Personalstärke August 2018: Trend zu mehr Zeit- und Berufsoldaten
So spät wie selten (oder bisher nie?) hat die Bundeswehr am (heutigen) 9. Oktober die aktuellen Zahlen zur militärischen Stärke der Bundeswehr für den Vor-Vormonat veröffentlicht. Zwar lag im August die Gesamtzahl der aktiven Soldatinnen und Soldaten mit 179.861 kaum höher als im Juli (179.797). Aber es zeichnet sich inzwischen seit einigen Monaten ab, dass die Zahl der Zeit- und Berufssoldaten steigt, während die Zahl der Freiwillig Wehrdienst Leistenden (FWDL) zurückgeht.
Im Juli hatte die Bundeswehr 171.931 Zeit- und Berufssoldaten und damit so viele wie seit 2014 nicht mehr. Diese Zahl ist im August erneut leicht gestiegen, auf 172.249. Dagegen sank die FWDL-Zahl von 7.866 im Juli auf 7.612 im August.
Die Übersicht, vom Verteidigungsministerium wie üblich unter dem immer gleichen Link veröffentlicht:
179.861 aktive Soldaten und Soldatinnen umfasst die Bundeswehr insgesamt. Sie verteilen sich wie folgt:
Bundesministerium der Verteidigung: 1.059
diesem unmittelbar nachgeordnete Dienststellen: 3.031
Streitkräftebasis: 27.473
Zentraler Sanitätsdienst: 20.165
Heer: 61.363
Luftwaffe: 27.928
Marine: 16.255
CIR: 12.601
Bereich Infrastruktur, Umweltschutz, Dienstleistungen: 973
Bereich Ausrüstung, Informationstechnik, Nutzung: 1.604
Bereich Personal: 7.409, davon bis zu 5.400 Studierende an den Bw-Universitäten
Die Bundeswehr umfasst aktuell 172.249 Berufs- und Zeitsoldaten und 7.612 Freiwillig Wehrdienstleistende (Durchschnitt 2018: 8.679).
Zur Bundeswehr gehören 21.667 Soldatinnen.
Stand: 31. August 2018
Nachgetragen: Wie jeden Monat von einem Leser erstellt (vielen Dank!) die Zahlen auch der vergangenen Monate und Jahre in einer xls-Datei aufbereitet:
20181009_Bw-Personalstaerke_August2018
Der Service von Augen geradeaus!, die Vergleichszahlen:
Juli 2018
Juni 2018
Mai 2018
April 2018
März 2018
Februar 2018
Januar 2018
Dezember 2017
November 2017
Oktober 2017
September 2017
August 2017
Juli 2017
Juni 2017
Mai 2017
April 2017
März 2017
Februar 2017
Januar 2017
Dezember 2016
November 2016
Oktober 2016
September 2016
August 2016
Juli 2016
Juni 2016
Mai 2016
April 2016
März 2016
Februar 2016
Januar 2016
Januar 2013 bis Dezember 2015
(Foto: Evakuierungsübung „Schneller Adler“ auf dem Truppenübungsplatz Lehnin am 12. September 2018)
Mich würde ja auch mal die Zahl der beorderten Reservisten und deren Veränderung interessieren. Warum gibt die Bundeswehr diese nicht mit an?
[Die Frage kommt jedesmal, und ich kann sie doch nicht beantworten… T.W.]
Nun zu den Reservedienstleistenden kann ich folgendes ergänzen:
in meiner Einheit/Dienststelle leisten ca. 10 Mann über 9 Monate pro Jahr Ihren Dienst und in den letzten 12 Monaten wurden ca. 5 als SaZ 10 – 15 Jahre übernommen!
Genau solche Tendenzen beobachte ich auch im RSU-Umfeld. Immer mehr Kameraden nehmen die neu geschaffenen Möglichkeiten für Langzeitwehrübungen wahr um in dieser Form aktive Einheiten zu verstärken oder wechseln gar komplett wieder in den aktiven Dienst zurück, darunter auch einige älteren Semesters.
Daher auch mein Interesse an der Entwicklung der Anzahl beorderter Reservisten.
Das die Zahl der FWDLer runtergeht ist wohl eine gesellschaftliche Strömungstendenz. Zudem ist der Aufwand, FWDL zu werden ungleich größer und bürokratischer als im Rahmen des Bundesfreiwilligendienstes eine Stelle zu besetzen. Und da gibt es tolle Angebote…
Gibt es eigentlich Statistiken zu Altersdurchschnitt der Truppe, Anzahl der gem. 90/5 dauerhaft oder absehbar nicht mehr einsatzfähigen Soldaten?
Wäre ja unter dem Aspekt „Auftragserfüllung“ eine spannende Frage. Und wieviele aus dem oben genannten Personalkörper befinden sich im Studium, auf Fortbildung, ZAW, Laufbahnlehrgängen etc…? Oder anders gefragt: Wie sieht denn die durchschnittliche Tagesantrittsstärke der Truppe aus?
Ist bekannt, ob es sich um verlängerte Dienstzeiten, um Wiedereinsteller handelt oder um echte Neuzugänge?
Grundsätzlich eine durchaus erfreuliche Entwicklung.
FWDL Zahlen kann man relativ schnell wieder anheben, aber die SaZ/BS Zahlen sind das schwieriger Feld. Von sieht es ja wohl in der Tat so aus, als würde die Trendwende Personal zwar mit niedriger Geschwindigkeit, aber (anscheinend) stetig erfolgreich sein.
@Gaius Bruxellus | 09. Oktober 2018 – 15:13
„Gibt es eigentlich Statistiken zu Altersdurchschnitt der Truppe, Anzahl der gem. 90/5 dauerhaft oder absehbar nicht mehr einsatzfähigen Soldaten?“
Altersdurchschnitt ja, aber nichts aktuelles. 90/5 bzw. Einsatzfähigkeit nein.
Beides übrigens in der Entwicklung gem. meiner persönlichen Wahrnehmung nicht auf einem gut Weg.
Durch den durch die Trendwende Personal gewählten Weg (Erhöhung der BS Zahlen und überproportionale Erhöhung von Offz/Fw Stellen im Vergleich zu UoP/Mannschafterstellen) sowie die Verlängerung der BS Dienstzeiten (noch auf freiwilliger Basis) ist der sowie schon hohe Altersschnitt und „Wasserkopf“ leider noch größer geworden.
Und in Bezug auf Einsatztauglichkeit muss man ehrlich sagen, dass die Bw dies derzeit gar nicht als Kriterium der Personalführung/Personalentwicklung betrachtet. Sofern nicht die Schwelle zur dauerhaften Dienstuntauglichkeit überschritten wird (und das derzeit sogar bei Anlegen eines sehr weiten Spielraums GEGEN ein DU-Verfahren) ist die Frage der Einsatztauglichkeit kein Kriterium nachdem die Bw sich optimiert.
Weder bei Einzelpersonalfragen noch bei Strukturfragen.
Aber das ist eine Grundsatzauffassung der Bw schon seit Jahren und ich sehe zunächst mal keine Anzeichen für eine deutliche Änderung.
