Deutsche und britische Eurofighter erstmals für gemeinsamen scharfen Einsatz über dem Baltikum bereit
Nach Jahren der Vorbereitung stehen die deutsche Luftwaffe und die britische Royal Air Force erstmals zu gemeinsamen bewaffneten Abfang-Flügen über dem Baltikum bereit. Der deutsche Einsatz im so genannten Air Policing der NATO über Estland, Lettland und Litauen wurde um ein britisches Kontingent ergänzt. Bislang hatten beide Nationen mit ihren Eurofighter-Kampfflugzeugen nur gemeinsame Trainingsflüge absolviert.
Da die drei baltischen Staaten keine eigenen Kampfjets besitzen, stellen andere NATO-Länder seit 2004 wechselnd Flugzeuge zur Luftraumüberwachung. Seit August vergangenen Jahres ist wieder die Bundeswehr von der estnischen Luftwaffenbasis Ämari dafür zuständig – der 13. Einsatz der Luftwaffe und vor allem der erste seit Beginn der russischen Invasion der Ukraine im vergangenen Jahr. Die Aufgabe ist vor allem die Identifizierung meist russischer Militärflugzeuge, die zwar im internationalen Luftraum über der Ostsee unterwegs sind, aber oft weder ein Transpondersignal ausstrahlen noch in diesem – auch von zivilen Maschinen genutzten – Luftraum mit der zivilen Flugsicherung kooperieren.
Seit dem (heutigen) Montag sind britische Eurofighter in diese Mission integriert: Als so genannte Alarmrotte im Quick Reaction Alert (QRA) stehen nun in Ämari ein deutsches und ein britisches Kampfflugzeug bereit, innerhalb weniger Minuten zu starten und unbekannte Flugzeuge zu identifizieren und notfalls abzufangen. Die Maschinen beider Nationen sind dafür mit Lenkflugkörpern für nahe und mittlere Kampfentfernungen bewaffnet.
Nach Angaben des Zentrums Luftoperationen der Bundeswehr stellt die Royal Air Force für diese Aufgabe drei Eurofighter in Estland bereit, zwei für die Einsätze und einen als Reserve. Die Luftwaffe ist dort mit fünf Eurofightern präsent, vier für Einsätze und einen als Reserve. Im April geht die Zuständigkeit für das Baltic Air Policing von Deutschland an Großbritannien über, dann wird die Luftwaffe ihre Maschinen auf drei verringern und bis Anfang Mai das britische Kontigent unterstützen.
Die Zusammenarbeit der beiden Luftstreitkräfte mit dem Ziel gemeinsamer Operationen wurde seit Jahren vorbereitet. So hatten deutsche und britische Eurofighter bereits 2019 mit den gemeinsamen Operationen begonnen, die Kooperation in Estland wurde 2020 fortgesetzt und ebenfalls 2021 beim gemeinsamen Einsatz im Air Policing an der NATO-Südostflanke in Rumänien erprobt.
Die Hauptprobleme für einen gemeinsamen Einsatz von Luftwaffe und Royal Air Force waren dabei organisatorischer Natur: So musste sichergestellt werden, dass die Vorschriften beider Länder zusammenpassen – vor allem bei der technischen Betreuung der Kampfjets am Boden. Inzwischen dürfen zwar auch deutsche Techniker an einem britischen Eurofighter arbeiten und umgekehrt, dennoch bleiben bestimmte Arbeiten und Freigaben nach nationalen Vorschriften den Soldaten der jeweiligen Nation vorbehalten.
(Foto: Ein britischer, vorne, und ein deutscher Eurofighter beim Start zum ersten gemeinsamen Trainingsflug in Ämari am 2. März 2023 – MarvinHofmann/Bundeswehr)
Hallo T.W.,
im letzten Absatz fehlt ein z bei zwar und das letzte Wort ist zuviel. Ansonsten danke für diesen informativen Blog.
[Danke, ist korrigiert. T.W.]
Gute Nachricht. Das stimmt zuversichtlich, dass auch Combined Missions in Zukunft weiter ausgebaut werden können. Und sendet natürlich auch eine Botschaft an Putin. Dort mangelte es ja bislang schon erheblich an der Abstimmung und Koordination zwischen den in benachbarten Einsatzabschnitten eingesetzten Truppenteilen.
Sehr gute Entwicklung! Das erzeugt operative Flexibilität – letztendlich auch über das Baltikum hinaus.
