO-Battlegroup in Litauen hat einen neuen Kommandeur. Bei einer Zeremonie in Anweisenheit der litautischen Präsidentin Dalia Grybauskaitė übernahm am (heutigen) Montag der Kommandeur des Panzerbataillons 104 in Pfreimd, Oberstleutnant Peer Papenbroock, vom Kommandeur des Panzerbataillons 393 in Bad Frankenhausen, Oberstleutnant René Braun.
Seit zwei Jahren führt Deutschland in dem baltischen Land ein verstärktes multinationales Bataillon im Rahmen der so genannten enhanced Forward Presence (eFP), der verstärkten Präsenz der NATO. Zusammen mit weiteren eFP-Bataillonen in Estland, Lettland und Polen sollen die rotierend von anderen Staaten der Allianz beschickten Battlegroups den östlichen Bündnismitgliedern den Rückhalt der anderen NATO-Staaten signalisieren – und faktisch als Stolperdraht für ein vor allem im Baltikum befürchtetes russisches Übergreifen verhindern.
In einer gemeinsamen Pressekonferenz betonten Grybauskaitė und die deutsche Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen die Bedeutung dieser Battlegroup für Litauen – und die deutsche Ministerin sicherte zu, dass die Bundeswehr so lange in Litauen präsent bleiben werde, wie es nötig sei.
Die Pressekonferenz einschließlich der Fragen und Antworten, bei denen es vor allem um die politische Lage nach dem Aussetzen des INF-Vertrages durch die USA und Russland ging, komplett zum Nachhören:
(Die litauische Konsekutivübersetzung habe ich bewusst dringelassen, weil es sonst Probleme mit dem Verständnis der Präsidentin geben könnte)
Im Anschluss an die Kommandoübergabe wurde ein Lager auf dem Übungsplatz Pabrade, auf dem die NATO-Battlegroup regelmäßig übt, nach dem deutschen Oberstabsgefreiten Adrian Rohn benannt. (Korrektur: Nicht die Kaserne in Rukla) Der Bundeswehrsoldat war im Oktober vergangenen Jahres dort während einer Übung durch einen Unfall ums Leben gekommen. Grybauskaitė, von der Leyen und Litauens Verteidigungsminister Raimundas Karoblis legten zudem Kerzen an einem Gedenkstein in der Kaserne in Rukla ab, der an Rohn und an den bereits 2017 in Litauen verstorbenen kroatischen Soldaten Mario Pavisic erinnert.
Zur Dokumentation die kurze Übersicht:
Offizieller Beginn der NATO-Battlegroup in Litauen war am 7. Februar 2017
Der russische Präsident Wladimir Putin hatte den Einsatz der eFP-Battlegroups im vergangenen Sommer als aggressives Vorgehen der NATO bezeichnet und Gegenmaßnahmen angedroht.
Beginn und 1. Rotation: Panzergrenadierbataillon 122 aus Oberviechtach
2. Rotation: Panzergrenadierbataillons 371, die Marienberger Jäger
3. Rotation: Jägerbataillon 292 aus Donaueschingen
4. Rotation: Panzerbataillon 393 aus Bad Frankenhausen
Kleine Korrektur: nicht das Lager der eFP Battle Group in Rukla wurde nach Adrian Rohn umbenannt sondern das sogenannte Camp 500 in Psprade. Dort werden temporär Kräfte untergebracht, die auf dem Übungsplatz üben.
[Danke – war mein Fehler, hatte das falsch verstanden. Korrigiere ich. T.W.]
Jetzt hat das Panzerbataillon 104 die Führung der Nato-Battlegroup in Litauen für 6 Monate übernommen.
