Sechs Jahre deutsch geführte NATO-Battlegroup in Litauen: 13. Rotation (und Wechsel bei der eVA-Brigade)
Seit nunmehr sechs Jahren führt die Bundeswehr die NATO-Battlegroup der so genannten enhanced Forward Presence (eFP) in Litauen. Deutschland hat nicht nur die Führung des multinationalen Verbandes inne, sondern stellt auch die meisten Soldatinnen und Soldaten. Am (heutigen) Donnerstag wechselte das Kommando in der inzwischen 13. Rotation – und erstmals gab es auch einen Kommandowechsel beim deutschen Kontingentführer, der zugleich der Chef einer deutschen Verstärkungsbrigade ist, die Deutschland dem baltischen Land zugesagt hat.
Als Reaktion auf das russische Vorgehen in der Ost-Ukraine und die Annexion der Krim hatte die NATO 2016 die Einrichtung von vier verstärkten Bataillonen an der Nordostflanke der Allianz, eben die enhanced Forward Presence beschlossen. In den baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen sowie in Polen sollen die rotierend von anderen Staaten der Allianz beschickten Battlegroups den östlichen Bündnismitgliedern den Rückhalt der anderen NATO-Staaten signalisieren – und faktisch als Stolperdraht ein vor allem von den Balten befürchtetes russisches Übergreifen auf diese Länder verhindern.
Die Battlegroup in Litauen wird seit ihrer Einrichtung im Februar 2017 von der Bundeswehr geführt. Derzeit sind in Rukla in Litauen rund 720 deutsche Soldatinnen und Soldaten in diesem Einsatz. Belgien, Frankreich, Kroatien, Luxemburg, Niederlande, Norwegen und Tschechien stellen rotierend zeitweise – manche auch dauerhaft – Soldaten für dieses Bataillon.
Das Kommando über diese Kampfgruppe wechselte am Donnerstag von Oberstleutnant Marco Maulbecker, Kommandeur des Panzerbataillons 203 in Augustdorf, an Oberstleutnant Lars Neitzel, Kommandeur Panzergrenadierbataillon 401 in Hagenow. Maulbecker hatte das eFP-Bataillon seit August vergangenen Jahres geführt. (Und, Randbemerkung, muss damit leben, dass bei seiner Rückkehr nach Deutschland 14 Leopard2-Kampfpanzer seines Bataillons an die Ukraine abgegeben werden.)
Ergänzend dazu hatte Bundeskanzler Olaf Scholz im vergangenen Jahr die Bereitstellung einer deutschen Brigade zugesagt. Diese Brigade ist allerdings vorerst nur mit einem Kommandoelement in Litauen präsent und wird bei regelmäßigen Übungen mit einem oder gegebenenfalls auch mehreren Kampftruppenbataillonen verstärkt. Das Kommando über dieses Kommandoelement (KORREKTUR: nicht über die Brigade) wechselte ebenfalls am Donnerstag von Oberst André Hastenrath, stellvertretender Kommandeur der Panzerbrigade 21 Lipperland, auf Oberst Wolfgang Schmidt, stellvertretender Kommandeur der Panzergrenadierbrigade 41 Vorpommern.
Schmidt ist zugleich zwar auch Chef des deutschen Kontingents in Litauen, aber nicht der eFP-Battlegroup, die dem Kommandeur der litauischen Iron Wolf-Brigade untersteht. Das zeigt schon die derzeit etwas komplizierte Struktur des Bundeswehrengagements in Litauen: Während enhanced Forward Presence eine NATO-Aktivität ist, wird die zusätzliche Brigade zwar als enhanced Vigilance Activity (eVA) wie zum Beispiel die NATO-Aktion in der Slowakei bezeichnet, ist aber bis auf Weiteres formal eine binational deutsch-litauische Unternehmung und nicht in die Struktur der Allianz eingebunden. Möglicherweise ändert sich das bis zum NATO-Gipfel, der im Juli in der der litauischen Hauptstadt Vilnius stattfindet – zumal direkt davor eine größere Übung dieser Brigade in Litauen geplant ist.