Vielleicht wird sich mittelfristig etwas ändern, wenn durch die jetzt in der Einführung befindliche regelmäßige Gesundheitsuntersuchung für alle Soldaten das Ausmaß der Einsatzuntauglichkeit deutlich wird und man sich dem Problem nicht mehr länger verschließen kann?!
Die Hoffnung stirbt zuletzt ;)
@Trevor Faith | 09. Oktober 2018 – 15:57
„Ist bekannt, ob es sich um verlängerte Dienstzeiten, um Wiedereinsteller handelt oder um echte Neuzugänge?“
Um einen Mix.
@Trevor Faith: Da es sich um eine reine Kopfstärke handelt sind sowohl die Personalgewinnungs- wie bindungsmaßnahmen enthalten. Das binhaltet also die EInstellung Ungedienter, Wiedereinsteller, Weiterverpflichtungen (aber nur insofern, als dass das Dienstzeitende auch in diesem Monat gewesen wäre), Verlängerungen der Zurruhesetzungen etc.
@Gaius Bruxellus: Da sollten Sie wohl eher das BMVg fragen, denn TW kann diese Zahlen aus der Personalstärke nicht ableiten. Die Besetzung der Dienstposten ist natürlich geringer, denn in den Personalstrukturmodellen sind die Schüler mit eingepreist. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass die Streitkräfte einen viel höheren Schüleranteil haben als eigentlich vorgesehen. Das wird sich auf der Zeitachse in einer verbesserten Dienstpostenbesetzung auswirken.
Obwohl die vorhandenen Dienstposten nicht besetzt sind fordert die GroKo mehr Dienstposten im Rahmen der Haushaltsberatungen ein:
https://www.tagesschau.de/inland/bundeswehr-haushalt-101.html
Erinnert etwas an die Scheindebatten im Bereich der Bundespolizei.
Stellenanhebungen (durch mehr Haushaltskarten) sind sicherlich sinnvoll – und erfologen regelmäßig im parlamentarischen Verfahren in vergleichbarer Größenordnung.
Aber sind das wirklich die echten Probleme auf dieser Ebene?
In seltener Einmütigkeit fordern Verteidigungspolitiker aller Regierungsfraktionen 1000 zusätzliche Planstellen.
https://www.tagesschau.de/inland/bundeswehr-haushalt-101.html
Im Haushalt 2019 soll die Bundesregierung die dafür nötigen Mittel zur Verfügung stellen, 10 Mio € im ersten Jahr. Ziel: raschere Beförderung und bessere Ausstattung ausgesuchter Dienstposten.
Ein „gespielter Witz“!
Für mich zumindest. Sinnloserweise und nach meiner Wahrnehmung nur zur Anhebung der Zahlen, wird derzeit (gefühlt) alles an „Wiedereinsteller“ genommen was nicht bei 3 auf den Bäumen verschwindet.
Zweifelhaftes Einstellungsalter gepaart mit ziviler Karriere, von >40 aufwärts mit der Prognose zur alsbaldigen Überalterung.
Sorry, gilt nicht für alle, aber diejenigen die ich bisher erleben durfte, lassen meine Faust in der Tasche anschwellen!
@Koffer und Pio-Fritz
Zum Thema FWDL:
Nachbars Sohn (abgeschlossene Berufsausbildung im Handwerk) will zur Überbrückung, freiwilligen Wehrdienst (>/= 12Monate) leisten. Wohlgemerkt, aus Interesse an etwas vielleicht nicht alltäglichen, nicht aus der Not heraus!
Alleine die Bearbeitung der Bewerbungsunterlagen, nebst „Truppenwerbung“ zogen sich über 6 Monate bis zur Eignungsfeststellung dahin.
Möglichkeiten zur Einplanung jedoch vollkommen Berufsfremd (Von IT bis San) und fernab der Vorstellung.
So nicht!
So lange die „Rekrutierungsorganisation“ (wohlgemerkt für FWDL) lähmend langsam und vollkommen unflexibel ist wird sich kein langfristiger Nachwuchs daraus generieren lassen.
Aussage im Raum: „IT-Soldat, Stabsdienst oder Sanitätsdienst…oder gar nichts.“ Stellen seien auch gar nicht anderweitig vorhanden.
Es entsteht auch der Eindruck „FWDL’er“ seien unbequem, fast unerwünscht oder nur zum Stopfen von Löchern zu gebrauchen.
@Memoria | 09. Oktober 2018 – 20:53
@Klaus-Peter Kaikowsky | 09. Oktober 2018 – 20:57
…rasche Beförderung von UmP zum StFw nach bereits 10 Jahren vielleicht?… ;-\
…kaum in der Lage unsere „Truppen“, voll LV/BV auszustatten…
@0815
So ist es. Ziel Rentnerarmee 2027 mit alle negativen Folgen. Wir haben derzeit Personal, das im November aus dem Einsatz kommen soll. Leider wurden bis heute noch keine Nachfolger gefunden, weil mittlerweile jeder der nicht unbedingt in den Einsatz will und jenseits der 45 ist, ein passendes 90/5 ohne Auslandsverwendungsfähigkeit hat. Und viele die aus dem Einsatz kommen und nicht direkt wieder gehen wollen, holen sich ebenfalls eins.
Dazu habe ich bei einem Vortrag gehört daß es Verwendungsreihen gibt, bei denen in Mangel von Bewerbern BS selbst Leute mit einer Beurteilung von Mitte 5 genommen werden. Früher war dafür eine 8 und besser nötig.
Alles nur damit die Kopfzahl stimmt.
@0815 | 10. Oktober 2018 – 13:12
„Alleine die Bearbeitung der Bewerbungsunterlagen, nebst „Truppenwerbung“ zogen sich über 6 Monate bis zur Eignungsfeststellung dahin.“
Naja. Da kenne ich aber auch zahllose Gegenbeispiele! Der mir bekannt Rekord lag bei unter 6 Wochen von erster Verbindungsaufnahme beim KarrBB bis zum Dienstantritt!
Die Gesamtlaufzeiten sind in den letzten Jahre drei Jahren im Durchschnitt wirklich gut geworden. Es gibt natürlich immer noch Problemregionen wo die Struktur bzw. Personalausstattung der KarrBB immer noch nicht gut ist bzw. Spitzenzeiten in denen das Nadelöhr Medizin (bei FWDL aber im Regelfall nicht) oder das Nadelöhr Psychologe einen Wochenlagen Rückstau verursacht.
Aber wie gesagt die Richtung im militärischen Bereich stimmt. Noch deutliches Potenzial gibt es in bestimmten Laufbahnen des zivilen Bereichs, aber das ist ja hier nicht das Thema.