Zitat:“Nach Jahren der Vorbereitung stehen die deutsche Luftwaffe und die britische Royal Air Force erstmals zu gemeinsamen bewaffneten Abfang-Flügen über dem Baltikum bereit.“
Ich lese das so, das bislang gemeinsame Missionen von deutschen und britischen Eurofightern im V-Fall im Rahmen der NATO nicht möglich waren. Der Eurofighter ist jetzt wie lange schon im Einsatz? Seit 2006. Es hat also nur schlappe 17 Jahre gedauert, die Technik so weit zu entwickeln. Wobei es sich ja eigentlich um Flugzeuge desselben Typs handelt.
Das ist kein Erfolg, das ist ein Grund sich zu schämen.
Ob das Air Policing über dem Baltikum dafür ein geeignetes Testgebiet darstellt darf auch bezweifelt werden. Bis jetzt gibt es keinen einzigen Vorfall, der das Mitschleppen einer Kampfbeladung gerechtfertigt hätte. Und den wird es in Zukunft auch nicht geben.
Und selbst wenn es zu so einer Situation gekommen wäre (kommen würde), dann ist es fraglich ob ein Pilot tatsächlich die Nerveen gehabt hätte (haben würde), Wk III auszulösen. Schon gar nicht wegen eines abgeschalteten Transponders.
Die Nadelstiche der NATO gegen Russland bewirken nichts, ausser das sie Putin helfen, in dem sie seine Haltung stützten.
Das Risiko, dass es schon bei den bisherigen Aufklärungsflügen zu Missverständnissen kommen kann, ist schon zu groß, wenn sie von Maschinen einer Nation geflogen werden. Das Mischen von Flugzeugen von zwei oder mehr Nationen für solche Missionen könnte das Risiko für Fehler oder Missverständnisse erhöhen.
Ich habe vorher von dieser NATO-Kraftmeierei nichts gehalten und halte nun noch weniger davon.
@Schlammstapfer
Luftraumüberwachung ist noch keine Aufklärung.
Schlammstapfer sagt:
06.03.2023 um 14:27 Uhr
Es handelt sich um verschiedene Muster und Baureihen, die sich beständig auseinander entwickeln. Und mehr als Schrauber austauschen ist das jetzt auch nicht, dass ist schon seit längerem möglich.
@Schlammstapfer
Da ziehen sie falsche Schlüsse oder haben den Text nicht komplett gelesen. Gemeinsame Missionen waren schon immer möglich, siehe dazu Übungen wie Cobra Warrior, Frisian Flag, etc..
Was nicht möglich war, war das zum Beispiel ein britischer Mechaniker an der deutschen Maschine schraubt und umgekehrt, was im übrigen auch so im Text steht.
Es geht also nicht um das „Fliegen“ an sich, sondern um das was am Boden nötig ist um die Maschinen in die Luft zu bekommen und da hat man einen großen Schritt gemacht. Das haben andere NATO-Nationen (USA) bis heute nicht geschafft
Und es spielt überhaupt keine Rolle ob da jetzt ein britischer mit einem deutschen Piloten fliegt oder zwei deutsche Piloten, die Verfahren sind die Gleichen weil die NATO und ICAO Standards für beide Fälle gleich sind. Und was die Bewaffnung an geht, fliegt das Air Policing mit sehr viel weniger als es die russichen Eskorten tun, die fliegen nämlich voll bewaffnet und da kann man dann ein wenig Show of Force mit zwei zusätzlichen AMRAAM seitens der NATO, denke ich, nachvollziehen.
Kann mir eigentlich mal jemand erklären, warum die Luftwaffe als einziger Nutzer auf das Pirate FLIR verzichtet hat?
Und worin liegt der Nutzen bzw warum glaubt die Luftwaffe es nicht zu benötigen?
Die deutschen IPA haben es ja
@Schlammstapfer sagt: 06.03.2023 um 14:27 Uhr
„Ich lese das so, das bislang gemeinsame Missionen von deutschen und britischen Eurofightern im V-Fall im Rahmen der NATO nicht möglich waren.“
Das lesen Sie falsch. Deutsche und britische Kampflugzeuge (nicht nur Eurofighter Typhoon, sondern auch Tornado, Phantom usw.) haben über Jahrzehnte auf unzähligen Übungen gemeinsam Missionen absolviert. Was die Besonderheit dieses gemeinsamen scharfen Einsatzes betrifft, steht oben alles.
