DroneWatch: SPD-Positionierung, Bundestagsdebatte – und: keine neue Heron 1 nach Afghanistan
Die Sozialdemokraten haben ihre neue Haltung verteidigt, einer Bewaffnung von Drohnen der Bundeswehr vorerst nicht zuzustimmen. Da die neuen geleasten Drohnen vom Typ Heron TP ohnehin erst ab 2022 in den Einsatz gehen sollten, bleibe noch Zeit für die Diskussion über diese Bewaffnung, sagte die neue verteidigungspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Siemtje Möller, in einer Parlamentsdebatte. Unterdessen wurde bekannt, dass die Bundeswehr in Erwartung eines – unbewaffneten – Einsatzes der Heron TP Mitte 2021 auf den Ersatz einer abgestürzten Drohne in Afghanistan verzichtet.
Möller war zur neuen verteidigungspolitischen Sprecherin ihrer Fraktion gewählt worden, nachdem der Abgeordnete Fritz Felgentreu aus Protest gegen die Haltung der sozialdemokratischen Parlamentarier am vergangenen Dienstag dieses Amt niedergelegt hatte. Die Fraktion hatte, in Abkehr von der bislang signalisierten Haltung der SPD in der Regierungskoalition, die Zustimmung in der für diese Woche erwarteten Entscheidung über die Bewaffnung der Drohnen vorerst ausgesetzt.
Die Bundestagsdebatte am (heutigen) Donnerstag war nicht Teil der formal haushaltsrechtlichen Entscheidung über die Beschaffung der Waffen für die Heron TP – es ging um Anträge von Linken und Grünen, auf diese Waffen grundsätzlich zu verzichten. Die Abgeordneten von Union, SPD, FDP und AfD lehnten im Plenum gegen die Stimmen von Linken und Grünen den Antrag der Linken ab; der später vorgelegte Grünen-Antrag wurde an den Verteidigungsausschuss verwiesen.
In der Debatte wandte sich die SPD-Verteidigungsexpertin Möller gegen eine Überemotionalisierung der Diskussion. Sie selbst habe sich für die Beschaffung der Bewaffnung ausgesprochen, und darüber hinaus habe ihre Fraktion in den vergangenen Jahren die deutliche Steigerung des Verteidigungshaushalts mitgetragen, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken. Dennoch sei die Entscheidung über die Drohnen-Bewaffnung nicht dringend erforderlich: Zum einen, weil der Einsatz ohnehin nicht vor 2022 vorgesehen wäre, vor allem aber, weil es außer diesem Waffensystem auch andere Möglichkeiten für den Schutz der Soldaten im Einsatz gebe. Manche dieser Systeme wie das Abwehrsystem Mantis beschaffe das Verteidigungsministerium trotz Aufforderung aus dem Parlament aber nicht – dieser Kritik müssen sie sich stellen.
In der SPD fehle darüber hinaus für viele die Grundlage für die Entscheidung über die Bewaffnung, sagte Möller. Erst in diesem Jahr habe das Ministerium die nötigen Informationen über Einsatzszenarien oder Entscheidungsprozesse vor dem Einsatz der Waffen vorgelegt – und in der Coronavirus-Pandemie habe die Möglichkeit gefehlt, darüber in den Wahlkreisen mit der Bevölkerung zu diskutieren.
Die neue Haltung der SPD mit der Begründung, es habe keine ausreichende Debatte gegeben, hatte der SPD-Co-Vorsitzende Norbert Walter-Borjans vor gut einer Woche überraschend vorgebracht. Parallel war eine Vorlage für den Haushaltsausschuss, mit der die Mittel für die Bewaffnung freigegeben werden sollten, zwar vom Verteidigungsministerium am 10. November an das SPD-geführte Bundesfinanzministerium gegeben worden – aber vom Finanzministerium wurde sie bislang nicht an den Bundestag weitergeleitet.
(Eine Randbemerkung: der Linken-Abgeordnete Tobias Pflüger sagte in der Debatte, es habe in der öffentlichen Diskussion über die Bewaffnung von Drohnen das Gespräch mit wichtigen gesellschaftlichen Gruppen wie den Gewerkschaften gefehlt. Angesichts der für das Frühjahr 2021 anstehenden Debatte über die Finanzierung der Entwicklung einer multinationalen und auch bewaffnungstauglichen Eurodrohne wird dieser Ansatz interessant: Nach den Plänen von Airbus, federführendes Unternehmen bei diesem Projekt, sollen alle diese neuen Drohnen für europäische Streitkräfte in Deutschland gebaut werden, nämlich in Manching. Und da wird dann die IG Metall sicherlich dieses Angebot zur Debatte wahrnehmen.)
Nachtrag 20. Dezember: In einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur hat sich Außenminister Heiko Maas, SPD, prinzipiell für die Bewaffnung der Bundeswehr-Drohnen ausgesprochen:
„Wenn es Material gibt, das zum Schutz deutscher Soldaten und Soldatinnen im Ausland wirklich erforderlich ist, sollte man es den Soldaten auch zur Verfügung stellen“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Gleichzeitig verteidigte der SPD-Politiker aber wie zuvor schon Vizekanzler und SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz die Entscheidung seiner Partei- und Fraktionsführung, die Debatte über das heikle Thema fortzuführen. „Wenn Teile des Parlaments der Auffassung sind, dass das noch nicht ausdiskutiert ist, dann akzeptiere ich das.“
Die Meldung hier.
Unterdessen ist klar, dass die Mitte November in Afghanistan abgestürzte Drohne des seit Jahren genutzten Typs Heron 1 nicht ersetzt werden soll. Zwar gebe es beim Hersteller in Israel eine Reservemaschine, die bei Bedarf innerhalb von 14 Tagen für den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan oder Mali bereitstehe, erklärte das Verteidigungsministerium auf eine schriftliche Frage des FDP-Abgeordneten Marcus Faber. Die werde aber am Hindukusch nicht benötigt:
Der Einsatz von zurzeit nur 2 Luftfahrzeugen wird aus operationeller Sicht derzeit als ausreichend bewertet. Da das Deutsche [sic] Einsatzkontignent RS [Resolute Support] die Dauerpräsenz in Kunduz beendet hat, muss dieser Raum nicht mehr so ausgiebig wie bisher aufgeklärt werden. Die zum Schutz der Soldatinnen und Soldaten im Einsatzland derzeit erforderliche Aufklärungsleistung kann somit mit den verbliebenen zwei RPA [Remotely Piloted Aircraft] und unter Nutzung anderer Aufklärungsmittel zurzeit gewährleistet werden.
Aufgrund laufender Redeployment-Eventualfallplanungen, unverändert beabsichtigter Ablösung durch das System German HERON TP (ab Mitte 2021) und zurzeit sichergestelltem operativem Bedarf wird deshalb derzeit von einer Kompensation des Luftfahrzeugs HERON 1 abgesehen.
In der Antwort auf Fabers Frage listete das Ministerium zudem eine Übersicht über die Flugstunden der Heron 1 in den Einsätzen in Afghanistan und Mali innerhalb des letzten Jahres auf:
November 2019: Afghanistan 437:45; Mali 298:25
Dezember 2019: Afghanistan 381:45; Mali 325:55
Januar 2020: Afghanistan 340:20; Mali 324:00
Februar 2020: Afghanistan 478:20; Mali 332:55
März 2020: Afghanistan 387:35; Mali 301:10
April 2020: Afghanistan 368:25; Mali 276:55
Mai 2020: Afghanistan 400:55; Mali 287:25
Juni 2020: Afghanistan 524:35; Mali 261:45
Juli 2020: Afghanistan 471:55; Mali 306:15
August 2020: Afghanistan 483:05; 347:20
September 2020: Afghanistan 491:05; Mali 312:25
Oktober 2020: Afghanistan 355:20; Mali 301:35
Gesamt November 2019 – Oktober 2020:
Afghanistan 5.121:05; Mali 3.676:05
(Archivbild: Heron TP auf der Internationalen Luft- und Raumfahrtausstellung (ILA) Berlin im April 2018)
Maas‘ Reaktion ist sympathisch – aber ohne Wirkung im Ziel.
