Auslandsmissionen der Bundeswehr, Januar 2022: EUNAVFOR Atalanta

Seit 2008 beteiligt sich die Bundeswehr an der europäisch geführten Antipirateriemission Atalanta vor der Küste Somalias, lässt diese Beteiligung aber bereits seit 2020 langsam auslaufen: Nachdem bereits seit 2016 kein Schiff der Deutschen Marine mehr in diese Mission geschickt wurde, gab es danach nur zeitweise Einsätze eines Seefernaufklärers, und auch die wurden inzwischen beendet.

Die seit 2002 bestehende logistische Unterstützungsbasis in Djibouti – zunächst für die Operation Enduring Freedom zur Unterstützung der USA nach den Terrorangriffen vom 11. September 2001 und seit 2008 für Atalantawurde Mitte April 2021 aufgegeben.

Seitdem beteiligt sich die Bundeswehr nur gelegentlich mit durchfahrenden Schiffen an dem Einsatz der European Naval Forces (EUNAVFOR), zuletzt mit der Fregatte Bayern, die im vergangenen Jahr auf ihrem Weg in den Indopazifik dort vorbeikam. Im Mandat wird das als regelmäßige temporäre Begleitung mit im Einsatzgebiet stehenden seegehenden Einheiten der Marine bezeichnet.

Neben den materiellen Schwierigkeiten für die Deutsche Marine war ein Grund für die Verringerung der deutschen Beteiligung die Ausweitung des EU-Mandats für Atalanta: Die Marineeinheiten am Horn von Afrika sollen inzwischen nicht nur gegen Piraterie, sondern auch gegen Drogenschmuggel und mögliche Verstöße gegen ein UN-Waffenembargo vorgehen.

Dennoch ist Deutschland formal weiterhin Teil dieser europäischen Mission, inzwischen nur noch mit ein wenig Stabspersonal – eine Handvoll deutscher Soldaten ist derzeit an Atalanta beteiligt, drei davon im Hauptquartier des Einsatzes in Rota in Spanien und zwei im Verbindungskommando der U.S. Navy in Bahrain.

Das Mandat (Bundestagsdrucksache 19/27662) wurde zuletzt im April 2021 verlängert und läuft bis Ende April dieses Jahres. Bei der letzten Abstimmung sprachen sich SPD und FDP (letztere mit einer Enthaltung) für den Einsatz aus. Die Grünen enthielten sich mehrheitlich, einige ihrer Abgeordneten stimmten dafür und einige dagegen. Grund dafür ist die Regelung im Mandat, dass Atalanta in begrenztem Umfang in Somalia auch an Land aktiv werden darf: Deutsche Einsatzkräfte dürfen bis zu einer Tiefe von maximal 2.000 Metern gegen logistische Einrichtungen der Piraten am Strand wirken. Sie werden hierfür nicht an Land eingesetzt.

Auftrag:
a) Schutz für die vom Welternährungsprogramm oder von der Mission der Afrikanischen Union in Somalia (AMISOM) gecharterten Schiffe und im Einzelfall auch Schutz anderer ziviler Schiffe;
b) Abschreckung, Verhütung und Beendigung von Piraterie durch Ergreifen der erforderlichen Maßnahmen einschließlich Aufgreifen, Ingewahrsamnahme und Überstellen von der Piraterie verdächtigen Personen und Beschlagnahme ihrer Schiffe, Ausrüstung und erbeuteten Güter und Schiffe;
c) Durchsetzung des gegen Somalia verhängten Waffenembargos außerhalb von Hoheitsgewässern durch das Kontrollieren von Schiffen, die Somalia anlaufen oder verlassen, wenn hinreichende Gründe zu der Annahme bestehen, dass diese Schiffe Waffen oder militärisches Gerät nach Somalia befördern oder dass sie Waffen oder militärisches Gerät zu Personen oder Einrichtungen befördern, die von dem durch den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen eingesetzten Ausschuss benannt wurden sowie Beschlagnahme,
Registrieren und Entsorgen dieser Gegenstände und – gegebenenfalls – Umleiten der Schiffe und ihrer Besatzungen in einen geeigneten Hafen, um diese Entsorgung zu ermöglichen;
d) Überwachen des illegalen Handels mit Suchtstoffen, der Fischereitätigkeiten sowie des illegalen Holzkohlehandels vor der Küste Somalias;
e) außerhalb von Hoheitsgewässern Betreten und Durchsuchen von Schiffen unter nationaler Flagge mit ausdrücklicher Genehmigung des Flaggenstaates, wenn ein begründeter Anlass zu der Annahme besteht, dass diese für den Handel mit Suchtstoffen eingesetzt werden und das Ergreifen erforderlicher Maßnahmen in Bezug auf dieses Schiff und seine Fracht. Hierzu gehören Beschlagnahme und Vernichtung gefundener Suchtstoffe. Bei Schiffen, bei denen der Verdacht besteht, dass sie keine Staatszugehörigkeit haben, ist das Betreten und Durchsuchen außerhalb von Hoheitsgewässern zur Flaggenstaatsverifikation zulässig. Bei Schiffen ohne Staatszugehörigkeit kann sich die Durchsuchung auch auf Erkenntnisse im Zusammenhang mit dem illegalen Handel mit Suchtmitteln beziehen. Solche Maßnahmen gegen Schiffe,
die keine Flagge führen bzw. bei denen der Verdacht besteht, dass sie keine Staatszugehörigkeit haben, erfolgen durch seegehende Einheiten der Bundeswehr nur, sofern dies der Operationsführung ausdrücklich angezeigt wurde;
f) Erhebung und Übermittlung von Beweisen und personenbezogenen Daten nach geltendem Recht und nach Maßgabe der Gemeinsamen Aktion 2008/851/GASP und nachfolgender Beschlüsse des Rates der EU.

Rechtliche Grundlage sind das Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen, Beschlüsse des UN-Sicherheitsrats unter Kapitel VII der UN-Charta und EU-Ratsbeschlüsse:
Der Einsatz deutscher Streitkräfte im Rahmen von Atalanta erfolgt auf der Grundlage
a) des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen von 1982,
b) der Resolutionen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen 733 (1992), 751 (1992), 1425 (2002), 1814 (2008), 1816 (2008), 1838 (2008), 1846 (2008), 1851 (2008), 1897 (2009), 1907 (2009), 1950 (2010), 2020 (2011), 2077 (2012), 2125 (2013), 2182 (2014), 2184 (2014), 2246 (2015), 2316 (2016), 2383 (2017), 2442 (2018), 2498 (2019), 2500 (2019), 2551 (2020), 2554 (2020) in Verbindung mit
c) der Gemeinsamen Aktion 2008/851/GASP des Rates der EU vom 10. November 2008 sowie
d) der Beschlüsse des Rates der EU 2009/907/GASP, 2010/437/GASP,
2010/766/GASP, 2012/174/GASP, 2014/827/GASP, 2016/2082/GASP,
2018/1083/GASP, 2018/2007/GASP und 2020/2188/GASP und
e) des Übereinkommens der Vereinten Nationen vom 20. Dezember 1988 gegen den unerlaubten Verkehr von Suchtstoffen und psychotropen Stoffen.

(Archivbild 2012: Fregatte Sachsen beim Einlaufen in den Hafen von Djibouti im Rahmen der Operation Atalanta – Wolff/Bundeswehr)