„Es hat also nur schlappe 17 Jahre gedauert, die Technik so weit zu entwickeln.“
Es wurde keine Technik für den gemeinsamen Einsatz entwickelt. Es wurden Verfahren erprobt, um die unterschiedlichen nationalen Vorschriften für den Betrieb der Flugzeuge zu harmonisieren. Die Nationen müssen weniger Personal und Material verlegen, da sie sich diesen vor Ort teilen können. Natürlich unter Einschränkungen, wie zum Beispiel bei bestimmter unterschiedlicher Bewaffnung (IRIS-T vs. ASRAAM).
„Ob das Air Policing über dem Baltikum dafür ein geeignetes Testgebiet darstellt darf auch bezweifelt werden. Bis jetzt gibt es keinen einzigen Vorfall, der das Mitschleppen einer Kampfbeladung gerechtfertigt hätte.“
Das Air Policing Balitkum ist kein Testgebiet sondern NATO Gebiet. NATO Nationen schützen den NATO Luftraum und sind dazu in NATO Ländern stationiert.
Die QRA (I) Flugzeuge der NATO sind in der Regel immer bewaffnet. Warum sollte die NATO in Ihrem eigenen Gebiet auf die Bewaffnung für QRA (I) Flugzeuge verzichten? Im übrigen fliegen die russischen Flugzeuge in der Regel auch bewaffnet.
Das Mitschleppen von Kampfbeladung ohne Einsatz dieser ist super. Man könnte das auch als wirksame Abschreckung einordnen.
„Und selbst wenn es zu so einer Situation gekommen wäre (kommen würde), dann ist es fraglich ob ein Pilot tatsächlich die Nerveen gehabt hätte (haben würde), Wk III auszulösen.“
Konjunktiv, Spekulation und Herbeireden eines dritten Weltkrieges im Rahmen einer Sichtidentifikation. Als Außenstehender würde ich mir nicht anmaßen über die Professionalität und Nervenstärke von Kampfpiloten abfällig zu spekulieren.
Die Kommentierung von „Nadelstichen“ und „Kraftmeierei spar ich mir. Würde ja heißen, liebe NATO-Nationen fliegt bitte nicht in eurem eigenen Luftraum sonst stützt ihr Putin in seiner Haltung.
@Schlammstapfer
Analog zu Ihren Äußerungen soll man dann jetzt allen Kasernenwachen und Streifen die Munition abnehmen, könnte ja was passieren?
Und die Russen führen Nadelstiche gegen NATO-Staaten aus, nicht die Tatsachen verdrehen bitte.
Vielen Dank an die Kameraden, die hier auf die Thesen zur Kraftmeierei und zur möglichen Auslösung des 3. WK bereits zutreffend eingegangen sind. Ergänzen möchte ich lediglich, dass auch die Erhöhung der Flugsicherheit im angrenzenden internationalen Luftraum ein wichtiger Teilaspekt ist, wenn die russischem Luftstreitkräfte mal wieder mit ausgeschaltetem Transponder unterwegs sind.
Hier kann man noch etwas zur Geschichte und zur Einbeziehung der spanischen und italienischen Luftwaffe lesen, eine gute Gelegenheit zur Zusammenarbeit, zum Austausch sowie ein zweifellos notwendiges Zeichen in Richtung Russland beim gemeinsamen Schutz des Bündnisgebietes!
https://www.bundeswehr.de/de/einsaetze-bundeswehr/anerkannte-missionen/nato-air-policing-baltikum
@Maik Exner bgl. Pirate:
Nach meinem Kenntnis Stand hat man primär aus Kosten Gründen darauf verzichtet.
Zudem kann Pirate keine dedizierten IR / Laser Pods zur Boden Ziel Beleuchtung (Litening III) ersetzen.
Ergänzung dazu:
Ein deutscher Eurofighter Pilot hat auf meine selbige Frage auf dem Tag der Bundeswehr 2018 in Wunstorf sinngemäß geantwortet : „Der Such Kopf unserer Iris-T kann das etwas rudimentärer (aber auch billiger (als Waffe eh dabei)) auch. Das zeigt mir mein Monitor oder besser noch, mein Helm Display an und ich kann darauf bei völliger Dunkelheit auf kürzere Entfernung das Ziel identifizieren und sogar sofort die [Iris-T] Waffe aufschalten ohne Radar zu verwenden“.