Er hat noch 10 Monate im Außenamt, danach Bundesminister a..D. und Privatier an der Saar. Keiner in der Partei hört auf ihn.
@Landmatrose3000:
„Dann könnte man auch ins GG schreiben, dass Einsatz letaler Munition durch unbemannte Systeme ohne unmittelbare Bedrohung nicht erfolgen darf. Ich vermute, dass damit Bedenken bei der SPD sich weitgehend erledigen würden.“
Die Ideen einer GG-Änderung zur Problemlösung funktionieren nur unter der Prämisse, dass die SPD konstruktiv eine Lösung sucht. Dies ist aber – aus meiner Sicht – nicht der Fall. Die SPD sucht die Nichtentscheidung, um das friedenspoitische Profil für den Wahlkampf zu schärfen.
Etwas anderes wäre der Vorschlag einer GG-Änderung um der SPD ein weiteres Argument zu nehmen.
Politisch hat diese Idee ja einen gewissen Reiz.
Aber wenn man ein Einsatzmittel verfassungsrechtlich (!) auf Selbstverteidigung begrenzen will, dann sollte man zuvor offen und ehrlich über die Rolle von Gewaltandrohung und -anwendung beim Einsatz von Streitkräften diskutieren.
Genau diese Diskussion meidet auch das BMVg und die Union und versteckt sich hinter der Schutzfunktion.
Streitkräfte können jedoch politische Zwecke nicht nur defensiv erzielen.
Die Drohnendebatte bleibt somit eine Stellvertreterdebatte über Deutschlands Rolle in der Welt.
Jedoch auf sehr überschaubarem Niveau und mit wenig Ehrlichkeit auf allen Seiten.
Wie groß die praktische Relevanz eines Einsatzes außerhalb der Selbstverteidigung auf taktischer Ebene (!) ist, zeigt der in meinem ersten Kommentar verlinkten Fall vor mehr als 10 Jahren:
https://augengeradeaus.net/2010/11/rc-n-watch-einsatz-aus-der-luft-gegen-bombenleger/
Ein solcher Einsatz wäre bei der engen Auslegung der Selbstverteidigung auch künftig nicht möglich.
Sogar Fritz Felgentreu sprach sich ja dafür aus die Selbstverteidigung auf die unmittelbare Gefährdung zu begrenzen und einen Angreifer nach Beendigung eines Angriffs nicht mehr zu bekämpfen.
Damit sind wir dann wieder beim Ausgangspunkt der Debatte um Einsatzregeln bei ISAF vor knapp 15 Jahren.
Wenn man nun diese Vorstellungen, die den offensiven Einsatz von Streitkräften (und damit auch Drohnen) nicht in die taktische, operative und strategische Ebene unterteilen, unreflektiert – in hohem Abstraktionsniveau – im Grundgesetz festlegt, ist nichts gewonnen.
@Landmatrose3000: Auch Zustimmung. Mein „Tötungsbegriff“ war enger gefasst mit Bezug zu den extralegalen Tötungen. Die ja extralegal im int. Recht sind also damit bei uns eh verboten sind.
@Landmatrose:
Operation Halzamag 31.10.2010. Die Panzerhaubitze 2000 (~40km Reichweite) leistet in der offensiven Operation Feuerunterstützung. Die PzH 2000 muss ja irgendwoher ihre Zieldaten herhaben. Theoretisch sogar von einer Drohne. Wenn also von einer Drohne übermittelte Daten für einen angenommenen 40km Verschuss ethisch/moralisch ok sind (Stichwort: Zeitverzug Geschossflugzeit!), warum ist dann ein direkter Verschuss von derselben über dem Ziel fliegenden Drohne quasi in Echtzeit bäääh?
Eine Drohne ist eben gerade nicht unbemannt, wenn es um die Entscheidung geht, ob ein Ziel bekämpft werden soll. Genausowenig, wie eine PzH 2000. Wenn es also generell um automatisiertes/selbstständiges Töten geht – Stichwort Minen – dann hat das nichts mit Drohnen zu tun.
Die selbe Diskussion, wie vor 10 Jahren. Zeitverschwendung.
Und nein, ich erkenne da auch kein spezielles parteitaktisches Zugeständnis, dass der AM an seine Fraktion machen muss. Wenn die Entscheider bei solchen Grundlagen (absichtlich) ins Schlingern kommen, dann sind sie vielleicht nicht am richtigen Platz.
@ CRM-Moderator sagt:
21.12.2020 um 23:03 Uhr
„Die selbe Diskussion, wie vor 10 Jahren. Zeitverschwendung.“
Gegenvorschlag? „Neiiin!-Doch!-Ooooh“ wie bei Louis de Funes? Klappt wohl kaum. Debatte für nervig erklären und nicht führen ist aus meiner Sicht noch mehr Zeitverschwending, wenn SPD keinen Richtungswechsel beim Thema vornimmt. Dann bleibt es beim Status Quo und mündet im gegenseitig-doof-finden. Politische Mehrheiten für das eigene Ziel muss man eben schaffen wenn es noch keine gibt und für die eigene Idee werben, in Debatten, geht manchmal nur arg mühsam und kann nerven. Alle anderen Lösungen sind bei weitem aber schlechter.
„warum ist dann ein direkter Verschuss von derselben über dem Ziel fliegenden Drohne quasi in Echtzeit bäääh?“
Bei dem Beispiel wird er nicht so arg bäääh sein. Die Gegner bewaffneter UAVs werden aber eher im Kopf haben:
a) die targeted killings von Kombattanten
b) die (fälschlicherweise) ausgelöschte „Hochzeitsgesellschaft“ et al.
c) das permanente Sirren eines UAVs über den Köpfen von Zivilisten, und das Wissen, dass diese durch eine wahrgenommene, aber nicht sichtbare und nicht entkommbare Bedrohung einer erheblichen psychischen Belastung ausgesetzt werden. In allen Konflikten der letzten Jahre vermischen sich ja leider Kombattanten irgendwie so kompliziert mit der Zivilbevölkerung…
All das wäre auch für BW „legal“, ROE mal aussen vor. Sogar b), denn nur das vorsätzliche Töten von Zivilisten wäre ja ein Kriegsverbrechen. Wird BW einmal zukünftig wirklich einmal offensiver scharf tätig, wird es recht wahrscheinlich auch einmal schlimm dabei schief gehen. Das will keiner, das ist auch unbedingt nach allen Kräften zu vermeiden, aber wo gearbeitet wird sind schon immer Fehler passiert. Wenn BW Szenarien a)-c) aber für sich auch kategorisch nicht will, muss man, glaube ich, hier tatsächlich noch eine Lösung liefern.
„Wenn es also generell um automatisiertes/selbstständiges Töten geht – Stichwort Minen…“ Stimmt, das müsste man berücksichtigen. Man könnte eine das ja theroretisch so regeln, dass nur bewegliche Waffensysteme, die Munition verschiessen, von so einer oben skizzierten Regelung umfasst werden.
„Und nein, ich erkenne da auch kein spezielles parteitaktisches Zugeständnis, dass der AM an seine Fraktion machen muss. Wenn die Entscheider bei solchen Grundlagen (absichtlich) ins Schlingern kommen, dann sind sie vielleicht nicht am richtigen Platz.“
BM Mass ist hier KEIN maßgeblicher Entscheider, sondern hat nur seine Stimme als ein BT-Abgeordneter unter vielen.
@ Memoria sagt:
21.12.2020 um 20:21 Uhr
„Genau diese Diskussion meidet auch das BMVg und die Union und versteckt sich hinter der Schutzfunktion. “
Das ist auch meine Wahrnehmung. Das fürht im Ergebnis aber dazu, dass NoWaBo mit der Haltung „Die Sache ist noch nicht ausdebattiert“ vielleicht doch ein klein wenig Recht hat.