@Insider | 10. Oktober 2018 – 18:09
„Leider wurden bis heute noch keine Nachfolger gefunden, weil mittlerweile jeder der nicht unbedingt in den Einsatz will und jenseits der 45 ist, ein passendes 90/5 ohne Auslandsverwendungsfähigkeit hat. Und viele die aus dem Einsatz kommen und nicht direkt wieder gehen wollen, holen sich ebenfalls eins.“
In der Tat. Das ist ein Problem. Die Bw ist diesbezüglich nicht auf eine moderne Armee optimiert. Derzeit ist persönliche Einsatztauglichkeit ja noch nicht einmal ein hartes Kriterium bei der Personalführung.
Von der kaum vorhandenen Nutzung des Mittels DU mal ganz zu schweigen.
Da müssen wir m.E.n. noch VIEL besser/konsequenter werden, ansonsten spielen wir die Einsatztauglichen/willigen irgendwann bis auf den letzten kaputt.
Aber wie gesagt, meine Hoffnung ist die geplante Einführung des flächendecken Regel-90/5, da werde vermutlich einigen in der militärischen und politischen Führung die Augen aufgehen. Vielleicht ändert sich dann etwas :)
Für einen Nichtkundigen: Was ist ein 90/5?
@Koffer
Wenn die militärische Führung das wirklich wissen möchte, braucht man nur einen Auszug aus dem Personalwirtschaftssystem zu generieren. Ist also bisher eher nicht gewollt.
Wenn ich das mit der neuen Regeluntersuchung 90/5 richtig verstanden habe, sollen doch nur bestimmte Geburtsjahrgängen pro Jahr untersucht werden um die Sanitätsbereiche nicht zu überlasten. Dauert das nicht ewig bis die ca. 45 vorhandenen Jahrgänge zum ersten Mal nach neuem System untersucht wurden?
@Tim K. | 10. Oktober 2018 – 22:43
90/5
Vordruck /Formular/Vorgang , zur Einleitung einer gesundheitlichen Begutachtung mit abschließenden Ergebnis…
Ich hoffe, es für ungediente bzw. Nichtkundige brauchbar erklärt zu haben.
@Tim K.
Ein BA 90/5 ist eine anlassbezogene gutachterliche Untersuchung für militärische Verwendungen (z.B. Kraftfahrverwendungsfähigkeit, Auslandsdienstverwendungsfähigkeit, Borddienstverwendungsfähigkeit etc.) Je nach Anlass beinhaltet das verschiedene Untersuchungen (Sehkraft, Blutwerte etc.), die dann in einem positiven oder negativen Ergebnis enden. Diese Ergebnisse haben eine zeitlich befristete Gültigkeit (z.B. 12 Monate) und müssen dann wiederholt werden.
Wer also ein 90/5 „Nicht Auslandsdienstverwendungsfähig oder Außendienstbefreit“ hat, darf nicht in den Einsatz geschickt werden.
Ab nächstem Jahr sollen diese Untersuchung vereinheitlicht werden um den Aufwand für die Sanitätsbereiche zu reduzieren und dann meines Wissens für bis zu 3 Jahren gültig sein.
Mit Belegart 90/5 (kurz: BA 90/5) wird eine ärztliche Untersuchung beauftragt. Der Arzt führt die Untersuchung zu z.B. Dienstfähigkeit, Fahrtauglichkeit, Auslandverwendungsfähigkeit, etc. durch. Die Mitteilung des Ergebnisses wird umgangssprachlich auch als „90/5er“ bezeichnet
@Memoria
„Obwohl die vorhandenen Dienstposten nicht besetzt sind?“
Uns fehlen tausende Haushaltskargen und die habe mit den unbesetzten DP nichts zu tun.
Wären die DP besetzt würden nur noch mehr fehlen (eher nicht bei A3-A5).
„Stellenanhebungen (durch mehr Haushaltskarten) sind sicherlich sinnvoll – und erfologen regelmäßig im parlamentarischen Verfahren in vergleichbarer Größenordnung.“
Es geht nicht um Stellenanhebung sondern um die DP gerechte Alimentierung.
Die unzähligen DPäK und das Dienen über die besondere Altersgrenze hinweg sperrt Haushaltskargen für all jene welche auf DP im besten Alter ihren Dienst leisten. Gerade diese sind im Besonderen oft durch die Einsätze gefordert und machen zT Jahre Dienst ohne die rechtmäßige Alimentierung.
„Aber sind das wirklich die echten Probleme auf dieser Ebene?“
Ja, auch und sie si d Multiplikatoren. Machen Sie das mal im ziv Bereich. Beförderung mit mehr Verantwortung ohne Lohnerhöhung.
Danke an alle für die Erklärungen! Habe es gut verstanden.
@Zimdarsen | 11. Oktober 2018 – 8:03:
Volle Zustimmung! Selbst der Tagesschau-Artikel weisst darauf hin, dass es bei den zusaetzlichen Planstellen um den Abbau des Befoerderungsstaus geht, also Haushaltskarten, nicht um die Schaffung neuer Dienstposten, wo wir die bereits bestehenden schon nicht besetzten koennen (und parallel jede Menge Soldaten ausserhalb von Dienstposten zbV/DPAEK fuehren).
Um den momentanen Wahnsinn mal zu beschreiben:
Waehrend im System Bundeswehr knapp 800 Stabsoffiziere Major/Oberstleutnant fehlen (und entsprechend Dienstposten vakant bleiben) koennen zur Zeit allein knapp 900 Majore, die alle Vorraussetzungen zur Befoerderung besitzen (und bereits auf einem A14, sprich Oberstleutnant-Dienstposten, ihren Dienst leisten) nicht befoerdert werden, wegen fehlender Haushaltsmittel. Zusaetzliche Wartezeiten von 4 Jahren (zu den vorgeschriebenen 3 Jahren seit Befoerderung zum Major) scheinen inzwischen „normal“ zu sein.
Wie es bei den Hauptfeldwebeln/Stabsfeldwebeln aussieht kann ich nur vermuten, erahne aber keinen eitel Sonnenschein dort…
Betreff Multiplikatoren:
Es ist ja nicht nur die fehlende Lohnerhoehrung (knapp 300 Euro brutto zwischen Major/Oberstleutnant) sondern auch die fehlende sichtbare Anerkennung, denn im Militaer hat der offensichtliche sichtbare Dienstgrad/Rang aus meiner Sicht immer noch eine andere Bedeutung als die Amtstitel oder die Taetigkeitsbezeichnung im Zivilen.
Wenn man sich dann noch vor Augen haelt, dass der Befoerdungszeitpunkt massiv von der Werten der letzten Beurteilungen abhaengt, diese aber (neben der schon immer vorhandenen Subjektivitaet des Vorgesetzten, „Nasenfaktor“) durch formale Vorgaben, vorallem einzuhaltende Richtwerte, wieviele Soldaten einer Vergleichsgruppe „gut sein duerfen“ geregelt werden, darf man sich nicht ueber zunehmende Frustration wundern.