Das Pirate ist, so wie ich das verstehe, also in 90% aller Kampf Szenarien entweder nicht geeignet (Litening für GBU Angriffe besser) oder es geht einfacher auch mit der Iris-T.
Stehen die EF dort eigentlich in massiven Sheltern oder unter Wellblech bzw. Abdeckplane?
SHORAD dort wohl „sowieso“ nicht – ist ja auch kein Spannungsfall.
@MrDiversity sagt: 06.03.2023 um 18:35 Uhr
„Analog zu Ihren Äußerungen soll man dann jetzt allen Kasernenwachen und Streifen die Munition abnehmen, könnte ja was passieren?“
LOL. Treffer
„Und die Russen führen Nadelstiche gegen NATO-Staaten aus, nicht die Tatsachen verdrehen bitte.“
Wichtige Klarstellung. Danke.
@Der_Picard, was heißt nicht geeignet für bestimmte Einsatzszenarien. PIRATE wurde konzipiert als passives Ortungssystem und das kann es. Ziele markieren war nie geplant, muss es also auch nicht können
Wobei die Aussage des Piloten “ fehlt mir nicht weil meine Waffen es können “ natürlich auch fachlich Sinn macht. Wenn man sich anschaut das PIRATE als Antwort auf Tarnkappenflugzeuge und elektronische Störung entwickelt wurde um weiter Ziele auf große Entfernungen orten zu können ist das zwar nett, erfordert aber natürlich dann auch Waffen die dann trotzdem noch ihr Ziel finden können. Und da ist dann natürlich eine IRIS-T potenziell im Vorteil die ich nicht mit störbaren Steuersignalen in die Nähe ihres Ziel steuern muss weil die komplette Technik zur Zielfindung mitfliegt.
Zitat von spontane Strategie
„Die Nationen müssen weniger Personal und Material verlegen, da sie sich diesen vor Ort teilen können. Natürlich unter Einschränkungen, wie zum Beispiel bei bestimmter unterschiedlicher Bewaffnung (IRIS-T vs. ASRAAM).“
Die Ableitung mit dem Personal kann man aus der Berichtserstattung so machen.
Zum Thema Material hege ich Bedenken, dass die Zusammenarbeit wesentliche Synergien erzeugt.
Ich meine gehört zu haben, dass es dort auch „Versuche“ gab gemeinschaftlich effizienter zu werden.
Dazu wäre eine Nachfrage eventuell interessant, da der logistische Footprint vieler Übungen und Einsätze immer wieder unterschätzt wird. Gleiches Werkzeug und gleiche Austausch- und Ersatzteile zu nutzen ist viel leichter gesagt als formal umgesetzt :)
Die Truppeneinführungen des EF / Typhoon erfolgten zwischen 2003 und 2005 (s. eurofighter.com). 2019 (s. o. Bericht) erfolgte die erste gemeinsame Operation. Ich unterstelle dabei, gemeinsam ausgebildet und geübt wurde schon. Aber Synergien i.S. einer gemeinsamen Wartung u./o. Instandsetzung waren bislang nicht erzielbar – denn sonst müßte man es nicht als novum herausstellen. Ich mutmaße, daß bezgl. anderer EF-Nutzerstaaten vergleichbares gilt. Man konstruiert und baut gemeinsam ein Flugzeug . Im Betrieb scheint dann fast 20 Jahre Partikularismus gepflegt worden zu sein. Und dann reden ernsthaft immer wieder – mehr oder weniger – Berufene über gemeinsame Flugzeugträger oder gar europäische Streitkräfte. In einem Bündnis sollte es nicht fernliegen, sich austauschbar aufzustellen. – Zu mäkeln ist nat. höchst einfach. Daher meine zukunftsbezogene Frage: Wird das jetzt begonnene denn fortgesetzt oder gar auf andere Nationen ausgedehnt?
@FF
„Gleiches Werkzeug und gleiche Austausch- und Ersatzteile zu nutzen ist viel leichter gesagt als formal umgesetzt :)“
Da haben Sie aus meiner Sicht den wunden Punkt getroffen. Werkzeug muss auch nach den jeweiligen nationalen Friedensvorschriften zugelassen sein. Genauso muss die Ersatzteilnummer zum Nationalen System passen.
Es wurden in dem Bereich immer wieder Vorschritte gemeldet, aber dort gibt es noch genügend Verbesserungspotential, wenn man den Footprint signifikant verkleinern will. Wie immer bei solchen Dingen dauert es leider sehr lange eingefahrene Vorschriften zu flexibilisieren ohne das akzeptierte Risiko anzutasten.