Fürs Archiv die Übersicht über die bisherigen Rotationen der deutschen Beteiligung und Führung der eFP-Battlegroup, die von wechselnden Bataillonen gestellt werden:
Beginn und 1. Rotation: Panzergrenadierbataillon 122 aus Oberviechtach
2. Rotation: Panzergrenadierbataillon 371, die Marienberger Jäger
3. Rotation: Jägerbataillon 292 aus Donaueschingen
4. Rotation: Panzerbataillon 393 aus Bad Frankenhausen
5. Rotation: Panzerbataillon 104 aus Pfreimd
6. Rotation: Panzergrenadierbataillon 391 aus Bald Salzungen
7. Rotation: Panzergrenadierbataillon 371, die Marienberger Jäger
8. Rotation: Panzerbataillon 104 aus Pfreimd
9. Rotation: Panzerlehrbataillon 93 aus Munster
10. Rotation: Panzerbataillon 414 aus Bergen
11. Rotation: Panzergrenadierbataillon 411 aus Viereck
12. Rotation: Panzerbataillon 203 aus Augustdorf
(Foto oben: Kommandoübergabe eFP Battlegroup Litauen von Oberstleutnant Marco Maulbecker, Kommandeur des Panzerbataillons 203 in Augustdorf, r., an Oberstleutnant Lars Neitzel, Kommandeur Panzergrenadierbataillon 401 in Hagenow, l., in der Mitte der Kommandeur der litauischen Iron Wolf Brigade, Aurelijus Motiejūnas; Foto unten, v.l.: Oberst Wolfgang Schmidt, der Befehlshaber des Einsatzführungskommandos Generalleutnant Bernd Schütt und Oberst André Hastenrath – NATO eFP Battlegroup LTU)
Bei dieser Struktur ist verständlich das Litauen wollte das die Brigade dauerhaft vor Ort ist .
Wie funktioniert das eigentlich mit der oft beklagten Mangelausstattung? Muss ich mir das so vorstellen dass jeweil für das Bataillon im Einsatz Ausrüstung zusammen-gekratzt wird oder sind die ohne Vollausstattung vor Ort?
Ich weiß, das ist hier eigentlich OT – aber ich sehe auch nicht, daß das anderswo Thema war (und hier paßt’s noch am Ehesten): Gibt’s die EU Battlegroups eigentlich noch und warum hört man von denen nichts? Die BW plant ja schon die Nachfolger ab 2025.
Klasse Zusammenstellung, Herr Wiegold, Danke.
Zeigt sie doch den eklatanten Mangel an Kampftruppen der Bundeswehr. Immer die gleichen Bataillone. Aber es werden min. zehn Stäbe beschäftigt, diese zu administrieren.
Und wohlgemerkt: es wurde noch keine Sekunde gekämpft.
@hannes
Das funktioniert einigermaßen gut, weil der deutsche Anteil (dtA) ohnehin aus mehreren Verbänden kommt. Als Beispiel: ein PzGrenBtl als Leitverband stellt den DtA Stab eFP Battlegroup, die KpFührung und zwei PzGrenZüge der deutschen Kampfkompanie. Das PzBtl der Leitbrigade stellt zwei PzZüge für die KpfKp und das VersBtl die LogKomponente. Dazu dann die üblichen Einsatz/ Führungsunterstützung aus SKB, CIR und ZSan.
@Auslandsdiener:
Mit Ausnahme der Marienberger Jäger (PzGrenBtl 371) habe ich da kein Bataillon in der Aufstellung doppelt gefunden. Für eine Aussage wie „Immer die gleichen Bataillone“ fehlt mir da jetzt irgendwie der greifbare Anknüpfungspunkt…
Man müßte sich aber einmal darüber klar werden welches Kräftedispositiv man denn vor Ort haben will: PzGren (+KPz) oder doch lieber Inf / Jäger? Was wäre denn der Topographie (dem Gelände) und der voraussichtlichen Gefechtsart angemessen?