Mich würde interessieren, ob jemand weiß, welches Bataillon in einem halben Jahr die Ablösung stellt? Denn die Panzerbataillone sind jetzt durch, mehr als 2 Panzerbataillone hat die 10. Panzerdivision nicht(das Panzerbataillon 363 wird erst ab Oktober aufgestellt), das Jägerbataillon 291 hat keine schwere Kompanie und die Panzergrenadierbataillone 112 und 122 sind in der Umrüstung von Marder auf Puma Schützenpanzer.
@Closius
Die PzGren Btl bekommen ja ohnehin nicht genug Puma für 3 Kp also können die das theoretisch noch generieren.
@closius
Es gibt ja noch zwei weitere PzGrenBtl in der 10.PzDiv.
Frage als Unwissender:
Wieviele Kpz und wieviele Spz hat denn so ein verstärktes Btl?
In etlichen Artikeln/Beiträgen kann man lesen, dass es mit der Einsatzbereitschaft nicht so weit her ist und dass sowieso nur noch 250 Leo II (A -was auch immer) auf dem Hof stehen.
Wenn ich mich recht erinnere hatte ein PzBtl mal 53 Leos
@ closius
Die 6. Rotation stellt die PzGrenBrig37 mit dem PzGrenBtl 391
@ Luftwebel: Die Bundeswehr stellt nicht das ganze Bataillon, sondern meistens zwei verstärkte Kompanien (1x Stabs- und Versorgungskompanie, 1x Kampfkompanie). Dieses Mal sind das 600 Mann mit 150 Radfahrzeugen und 32 Kettenfahrzeugen:
https://www.deutschesheer.de/portal/a/heer/start/aktuell/nachrichten/jahr2019/januar2019/!ut/p/z1/hY_NDoIwEITfiC3lRziCRINBFJuo7cU00CAGW9JU4sGHt8SEG3EPk-zM7rdZYHAFJvnYtdx0SvLe9pSFtzD28y0maH8o1hhVpMo9b4cx8hGc4fJvhNkYLVSCgDQCqGWslhkuEGDAGuHUSgozqRHSdFZbzY3SzqC06afkpbVNnK4BitwsRcF8yv2k0TWLCj92szw9TcAHH_l73uX19DTQO5dNL46qTn7G8NxEZRm0X6NRK2Y!/dz/d5/L2dBISEvZ0FBIS9nQSEh/#Z7_694IG2S0MOLC20QSQI33J22041
Zu den früheren Rotationen hat die deutsche Wikipedia eine sehr gute Übersicht:
https://de.wikipedia.org/wiki/NATO-Battlegroup_Lithuania
@ Luftwebel:
Das mit den 53 KPz ist schon lange vorbei.
Heute hat ein PzBtl 44 KPz und ein PzGrenBtl 44 SPz, 14 pro Kp zzgl 2 der BtlFüGrp.
Im vorliegenden Fall tippe ich auf 30 KPz und 14 SPz.
Joachim Krause, Uni Kiel, bewertet eine strategischen Bedrohung des Westens durch russische Hochrüstung in erster Linie im Flugkörperbereich.
Vor dem Hintergrund dieser Befähigung seinen Überraschungsangriffe gegen die baltischen Staaten jederzeit möglich.
https://www.deutschlandfunk.de/politologe-krause-russland-sucht-strategische-konfrontation.1939.de.html?drn:news_id=973550
Die symbolische Präsenz der eFP-Truppen genügt damit nicht einmal einer Stolperdrahtrolle. Die Forderung lautet daher nach Stationierung in jedem der drei Staaten von Truppen in Divisionsstärke, mindestens jedoch 30.000 Soldaten, was etwa zwei Div gleichkommt.
Krause lässt offen, wer diese Kontingente stellen soll und welcher Einfluss auf nationale Haushalte es gäbe. Eine Rotation muss spätestens in einem solchen Fall ausgeschlossen werden.
Audio-Link ist obigem Link enthalten.
@Klaus-Peter Kaikowsky | 05. Februar 2019 – 9:31
Ich habe in ihrem Link keinen Audiobeitrag gefunden. Macht aber nix, mir reicht der dortige Text.