Eine geteilte Leiter zum Flugzeugeinstieg ist aber auch schon eine Verbesserung und spart Platz im Container ;-)
Man darf bei der Sache auch die politische Nachricht nicht unterschätzten.
„Die Nadelstiche der NATO gegen Russland bewirken nichts, ausser das sie Putin helfen, in dem sie seine Haltung stützten.“
Also wenn der Schutz des eigenen Luftraums schon als Provokation empfunden wird…
@ Alle
Seit die NATO besteht war und ist doch das Ziel die Vereinheitlichung von Prozeduren und Standards. Mit einheitlichen Standards für Munition und Teibstoffen ging es, wenn mein Gedächtnis nicht trügt, los. So das Verbände unterschiedlicher Nationen sich gegenseitig aushelfen können. Idealer Weise sollte das auch für Ersatzteile und natürlich für Reparatur und Wartung gelten. Aber ein Ideal ist bekanntlich etwas, was man anstreben kann aber nie erreichen wird. Jedenfalls ohne weitgehende Gleichheit bei Material und Gerät.
Wenn es aber um ein und dasselbe Waffensystem geht, dann sollte man meinen, das die Standardisierung von deutlich einfacher möglich sein sollte.
Ich würde zum Beispiel erwarten, dass ein polnisches Mechanikerteam den Motor bei einem deutschen Leopardpanzer genauso aus- und wieder eingebaut bekommt, wie ein deutsches Mechanikerteam.
Ich bin kein Mechaniker, aber angesichts des gemeinsamen Ziels, dass sich alle NATO-Mitglieder in dieser Hinsicht gesetzt haben, kommt es mir nicht wie eine besondere Leistung vor, wenn man das für die Typhoon erst jetzt erreicht hat. Eigentlch hätten dass alle Nutzer dieses Typs schon bei der Einführung fest vereinbaren müssen.
Was das Air Policing über dem Baltikum anbetrifft so gibt es darüber keine völkerrechtlich bindende Vereinbarung, der die Russen zugestimmt hätten. Von der NATO Seite wurden einseitig Regeln aufgestellt und Gebiete abgesteckt und die russische Regierung sagt dazu, zu Recht, „ihr könnt uns mal“.
Natürlich wäre es sicherer für den Luftverkehr, wenn sich alle Seiten an gemeinsam vereinbarte Regeln halten würden, aber dazu wird man mit den Russen halt reden müssen.
Internationale Politik folgt schon immer einer einfachen Regel: „Wie du mir, so ich dir“. Und im Erstfall dem Prinzip: Auge um Auge. Wenn man versucht einer Seite einfach diktieren zu wollen, was diese zu tun und zu lassen hat, dann ist das erwartbare Verhalten eine Trotzreaktion. Genau das ist das Fliegen mit abgeschaltetem Transponder.
Russland stellt für die NATO militärisch konventionell keine Gefahr da. Das ist jetzt, wo es seine Kräfte in der Ukraine verschleißt, eine Gewissheit und dass war auch schon vor dem Krieg in der Ukraine, allein auf der Basis eines reinen Kräftevergleichs, klar.
Die Russen haben ein Recht dazu über dem Baltikum zu fliegen (schon allein wegen des Verkehrs zur Exklave Kaliningrad). Zumindest haben die NATO Mitgliedsstaaten kein Recht, es ihnen zu verwehren. Bis zum heutigen Tag gab es, meines Wissens nach, keinen einzigen Vorfall, der auch nur die Drohung mit einem Waffeneinsatz gerechtfertigt hätte.
Jede Behinderung der russischen Maschinen spielt Putin in die Hände. Der wird das gern als Beleg für die aggressive Haltung der NATO gegenüber Russland annehmen.
Ich finde, die NATO sollte auf das Verhalten der Russen mit Gelassenheit reagieren. Sie sollte ihr Air Policing weiter durchführen. Zumindest kommen unsere Piloten so auf die nötigen Flugstunden. Das ist dann ein klares Signal an die Russen, dass man sie im Auge hat.
Wenn man aber mit jedesmal mit voller Kampfbeladung anrückt, dann ist das kein Zeichen von Stärke sondern für Nervosität, wenn nicht gar von Angst.