Hannes sagt:
09.02.2023 um 20:29 Uhr
Wie funktioniert das eigentlich mit der oft beklagten Mangelausstattung? Muss ich mir das so vorstellen dass jeweil für das Bataillon im Einsatz Ausrüstung zusammen-gekratzt wird oder sind die ohne Vollausstattung vor Ort?
Also vom PzGrenBtl 401 und vom VersBtl 142 weiß ich, dass die ihre eigene Ausstattung mitgenommen haben. Über deren Verladung wurde in der örtlichen Presse (Schweriner Volkszeitung, Hagenower Kreisblatt) ausführlich berichtet.
Zwar etwas OT, aber trotzdem: Auf dem Hagenower Rathausbalkon stehen zwei große gelbe Schleifen, für jedes der beiden Bataillone eine.
@Metallkopf
PzBtl 104 war auch zweimal dran. Da die Kampfkompanie immer gemischt Pz/PzGren ist, sind die Btl durchaus häufiger mit dabei, als oben steht.
Und was gern vergessen wird: bei Logistik/CSS, Joint Fire Support, Verstärkungskräfte Artillerie, Aufkl, ABCAbw geben sich tatsächlich immer die selben handvoll Batallione die Klinke in die Hand
@ Metallkopf Die Kameraden aus Pfreimd hatten in der 5. und 8. Rotation auch schon zwei Mal das Vergnügen, in Litauen zu sein. Das kriegen die anderen Verbände vermutlich auch noch hin.
@Metallkopf sagt: 10.02.2023 um 9:31 Uhr
Das Panzerbataillon 104 aus Pfreimd war auch schon zweimal dort. Die Aussage von @Auslandsdiener ist trotzdem kritisch zu hinterfragen, denn wir kennen die Auswahlkriterien nicht. Und bei dem Umfang der Bundeswehr und des Deutschen Heeres ist die Auswahl nun mal begrenzt. Das liegt in der Natur der Dinge.
@Pio-Fritz, @PzH200, @Dirk Wege:
Danke für die Aufklärung. Das ging so ja aus der Aufstellung nicht hervor. Aber ja, das hätte ich mir auch denken können, dass die für die entsprechende Verlegung aus der Standardformation umgliedern.
Hallo zusammen,
ist es nicht grundsätzlich auch von Vorteil, wenn es immer die gleichen Einheiten sind?
Vergleichbar dem Kalten Krieg: übe wo du kämpfst! Ich habe im Kopf, dass damals auch Einheiten feste Abschnitte zugewiesen waren.
Für die eingesetzten Einheiten natürlich trotzdem herausfordernd, dies zu stemmen! Dafür könnte man sie, zum Beispiel bei Mali oder ähnlichem dann außen vor lassen.
MkG
@Thomas Melber
Litauen hat aufgrund seiner topografischen Gegebenheiten deutlich Vorteile für gepanzerte Kräfte. Verzögerung über Strecken von mehr als 30km ist halt kein klassischer Infanterieauftrag, zumal das Gelände flachwellig und sumpfig ist, jedoch die vorhandene Infrastruktur im Großen und Ganzen gut nutzbar für unsere Fahrzeuge ist. Eine grenznahe Verteidigung in Litauen ist eher kaum möglich, da die litauischen Streitkräfte mit ihrem Kräftedispositiv kaum in der Lage sein werden, den gesamten Grenzraum zu Belarus und Kaliningrad nachhaltig abdecken zu können. Die eFP BG mag dabei vielleicht nur ein Tropfen auf dem heißen Stein sein, ist aber zusammen mit der Iron Wolf Brigade wohl das schärfste Schwert was Litauen derzeitig aufgrund diverser Beschaffungsvorhaben hat. Der Beitrag der dort abgeliefert wird ist für uns in Deutschland nicht in der Gänze nachvollziehbar, sorgt aber für Wohlbefinden und Wachstum im Frieden für Litauen.
Um auf die Infanterie zurück zu kommen. Der beschriebene Auftrag ist einfach auf gepanzerte Kräfte, hier im Schwerpunkt Panzergrenadiere, zugeschnitten.
Ich will nicht spamen, aber wollte mich trotzdem kurz für die Antworten bedanken!