Der Politologe sieht in den stationierten Kräften „nur einen symbolischen Charakter“ und keine „gewisse Verteidigungsfähigkeit“.
Recht hat er. Ersteres ist der Auftrag – Stolperdraht, menschliches Schutzschild, glaubhaftes Interesse an der Situation vor Ort bekunden. Dafür braucht es keine 30.000 Soldaten direkt vor Ort.
@Klaus-Peter Kaikowsky | 05. Februar 2019 – 9:31
„Die Forderung lautet daher nach Stationierung in jedem der drei Staaten von Truppen in Divisionsstärke, mindestens jedoch 30.000 Soldaten, was etwa zwei Div gleichkommt.“
Da haben Sie aber positiv gerechnet. Bei der heutigen Struktur und Stärke von Bataillonen und Brigaden sprechen wir hier eher über 3 Divisionen plus. Und wo wollen Sie diese in NATO-Europa hernehmen?
Die stehen dann auch für nichts anderes zur Verfügung. Und man hat 3 Divisionen im Kessel stehen mit der Ostsee im Rücken und landwärts nur den potentiellen Gegner ringsherum. Wenn es da zum Konflikt kommt, dann haben wir Krieg, aber das Baltikum ist erstmal weg. Egal, was da steht.
Fordern kann man aus seinem Wolkenkuckucksheim heraus immer viel, aber die mögliche Umsetzung schuldig bleiben. Und dann ist da noch die NATO-Russland-Grundakte, die dabei so ganz nebenbei über Kopf geht. Da hat es sich Herr Krause aber sehr einfach gemacht.
@Tom @Pio-Fritz
https://ondemand-mp3.dradio.de/file/dradio/2019/02/05/inf_vertrag_am_ende_wie_geht_es_weiter_interview_dlf_20190205_0650_594c77e3.mp3
Hoffe dies funktioniert, Aussage von Prof J. Krause im DLF von heute früh, einschließlich Stellungnahme zu INF.
Anmerkung.
Kein Wissenschaftler unterliegt der Forderung die Machbarkeit seiner theoretischen Erkenntnisse in Praxi umzusetzen, dann könnten wir uns wissenschaftliche Forschung ohnehin gleich sparen. Krause hat nichts anderes als eine BdL im politisch-strategischen Bereich angestellt und eine Entscheidungsvorlage (an deutsche politische Führung) als Möglichkeit des Handelns unterbreitet.
Warum immer so typisch-deutsch-pessimistisch, „das Baltikum ist erstmal weg“? Ergo, lohnt sich eh alles nicht? Amen!
Wirkung eingeschlossener Truppe im Baltikum lässt sich bestens an der Kesselschlacht von Kurland durch die deutsche „Heeresgruppe Kurland“ nachvollziehen, die im etwa gleichen Operationsgebiet acht Monate erfolgreich sechs Großangriffe der sowjetischen Streitkräfte bei nur geringen Raumeinbußen abwehrte.
Litauen:
Übung Iron Wolf – die NATO zeigt Zähne (link: http://dlvr.it/QyDPJP) dlvr.it/QyDPJP
Idee des Gefechts wird deutlich.
@Klaus-Peter Kaikowsky | 05. Februar 2019 – 14:48
Sie wollen jetzt nicht allen ernstes eine aus der Not heraus geborene Heeresgruppe, die zum Ende des Krieges aus den Resten der Heeresgruppe Nord gebildet wurde und von Anfang an in einem russischen Kessel saß, als leuchtendes Beispiel hinstellen? Wieso soll ich meine Truppen heute freiwillig in diese Situation bringen? Das ist total sinnbefreit.
Und eine Beurteilung der Lage ist das nicht. Dann hätte der gute Herr Krause auch eine Aussage zur NATO-Rußland-Grundakte treffen müssen. Da hat er sich (Sie auch) drum gedrückt.