Hier noch das Interview mit Walter-Borjans im WDR von letzter Woche in dem deutlich wird, dass keine Entscheidung bis zur Wahl getroffen werden soll:
https://www1.wdr.de/mediathek/audio/wdr5/wdr5-morgenecho-interview/audio-bewaffnete-drohnen-fuer-die-bundeswehr-100.html
Die Argumentation (was passiert, wenn auf eine Drohne aus einer Menschenmenge geschossen wird?) zeugt von sehr begrenzter Sachkenntnis. Offenbar hat der SPD-Vorsitzende nichtmal den Anspruch sich an der Debatte auf einem halbwegs fachlichen Niveau zu beteiligen. Leider sind auch die Fragen ziemlich unkritisch, da schon die Behauptung es gebe keine Kehrtwende offensichtlich nicht stimmt:
Noch im Herbst (nach der Anhörung) forderte Herr Mützenich die Vorlage einer 25 Mio-Vorlage bis zum Jahresende (https://augengeradeaus.net/2020/10/dronewatch-wehrbeauftragte-fuer-schnelle-entscheidung-pro-bewaffnete-drohnen/#comment-352494). Also war das Thema im Oktober aus Sicht der Fraktionsführung entscheidungsreif. Jedoch galt dies im Dezember dann nicht mehr.
@Memoria
„Eine entsprechende Regelung im Grundgesetz wäre somit eine unzweckmäßige Beschränkung.“
Echt jetzt? Solange solche Positionen vorgebracht werden, ist eine strikte Ablehnung garantiert.
Da wäre es wohl noch einfacher Clustermunition zu beschaffen, die nicht unter die Ächtung fällt.
„Die Ideen einer GG-Änderung zur Problemlösung funktionieren nur unter der Prämisse, dass die SPD konstruktiv eine Lösung sucht. “
Das funktioniert auch so, weil es die SPD unter Zugzwang setzt. Tut sie dann weiterhin nichts, steht sie als verlogen oder völlig unfähig da.
@CRM-Moderator
Selbst Scholz will sich nicht in so was verlieren. Maas offensichtlich auch nicht. Damit muss man nur den harten Kern in der SPD und die Grünen angreifen aber nicht in die große Debatte einsteigen.
@Landmatrose
„„Die selbe Diskussion, wie vor 10 Jahren. Zeitverschwendung.“
Gegenvorschlag? „Neiiin!-Doch!-Ooooh“ wie bei Louis de Funes? Klappt wohl kaum. Debatte für nervig erklären und nicht führen ist aus meiner Sicht noch mehr Zeitverschwending, wenn SPD keinen Richtungswechsel beim Thema vornimmt. Dann bleibt es beim Status Quo und mündet im gegenseitig-doof-finden.“
Um eine konstruktive Diskussion führen zu können bedarf es faktenbasierter Sachebene. Wenn die nicht vorhanden ist, dann brauchen Sie nicht zu diskutieren. Wenn das Gegenüber die Diskussion nur führen will, um eine Entscheidung zu verhindern, dann ist eine weitere Diskussion Zeitverschwendung.
Wir sollten nicht die Kausalkette umkehren.
Denn nicht diejenigen, die folgerichtig nach 10+ Jahren feststellen, dass man mit diesen Leuten nicht lösungsorientiert diskutieren kann, sind „doof-Finder“. Nein, das nennt sich Konsequenz. Es gibt da nichts mehr zu diskutieren, was nicht bereits x-mal durchgekaut wurde. Realität anerkennen. Freimachen.
Die Wahlen müssen abgewartet werden. Und wenn das Volkes Wille ist, dann wird das eben so umgesetzt. Dann gibt es eben keine deutschen Drohnen mit Bewaffnung. Oder nur bewaffnungsfähige. Oder nur bewaffnungsfähige für Defensivoperationen. Oder nur theoretisch bewaffnungsfähige für Notwehrsituationen in Defensivoperationen gegen nichtmenschliche Ziele. Das werden wir dann bestimmt alles haarklein erfahren. Unsere Bündnispartner auch.
P.S.: Ich schmunzel gerade bei ihrer Feststellung, dass ein Aussenminister KEIN maßgeblicher Entscheider sei. Einer allein entscheidet ja seltenst. Aber wenn man bei diesem Thema nicht auch auf die Stimme des AM hört, auf wen denn sonst? Die der Gewerkschaften?
@ CRM-Moderator sagt:
22.12.2020 um 11:21 Uhr
„ Ich schmunzel gerade bei ihrer Feststellung, dass ein Aussenminister KEIN maßgeblicher Entscheider sei. Einer allein entscheidet ja seltenst. Aber wenn man bei diesem Thema nicht auch auf die Stimme des AM hört, auf wen denn sonst? Die der Gewerkschaften?“
Ja, Gewerkschaften sind da sicher für die SPD tendenziell gerade wichtiger. Weil die nächste BT-Wahl naht, und zwischen Platz 2-5 und zwischen „gerade noch gerettet“ bis Totalabsturz für die SPD alles drin ist. Man wähnt sich dort traditionell gewerkschaftsnah, egal, dass von der Bindung zu den relevanten Milleus dort so viel Relevantes davon mehr übrig ist. Da legt man sich jetzt gerade eben zu dem lästigen Thema ungern fest, und mit der aktuellen Parteispitze schon dreimal nicht, sondern bleibt derzeit im Ungefähren. Prognose: Falls SPD eine Regierungsbeteiligung erhalten kann, wird die Entschlussfähigkeit tendenziell wieder grösser. Ob die Unionsparteien aber Ihrerseits unbedingt Drohnen-Bewaffnung zum Inhalt eines Koalitionsvertrages machen wollen würden, steht auch in den Sternen.
@SvD:
Ich verstehe durchaus ihren Punkt somit der SPD damit den Wind aus den Segeln zu nehmen. Jedoch kann man damit auch „das Kind mit dem Base ausschütten“. Siehe meine letzten Kommentare zur Selbstverteidigung.
Wie planlos die SPD bei dem Thema ist, scheint mir auch medial schon recht deutlich zu sein.
Eine sinnvoll formulierte GG-Änderung als Vorschlag wäre da dann noch die Krönung.
Das alles wird aber wohl eher bald mit den Grünen zu diskutieren sein.
Dort gibt es ja schon eine Position.
Ich behaupte mal weder Union noch Grüne werden an dem Thema eine künftige Koalition scheitern lassen.
Also kommt es darauf an wem das Thema in Koalitionsverhandlungen wirklich wichtig ist.
Dann vielleicht mit ner Klärung im GG als „Goldlösung“.
@ Memoria sagt:
22.12.2020 um 17:44 Uhr
„ Das alles wird aber wohl eher bald mit den Grünen zu diskutieren sein.
Dort gibt es ja schon eine Position.“
Ja, die Grünen lehnen die Bewaffnung von Drohnen derzeit ab. Allerdings empfehle ich sich mal die Sitzung und den Beitrag von MdB Katja Keul anzuschauen (youtube oder gruene.de) oder hier mal den Redebetrag nachzulesen, Ganze Debatte hier ab S. 134 des pdf: https://dip21.bundestag.de/dip21/btp/19/19202.pdf, Rede Katja Keul ab S. 141, Auszug (ich hoffe Länge ist akzeptabel @TW), gerichtet an Unionsfraktion:
„Wenn Sie uns nämlich davon überzeugen könnten, dass der konkrete Vorteil einer bewaffneten Drohne gegenüber der herkömmlichen Luftunterstützung so groß ist, dass er die Nachteile aufwiegt, dann hätten wir unsere Entscheidung durchaus überdacht…..