Du wirst auf einen hoeher dotierten Dienstposten gesetzt „weil Du ein Guter bist“ und natuerlich weil Haushaelter und Stanologen festgelegt haben, dass die Aufgaben auf dem neuen Dienstposten so komplex und verantwortungsvoll sind, dass hier die hoehere Dotierung (bzw. Erfahrung, Dienstgrad, Vorverwendungen) erforderlich ist. Eine zeitnahe Befoerderung findet nicht statt, wegen fehlender Haushaltskarten. Deine naechste Beurteilung ist schlechter als deine letzte, denn nun wirst du, in einer neuen Vergleichsgruppe mit den erfahreneren Soldaten, im hoeheren Dienstgrad verglichen, die die Taetigkeit bereits laenger ausueben und ggf. auch noch weiter gefoerdert werden sollen. Deine Befoerderung verzoegert sich weiter, weil Du nun nicht mehr zu den Top 15% deines Dienstgrades gehoerst und nur diese (und in einem komplexen Berechnungsmodell die, die schon ewig warten,) die wenigen frei werdenden Haushaltskarten abgreifen.
Trotzdem erwarten Deine Vorgesetzten nicht nur dass du treu dienst, sondern eben jeden Tag 100% bis 120% Leistung gibst, „sonst gehoeren sie definitiv nicht zu den Top 15%“ und wirst dort auch in deiner naechsten Beurteilung in der selben Vergleichsgruppe nicht landen.
In dem Augenblick wo der Enddienstgrad offensichtlich erreicht ist, bricht dann auch spaetestens das „Karotte am Stock“-Motivationssystem der Vorgesetzten zusammen…
Was treibt waehrenddessen die Bundeswehrfuehrung um?
„Wir brauchen den Korporalsdienstgrad, weil wir Mannschaftssoldaten, die wir in den ersten 4 Dienstjahren 4 mal befoerdert haben, in den verbleibenden 3 bis 15 Jahren ihrer Verpflichtungszeit sonst nicht mehr fuer den Dienst motivieren koennen.“
@FlaOffz: Ich verstehe Sie. Allerdings werden die Motivationsnachteile (ich spreche speziell den Fall M –> OTL an, auch wenn die Aussage allgemeingültig ist) in gewisser Hinsicht dadurch teilweise kompensiert, dass die Mehrheit aller Majore durch die Knappheit an Haushaltskarten später befördert wird und somit zumindest eine Gleichbehandlung eintritt. Schöner Nebeneffekt dieser Gleichbehandlung: Der Dienstgrad Oberstleutnant (Gefühlt der häufigste Dienstgrad der Bundeswehr) wird wieder etwas wertvoller.
Zusammenfassend sehe ich kein großes Problem, wenn alle später befördert werden, sondern nur bei unterschiedlichen Geschwindigkeiten (ihr Beispiel mit den schnell beförderten Mannschaftsdienstgraden). Ich warte aber noch auf den Verteidigungsminister, der das Rückgrat hat, das offensiv oder zumindest implizit zu vertreten..
Soweit mein ketzerischer Gedanke, den empörten Gegenwind kann ich mir vorstellen ;-)
@FlaOffz
Herzlich Willkommen in der Realität der PuO seit es die Stellenbündelung gibt ;-)
Jeder DP ist bis A9 freigegeben, aber natürlich muss man weiterhin mindestens 16 PuO-Jahre voll haben eh man diese Weihen erreichen kann.
Ehe jetzt jemand kommt mit noch mehr junge hochdotierte PuO braucht keiner, da stimme ich teilweise sogar zu, ABER wenn ich auf einem entsprechenden DP sitzte dann möchte ich auch den DG erreichen. Mit der Stellenbündelung hat sich die BW einen Bärendienst erwiesen.
Ansonsten zu allen aufgeführten Punkten Motivation, Ansehen etc. betreffend volle Zustimmung.
FlaOffz | 11. Oktober 2018 – 10:55
Es ist ja nicht nur die individuell fehlende Anerkennung auf den Schultern des Majors (um in Ihrem Beispiel zu bleiben), sondern auch die inzwischen allgemein fehlende Anerkennung von Dienstgraden aufgrund der Entwertung ganzer Laufbahnen durch Stellenbündelungen, die der Attraktivität dienen sollen. An dieser Stelle schließt sich dann der Kreis zu Ihrem letzten Absatz.. neuer Dienstgrad Korporal.. neue Haushaltkarten (??) .. evtl ein neuer Beförderungsstau.
@IstEgal
Nein, das hier angesprochene Fehl an HK hat NICHTS mit der Stellenbündelung zu tun.
@istegal
Es gibt schon einen Unterschied zwischen Stellenbündelung und Nichtbeförderung/Nichteinweisung. Im ersten Fall ist es klar, dass es eine Dienstgrad- und damit Bezahlungsbandbreite gibt. Sie recht haben mit dem Bärendienst, aber eine erkleckliche Anzahl zieht das Verfahren der häufigen Versetzung vor.
Im zweiten Fall wird erwartet, dass ich jahrelang volle oder mehr Leistung für weniger Kohle erbringe. Das geht mal und wenn es überschaubar ist. Hier wird aber der Soldat schlicht um einen Betrag X über Y Monate beschissen. Einbahnstrasse, ich soll alles tun, der Dienstherr hält mich mit Durchhalteparolen und blablabla Ehre und Leistungsbereitschaft, zahlt sich auf der Zeitachse aus und sonstigem Blödsinn hin.
Zum Thema noch mehr Striche bei den Mannschaften – ja es fehlen noch viele Zusatzdienstgrade, denn Mannschaftssdienstgrade haben wir derzeit weniger als den Rest aller Laufbanhen zusammen …. vielleicht auch noch unterschiedliche in den TrGattungen, da fehle mir noch viel dummes Zeug ein.
Früher war der Beförderungsanspruch bei der Versetzung auf einen höherwertigen Dienstposten eindeutig geregelt im Paragraph 18 Bundesbesoldungsgesetz mit dem Grundsatz der „funktionsgerechten Besoldung“.
Zum Vergleich der Unterschied des entscheidenden § 18 des Bundesbesoldungsgesetz in alter und neuer Form:
Der Paragraph 18 lautete bis 01.01.2013 :
ab 01.01.2013 lautet der § 18 BBesG:
Damit ist der Pferdefuß der Stellenbündelung gut sichtbar. Früher ist man auf einen höherwertigen Dienstposten versetzt worden und dann hatte man einen Rechtsanspruch auf die Beförderung bzw. die Bezahlung nach der Stellendotierung (HFw, Hptm, OTL außer bei gebündelten Dienstporten).
Heute wird man auf einen sogenannten „höherwertigen“ Dienstposten versetzt und im Falle einer Stellenbündelung auf dem Dienstposten kann der Dienstherr ohne die gesetzliche Vorschrift entscheiden wann er nach der Haushaltslage eine Beförderung vornehmen will.
Werden heute durch die Stellenbündelung der Dienstposten bei den Berufssoldaten weniger Versetzungen mit Standortwechsel durchgeführt ?
Das mag jeder aus seiner Erfahrungsperspektive anders beurteilen.
Fest steht auf jeden Fall, dass die Zeitsoldaten z.B. SaZ 12 aufgrund von Zusagen bei der Einstellung weitgehend nicht gegen ihren Willen vom Standort versetzt werden im Gegensatz zu den Berufssoldaten.