Ich denke nicht, das RUS sich das so einfach gefallen lässt, wenn man ihnen NATO-Truppen in Korps-Stärke in die Flanke stellt. Das ist unnötiges Säbelrasseln und bringt auch nicht mehr, als die jetzige Lösung. Hier ist Abschreckung der Zweck, durch einen Angriff würden alle beteiligten NATO-Mitglieder direkt angegriffen. Da ist es wurscht, ob das auf ein verstärktes Bataillon oder eine Division geschieht.
Ansonsten widersprechen Sie sich selbst. Entweder ist das eine Theorie, dann muss er (Prof. Krause) die Machbarkeit nicht berücksichtigen. Ist es eine Entscheidungsvorlage, wie Sie behaupten, hat er die Machbarkeit zwingend zu berücksichtigen und Alternativen aufzuzeigen. Was ist es denn nun? Wohl eher graue Theorie.
@Pio-Fritz
Da sieht der Betrachter, was aus der Not alles machbar ist (war), derselbe stelle sich heutiges geplantes Vorgehen vor.
Sinn macht, was Abschreckung verkörpert; eine Alibi-Truppe auf niedrigstem Level zur Beruhigung der Gemüter in heimischen Gefilden lohnt nicht und solcher im Baltikum ebensowenig.
Russland kann nichts dagegen unternehmen (von Nord-Stream Verriegelung abgesehen), es sei denn präventiv vorzugehen, werden sie – noch – nicht machen.
VstkBtl oder Div ist „wurscht“? Ihre TaktikAusb haben Sie geschwänzt?
Nur zwei Stichworte dazu: bereitstellen von überlegener Kampfkraft, binden von Kräften für Folgeoperationen (was in Kurland bestens gelang).
Alle Theorie ist grau.
Dass diese Kieler Aussage einer Entscheidungsvorlage, einer ministeriellen gleichkommt, behaupte ich nicht. Allerdings sollten die Gedanken in dieser Art aufgefasst werden.
Einzig die Bedenken hinsichtlich der „NATO-Rußland-Grundakte“ gestehe ich zu, hätte er seriöserweise anreißen müssen. Nur, besteht diese faktisch noch, oder ist der „Geist der Akte“ nicht längst erloschen, ausgelöst durch Krim – Donbas und ff eFP?
@Klaus-Peter Kaikowsky | 05. Februar 2019 – 18:45
„VstkBtl oder Div ist „wurscht“? Ihre TaktikAusb haben Sie geschwänzt?“
Nana, wer wird denn gleich ausfallend, nur weil ich Ihren SiPo-Prof nicht Hype?
Und Sie sind sich schon bewusst, das Sie ein 74 Jahre altes Beispiel heranziehen?
Wie auf der Krim oder im Donbas erwarte ich keinen offenen Angriff mit Panzerschlacht auf freiem Feld etc.. Ich gehe davon aus, das genauso asymmetrisch oder hybrid vorgegangen wird, unter Einbeziehung der russischstämmigen Bevölkerung. Von daher sind die vorhandenen Kräfte ausreichend.
@Pio-Fritz
Wenn Sie Größenordnungen von VstkBtl zu Div als „wurscht“ bewerten, erübrigt sich weitere Facherörterung.
Operateure haben ihre Beurteilungen nicht nach voreiligem „erwarte ich“ auszurichten, sondern analog zu allen Möglichkeiten des Handelns und der aus Gegnersicht erfolgversprechendsten. Damit muss in Optionen gedacht und gehandelt werden, die bequemste ist dabei erfahrungsgemäß die gefährlichste Möglichkeit.
[Haben die Herren damit ihre Befindlichkeiten ausgetauscht? Danke. T.W.]