….. Ich habe bei der Bundesregierung trotzdem noch ein-
mal schriftlich nachgefragt, wie oft die Bundeswehr in Afghanistan auf den Schutz durch bewaffnete Drohnen
der Bündnispartner angewiesen war; denn das wäre ja durchaus relevant gewesen. Die Antwort der Bundesre- gierung war allen Ernstes, dass sie darüber keine Kennt-
nis hat. Also, bitte: Wenn Sie uns von der Notwendigkeit dieser Waffensysteme überzeugen wollen, dann sollten Sie sol- che Kenntnisse besser haben.“
Da hat MdB Keul wohl einen Punkt. Aber ich lese das auch in dem Sinne, dass sich die Grünen-Spitze hier einen Weg offen hält, sich bei einer Regierungsbeteiligung eben doch noch überzeugen zu lassen…
@Landmatrose3000:
Zu den Antworten auf die Frage der Abgeordneten Keul verweise ich mal auf meinen ersten Kommentar hier:
https://augengeradeaus.net/2020/12/dronewatch-spd-positionierung-bundestagsdebatte-und-keine-neue-heron-1-nach-afghanistan/comment-page-1/#comment-355514
Das BMVg hat in den Diskussionen mit Abgeordneten solche Fälle nicht thematisiert, sondern Fälle mit deutlich weniger Aussagekraft präsentiert.
Dies wurde auch von der SPD unmittelbar moniert.
https://augengeradeaus.net/2020/05/dronewatch-zehn-jahre-heron-tp/#comment-344608
Der darin verlinkte komplette Mitschnitt ist leider nicht mehr verfügbar, sondern nur noch eine Zusammenfassung:
https://www.bmvg.de/de/aktuelles/drohnendebatte-militaerisch-operativer-dialog-abgeordnete-260290
Und nochmal der Ursprung der dortigen Diskussion und dem konkreten Fall der Verwendung einer US-Drohne:
https://augengeradeaus.net/2020/12/dronewatch-spd-positionierung-bundestagsdebatte-und-keine-neue-heron-1-nach-afghanistan/comment-page-2/#comment-355754
Damals beteiligte sich übrigens sogar ein Abgeordneter (sicherheitspolitischer Sprecher „Die Linke“) ziemlich engagiert hier an der Debatte. Das war seitdem nicht mehr der Fall.
Zumindest sind die Grünen deutlich sachlicher als die SPD in der Debatte.
@ Memoria sagt:
22.12.2020 um 23:31 Uhr
:
„Zu den Antworten auf die Frage der Abgeordneten Keul verweise ich mal auf meinen ersten Kommentar hier:…“
Stimmt, sorry, hatte ich schon wieder vom Radar runter…
Schade, dass der Komplett-Mitschnitt von den Fachvorträgen weg ist. Die Mediathek auf der BMVg-Website ist ja leider nur noch ein schlechter Witz.
Zu Ihrem Post @ Memoria sagt:
28.05.2020 um 22:42 Uhr meinerseits noch nachträglich ein +1 mit Sternchen, wenn Sie erlauben.
@Landmatrose3000:
Vielen Dank.
Mit Blick auf Selbstverteidigung und deren praktische Auslegungen empfehle ich (nochmals) diese Studie:
http://www.gppi.net/media/gaston_2017_hostile-intent_web.pdf
Dabei empfiehlt es sich auch die Fußnoten aufmerksam zu lesen.
Leider spielen diese Fragen in der Drohnendebatte weiterhin keine Rolle, obwohl dies die eigentlichen Kernfragen der Debatte sind.
Jedoch fernab von emotionalen Diskussionen um extralegale Tötungen.
Sind wohl nur Betrachtungen „in Fachkreisen“, die in der allgemeinpolitischen Debatte mehr stören als helfen.
FOCUS online richtet den Blick auf die Eurodrohne („Ideologie und Wahlkampftaktik: Drohnen werden zur Zerreißprobe für SPD und Grüne“).
Das wird kommendes Jahr noch spannend, insbesondere für all jene die oberflächlich mit Bezug auf die USA argumentieren. Sonst aber gerne europäische Verteidigung und Beschaffung propagieren.
Am Ende will man wohl weiter das wesentliche Element dabei verdrängen:
It’s all about killing.
Memoria
„@SvD: Ich verstehe durchaus ihren Punkt somit der SPD damit den Wind aus den Segeln zu nehmen.“
Jein, das ist die erste logische Konsequenz wenn man ordentlich argumentieren würde. Die zweite wäre der Gegenwind, in dem die SPD dann öffentlichkeitswirksam umfällt. Man kann zwar standhaft liegen bleiben, eine gute Figur macht das allerdings nicht.
Da es keine ordentliche Kommunikation nach außen gibt, wurde die Beschaffung überhaupt erst angreifbar. Die Kommunikationsstrategie wurde 10 Jahre nicht überarbeitet, sollte nun aber den Erfolg bringen?
Es kann ja nicht so schwer sein die Kosten eines Tornado bzw. Eurofighter gegen eine Drohne zu stellen.
Die Zeit auf der Station über dem Einsatzgebiet aufzuzeigen. Den Spritverbrauch: 3 Stunden Jet = eine Woche Drohne. Und dann die Anforderungen an den Flugplatz und den Betrieb dort (Treibstofflager und Logistik, Bodenpersonal).
Damit lässt sich auch der Mangel an Luftunterstützung bei Auslandseinsätzen erklären. Es wäre zu teuer gewesen, man hätte sich Flugplätze bauen müssen um dann die Flieger kaputtzufliegen.
Den Tiger hätte man, mangels richtbarer Bordkanone, ja auch nicht wirklich nutzen können. Außerdem ist der kaum nutzbar. Der Klarstand liegt bei uns und in Frankreich deutlich unter 20%.
Funktionierende Mörser inkl. Lenkmunition hat man ja nicht. Die PzH2000 hat, genau wie der MARS2, als Artillerie ihre Einschränkungen. Manche Stellen im Gelände kann man halt nicht erreichen. Die Präzision ist nicht hoch genug und die 155mm Granaten sind nicht ohne. Genau wie bei MK80 Bomben fliegen große, schwere Splitter des Mantels sehr weit. Oft eben weit über die gewünschte Zielzone hinaus, während in der Zielzone oft keine flächendeckende Splitterwirkung erreicht wird.
Man hatte 10 Jahre Zeit sich zu überlegen, wie die Gegenseite argumentieren könnte. Man konnte 10 Jahre lang diverse Argumente zur Kenntnis nehmen. Man hat nicht darauf reagiert und rudert nun hilflos durch die Gegend.
@SvD:
Die Bewaffnung der HERON TP ist keine Geldfrage.
Das BMVg hat sicher in der Debatte des vergangenen Jahres manchmal ungeschickt argumentiert.
Aber wurde zumindest durch die Ministerin wieder eine Debatte angestoßen.
Der linke Flügel in der SPD sucht hingegen nur weitere Gründe für eine Ablehnung.
Eine echte Auseinandersetzung mit Gegenargumenten wird gemieden:
https://youtu.be/96I-n_mabcU
Deswegen helfen auch keine Kostenrechnungen, Vorschläge zu Grundgesetzänderungen oder ähnliches.
Die SPD will als Friedenspartei in den Wahlkampf ziehen, da schadet jede Entscheidung zu „Killerdrohnen“.
Spannend wird dabei nur noch, ob man dafür auch die Eurodrohne opfern will.
Der Friedenspartei-Habitus zur Bildung einer Koalition links der Mitte ist tatsächlich das Ziel.
Schließlich müssen in möglichen Koalitionsgesprächen Angebote auf den Tisch, die Baerbock&Habeck und Gysi&Bartsch ansprechen.
Aber auch:
„Welche verbündeten Armeen würden jetzt noch mit der #Bundeswehr zusammen kämpfen wollen, wenn sie wissen, dass Deutschland seine eigenen Soldaten nicht genügend schützt, geschweige denn die der Verbündeten?“ so @RKiesewetter zur @spdde Haltung.
Auf eine politische Reaktion diesbezüglich wäre ich gespannt.