Auch hier gilt wieder der alte Erfahrungsgrundsatz, um Bestandssoldaten muss sich die Bw, sprich Personalführung, nicht besonders kümmern. Sie werden erst wieder interessant wenn sie ausscheiden zu drohen und die Statistik nach unten ziehen (siehe Weiterverpflichtung SaZ und Dienstzeitverlängerung von BS) /SARC off
@Koffer:
Wenn ich Ihre Kommentare richtig verstanden habe, dienen Sie derzeit im Personalbereich (BAPersBw?).
Können Sie aus Ihrer Sicht beschreiben, wie es zu den von Insider oder 0815 beschriebenen Fällen kommt, dass vergleichsweise schlecht beurteilte Soldaten (wieder)eingestellt/verlängert/befördert werden? Wenn ich mich recht erinnere, hatte ein Kommentator letztens von Fällen geschrieben, wo gegen den ausdrücklichen Wunsch von Chef (oder Kdr?) Soldaten als SaZ eingestellt oder verlängert worden sind.
Welche Rolle spielen bei den Personalentscheidungen die Wünsche/Erwartungen/Rückmeldungen der Basis und welche Rolle die Vorgaben (von oben?) möglichst viele Stellen zu besetzen?
Würde mich freuen, wenn Sie uns da einen Einblick geben können.
@Georg | 11. Oktober 2018 – 19:21
„Früher war der Beförderungsanspruch bei der Versetzung auf einen höherwertigen Dienstposten eindeutig geregelt im Paragraph 18 Bundesbesoldungsgesetz mit dem Grundsatz der „funktionsgerechten Besoldung“.“
Sorry, aber das ist so einfach nicht richtig. Zwar gab es in der Tat schon immer (und gibt es auch noch) ein verfassungsrechtlich begründeten Anspruch auf funktionsgerechte Besoldung, aber daraus leitete sich für Soldaten noch nie ein konkreter Beförderungsanspruch ab!
In den 70er (da hatte es mal einen unendlichen Beförderungsstau gegeben) wurden dazu zahlreiche Prozesse geführt und in der Mehrzahl der Fälle durch die Soldaten verloren.
Ein rechtlich einklagbarer Beförderungsanspruch würde sich m.E.n. z.B. nur bei dauerhafter und erheblicher Unterbesoldung ergeben (z.B. ein Hauptmann nimmt über mehrere Jahre den Dienstpostens eines Oberstleutnants war und wird noch nicht mal zum Major befördert obwohl er die Beförderungsvoraussetzungen wie Wartezeit etc. hätte).
„Werden heute durch die Stellenbündelung der Dienstposten bei den Berufssoldaten weniger Versetzungen mit Standortwechsel durchgeführt ?
Das mag jeder aus seiner Erfahrungsperspektive anders beurteilen.“
Das ist in der Tat eine berechtige Frage.
Ich persönlich habe von der generellen Stellenbündelung ehrlich gesagt noch nie etwas gehalten. Bei einigen Spezialistendienstposten (Geräteprüfer etc.) vielleicht, aber querschnittlich bei nahezu allen Mschft und Feldwebeldienstposten und in der Zwischenzeit selbst bei Lt-Hptm?
Hier sehe ich übrigens ein verfassungsrechtliches Problem, denn wenn ein DP von Gefr bis OStGefr, von Fw bis StFw und von Lt bis Hptm (A11) gebündelt ist, wie soll hier das Prinzip der funktionsgerechten Besoldung greifen?! Ist es nun ein DP für einen Leutnant/Oberleutnant oder für einen Hauptmann? Das ist ja nicht das gleiche, oder? ;)
Angeblich alles im Sinne der Soldaten. Attraktivität und so. Ich habe da meine Zweifel :(
@K.B. | 11. Oktober 2018 – 20:33
Ich bin derzeit nicht im BAPersBw eingesetzt, aber ich habe natürlich noch einige Erkenntnisse aus dieser Zeit (1,5 Jahre alt).
Gegen das ausdrückliche und korrekt begründete Votum eines Kdr werden Einstellung/Verlängerungen im Regelfall NICHT durchgeführt. Egal was hier für Gerüchte umgehen.
Das Problem ist vielmehr, dass mache Kdr die Vorschläge der Chefs nicht mittragen oder das entweder Chef oder Kdr nicht eindeutig und justiziabel formulieren. Entweder um den Soldaten nicht zu verletzten oder weil sie es schlichtweg nicht können.
Früher reichte eine „nicht-gute“ Aussage, heute muss es häufig (je nach Bedarf in der Verwendung) eine eindeutige „nein“ Aussage sein.
Begründet liegt das im jeweiligen Bedarf der Laufbahnen, Verwendungen, Truppengattungen.
Je größer der objektive Bedarf ist, desto geringer die personenbezogenen Anforderungen.
Vom Prinzip her ist das m.E.n. richtig (natürlich solange ein bestimmter Mindeststandard niemals unterschritten wird – was derzeit nach meiner persönlichen Bewertung leider hin und wieder geschieht), denn das Prinzip Lücke vor Krücke kann nur bis zu einem bestimmten Punkt gehen, dann muss man halt mit „Krücke“ leben und sich als Vorgesetzter was einfallen lassen.
Das Problem ist m.E.n. das Prinzip, sondern das für Chefs und Kdr häufig nicht transparent ist wann sie wo und konkret wie Stellung nehmen müssen um welches Ergebnis zu bekommen.
Aber wie gesagt, wenn eindeutig Stellung genommen wird und das auch justiziabel formuliert ist, dann folgt das BAPersBw nach meinem Kenntnisstand in nahezu allen Fällen (sofern es Mannschaften betrifft) und in den meisten Fällen (sofern es Unteroffiziere/Feldwebel betrifft) dem Votum der Kommandeure.
@Koffer:
Danke!
@Koffer | 11. Oktober 2018 – 23:40
„Das Problem ist m.E.n. das Prinzip, sondern das für Chefs und Kdr häufig nicht transparent ist wann sie wo und konkret wie Stellung nehmen müssen um welches Ergebnis zu bekommen.“
(Ich bitte die folgenden Zeilen NICHT als persönlichen Angriff zu betrachten!)
Wo liegt also das eigentliche Problem? An schlechter Beratung durch die „Fachleute“ (hüstel) vielleicht?
Wer berät den Kdr / Chef in Personalangelegenheiten? Wenn es schon hier heftig knistert ist der Drops doch schon gelutscht.
Ich habe in den letzten Jahrzehnten, mit 4 signifikant positiven Ausnahmen, nicht immer die erste Garde an Entscheidungsträgern im FGG 1 gesehen.
Zu oft, waren es eben keine „alten Hasen“ (so wie früher einmal) sondern heillos überforderte, die in die S1-er Schiene geraten/gedrängt worden sind.
Dies gepaart mit der Tatsache das ich vermehrt erlebe das „Flitzpiepen“ aus dem Bereich der UmP plötzlich als Fachdienstoffiziere auftauchen macht selbst mir keinen Mut mehr.