Was gibt es denn dort an Flugabwehr für diese wechselnden Kräfte? Fliegerabwehr aller Truppen gem. ZDv 3/90 und noch einige Kisten Stinger? Oder … ?
Wenn mich nicht alles täuscht (und sich angesichts des mittleweile ja „offen kriegerisch-aggressiven“ RUS Verhaltens die „zurückhaltende“ NATO-Herangehensweise (um eben „Ps Narrativ“ von der Bedrohung RUS durch dauerhafte´Stationierung FESTER Vbd nicht zu bedienen) nicht geändert hat), war die „eFP“ von vorhneherein als zwar de facto „STÄNDIGE“ Präsenz angelegt (in weiterer Folge auf die „schnelle“ Aufstellung der „NFIU“ in 3B, POL… in 2015), aber die Verbände wechselten INKL ihrem Material im 6-monats-Rhythmus durch! Was ja angesichts der Wechsel zwischen Pz/PzGren/Jg mit der unterschiedlichen Ausstattung auch konsequent ist. Dazu kamen dann als Verstärkung für die Übungen auch noch Art, Pi etc.
Außerdem konnte man bei den umfangreichen Truppenverlegungen auch das einmal wieder „üben“, und es stellten sich ja einige „Überraschungen“ dabei heraus…
@Arty1986
Welche „Überraschungen“ traten ein.
Formal hat man die Nato Russland Akte noch nicht beerdigt. Daher die Rotationen. Vorteil davon ist dass man regelmäßig Verlegen übt und mehr Truppenteile das Gebiet kennen.
Off Topic hier aber eine Anregung an Herrn Wiegold: Könnten Sie eventuell auch einmal etwas zu Air Defender 2023 recherchieren und schreiben? Das wird ja eine Übung wie sie die Nato noch nicht gesehen hat.
[So was von OT hier, aber ich habe Air Defender natürlich im Auge. T.W.]
Schorsch52 sagt am 10.02.2023 um 23:47 Uhr
„Was gibt es denn dort an Flugabwehr für diese wechselnden Kräfte? Fliegerabwehr aller Truppen gem. ZDv 3/90 und noch einige Kisten Stinger? Oder … ?“
Die Antwort ist schnell gegeben: Nix wesentliches. Das DEU LeFlaSys (Stichwort OZELOT – das sind die leichten Fla-Kr mit der Stinger) wird da zwar immer mal wieder hinbugsiert, ist aber für den begleitenden Schutz von Panzertruppen (Pz wie PzGren) in Folge der konstruktionsbedingten Einschränkungen bei Mobilität, Panzerschutz und Minenschutz nur erheblich eingeschränkt geeignet. Und die ROU Fla, die sich da ja auch gelegentlich mal findet, operiert mit dem GEPARD 1A1. Besser als nix – aber eben nur am oberen Rand von nix.
Zuletzt haben CZ Kräfte für GBAD gesorgt.
Was das Material angeht – ich weiß, dass das ein oder andere Btl im Heimatbetrieb blank ist, weil alles an Großgerät mit nach LTU geführt wird. Abgaben an die Ukraine noch nicht mit einbezogen.
Was die Belastung der wiederkehrenden Rotationen angeht, dürfte es interessant werden, wenn die Umstrukturierung angegangen werden sollte. Puma-Btl machen Puma Dinge, NO-Marder-Btl werden auf mittlere Kräfte getrimmt und die restlichen Marder-Btl sollen Puma Dinge tun.. wer wird dann nach LTU, wenn alle PzGrenKr gebunden oder nicht bzw. bedingt einsatzbereit sind.
Was bleibt den anderes übrig als Rotation ? Die Zustände vor Ort lassen auch nichts anderes zu . Für eine feste Stationierung alias dt/fr brigade kriegt man nie das Personal zusammen. Das hat daher weniger mit der Russland Akte zu tun .