Weiter sanft bergab
@Bjoern__ ( Bjoern Müller, editor for „loyal“ @DieReserve as well @NDRinfo @tazgezwitscher
@faznet @n_ost @esutde @bpb_de)
My latest: #Bundeswehr gibt weiteres Drohnen-Projekt, … HALE, basierend auf GlobalHawk, auf (faz.net)
„Die Bundesregierung hat das Vorhaben aufgegeben, bis zu vier hochfliegende IMINT-Drohnen zur optischen Aufklärung zu beschaffen. Als Grund werden steigende Kosten angegeben.
Das Konzept sah vor, mit den IMINT-Drohnen als „nationale Beistellung“ die kommende Nato-Bodenüberwachung zu ergänzen. Die Aufstellung dieser „Alliance Ground Surveillance“ – kurz AGS – mit Global Hawk Drohnen der Block-40-Variante befindet sich in den letzten Zügen“.
Eine traurige Metapher, die von den letzten Zügen und eine unrühmliche Geschichte 3-stelliger Millionen-Investitionen seit der Beginn der 2000er Jahre.
@Memoria
In der Geldfrage bin ich schon bei der Eurodrohne, die wird nämlich sonst das nächste Ziel sein.
Man lässt keine Flanke offen, wenn man damit rechnen muss, über längere Zeiträume angegriffen zu werden.
Die Pseudoargumente, mit denen der Stuchstoß erfolgen soll, beflügeln sonst nämlich weitere Kräfte.
@KPK
Daran ist nichts neu. Das ist seit einer kleinen Ewigkeit bekannt.
„Zu den Gründen für den Verzicht auf die IMINT-Drohnen machte das Verteidigungsministerium keine Angaben.“
Weil die nicht zulassungsfähig sind und auf sehr teurer US Technologie basieren.
Lag der Autor 11 Monate im Koma oder so?
„DroneWatch: Bundeswehr stoppt Beschaffung von Aufklärungsdrohnen – und kauft bemannte Flugzeuge“
28.01.2020
https://augengeradeaus.net/2020/01/dronewatch-bundeswehr-stoppt-beschaffung-von-aufklaerungsdrohnen-und-kauft-bemannte-flugzeuge/
„DroneWatch: Bundeswehr setzt auf Menschen statt Aufklärungsdrohnen (Zusammenfassung)“
28.01.2020
https://augengeradeaus.net/2020/01/dronewatch-bundeswehr-setzt-auf-menschen-statt-aufklaerungsdrohnen-zusammenfassung/
[Vorsicht – nicht SIGINT-System Pegasus mit IMINT als vor Jahren erwogene Beistellung zu AGS durcheinanderwerfen. Danke. T.W.]
@KPK:
Als Ergänzung hier der gesamte Artikel mit dem Zitat von Roderich Kiesewetter:
https://www.defenseone.com/ideas/2020/12/why-german-troops-wont-get-armed-drones/170965/
Eine ziemlich merkwürdige Herleitung der Position der Bundeskanzlerin.
Zudem stellt sich mir bei so mancher Aussage aus der Union die Frage warum dann das Thema nicht schon seit 2018 energisch vorangetrieben wurde. Die CDU/CSU-Fraktion war (auch) zu diesem Thema solange still als es im BMVg unter von der Leyen ignoriert wurde (inkl. Halbzeitbilanz der Koalition). Die Spitzen der Union hielten das Thema auch sehr lange aus der öffentlichen Diskussion. Die Kanzlerin bringt sich in die Debatte ebenfalls nicht ein, da es ein kontroverses Thema in der Koalition ist.
Die Verbündeten hatten schon davor genug Gelegenheiten an der Ernsthaftigkeit der deutschen Sicherheitspolitik zu zweifeln (Afghanistan, Mali, Syrien, Irak).
Die SPD bietet durch den Schlingerkurs des vergangenen Jahres eigentlich schon genug Angriffsfläche: Debatte im Dezember 2019, Auftaktveranstaltung der Drohnendebatte2020, Fachgespräche zur Drohnendebatte2020, Liebe-Freunde-Brief, Konzept des BMVg, Anhörung, Aufforderung von Mützenich bis zum Jahresende eine 25-Mio-Vorlage vorzulegen, ablehnende Haltung in der Fraktion.
Beide Parteien überhöhen das Thema zur eigenen Profilierung und machen so einige Einigung unmöglich.
Von Rolf Mützenich kommen erneut Forderungen zu Rüstungskontrolle im Bereich von Drohnen („SPD-Fraktionschef Mützenich will internationale Rüstungskontrolle für Kampfdrohnen“, rnd.de).
Nun soll das Thema „politisch zugespitzt“ im Wahlkampf diskutiert werden. Das finde ich ja mal positiv und konsequent, denn bisher wollte man das Thema ja aus dem Wahlkampf heraushalten.
Das andauernde Klagen einer fehlenden breiten Debatte wird aber weiterhin nicht durch Debattenangebote der SPD ergänzt.
In der NATO müsste zudem primär der Außenminister politische Initiativen einbringen. Da ist die SPD sonst ja auch immer sehr hinterher.
Der Gesamtansatz erinnert stark an die unterschiedlichen Grundideen bei der Nachrüstung.
Zur Einordnung der deutschen Debatte hilft vielleicht auch ein neues Interview mit Joschka Fischer:
https://www.nzz.ch/international/joschka-fischer-mit-brexit-und-trump-haben-sich-die-briten-und-amerikaner-vom-westen-verabschiedet-ld.1592878
Auch er kann über die Drohnendebatte und die Linie der SPD (insbesondere Mützenich) nur noch den Kopf schütteln.
„[Vorsicht – nicht SIGINT-System Pegasus mit IMINT als vor Jahren erwogene Beistellung zu AGS durcheinanderwerfen. Danke. T.W.]“
Das hätte ich zwar klarer machen können aber das Problem ist ja die Plattform.
Die Globalhawk war schon lange abgeschrieben und die Triton Anfang des Jahres ja auch. Beide Plattformen waren verbrannt, also welche der beiden hätte es denn sein sollen?!
Es war doch klar in welche Richtung das gehen wird, vor allem wenn das national, also nur aus unserer Kasse heraus, finanziert worden wäre. Das wäre der Eurohawk mit Kameras gewesen. Die Einrüstung kostet, wie beim Eurohawk, sehr viel Geld, was man nun ja wissen sollte und die Zulassungsfrage ist damit auch noch nicht geklärt. Wie kann man da jetzt einen überraschten Artikel drüber schreiben?
Hätte man vor 20 Jahren mal selbst in ordentliche Drohnen investiert, stünde man nun nicht mit heruntergelassenen Hosen da.
Von der Eurodrohne kann man sich wohl einen Leistungsbereich nach oben schrauben und damit die Plattform liefern, welche man seit 20 Jahren beschaffen will.
Ich schreib‘ mal eine Fundstelle hier rein, a) weil es zur Debatte passt und b) damit wir das später auch wiederfinden…
Große Anfrage der SPD, Haltung der Bundesregierung zum Erwerb und Einsatz von Kampfdrohnen, Bundestagsdrucksache 17/13655 vom 29.05.2013:
Wie viele Einsätze von Kampfdrohnen im Zeitraum ab 2001 sind der Bundesregierung bekannt (bitte nach Einsatzorten und Einsatzdatum aufschlüsseln)?
Der Bundesregierung liegen folgende, eigene, gesicherte Erkenntnisse vor:
Kräfte der Bundeswehr wurden bisher ausschließlich in Afghanistan durch den Einsatz bewaffneter Unmanned Aerial Systems (UAS) von Verbündeten unterstützt. Hierzu liegen Informationen über zwei Fälle des Einsatzes bewaffneter UAS zur Unterstützung von deutschen Truppen und zwei weitere Fälle zur Unterstützung von verbündeten Streitkräften innerhalb des deutschen Verantwortungsbereichs im Regionalkommando Nord in Afghanistan vor.