Sorry, bitte nicht als Pauschalurteil zu betrachten, vermisse ich die ehemalige „Schlagkraft“ der Fachdienstoffiziere.
Um noch einmal auf die Situation der Wiedereinsteller zurück kommen zu dürfen erlebte ich oft genug nur den Willen einiger Kdr, ihre Stellen voll zu bekommen. Ohne Rücksicht auf Verluste. Lieber Krücke statt Lücke? Nein Danke!
Genau die Krücke muss ich dann im Dienst „mittschleppen“, was wiederrum Ressourcen frisst. Speziell meine ich das Klientel das irgendwann in den 90ern eben nicht BS geworden ist, weil die Kriterien vermutlich, genau wie die Meßlatte, höher angesetzt war.
Ich bringe es nochmals (für mich betrachtet) auf den Punkt:
– wir brauchen keine (umgangssprachlichen „Zivilversager“) die dann zu ihrer eigenen sozialen Absicherung wieder eingestellt werden / werden wollen
– ich persönlich brauche keine „erfolgreichen Geschäftsführer“ oder „selbstständige“ die nebenbei noch ihr ziviles Süppchen kochen, jedoch ein 90/5 vorweisen an dem sie auch noch nur 5h Dienst am Tag leisten dürfen!
Von plötzlichen Leiden, die dann auch noch jegliche Anstrengung (Sport -bis hin zum lächerlichen 6km Marsch) verbietet ganz abgesehen!
Sorry, da bin ich Hardliner, denn die wenigsten Wiedereinsteller sind „Raketen“.
Erklären sie mal den „Bestandsoldaten im Aussendienst“ (ohne Aussendienstzulage mehr) die Höhe der gezahlten Verpflichtungsprämien zur Personalgewinnung/Verlängerung der Stehzeit ;-)
@0815 | 12. Oktober 2018 – 20:47
„Wo liegt also das eigentliche Problem? An schlechter Beratung durch die „Fachleute“ (hüstel) vielleicht?“
Ja und nein. Einerseits kann ich in der Tat das BAPersBw nicht verstehen, warum nicht schon lange klare und für jedermann verständliche Mechanismen eingeführt werden.
Die „Beurteilungsgeheimsprache“ ist doch ein gutes Beispiel. Wenn wir uns rühmen (zumindest bei den Offizieren) durch den Text Karrieren zu machen, warum gibt es dann nicht „verbindliche“ Formulierungshilfen? Es ist für einen Spitzenmann im Dienstgrad OLt/Hptm ja nahezu ein Glücksfall wenn er einen kompletten Chef und Kommandeur und S1 Brig hat (denn alle drei braucht man ja im Regelfall und eine wirklich überzeugende Beurteilung zu bekommen).
„Um noch einmal auf die Situation der Wiedereinsteller zurück kommen zu dürfen erlebte ich oft genug nur den Willen einiger Kdr, ihre Stellen voll zu bekommen. Ohne Rücksicht auf Verluste. Lieber Krücke statt Lücke? Nein Danke!“
Sorry, aber hier habe ich gleich zwei Widersprüche!
1. Scheinen Sie hier eine ganz andere Wahrnehmung zu haben als @K.B., der ja sich ja darüber beschwerte (nicht vollkommen zu unrecht), dass die Chefs/Kommandeure nicht ausreichend gehört werden. Sie hingegen beschweren sich darüber, dass die Kommandeure gehört werden, aber die falschen Entscheidungen treffen. Was denn nun?
2. Wir sind nicht mehr in den Zeiten geburtenstarker Jahrgänge bei gleichzeitig schlechter Wirtschaft und einer Wehrpflichtarmee. Wir müssen uns einfach daran gewöhnen, dass wir jetzt eine Armee wie jede andere auch sind und halt auch mit „Durchschnitt“ leben müssen. Den Kopf in den Sand zu stecken hilft da nicht. Wir müssen halt endlich Mechanismen finden um hiermit umzugehen (personalführungstechnisch, ausbildungstechnisch, disziplinarisch etc. etc.).
Aber bei einem stimme ich Ihnen energisch zu: wenn wir schon verstärkt mit „Durchschnitt“ leben müssen und gleichzeitig immer stärker auf Langzeit-SaZ, Wiedereinsteller und hohe BS-Quoten setzen, dann müssen wir verhindern, dass sich faule Äpfel dann dauerhaft oder auch nur langfristig hinter 90/5er verschanzen!
Wir müssen Förderung endlich von von Einsatztauglichkeit abhängig machen.
Und die Mechanismen sind gesetzlich ja vorgehen! Wir müssen sie nur anwenden.
Ich sage nenne da stufenweise Festsetzung, stufenweise Verlängerung (also 4-8-12 und nicht gleich SaZ 12, jeweils mit 90/5er), sowie echte DU Verfahren…
PS
„die Höhe der gezahlten Verpflichtungsprämien zur Personalgewinnung/Verlängerung der Stehzeit ;-)“
Und dann habe ich ehrlich gesagt auch gar nichts gegen hohe Verpflichtungsprämien! Das ist ein geeignetes Mittel der Personalführung. Gezielt eingesetzt und als flankierendes Mittel zu vielen anderen (nicht-finanziellen! denn es darf nicht nur um Geld gehen) ist es probat und weltweit erprobt!
@Koffer
Bei ihren Einwänden gegen die Stellenbündelung bin ich voll bei ihnen!
@0815
Auch hier volle zustimmung.
„Erklären sie mal den „Bestandsoldaten im Aussendienst“ (ohne Aussendienstzulage mehr) die Höhe der gezahlten Verpflichtungsprämien zur Personalgewinnung/Verlängerung der Stehzeit ;-)“
Die Erklärung die man oft zu hören bekommt ist…Sie sind doch BS.
Mag sich jeder selbst überlegen ob das die richtige Art ist jemanden zu motivieren.
@0815 | 12. Oktober 2018 – 20:47
Ich weiß nicht, wo Sie Ihre Erfahrungen mit Selbständigen herhaben, die unbedingt Wiedereinsteller werden wollen. Ich kann Ihnen versichern, als Reservist und Selbständiger, für A15 (mein jetziger DP) komme ich bestimmt nicht.
Und da bin ich nicht alleine. Die Anzahl ist mit Sicherheit sehr überschaubar.
Was die Bw an Wiedereinstellern auswählt und macht, ist für mich allerdings auch nicht nachvollziehbar.
@Pio-Fritz | 12. Oktober 2018 – 23:18
„Ich weiß nicht, wo Sie Ihre Erfahrungen mit Selbständigen herhaben…“
Aus dem täglichen Dienst.
Aber ich stimme ihnen zu das die wenigsten Rückkehrer auf DP der Besoldungstufe A15 Schlange stehen. Bei den UmP,Msch und tlw auch Hauptleuten sieht es tlw anders aus, diese meinte ich auch.
Gestehe mir aber auch ein, missverständlich und unklar formuliert zu haben.
