FDP-Minister Lindner und Buschmann machen Front gegen Pistorius Wehrdienst-Pläne (Nachtrag: Pistorius)

Die FDP-Bundesminister Christian Lindner (Finanzen) und Marco Buschmann (Justiz) haben mit deutlichen Worten Stellung gegen die Wehrdienstpläne von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) bezogen. In einem Schreiben an ihren Kabinettskollegen lehnten sie nicht nur eine allgemeine Wehr- oder Dienstpflicht, sondern bereits die von Pistorius geplante verbindliche Musterung für Teile eines Jahrgangs ab.

Der Verteidigungsminister hatte im Juni seine Pläne für einen neuen, mit Auskunftsverpflichtungen gesteuerten und grundsätzlich freiwilligen Wehrdienst vorgestellt. Darin ist unter anderem vorgesehen, dass junge Männer verpflichtend einen Fragebogen der Bundeswehr beantworten müssen und ebenso verpflichtend gegebenenfalls zu einer Musterung geladen werden.

Ihn ihrem Schreiben, das Augen geradeaus! vorliegt,  begrüßen die beiden FDP-Minister zwar grundsätzlich die von Pistorius angestoßene Debatte zur Steigerung der Wehrfähigkeit. Das Ziel könne aber nur mit der entsprechenden gesellschaftlichen Akzeptanz erreicht werden, was die Wiedereinführung einer allgemeinen Wehr- oder Dienstpflicht ausschließe.

Die beiden Minister verwiesen darauf, dass nach einer Kurzexpertise des Ifo-Instituts im Auftrag des Finanzministeriums im Vergleich zu einer Wehrpflicht die Attraktivitätssteigerung des Soldatenberufs mit deutlich geringeren individuellen und gesamtwirtschaftlichen Kosten verbunden sei als ein verpflichtender Dienst. Das sei nicht auf einen – rechtlich möglichen – Pflichtdienst für alle Männer beschränkt: Schon die verpflichtende Einberufung eines Viertels der Männer eines Jahrgangs würde nach den Berechnungen des Info-Instituts zu einem Rückgang des Bruttonationaleinkommens um 17,1 Millarden Euro führen.

Grundsätzlich einverstanden erklärten sich die FDP-Politiker mit Vorarbeiten für eine mögliche massenhafte Einberufung von Wehrpflichten im Kriegsfall: Es ist richtig, dass wir für den Verteidigungsfall Vorkehrungen treffen. Eine weitflächige Bestandsaufnahme der Menschen in Deutschland, die im Verteidigungsfall eingezogen werden können, ist daher eine Maßnahme vorausschauender Klugheit. Eine Verpflichtung für kleine Teile eines Jahrgangs, sich bereits im Frieden mustern zu lassen oder Wehrdienst zu leisten, sei dagegen ein tiefer Eingriff in Freiheit und persönliche Lebensplanung und werfe Fragen der Wehrgerechtigkeit auf.

Damit erklären Finanz- und Justizminister für die FDP die Ablehnung wesentlicher Teile von Pistorius‘ Wehrdienst-Vorschlägen. Zwar schließen Lindner und Buschmann den Brief mit der Formel Wir sehen der von Ihnen angestoßenen Debatte – sowohl innerhalb der Gesellschaft als auch innerhalb der Bundesregierung – zuversichtlich entgegen. In der geplanten ressortübergreifenden Arbeitsgruppe zur Stärkung der Bundeswehr werde es aus Sicht der beiden Minister aber vor allem um die Attraktivitätssteigerung des Soldatenberufs und die Stärkung der Reserve gehen.

Nachtrag: Vor Beginn des NATO-Gipfels in Washington sprach der Verteidigungsminister mit Journalisten, und der Brief spielte dabei auch eine Rolle – die knappe Antwort von Pistorius:

Pistorius_Washington_FDP-Brief_09jul2024     

 

(Archivbild Mai 2010: Wehrpflichtige in der Allgemeinen Grundausbildung in der Ferdinand-von-Schill-Kaserne in Torgelow – Thomas Köhler/photothek.net)