Am 8. Juni 2009 wurde durch Waffeneinsatz eines unbemannten US-Luftfahrzeugs eine behelfsmäßige Sprengvorrichtung (Improvised Explosive Device – IED) zerstört. Personenschäden konnten bei diesem Einsatz nicht festgestellt werden.
Am 11. November 2010 erfolgte der Waffeneinsatz eines unbemannten US- Luftfahrzeugs gegen eine Gruppe Aufständischer im Distrikt Chahar Darrah. Dabei wurden vermutlich vier Aufständische getötet. Zivile Opfer wurden nicht festgestellt.
In beiden Fällen diente der Waffeneinsatz dem Schutz der ISAF-Kräfte (ISAF: Internationale Sicherheitsunterstützungstruppe) sowie der afghanischen Bevölkerung.
@T.W.:
Danke für den Hinweis auf die Große Anfrage. Passt ja auch zum Beginn der Debatte hier und zeigt nochmal, dass das BMVg offenbar den Überblick über Einsätze bewaffneter Drohnen über die Zeit verloren hat.
Bin mal gespannt, ob die SPD sich nochmal detaillierter mit den Grundsätzen des BMVg, der Einsatzrealität usw. beschäftigt.
Für mich wird jedoch immer deutlicher, dass die Drohnendebatte nur ein weiteres Beispiel für eine weitere Ersatzdebatte zur Grundausrichtung der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik ist.
Seit der Wiederbewaffnung gab es dazu regelmäßig verschiedene Anlässe (Einführung der Wehrpflicht, Nachrüstung, Auslandseinsätze, bewaffnete Drohnen) bei denen jeweils anhand eines konkreten Themas eigentlich über Grundsätzliches diskutiert wurde. Jedoch werden die grundlegenden Unterschiede nicht klar diskutiert, sondern es werden symbolische Debatten geführt.
Zudem wird immer mehr eine klare Entscheidung gemieden.
In der Kölner Rundschau meldet sich erneut Norbert Walter-Borjans zu Wort („„Es ist Zeit, dass CDU und CSU die Oppositionsbank drücken“).
Er sieht noch erheblichen Diskussionsbedarf innerhalb der SPD.
Erneut wird auch die unzureichende Debattenführung durch das BMVg kritisiert. Offenbar merkt der Vorsitzende vor lauter parteipolitischem Klein-Klein gar nicht wie sehr er damit die SPD verzwergt.
Wenigstens gibt er offen zu, dass er das Thema dazu nutzen will die SPD als Friedenspartei zu positionieren.
Dass mit der Eurodrohne noch vor der Wahl eine wesentliche Entscheidung zu bewaffnungsfähigen Drohnen ansteht scheint er weiterhin nicht im Blick zu haben.
Nach dem beiden Interviews habe ich erneut den Eindruck, dass die Forderung von Herrn Mützenich im Oktober 2020 (!) noch bis zum Jahresende eine Beschlussvorlage vom BMVg (!) zu erhalten („SPD offen für Kampfdrohnen“, sueddeutsche.de) schon wieder vergessen ist.
Sogar die Ministerin bezieht sich in ihrem heutigen Interview und der Kritik an BM Scholz in der WamS („Soldaten können sich nicht auf die SPD verlassen“) nicht explizit darauf.
Es ist wohl ein wesentlicher Wesenzug unserer Zeit, dass elementare Aussagen schon nach wenigen Wochen in Politik und Presse vergessen sind.
Unterm Strich zeigt der Verlauf der Debatte im letzten Jahr vorallem ein eklatantes Kommunikations- und Koordinationsdefizit in Partei und Fraktion. Hinweise auf die besondere Lage in der Corona-Krise wirken da nur noch als hilflose Ausreden (siehe debattencamp20 der SPD).
So wirklich überzeugend ist die Argumentation der SPD offenbar auch für Fachleute nicht:
https://mobile.twitter.com/CarloMasala1/status/1343485820716654592
Die SPD-Führung hat sich formal und inhaltlich in zu viele Widersprüche verheddert. Da wieder unbeschadet rauszukommen scheint kaum mehr möglich. Jedoch sieht man die Widersprüchlichkeit offenbar weiterhin nicht, sondern liefert in jedem Interview neue Absurditäten.
So ist das wen jeder ein (selbsternannter) Experte ist und die eigentlichen Experten ignoriert werden.
Die Aussage zu den Experten, die nicht im Verteidigungsausschuss sitzen müssen, ist schon sehr starker Tobak. Man stelle sich diese Aussage mal im anderen Politikfeldern (Gesundheit, Klima) vor.
Gleichzeitig betont Herr Mützenich seine Kompetenz als Rüstungskontrollpolitiker.
@Memoria sagt: 25.12.2020 um 22:01 Uhr
„Die SPD will als Friedenspartei in den Wahlkampf ziehen, da schadet jede Entscheidung zu „Killerdrohnen“.
Spannend wird dabei nur noch, ob man dafür auch die Eurodrohne opfern will.“
Und auch dann wird sich niemand mehr daran erinnern, dass die SPD einem Haushalt 2021 zugestimmt hat, in dem 280 Mio Euro für die Eurodrohne enthalten sind. Die Drohne für die Fähigkeit „Luftgestützte Aufklärung und Überwachung in der Tiefe des Einsatzgebietes in Verbindung mit Wirkung gegen stationäre und bewegliche Punktziele“.
(Auf die 280 Mio komme ich über die 50 Mio im HH-Entwurf + 232 Mio aus der Bereinigungssitzung).
@ Memoria sagt: 28.12.2020 um 11:52 Uhr
So wirklich überzeugend ist die Argumentation der SPD offenbar auch für Fachleute nicht:
https://mobile.twitter.com/CarloMasala1/status/1343485820716654592
Kurze Dokumentation an dieser Stelle:
Rolf Mützenich sagt im Interview mit dem RND (Rolf Mützenich: „Der Schutz unserer Soldaten hängt nicht allein von Drohnen ab“):
„Die im Koalitionsvertrag verabredete breite gesellschaftliche Debatte hätte daran vielleicht etwas ändern können, aber die beiden Verteidigungsministerinnen Ursula von der Leyen und Annegret Kramp-Karrenbauer haben es versäumt, eine solche auch zuzulassen.“
Carlo Masala weist darauf hin, dass diese breite gesellschaftliche Debatte gar nicht im Koalitionsvertrag steht.
Zitat aus dem Vertrag:
„Über die Beschaffung von Bewaffnung wird der Deutsche Bundestag nach ausführlicher völkerrechtlicher, verfassungsrechtlicher und ethischer Würdigung ge-sondert entscheiden. Hierzu wird die Bundesregierung eine gesonderte Vorlage er-stellen und dem Deutschen Bundestag zuleiten.“
@K.B.:
Richtig, die SPD hat die Eurodrohne als europäisches Projekt immer unterstützt.
Auch wenn es ja formal nur eine bewaffnungsfähige Drohne (wie die HERON TP) sein wird. Jedoch geht es diesmal um die Entwicklung und Beschaffung (von 16 Systemen für Deutschland, weitere in jeweils geringerem Umfang für Frankreich, Italien und Spanien) in einem Gesamtvolumen von ca. 3,3 Mrd.
Die Bewaffnung ist ebenfalls schon international festgelegt (Brimstone 3 und GBU 49).
Durch die nun extrem zugespitzte Debatte mit viel medialer Aufmerksamkeit (als prominenter koalitionsinterner Streitpunkt mit Potential für den beginnenden Wahlkampf) könnte die Eurodrohne-Entscheidung also durchaus schwieriger werden als die HERON TP Beschaffung zu Beginn der Legislatur.
Zumal es sich nun um ein europäisches Projekt handelt, bei dem die Koalition nicht so einfach Entscheidungen weiter aufschieben kann.
Mal abwarten wann die Partei- und Fraktionsführung merkt, wie schnell die eigene Friedens- und Abrüstungsrethorik auf realpolitische Entscheidungen mit europapolitischer Dimension treffen wird (noch im ersten Halbjahr 2021 mit der 25 Mio Vorlage zur Eurodrohne).