„Ich kann Ihnen versichern, als Reservist und Selbständiger, für A15 (mein jetziger DP) komme ich bestimmt nicht.“
Und das liegt an was genau? Der Bezahlung? Der Verantwortung oder der Berufung Soldat sein zu wollen?
Ich schließe daraus (bitte Wertfrei und nicht persönlich an Sie gerichtet) das Sie:
A: auf dem DP A15 schlecht bezahlt werden
B: sie vollkommen unzufrieden sind
C: mit ihrer Qualifikation „Zivil“ mehr verdienen würden
D: in der zivilen Wirtschaft offensichtlich besser behandelt würden als vom Dienstherrn
@Koffer | 12. Oktober 2018 – 22:21
„Sorry, aber hier habe ich gleich zwei Widersprüche!“
zu 1.
Ja und nein! Entweder werden die Kdr’e grottenschlecht beraten, oder sie sind einfach nur Beratungsresistent. Beides „Life und in Farbe“ mehrfach erlebt. Und genau da zielt bei dem ein oder anderen Kdr nur der Ansatz…. „Planstellen besetzen…gut aussehen…Ende“
zum 2.
„…Durchschnitt… Wir müssen halt endlich Mechanismen finden um hiermit umzugehen (personalführungstechnisch, ausbildungstechnisch, disziplinarisch etc. etc.).“
Ja so ist es es! Aber soll dies nun auch noch auf den Schultern der verbliebenen abgelegt werden? Sollen wir, und ich frage da ernsthaft, solche Krücken tatsächlich bei der derzeitigen Lage mitschleppen?
Es gibt m.E. nur eine Lösung. Wer die erforderliche Leistung / Eignung für seinen Dienstposten nicht mitsich bringt muss entlassen werden ohne nachhaltig das System personell und finanziel zu belasten.
Und was die Einsatzfähigkeit i.V.m. „Förderung“ angeht, gehe ich voll mit ihnen mit.
Kann es doch nicht sein das einige ständig von Einsatz zu Einsatz tingeln „müssen“ wobei andere sich hinter ihrem 90/5er verstecken (schon bei Lapalien in der Etappe daheim), dennoch gleich betrachtet werden.
Gehe daher nochmal mit ihrem letzten Abschnitt mit!
Zum Thema Verpflichtungsprämien.
Es kann, und darf aber auch nicht sein das Leute eine Verpflichtungsprämie bekommen, 4 Monate später jedoch sogar noch zum BS ernannt werden. Rückzahlung? Denke nicht…
@0815 | 14. Oktober 2018 – 11:48
„Ich schließe daraus (bitte Wertfrei und nicht persönlich an Sie gerichtet) das Sie:
A: auf dem DP A15 schlecht bezahlt werden
B: sie vollkommen unzufrieden sind
C: mit ihrer Qualifikation „Zivil“ mehr verdienen würden
D: in der zivilen Wirtschaft offensichtlich besser behandelt würden als vom Dienstherrn“
:)
Vielleicht noch zu ergänzen um
E: die Pensions- und Beihilferegelungen in der Zivilwirtschaft auch besser sind als für einen A15er im Staatsdienst.
„Ja und nein! Entweder werden die Kdr’e grottenschlecht beraten, oder sie sind einfach nur Beratungsresistent. Beides „Life und in Farbe“ mehrfach erlebt. Und genau da zielt bei dem ein oder anderen Kdr nur der Ansatz…. „Planstellen besetzen…gut aussehen…Ende““
Naja, es ist ja immer einfach Kommandeure zu kritisieren, bis man dann selbst in Verantwortung steht.
Grundsätzlich möchte sicherlich kein Kommandeur schlechte Soldaten in seinem Verband, aber ein halbleerer Verband bring ja auch keinen weiter.
Es muss also in der aktuellen Lage (starker Arbeitsmarkt, keine Wehrpflicht, größer werdende Armee) eine Abwägungsentscheidung getroffen werden. Und da halte ich eine Entscheidung für den einen oder anderen Grenzfall für durchaus akzeptabel. Natürlich muss es absolute Qualitätsgrenzen geben unter die man nicht fallen darf, aber ansonsten müssen wir uns in der Bw halt endlich damit anfreunden, dass sich die Zeiten geändert haben.
Wir müssen entsprechende Mechanismen entwickeln und dürfen den Kopf nicht länger in den Sand stecken!
„Ja so ist es es! Aber soll dies nun auch noch auf den Schultern der verbliebenen abgelegt werden? Sollen wir, und ich frage da ernsthaft, solche Krücken tatsächlich bei der derzeitigen Lage mitschleppen?“
Sind es wirklich alles „Krücken“, haben wir vielleicht bei vielen einfach den Instrumentellsten noch nicht richtig ausgeschöpft?!
„Kann es doch nicht sein das einige ständig von Einsatz zu Einsatz tingeln „müssen“ wobei andere sich hinter ihrem 90/5er verstecken (schon bei Lapalien in der Etappe daheim), dennoch gleich betrachtet werden.“
+1
„Es kann, und darf aber auch nicht sein das Leute eine Verpflichtungsprämie bekommen, 4 Monate später jedoch sogar noch zum BS ernannt werden. Rückzahlung? Denke nicht…“
Naja, das ist jetzt in der Tat ein Extrembeispiel. Hier könnte man vielleicht über eine Sonderregelung nachdenken, aber ganz so einfach ist es ja auch nicht, denn der Soldat hat in gutem Glauben die Verpflichtungsprämie angenommen (und vermutlich schon ausgegeben) und wusste zu diesem Zeitpunkt ja nicht, dass er BS werden würde.
Von daher könnte man vielleicht für Soldaten, die einen laufenden BS-Antrag haben die Verpflichtungsprämien zukünftig auf ein „Treuhandkonto“ legen und erst nach Ablehnung des BS-Antrags auszahlen, aber das ist jetzt wirklich ein Detailproblem…
@Koffer
DU Verfahren ist ja leicht gesagt aber ich denke in der Praxis ist das extrem schwierig umzusetzen. Es beginnt damit, das viele Soldaten die nicht „Einsatzfähig“ sind aber im Grundbetrieb ihren DP zu 100% ausfüllen und nicht „abwesend krank“ sind. Mit welcher Begründung wollen Sie diese Leute entlassen?
Die paar Soldaten die wirklich dauerhaft krank und abwesend sind, bringen uns m.M.n. nicht nach vorne.
Zusätzlich stellt der Dienstherr mittlerweile ja z.B. auch Personen mit BMI >30 ein. Wollen Sie den Leuten daraus einen Nachteil machen, wenn Sie bewusst so eingestellt wurden?
Aus meiner Sicht ist es eher fragwürdig wenn z.B. ein schlechter Zahnstatus oder eine andere leichte Erkrankung sofort zum Ausschluss einer Einsatzverwendung führen. Da sollte man ansetzen. Dieses ganze 90/5 Verfahren gehört auf den Prüfstand. Denn Leute die wirklich hartnäckig in den Einsatz wollen, kommen auch mit gesundheitlichen Einschränkungen in den Einsatz.