@LLFM: Warum sollte man das Personal für ein festes Bataillon in Litauen nicht zusammen bekommen? Das Jägerbataillon 291 ist ja auch vollständig in Frankreich stationiert. Warum sollte es nicht gelingen, ein „Kurlandbataillon“ oder „Litauen-Bataillon“ aufzustellen? Es müsste eine anständige Kaserne dafür gebaut werden, mit Deutscher Schule und Einkaufsmöglichkeiten, wie die Briten oder USA ihre Truppen im Ausland versorgen. Finanziell dürfte es sich lohnen, für ein paar Jahre im Ausland zu dienen. Ich würde nur nichts davon halten, ein bereits bestehendes Bataillon dauerhaft zu stationiern, sondern bessern neu aufstellen, so daß alle Soldaten von Anfang an wissen, daß sie solange sie in diesem Battaillon dienen, sind sie in Litauen stationiert.
Es gibt ein grobes System der BW, woher die Truppen für die Rotationen jeweils kommen. Es gibt immer eine Leitdivision für den Einsatz in Litauen. Dies war von der 1 – 8 Rotation die 10. Panzerdivision. Seit der 9. Rotation ist die 1 .Panzerdivison zuständig. Die eingesetzten Bataillone kommen immer aus der Leitdivision. Wobei das System ungerecht ist, weil die 37. Panzergrenadierbrigade musste den dt. Anteil des Bataillons bereits 4 mal stellen, die 12. Panzerbrigade bereits dreimal und die 41. Panzergrenadierbrigade beereits zweimal. Die Luftlandebrigade 1 und die Gebirgsjägerbridae 23 mussten noch nie sich beteiligen! Es wurde auch nur einmal ein Jägerbataillon als leitverband ausgesucht, so daß die Last des 6 Monate Auslandsaufenthalt sehr ungleich auf die Bataillone verteilt ist. Die Last müssen die 6 Panzerbataillone und die 9 Panzergrenadierbataillone einseitig tragen. Weiter ist natürlich ein Problem, daß die BW bisher nur Marder- Bataillone nach Litauen schickt, aber keine Puma-Bataillone. Solange keine Puma Bataillone entsendet werden, muss die zuständige 1. Panzedivision bei Schützenpanzern städig auf die Panzergreandierbatailone 401 und 411 für Schütenpanzer zurück greifen, weil dies die einzigen Marder-Bataillone der 1. Panzedivision noch sind.
@Closius
Bei der Einsatzbelastung LTU müssen Sie aber berücksichtigen, daß die anderen Verbände nicht zu Hause sitzen und Däumchen drehen denn daneben gab / gibt es noch AFG und MLI zu bestücken.
@closius
Das System ist nicht ungerecht, sie betrachten halt nur einen Teil dss Ganzen. Zunächst mal, die Vorgängerversion Persistent Presence wurde drei Jahre kann hauptsächlich durch die Gebirgsjägerbrigade 23 und die D/F Brigade gestellt. Und wer glauben sie hat die Kräfte für Minusma und Eutm Mali gestellt, während die Brigaden 12 und 37 ( nicht die 12. Und 37.Brigade nebenbei) in Litauen waren? Genau, die Gebirgsjäger und die DEU/FRA Brigade
@ closius
Was sollten wir bitte als leichter Infanterie dort ? Wir könnten mit unseren Fahrzeugen nicht mal die Panzer begleiten . Also das sollte wohl jedem klar sein warum da pzh und pzgren gefordert sind. Außerdem haben wir andere Aufgaben.
Waren sie überhaupt schon mal vor Ort ? Vor Rotation kriegen sie die Leute nicht zusammen weil sich das keiner antuen will , danach schmeißen einige hin weil sie sich sowas nicht mehr antun wollen . Wenn sie so einem zwanzig jährigen fragen warum er zur Bundeswehr gegangen ist wird ihnen jeder zweite sagen – was für sein Land tun . Aber Litauen ist nicht Deutschland und was glauben sie was dort passiert ? Und das nicht mal für einen Einsatz ( da hätte man auch einen sinnvollen Auftrag) sondern für eine Verpflichtung. Litauen ist auch nicht schlaraffenland , ihre materialprobleme nehmen sie natürlich mit aus Deutschland. Auch die USA bauen keine Schule an so einen Ort , schon garnicht für so paar hanseln. Und die Briten haben das für die Rheinarmee vielleicht gemacht aber sonst . Man hat vier Jahre gebraucht um mal eine Genehmigung zu bekommen mal feste ünterkünfte zu bauen oder abstellmöglichkeiten für Fahrzeuge . Also so dringend scheint es die litauische Regierung auch nicht zu sehen .