Zwei interessante Nachrichten zum Thema:
https://en.delfi.lt/lithuania/defence/germany-pledges-to-invest-110-mln-euros-in-lithuanian-military-bases.d?id=80287285
https://en.delfi.lt/lithuania/politics/state-security-department-presents-its-annual-report.d?id=80282531
[Wenn es für nötig gehalten wird, hier eine Meldung der chinesischen (!) Nachrichtenagentur Xinhua zu den deutschen Investitionen in Litauen zu verlinken, frage ich mich natürlich, ob ich mir die Arbeit machen muss, nach Litauen zu fahren, die Pressekonferenz der Ministerin aufzuzeichnen, wo sie genau diese Zahl nennt, und das hier zu veröffentlichen. Wenn ihr mit chinesischen Meldungen Tage später zufrieden seid, kann ich meine Arbeit ja einstellen. T.W.]
Der E-Transport von 104 von Grafenwöhr – Rukla braucht fünf Tage, das überrascht dann doch, selbst wenn klar ist, dass unter Friedensbedingungen Militärtransporte in der DB-Cargo-Prioritätenabfolge hintenan stehen.
Ebenso verblüffend, dass an der Grenze Polen – Litauen (immer noch) auf russische Breitspur gewechselt werden muss, bei einem EU-Mitgliedstaat!
Anlässlich der letztjährigen Atlantic Resolve Durchgangs beklagten U.S., NLD und britische Verbände unnötige organisatorische Verzögerungen bei Grenzübertritten BEL/NLD – DEU sowie in der Nutzung DB-Cargo für Deutschland als Durchmarschraum. Ähnliches bleibt bislang seitens des „Operational Mission Command“/Posen für den U.S. Anmarsch vom BEL Zeebrügge als SPOD erfreulicherweise aus.
Jeglicher Zeitgewinn zwischen dem SPOD und dem Auslaufpunkt Rukla werden durch erzwungene Nutzung einer Spurwechselzone allerdings zunichte gemacht, vom verbundenen taktischen Schwächemoment in einer Krise ganz zu schweigen.
@Klaus-Peter Kaikowsky | 07. Februar 2019 – 22:10
Wer jemals Gütertransport erlebt hat, den dürfte das nicht überraschen.
Selbst der Linienpersonenverkehr braucht über 24Std für die Strecke. Wenn man sieht, dass ein Transport quer durch Deutschland auch 2 bis 5 Tage dauert, dann passt das schon.
Und wozu sollte der Transport nach Rukla im aktuellen Umfeld schneller laufen? Es gibt dazu keine taktische Notwendigkeit. Wäre nur Mehraufwand, Mehrkosten und eine Einschränkung der sonstigen Bahnverbindungen ohne jeden Mehrwert.
Und nun? Mal eben alle drei Staaten [denn von Kaunas bis nach Narwa sind es nochmal über 700km] dauerhaft umspuren? So inklusive Zugmaterial, Gleisen und neuen Umspureinrichtungen an der Grenze zu Russland?
All das wegen einer einzigen Bahntrasse zwischen Polen und dem Baltikum und mehreren Trassen zwischen Baltikum und Russland?
Ach ja, die Spanier haben auch eine andere Spurweite als der Rest. Und die Briten und Zyprioten fahren ihre Autos auf der falsche Seite, da passen Lenkradposition und Scheinwerferausrichtung auch nicht zum EU-/NATO-Standard.
Bei dem langen Anmarsch fällt die Umspurzeit nicht ins Gewicht. Bei einer Krise mit hoher spontaner Kriegsgefahr wäre der Eisenbahntransport auf einer einzigen Linie im engen Suwalski-Gap aber eh ein „taktischer Schwächemoment“. Bei laufenden Feindseligkeiten sowieso.
Kurz gesagt, das ist alles nicht ideal, aber weit von einem ‚Problem‘ entfernt.
@Tom
„Und nun? Mal eben alle drei Staaten [denn von Kaunas bis nach Narwa sind es nochmal über 700km] dauerhaft umspuren“?
