Auslandsmissionen der Bundeswehr – Stand Januar 2022

Mit dem neuen Jahr hat auch eine neue Runde in den Debatten über die Verlängerung der Auslandseinsätze der Bundeswehr begonnen. Noch im Januar muss der Bundestag entscheiden, ob das Ende des Monats auslaufende Mandat für die deutsche Beteiligung an der Anti-IS-Koalition in Syrien und Irak erneuert wird; die anderen Missionen stehen in den folgenden Monaten zur erneuten Mandatierung an. Der aktuelle Stand, Januar 2022.

Der Überblick zu Jahresbeginn ist nicht nur deshalb dringend nötig, weil sich im Vergleich zum vorrangegangenen Überblick hier im März vergangenen Jahres einiges geändert hat – so ist der damals größte Auslandseinsatz, die Mission Resolute Support in Afghanistan, inzwischen beendet. Das größte Einsatzgebiet ist jetzt Mali (und auch Niger) mit der Bundeswehrbeteiligung an der UN-Mission MINUSMA und der EU-Trainingsmission EUTM Mali.

Vor allem aber gibt es seit dem vergangenen Jahr eine neue Zusammensetzung im Bundestag und damit seit September auch eine neue Regierung. Und die Ampelkoalition von SPD, Grünen und FDP hat auch angekündigt, dass sie bei den Auslandseinsätzen der Bundeswehr einiges anders machen will.

So haben die Ampel-Parteien im Koalitionsvertrag vom Dezember 2022 vereinbart:

Als verlässlicher Partner in Systemen kollektiver Sicherheit werden wir an unserem außen- und sicherheitspolitischen Engagement festhalten. Gleichwohl muss jedem Einsatz der Bundeswehr eine kritisch-inhaltliche Auseinandersetzung und eine Überprüfung der Voraussetzungen vorausgehen sowie die Erarbeitung möglicher Exit-Strategien. Der Einsatz militärischer Gewalt ist für uns äußerstes
Mittel und muss stets in eine realistische politische Bearbeitung von Konflikten und ihrer Ursachen eingebunden sein. Bewaffnete Einsätze der Bundeswehr im Ausland sind in ein System gegenseitiger kollektiver Sicherheit, basierend auf Grundgesetz und Völkerrecht, einzubetten. Eine regelmäßige Evaluierung von laufenden Auslandseinsätzen werden wir sicherstellen.

Für die erneute Mandatierung von Auslandseinsätzen wird nicht allein diese Formulierung im Koalitionsvertrag bedeutsam: Die Grünen, bei den vorangegangenen Abstimmungen noch Oppositionspartei, sind jetzt nicht nur in der Regierung – sondern sie stellen auch die Außenministerin und damit die Spitze des für die Mandate federführenden Auswärtigen Amtes. Bei einigen der letzten Entscheidungen über Auslandseinsätze hatten die Abgeordneten der Grünen, oft im Gegensatz zu SPD und FDP, dagegen gestimmt oder sich enthalten. Da wird die Frage spannend, wie sie sich künftig bei einer Mandatsverlängerung verhalten werden.

Für die informierte Diskussion deshalb ein paar Fakten zu den neun vom Parlament mandatierten Auslandseinsätzen, einer weiteren UN-Beobachtermission ohne Mandatierung und den so genannten einsatzgleichen Verpflichtungen.

Von den derzeit zwölf  Missionen sind neun vom Bundestag mit einem Mandat versehen – das ist immer dann notwendig, vereinfacht gesagt, wenn die Einbeziehung in eine militärische Auseinandersetzung möglich erscheint und wenn die Anwendung militärischer Gewalt zur Durchsetzung des Auftrags erlaubt ist. Für manche Beobachtermissionen der Vereinten Nationen hat die Bundesregierung deshalb ein solches Mandat des Bundestages beantragt, für andere wieder nicht.

Entscheidend dabei ist, ob es um den Einsatz bewaffneter Streitkräfte geht oder lediglich um eine Beobachtermission. Auch beim Einsatz bewaffneter Streitkräfte sind es aber nach allgemeinem Verständnis dennoch keine Kampfeinsätze, zudem ist bei einzelnen Missionen eine Beteiligung an Kampfeinsätzen im Mandat ausdrücklich ausgeschlossen.

Hinzu kommen so genannte anerkannte Missionen innerhalb des NATO-Territoriums, für die keine Zustimmung des Bundestages erforderlich ist.

Der Vollständigkeit halber: Es gibt auch zwei französisch initiierte und geführte Einsätze, bei denen Deutschland zwar seine politische Unterstützung erklärt hat, sich aber nicht mit Streitkräften daran beteiligt: Die Spezialkräfte-Mission Takuba als Teil der französischen Anti-Terror-Operation Barkhane im Sahel und die maritime Überwachungsmission in der Straße von Hormuz und im persischen Golf, EMASOH.

Und grundsätzlich: Auslandseinsätze deutscher Streitkräfte finden im multinationalen Rahmen statt – im Regelfall in Organisationen wie der UNO, der NATO oder der EU. Einzige Ausnahme derzeit ist die internationale Koalition im Kampf gegen die Terrororganisation IS, die Operation Inherent Resolve (s.u.).

Die Übersicht – die Angaben zur jeweiligen Mission der Übersichtlichkeit halber in einem eigenen Eintrag (jeweils verlinkt):

Vom Bundestag mandatierte Auslandseinsätze

Mali – EUTM Mali und MINUSMA

Kosovo – KFOR

Operation Inherent Resolve – Counter Daesh/Anti-ISIS Koalition Jordanien, Syrien, Irak

EU-Mission EUNAVFOR MED Irini im Mittelmeer

NATO-Überwachungsoperation Sea Guardian im Mittelmeer

EU-Antipirateriemission EUNAVFOR Atalanta am Horn von Afrika

UNIFIL Libanon

UN-Beobachtermission Südsudan UNMISS

Weiterer Auslandseinsatz ohne Mandatierung

UN-Beobachtermission Westsahara MINURSO

und die so genannten einsatzgleichen Verpflichtungen

NATO-Battlegroup „enhanced Forward Presence“ Litauen

Überwachungsmission in der Ägäis

Der Vollständigkeit halber: Hinzu kommen, zeitweise und in unterschiedlicher Stärke (und hier nicht mit eigenem Fact Sheet aufgegriffen)

• Beteiligungen an den ständigen Maritimen Einsatzverbänden der NATO

• NATO Air Policing in anderen Mitgliedsstaaten der Allianz

• Beteiligung an der NATO Response Force/Very High Readiness Joint Task Force

Frühere Übersichten zu Auslandseinsätzen der Bundeswehr:
März 2020
Oktober 2014

(Foto: Deutsche Soldaten der NATO-Battlegroup in Litauen im Dezember 2021 – NATO eFP Lithuania)