@Klaus-Peter Kaikowsky (KPK), ohne jetzt selber in sowas involviert zu sein.
Das dürfte schon einen Unterschied machen ob ich nur theoretisch durchspiele eine Einheit zu verlegen oder ich dann doch real Genehmigungen einholen muss und statt dem „okay geht klar“ aus der Übung ein nein bekomme weil Bauarbeiten auf meiner Wunschstrecke sind oder unterwegs ein Fahrer ausfällt und ich eine neue Genehmigung brauche. Zumal nach Litauen ja auch grenzüberschreitend bedeutet was es nicht einfacher machen dürfte.
Litauen könnte mMn doch recht „einfach“ sein, wenn man statt dem Weg durch Polen den Seeweg von Mukran nach Klaipeda nehmen würde. Nee, da verlegt man erst von Hagenow per Bahn und Straße nach Trauen, um dort die Fahrzeuge entsprechend der polnischen Vorgaben vorzubereiten und dann mit Masse per Bahn nach Litauen. Andere Teile werden aber dann in Kiel eingeschifft. Aber vielleicht ist das ja alles Absicht, deren Sinn ich nicht (mehr) verstehen muss.
@KlausP
Aus eigener Erfahrung und Gesprächen mit den Verkehr- und Transportexperten der Bundeswehr ist das alles andere als einfach. Die Verlegemittel der Wahl werden nicht immer nach Gutdünken ausgewählt. Oft plant eine Stelle in eigener Sache etwas, legt das dann vor und der Vorschlag hält der Überprüfung überhaupt nicht stand.
@Flo
Natürlich besteht dabei ein Unterschied.
Allerdings wird MarschOrg als Teil der Basics – „Allgemeine Aufgaben im Einsatz“ – beherrscht.
Das Ganze natürlich auch grenzüberschreitend, NATO-weit, in bewährter Zusammenarbeit mit Partnern.
Nach 6 Jahren Baltikum mit eFP dürfte es wenig geben, was noch nicht unter dem. Stichwort „Friktionen“ (1) aufgetaucht ist und bewältigt wurde.
Daher meine Lernfrage zu „Überraschungen“ (Beispiele bitte).
{1) sind bei Clausewitz beschrieben.
@KPK
Dann wäre das NATO- / Military-Schengen ja bereits Realität ? Wobei es natürlich Erfahrungswerte gibt.
Ich kann LLFm nur zustimmen. Die Situation in Litauen ist für die Soldaten eine enorme Belastung. Wenn man sich die Battlegroup in Lettland ansieht, wo jedes Fahrzeug einen Hallenplatz hat und sich dann den T-Bereich in Litauen ansieht, wo man sich nach sechs Jahren feiert ein paar provisorische Dächer beschafft zu haben und der Großteil der Fahrzeuge im Matsch versinkt. Die Truppenküche in Lettland ist ebenfalls deutlich besser, dort bekommt man Essen für Menschen, ganz im Gegenteil zur litauischen Küche, die viele Kameraden irgendwann einfach nicht mehr genutzt haben. Die Litauer blocken einen zügigen besseren Ausbau und als Soldat dort hatte ich auch nicht den Eindruck, dass die litauische Armee uns gerne dort hat. Die Bevölkerung dagegen ist zum Großteil sehr froh über unsere Anwesenheit. Alles in allem ist die eFP Mission dort derart desillusionierend, dass sich einige meiner Kameraden wegen des Einsatzes gegen eine Weiterverpflichtung als Berufssoldat entschieden haben und Berufssoldaten denken ernsthaft über eine Kündigung nach. Auch die Mannschaften wird man in Zukunft schwer dafür motivieren können dort 6 Monate lang ihren Dienst zu verrichten, wenn die schon mal eine Rotation mitgemacht haben. Die werden dann allerdings den Ausweg über fehlende Einsatztauglichkeit wählen. Eine Verkürzung der Rotationen auf vier Monate, sowie dauerhaft vor Ort befindliches Material wäre schon einmal ein Anfang. Hinzu wäre ein Ausbildungsauftrag für die litauische Armee Zielführend. Die bekommen jede Menge neues Material, können damit aber nicht kämpfen und das würde der Mission auch einen greifbaren Sinn für die Soldaten geben.