Ich sehe nämlich auch nicht, das die kommende Veränderung dieser Untersuchungen zu einer Verbesserung führen wird. Wenn ich zukünftig einen Status habe, dann für 3 Jahre und nicht wie bisher in der Regel für ein Jahr. (Es sei denn jemand von den ggf. hier mitlesenden Sanis erklärt etwas anderes.) Das ganze dient nur zur Entlastung der Sanitätsbereiche und nicht zur Steigerung der Einsatzfähigkeit.
@Insider | 14. Oktober 2018 – 16:14
„DU Verfahren ist ja leicht gesagt aber ich denke in der Praxis ist das extrem schwierig umzusetzen. Es beginnt damit, das viele Soldaten die nicht „Einsatzfähig“ sind aber im Grundbetrieb ihren DP zu 100% ausfüllen und nicht „abwesend krank“ sind. Mit welcher Begründung wollen Sie diese Leute entlassen?“
DU ist natürlich nur die letzte Stufe. Man darf eine Ausrichtung auf eine einsatztaugliche Armee (und damit meine ich nicht nur den Auslandseinsatz, sondern auch LV/BV) nicht nur auf dieses eine Instrument verengen.
Natürlich müssen wir auch bei anderen Mitteln der Personalführung, Personalauswahl und Personalförderung ansetzen. Beurteilung, Beförderung, Dienstzeitverlängerung, Verwendung auf fördernden DP. Man könnte auch über eine Zulage nachdenken… und am Ende steht dann irgendwann auch mal eine verstärkte Nutzung von DU.
„Zusätzlich stellt der Dienstherr mittlerweile ja z.B. auch Personen mit BMI >30 ein. Wollen Sie den Leuten daraus einen Nachteil machen, wenn Sie bewusst so eingestellt wurden?“
Ganz einfach: sofort damit aufhören. Keine BS Übernahme aussprechen. Den Betroffenen (faire) Ziele zur kontinuierlichen Senkung des BMI setzen und hilfsweise eine Übernahme auf einen zivilen Dienstposten.
@0815 | 14. Oktober 2018 – 11:48
Da geht es weniger um Bezahlung als vielmehr um D., den Sie aufzählen. Ich habe zwar einen Dienstposten, den ich regelmäßig beübe, der mir ziemlich viele Gestaltungsfreiheiten lässt, aber….
Wenn ich dann regelmäßig in der Stäbe und Ämterebene ankomme, dann werden auch die letzten Haare grau. Alleine dieser Regelungswahn und die mittlerweile völlig unübersichtliche Vorschriften-, Erlass- und ergänzende Einzelbefehllage ist unfassbar. Da kann man nicht vernünftig arbeiten, in meinen Augen schier unmöglich. Da habe ich keine Lust drauf, wenn dann noch einige Kameraden mit i.G.- Insignien auftauchen, dann ist alles vorbei. Dann wird alles der Karriere untergeordnet, irgendwie bin ich da anders sozialisiert.
Da gehe ich mit meiner Firma lieber volles Risiko und entscheide so, wie ich das für richtig halte. Und das ist mehr Wert, als freie Heilfürsorge, 70% Pension oder anderen Dönekens, den man sich hart erdienen muss. Ich habe auf diese Krötenschluckerei keine Lust, und als Reservist kann ich das auch kund tun.
Ich erfülle meine militärische Aufgabe wirklich gerne, aber jeden Schwachsinn muss ich eben nicht mitmachen. Und meine Vorgesetzten (aktiv) wissen das, trotzdem werde ich regelmäßig angefordert. Also braucht man mich wohl…
Ich kann mir mein Rückgrat eben erlauben, Karriere? Welche Karriere?
@Pio-Fritz | 14. Oktober 2018 – 18:53
„Ich kann mir mein Rückgrat eben erlauben, Karriere? Welche Karriere?“
Ist das nicht ein bißchen einfach? Schwarz oder weiß? Rückgrat oder Karriere? Guter Truppenoffizier oder böser iGler
Also mal ganz ehrlich…
@Koffer | 14. Oktober 2018 – 19:15
So ist jetzt Ihre Lesart. Die vielen Schattierungen von grau habe ich jetzt nicht beschrieben, die gibt es natürlich auch. Und die „Bücklinge“ findet man auch unter den Truppenoffizieren. Vielleicht fällt es einem mehr auf, wenn man von Außen dazu kommt.
Der Run auf die wenigen Spitzendienstposten oder der Zwang, immer zu den besten 15 – 20 % seines Beurteilungsjahrgangs gehören zu müssen, wie hier auch schon beschrieben, lösen bei den Kameraden mitunter skurrile Verrenkungen aller Art aus.
Aber das ist natürlich alles meine subjektive Erfahrung und Wahrnehmung.
Zu Ihrer Anmerkung vom @Koffer | 14. Oktober 2018 – 14:09 mit den Pensions- und Beihilferegelungen. Ein SaZ erwirbt keinen Pensionsanspruch, er/sie wird nach Ende seiner Verpflichtungszeit in der Deutschen Rentenversicherung nachversichert. Mit Beihilfe hat er/sie dann auch nichts mehr am Hut, er/sie muss sich selber krankenversichern, und zwar vollständig. Insofern ist das kein Argument für Wiedereinsteller oder besonders positiv. Das haben Sie wohl aus der Brille eines BS betrachtet.
@Pio-Fritz | 15. Oktober 2018 – 11:01
„Aber das ist natürlich alles meine subjektive Erfahrung und Wahrnehmung.“
Selbst wenn diese subjektive Wahrnehmung richtig wäre, dann könnte man sie vielleicht auch noch ganz anders erklären. Z.B. damit, dass Spitzensoldaten im Regelfall auf Spitzendienstposten eingesetzt sind und hier eine besondere Zurückhaltung und Loyalität (zumindest bei öffentlichen Äußerungen) notwendig ist.
Wer als G3 z.B. seinen Kommandeur von etwas überzeugen will, tut das natürlich nicht, in dem er im Kreis der Truppenoffiziere gegen Chef und Kdr vom Leder zieht…
Aber es ist natürlich einfacher gegen etwas zu sein, als konstruktiv seine Pflicht zu erfüllen und bescheiden und nicht-öffentlich zu beraten, oder?
Aber naja, wie gesagt, wahrscheinlich habe ich keine Ahnung und Sie haben Recht…
„Insofern ist das kein Argument für Wiedereinsteller oder besonders positiv. Das haben Sie wohl aus der Brille eines BS betrachtet.“
Richtig. Da war ich in der Tat im falschen Blickwinkel gefangen. Natürlich gibt es auch einige gute Argumente für Wiedereinsteller SaZ (unentgeltliche, truppenärztliche Versorgung) keinen obligatorischen Eigenbeitrag zur Rentenversicherung etc.), aber Sie haben Recht, der Vorteil für einen Wiedereinsteller SaZ ist deutlich geringer, als für einen BS!
Der Einstellungsbedarf für die Truppe wird gesenkt, weil klar wird, dass man den Bedarf nicht decken kann.