Also noch genug Stoff für den Wahlkampf – egal wie sich die SPD entscheidet. Walter-Borjans und Mützenich haben die SPD (getrieben vom linken Flügel) in ein klassisches Dilemma hinein manovriert.
Entweder die SPD verhindert den Beginn der Entwicklung der Eurodrohne oder stimmt, ggf. mit Auflagen, zu. Ersteres hätte enorme negative europa- und industriepolitische Auswirkungen, Zweiteres wäre friedenspolitisch nach den Äußerungen der letzten Tage im politisch zugespitzten Wahlkampf kaum zu vermitteln.
Wenn sich der politische und mediale Blick immer mehr auf die Eurodrohne richtet, dann ist das Kommunikationsdesaster der SPD komplett.
Zur Debatte in der SPD noch ein Fundstück von einem Mitglied des Verteidigungsausschusses:
„Eine letzte Anmerkung zu der vermeintlich fehlenden öffentlichen Debatte zur Drohnenbewaffnung. Soweit ich mich zurück erinnern kann, wird seit ca. 8 Jahren inner- und außerhalb des Bundestages eine Drohnen-Diskussion geführt. Insofern widerspreche ich hier unserem Parteivorsitzenden. Richtig hingegen ist, dass diese Diskussion in der notwendigen Tiefe weder (sic!) SPD noch in ihrer Bundestagsfraktion stattgefunden hat. Die Motivation ist nachvollziehbar: Bei einer überwiegenden Ablehnung bewaffneter Drohnen durch die SPD-Mitglieder und die Bevölkerung einerseits und dem hohen emotionalen Potenzial des Problems andererseits, steht jeder Erklärungsversuch in der Gefahr, dass die Drohnenthematik zum Verliererthema wird. Dies unterstreichen auch die vielen Schreiben, die wir als MdB’s erhalten.“
https://www.abgeordnetenwatch.de/profile/eberhard-brecht/fragen-antworten/564685
Wenn Walter-Borjans und Mützenich mehrfach eine breite Debatte einfordern, dann sollten sie vielleicht erstmal den Mut aufbringen im jeweils eigenen Verantwortungsbereich eine fundierte Diskussion in der notwendigen Tiefe zu führen.
Sowohl die Partei als auch die Fraktion haben dies innerhalb eines Jahres mehrfach gemieden, obwohl fortlaufend betont wird, dass man noch nicht entscheiden kann, da das Thema so wichtig sei (Walter-Borjans, Mützenich, Scholz).
Ob man bis zur Finalisierung des Wahlprogrammes eine Meinung hat und diese dort auch niederschreibt?
In den letzten Wahlprogrammen gab es entsprechende (ablehnende) Positionierungen. Warum man nun nochmal neue Debatten mit NGOs, Ärzten und Kirchen benötigt ist sachlogisch nicht nachvollziehbar.
Verzögerungstaktik kennen halt auch Quasi-Pazifisten (m/w/d).
Ein vielleicht für manchen interessantes Feature über Hyperwar, KI, Drohnen, Roboter, usw. :
https://www.deutschlandfunkkultur.de/kuenstliche-intelligenz-und-die-kriege-der-zukunft-kampf.3720.de.html?dram:article_id=487711
Wenigstens überhaupt einmal eine ausführliche Thematisierung möglicher Kriegsbilder.
Auch wenn das sicherlich wieder gerne mit der aktuellen Drohnendebatte – ohne realistischen Bezug – vermengt wird.
Der sog. Hyperwar ist – in verschiedenen Ausprägungen – nunmal die Zukunft.
Deutschland wird diesen als künftiges Kriegsbild nicht verhindern können.
Schon gar nicht mit Rüstungskontrolle bei Drohnen.
Aber genau daran glaubt offenbar weiterhin die SPD. In der politischen, kriegstheoretischen und technologischen Debatte einfach mindestens 10 Jahre hintendran.
Ist eigentlich überliefert wie die Linkspartei oder Herr Mützenich zu Drohnen aus China oder Russland stehen?
Russland macht Fortschritte und dieser Friedensflieger hat viele verschiedene Werkzeuge zur Entwicklungshilfe dabei…
https://www.thedrive.com/the-war-zone/38446/russias-predator-style-drone-with-big-export-potential-has-launched-its-first-missiles
@SvD:
In einer Zusammenfassung von sueddeutsche.de mit der passenden Überschrift „Fliegendes Auge, fliegende Faust“ zieht dazu eine sehr schöne Parallele zum Verzicht Frankreichs auf Flugzeuge im Jahr 1910, während Deutschland massiv darin investiert.
Noch passender finde ich als Vergleich die französische Verteidigungspolitik und Planung nach dem ersten Weltkrieg. Die SPD befürwortet im Vergleich etwas noch weitergehendes als die damalige französische Politik:
Den Verzicht auf Panzer, U-Boote und Funkgeräte, da diese ja zuletzt so erfolgreich waren.
Ohne Faust kann man nicht gewinnen. Daher finde ich auch die Titulierung der bewaffneten Drohne als verfassungswidrige Offensivwaffe (neben der Absenkung der Hemmschwelle ein Hauptargument der Gegner) für intellektuell sehr überschaubar.
Die Debatte verharrt weiterhin im ahistorischen und intellektuellen Niemandsland. Aber auch die Union und das BMVg haben da ja so manche Denkblockade.
Allgemein empfiehlt es sich das Papier des BMVg zur Drohnendebatte2020 nochmal aufmerksam zu lesen:
https://augengeradeaus.net/2020/07/dronewatch-verteidigungsministerium-legt-regeln-fuer-bewaffnete-deutsche-drohnen-vor/
Besonders die Grundsätze in der Anlage 1, die lediglich die Regelungen des humanitären Völkerrechts wiederholen. Passt auch nicht so ganz zu mancher öffentlichen Behauptung.
Aber solche Diskussionen von „Fachkreisen“ sind in der SPD ja nicht gefragt.
In den VN kann man ja mal nochmal über bewaffnete Drohnen reden.
Eigentlich hatte Außenminister Maas bis zum Jahresende genug Zeit, denn so lange war Deutschland Mitglied im VN-Sicherheitsrat.
Bin mal gespannt, ob all diese Widersprüche in der Debatte nochmal ausführlich diskutiert werden.
Meine Hoffnung ist da aber gering.
Man kratzt ja weiter an der Oberfläche, auch im obigen Artikel der SZ in dem sich mehrere faktische Fehler finden (RS kein Kampfeinsatz, kein Beschuss deutscher Kräfte in Mali, Nutzung bewaffneter Drohnen Frankreichs in 2017).
Es bleibt zumindest unterhaltsam, jedoch läuft die Zeit davon.
Denn der taktische Bedarf an bewaffneten Drohnen kann sehr schnell offensichtlich werden, insbesondere in Mali.
Aber auch da glaubt ja die SPD (inkl. Abg. Möller), dass man ja eh noch Zeit hat, da die Einführung ja 2 Jahre benötigt.
Das ist entweder komplett sachfremd oder verlogen.
@K.B. sagt: 17.12.2020 um 22:12 Uhr
„Die Argumentationslinie der SPD bleibt eher verworren:“
Und wird nur aufgelöst unter einem ganz spezifischen Blickwinkel:
Die SPD lehnt bewaffnete Drohnen ab und strebt für diese Ablehnung eine gesellschaftliche Mobilisierung an, die sich im September in Wählerstimmen ummünzen lässt.
Das wird deutlich im Interview von NoWaBo am 17.12.2020 auf WDR5. Dort sagt er am Ende: „Ich bekomme viel Post und zwar von denen, die nicht sagen, das muss noch diskutiert werden, sondern die sagen, wir wollen definitiv keine bewaffneten Drohnen.“
Und dieser Punkt offenbart, dass der zusätzliche Diskussionsbedarf der SPD nur vorgeschoben ist. Wiederholt genannt werden die notwendige Einbeziehung von Kirchen und Gewerkschaften in diese Diskussion. Doch deren Positionierung hat sich in den letzten Jahren nicht verändert – unabhängig von #drohnendebatte2020.