@Thomas Melber
Kdr PzGrenBrig 41:
@CNawrat
„Ziel der Übungstätigkeiten in 2023 wird es dabei sein, bei den Übungen Griffin Ligtning und Griffin Storm .. die zügige Verlegung … von den deutschen Standorten nach Litauen zu üben. Die .. gewonnenen Erkenntnisse werden den Verbänden des Heeres dienen,“ …
Ich denke, die Verlegungen sind, unter Friedensbedingungen jedenfalls, im Griff.
@DD
Ernüchternde Feststellungen, die Sie da wiedergeben. Einzelmeinung?
„… jede Menge neues Material, können damit aber nicht kämpfen …“
Woher wissen Sie das, Augen- und Ohrenzeuge im Kampf? Ernsthaft, solch eine apodiktische Feststellung bedarf der Erläuterung.
@KPK das ist meine persönliche Erfahrung, die deckt sich aber mit der vieler Kameraden mit denen ich darüber gesprochen habe. Auch aus den Vorrotationen ist das Meinungsbild ähnlich. Der Auftrag einfach nur da zu sein um abzuschrecken ist einfach extrem unbefriedigend, wenn man nichts zum positiven verändern kann. Das heißt nicht, dass es dort nichts zu tun gäbe. Ganz im Gegenteil, wir sind von Übung zu Übung gezogen, mit einigen wenigen Ausbildungsvorhaben zwischendrin. Da gab es kaum freie Zeit, aber das hätte man auch in Bergen machen können. Ändert also nichts daran, dass man dort ohne messbaren Auftrag mindestens sechs Monate fernab der Angehörigen verbringt.
Zu letzterer Feststellung, was die begrenzten Fähigkeiten der litauischen Armee angeht. Das beruht einerseits auf der Beobachtung, wie die Litauer neben uns geübt haben und andererseits aus den Erfahrungen mit den gemeinsamen Übungen, wie Iron Wolf, wo wir gegen die Litauer gekämpft haben. Die Litauer sind aktuell nicht in der Lage den auf und abgesessenen Kampf mit ihren Vilkas vernünftig umzusetzen und die Fähigkeiten des Systems voll auszunutzen. Auf einer Übung wurde eine komplette Vilkas Kompanie durch einen einzigen Panzerhalbzug vernichtet, weil die Litauer einfach weiter Wellenartig auf eine Engstelle, die durch den Panzerhalbzug überwacht wurde, angegriffen haben und nicht aufgehört haben, als die immer wieder abgeschossen wurden. Zweckmäßig wäre also, wenn wir deutschen die Litauer darin ausbilden würden. Denn die erste deutsche Kampfkompanie ist bis auf Flugabwehr in ihrer Struktur mit eigenem Pionierzug und JF Team zum Gefecht der verbundenen Waffen befähigt. Das könnte man wunderbar zu einer umfassenden Ausbildung im Gefecht der verbundenen Waffen nutzen. In Lettland arbeitet die lettische Armee auch viel enger mit der dortigen Battlegroup zusammen und hat auch gemeinsame Ausbildungsvorhaben. Wenn man das möchte geht es also.
@DD
„dass sich einige meiner Kameraden wegen des Einsatzes gegen eine Weiterverpflichtung als Berufssoldat entschieden haben und Berufssoldaten denken ernsthaft über eine Kündigung nach.“
So schlimm war es bei uns nicht, aber der Frust war schon groß. Ansonsten kann ich nur zustimmen.