Als EU-Mitglied/NATO-Mitglied seit 2004 und immer noch auf RUS Breitspur? Selbstverständlich dauerhaft umspuren, oder wickeln die Balten ihren Schienen gebundenen Wirtschaftsverkehr mit Weißrussland/Russland in Priorität ab und sind auf mil Nachschub aus dem Westen überhaupt nicht angewiesen?
Der Zeitverlust in der Spurwechszone fällt nicht ins Gewicht?
Gerade weil dies NICHT zutrifft hatten die Sowjets dies für die Westgruppe der Truppen permanent geübt. Bei einem Aufmarsch zählt jede verlorene Stunde doppelt. Wesentlicher, mit Einfluss auf die Zeit ist
– die Nichtverfügbarkeit der anmarschierenden Truppe während der Umspurung
– die Luftbedrohung innerhalb der Spurwechselzone.
Weil ein E-Trsp „im engen Suwalski-Gap aber eh ein „taktischer Schwächemoment“ ist, … kommt es also nicht drauf an?
Umgekehrt wird es logisch. Da die Operationsführung von Lage und Ausmaß des Suwalki-Gap beeinträchtigt würde, spielt Zeit DIE ENTSCHEIDENDE Rolle.
Zeit ist neben Kräften und Raum einer der drei gravierenden operativen Faktoren!
Ihr Argument mit ESP / GBR soll ein Scherz sein, oder liegen beide in der Anmarschzone gen Osten?
@LTC007 kann dazu etwas aussagen, ggf auch einer der Herren mit NVA – background?
@Tom
An der Eisenbahn in Normalspur im Baltikum wird gebaut, sporadisch. Mittlerweile ist die Strecke ab polnisch-litauischer Grenze bis Kaunas ausgebaut, der Nutzen ist jedoch gering, einerseits, da es ab Kaunas noch nicht weitergeht (und dort m.W. auch keine Umspurung erfolgen kann, so dass man das an der Grenze macht), andererseits, weil auf polnischer Seite die Strecke bis/ab Bialystok nur auf Tempo 40 ausgelegt ist, wann da der ernsthafte Ausbau erfolgt, ist nicht klar. Und die Letten und Esten müssen warten, bis man in Litauen aus dem Knick kommt. Zwar ist diese Route als Rail Baltica (https://de.wikipedia.org/wiki/Rail_Baltica) immer wieder in die Förderung durch EU-Mittel aufgenommen, allein es fehlt die Umsetzung. Speziell, so sehe ich das, stört die in Vilnius ansässige Politik, weil die es nicht verknusen können, dass die Bahn durch Kaunas, aber nicht durch Vilnius geht (wobei das ein unsinniger Umweg wäre, und Vilnius und Kaunas auch so schon frequent per moderner S-Bahn verbunden sind). Anstatt also der alten Eisenbahnlinie nach Riga zu folgen (die würde über Siauliai führen), versucht man sich in einer neuen Streckenführung, mit sehr zeitaufwändigen Enteignungsverfahren, die aber auch noch nicht begonnen haben.
Als vor ein paar Jahren dieser isländische Vulkan den nordeuropäischen Flugverkehr lahmlegte schien sich was zu bewegen, denn man stellte in Vilnius plötzlich fest, dass man am A… der Welt ist. War aber zu kurz …
Übrigens hat auch Finnland die russische Breitspur.
@KPK
Ja, der Hauptanteil des Eisenbahngüterverkehrs läuft im Baltikum in Ost-West-Richtung und damit auf Breitspur. Für Litauen kommt noch der Transitbetrieb nach Königsberg/Kaliningrad hinzu.