Als erstes ein Blick auf die Kirchen:
90 Bremer Pastoren haben 2020 einen Brief an AKK geschickt, in dem sie sich gegen bewaffnete Drohnen aussprechen. Übrigens wortgleich wie schon 2013 in einem Brief an TdM.
Genauso findet man vom EKD-Friedensbeauftragten Renke Brahms Argumente gegen die Bewaffnung von Drohnen – ziemlich wortgleich 2014 und 2020.
Ganz aktuell vom 19.11.2020 appelliert die Westfälische Kirche (ev.) an die Bundesregierung, keine Kampfdrohnen zu beschaffen.
Als zweites ein Blick zu den Gewerkschaften:
Auch dort bleibt es bei der Ablehnung. So hat ver.di erst am 14.12.2020 den Appell an die SPD-Bundestagsfraktion „Keine Kampfdrohnen für die Bundeswehr“ veröffentlicht – ziemlich wortgleich zu Erklärungen des DGB Bundeskongresses 2018 oder der GEW Berlin 2013 (dort naturgemäß etwas schärfer formuliert).
Also: Die Debatte in Kirchen und Gewerkschaften ist geführt, die Positionierung erfolgt.* Der einzige Grund für eine Debattenverlängerung kann es also sein, die Ablehnung durch diese beiden Akteure wieder verstärkt politisch wirksam werden zu lassen.
Interessanterweise trifft das gleiche auf die SPD an sich zu.
Niemand außerhalb des engsten Führungszirkels will diese Debatte noch ergebnisoffen führen. Der Blick auf die Veröffentlichungen diverser SPD-Gliederungen in den letzten drei Monaten ist eindeutig: Ablehnungen der Drohnenbewaffnung kommen z.B. vom Landesverband Berlin, vom Unterbezirk Bonn, vom Kreisverband Herzogtum-Lauenburg oder vom Ortsverein Nottuln.
Entweder fehlten also gar nicht die Möglichkeiten zur Diskussion der aktuellen BMVg-Vorlagen (wegen Corona) oder die Vorlagen wurden einfach ignoriert. Egal wie man es dreht, eine Fortsetzung der Diskussion ist daraus nicht abzuleiten.
Mal sehen, wie lange diese Linie (Schlangelinie, Nebelwolke?) der SPD noch durchzuhalten ist. Das Thema wird bei der Eurodrohne genauso aufploppen wie bei der Verlängerung der Mandate für Mali und Afghanistan.
* Ja, es gibt innerhalb der IG Metall einige wenige Stimmen pro Rüstung genau wie in den Kirchen pro bewaffneter Drohnen. Aber die Debatte innerhalb der Organisationen wurde geführt und die Positionen sind gefestigt.
https://www1.wdr.de/mediathek/audio/wdr5/wdr5-morgenecho-interview/audio-bewaffnete-drohnen-fuer-die-bundeswehr-100.html
https://www.evangelische-friedensarbeit.de/artikel/2020/offener-brief-bremer-pastoren-gegen-bewaffnete-bundeswehr-drohnen
https://www.ekd.de/news_2014_07_02_kampfdrohnen_abgelehnt.htm
https://www.welt-sichten.org/artikel/37976/kampfdrohne-ein-beitrag-zur-eskalation
https://www.evangelische-friedensarbeit.de/artikel/2020/westfaelische-kirche-bundeswehr-soll-auf-kampfdrohnen-verzichten
https://www.verdi.de/presse/pressemitteilungen/++co++313cf3f8-3e16-11eb-aa07-001a4a16012a
https://koeln-bonn.dgb.de/themen/++co++1720f318-5811-11e8-a19d-52540088cada
https://www.gew-berlin.de/aktuelles-beschluesse/detailseite-beschluesse/neuigkeiten/keine-kampfdrohnen/
https://parteitag.spd.berlin/cvtx_antrag/militaerische-drohnen-einschraenken-bewaffnete-drohnen-aechten-2/
https://www.spd-bonn.de/meldungen/internationale-aechtung-von-bewaffneten-drohnen/
https://www.spd-rz.de/2020/12/22/gefaehrdung-von-soldatinnen-und-soldaten-durch-bewaffnete-drohnen-wird-verkannt/
https://spd-nottuln.de/keine-bewaffneten-drohnen-mail-an-den-fraktionsvorsitzenden-im-bundestag/
Noch ein paar Punkte konkret zum Interview von NoWaBo bei WDR5:
– Er sagt, dass die SWP mit Stand September 2020, gerade unter den neuen Aspekten der Kriegführung mit Drohnen in Berg-Karabach, die Fortsetzung der unabgeschlossenen gesellschaftlichen Diskussion erforderlich hält. Dies mit dem expliziten Verweis, dass die SWP vom Kanzleramt finanziert ist.
Diese Aussage ist auf diversen Ebenen problematisch:
1. Der Text gibt die Auffassung von Anja Dahlmann wider, nicht die Auffassung der SWP. Und die mitschwingende Unterstellung, die SWP würde Auftragsarbeiten für das Kanzleramt abliefern, ist mindestens schlechter Stil.
2. Im Text wird der Konflikt um Berg-Karabach nicht erwähnt.
3. Im Text wird die Fortsetzung der gesellschaftlichen Diskussion gefordert, aber nicht der Aufschub der Heron TP-Bewaffnung. Vielmehr schreibt die Autorina sehr deutlich: „Mit der anstehenden Entscheidung hat der Bundestag die Chance, eine klare Linie zu ziehen.“ Nur dieser verweigert sich derzeit die SPD.
– Er spricht von der Drohne als „Bedrohungssystem“, das über einer aufgebrachten Menschenmenge kreist und fragt, wie die Piloten wohl reagierten, wenn die Drohne aus dieser Menschenmenge heraus beschossen würde.
Welche Rolle spielen bei derartigen Aussagen noch sachliche Argumente?
– Die Drohnenentscheidung sollte vor Weihnachten durchgedrückt werden.
Den Verweis auf die Forderung von Mützenich, dass das BMVg zügig die Entscheidungsvorlage liefern soll, hat Memoria bereits genannt.
– Im vergangenen Jahr waren seiner Meinung nach keine Diskussionen in den Wahlkreisen o.ä. möglich gewesen.
Wie erklärt er sich dann die Anträge und Entscheidungen der ganzen SPD-Gliederungen gegen die Drohnen-Bewaffnung? Haben die etwa nicht ordentlich diskutiert?
Und zum Abschluss halt noch die Aussage, dass er viel Post von Leuten bekommt, die bewaffnete Drohnen ablehnen. Dieser Punkt wurde im letzten Kommentar schon ausreichend diskutiert.
Allein in den Kommentaren unter diesem Thread treten doch so viele Widersprüchlichkeiten zu Tage. Da könnte man die SPD-Führung doch im Interview komplett zerlegen.
Hier noch die Links zu SWP-Studie und Interview:
https://www.swp-berlin.org/publikation/implikationen-einer-bewaffnung-deutscher-drohnen/
https://www1.wdr.de/mediathek/audio/wdr5/wdr5-morgenecho-interview/audio-bewaffnete-drohnen-fuer-die-bundeswehr-100.html
@K.B.:
Es gibt wirklich genug Widersprüche, es müsste nur jemand mal wirklich nachbohren.
Zum Argument einer erschwerten Debatte unter Corona-Bedingungen noch das Fazit der SPD zum debattencamp als neuer Standard für Onlineformate bei parteiinternen Debatten:
https://debattencamp.spd.de/programm/spddc20/
Dabei war Verteidigung übrigens gar kein eigenes Thema. Schon gar nicht Drohnen.
Hier noch etwas Lektüre aus der SPD in der es zumdindest mal eine Auseinandersetzung mit den Vorschlägen des BMVg gibt:
https://tinyurl.com/y9cuvuhn