Als interessant in dem Zusammenhang finde ich folgende, nicht ganz aktuelle Statistik, dass sowohl die litauische als auch die lettische Bahn Transportleistungen von je knapp 15% derer der Bundesbahn erbringen (Tabelle hier: https://de.wikipedia.org/wiki/Schieneng%C3%BCterverkehr#Europa). Das geht mangels eigenem Netz (das ist eher ein Fischgrätenmuster als ein „Netz“) nur, wenn man weit nach Osten fährt. Die litauische Bahn ist auch in der BRI involviert, als EU-Partner, allerdings hält man sich dazu sehr bedeckt, dazu liest man in der chinesischen Presse mehr als in der litauischen.
Ach ja, ich habe noch Mal nachgelesen, die Schreiben zwecks der Enteignung von Land für die Strecke bis zur litauisch-lettischen Grenze sollen im November 2018 an 1200+ Eigentümer rausgegangen sein. Da die Enteignung nicht attraktiv ist, dürften in vielen Fälle Gerichtsverfahren anhängig werden, so dass man vielleicht in 3-5 Jahren Baufreiheit bekommt.
@Klaus-Peter Kaikowsky | 08. Februar 2019 – 17:08
Zum Schwerpunkt der Eisenbahnnutzung und -verbindung im Baltikum, nein es ist nicht Polen, hat @justanick sich bereits geäußert. Militärische Nutzbarkeit ist dabei nun mal nur ein Nebenaspekt.
Irgendwie haben wir unterschiedliche Filme im Kopf, wie eine Auseinandersetzung im Baltikum ablaufen könnte und wie (Zeit, Kräfte, Raum) eine Reaktion der NATO erfolgen würde.
Mein Baltikum-Film passt nicht zur Situation im Kalten Krieg in Ost- und Mitteleuropa. Damals war eine massive großräumige Eskalation binnen Stunden die Planungsgrundlage. Infolge dieser sollten hunderttausende Soldaten über den Flaschenhals UdSSR-Grenze in den weiten Einsatzraum Mitteleuropa verlegt werden können. Die Situation im Baltikum heutzutage ist da doch leicht anders.
Das gilt aber alles nur für die Zeit VOR Beginn einer bewaffneten Auseinandersetzung. Nach Beginn einer heißen Phase wäre diese Eisenbahnverbindung schlagartig nicht mehr nutzbar. Sie ist als einzige Schienenverbindung ein solches Hochwertziel für die russische Seite, dass eine Benutzbarkeit für den militärischen Nachschub der NATO mutmaßlich ausfallen würde.
Vor Beginn einer bewaffneten Auseinandersetzung würden politische Entscheidungsfindung, militärische Planung und Vorbereitung sowie die Kräfteheranführung aus den Weiten Europas und der USA so viel Zeit verschlingen, dass der Zeitbedarf für ein Umspuren oder Umladen absolut irrelevant ist.
Man darf sich nicht der Illusion hingeben, dass die NATO das Baltikum bei einer überraschenden massiven russischen Invasion aktiv vor Ort an Land verteidigen könnte. Eine Bündnisverteidigung würde solch ein Angriff zwar auslösen, aber die NATO könnte den Angriff nicht nach 10km stoppen. Und nach sehr optimistischen 5 Tagen bräuchte man keinen Einsenbahnzug voller Panzer mehr im Suwalski-Gap.
Dessen ist sich auch die NATO bewusst. Und sie hat als eine Folge mit den Battlegroups nicht nur einen Stolperdraht ausgelegt, sondern ans Baltikum auch ein sehr hohes Preisschild für Russland gehängt.
Kein Scherz. Sondern der Hinweis, dass im Bündnisgebiet die Infrastruktur durchaus unterschiedlich ist. Und man damit eben zurechtkommen muss.
In dieser Diskussion geht es um den Transport gen Osten. Wann anders muss man Versorgungslinien an die Südwestflanke sicherstellen. Oder im wahrsten Wortsinn über den Bosporus. Selbige Problemstellung gilt für logistische Verfahren und Mittel oder auch technische Gegebenheiten am Material und Munition, die nicht zwischen allen NATO-Ländern interoperabel sind.