Rein praktisch macht die Art des Auftretens der NATO auch keinen Unterschied. Russische Piloten werden sich von schwer bewaffneten Jets so wenig beeindrucken lassen wie von unbewaffneten.
Folgt man den von beiden Seiten geäusserten Beteuerungen, dann will keine Seite einen bewaffneten Konflikt. Natürlich besteht die Möglichkeit, dass unsere Piloten bei einem Einsatz auf ein nicht identifizierbares, den Luftraum gefährdendes, fliegendes Objekt zu treffen und möglichweise ist dann ein Waffeneinsatz nötig, um dieses daraus zu entfernen. Es gibt also durchaus eine Rechtfertigung dafür, dass die Maschinen bewaffnet sind.
Ich habe gelernt, dass man nur zur Waffe greift, wenn man auch den festen Willen hat, sie einzusetzen. Wenn aber keine Seite den Willen zu einem bewaffneten Konflikt hat, warum sollte man dann mehr Waffen mit sich rumschleppen als minimal nötig?
Nur weil z.B. ein deutsches und ein britisches Lfz von außen scheinbar gleich aussehen, heißt das noch lange nicht, dass alle Bauteile austauschbar sind. Von den schon angesprochenen Kompatibilitätsproblemen der logistischen Systeme ganz zu schweigen. Den EF kenne ich nicht detailliert, aber bei anderen fliegenden Systemen wurde und wird fröhlich in nationalen Alleingängen weiterentwickelt, modernisiert und modifiziert. Da kann man manchmal schon froh sein, wenn man wenigstens Spezialschrauben oder Dichtmittel tauschen kann…
Der_Picard sagt:
06.03.2023 um 20:19 Uhr
Richtig angenommen, bei den deutschen Eurofighter wurde aus Kosten Gründen das PIRATE System gestrichen.
Die normale Zielzuweisung der IRIS-T beim Eurofighter erfolgt mittels CAPTOR-Radar, PIRATE, AMIDS / Praetorian (Raketenwarner) oder den Striker-Helmvisier.
Ich glaube du meinst, Zitat: Martin Rosenkranz
„Die älteste und herkömmlichste Methode ist „boresight“.
Dabei wird der Infrarot-Suchkopf der Lenkwaffe so ausgerichtet, dass nur ein Ziel auf der Längsachse der Lenkwaffe bzw. des Flugzeuges erfasst werden kann. Der Pilot steuert dann das Flugzeug entsprechend bis der Suchkopf der Lenkwaffe ein Ziel direkt vor dem Flugzeug auffasst.
Findet der Suchkopf der Lenkwaffe ein Ziel bekommt der Pilot ein hörbares Signal über die Kopfhörer eingespielt. Das Signal selbst ist ein „Brummen“ welches mit der Qualität der Infrarotsignatur leiser und lauter wird. Einmal aufgeschalten löst sich der Suchkopf vom „boresight“ Modus und kann sein Ziel über den gesamten Schwenkbereich des Suchkopfes verfolgen.“
http://www.airpower.at/news07/0715_iris-t/index.html
Der PIRATE Sensor ist bislang nur ein FLIR/IRST (Infrarot-Sensor) der eigentlich primär zum Entdecken, identifizieren und bekämpfen von Stealth Flugzeuge entwickelt wurde.
So gut wie alle neuen Flugzeuge sind mit einen FLIR/IRST System Ausgerüstet. Ältere Flugzeuge wie die F-15 werden optional mit „Tiger Eyes“ nachgerüstet. Fast alle russischen Flugzeuge, ab der Su-27 haben in ihren FLIR/IRST Systen (OLS-27) auch ein Laservisier / Laserbeleuchter impliziert. Das gleich gilt auch für die F-35 Familie.
Schlammstapfer 07.03.2023 um 15:22 Uhr
Wo soll man da anfangen. Ich versuch mich mal auf eine Handvoll zu konzentrieren
„Die Russen haben ein Recht dazu über dem Baltikum zu fliegen …“
Nein haben sie nicht. Einfach mal googeln was das Baltikum ist. Es sind die drei NATO Staaten Estland, Lettland und Litauen. Natürlich hat Russland kein Recht über NATO Gebiet zu fliegen. Tut es auch nicht. Es nutzt den Internationalen Luftraum. Da es sich dabei nicht an internationale Regeln und Gepflogenheiten hält, werden die Flugzeuge in der Regel Sichtidentifiziert.
„Jede Behinderung der russischen Maschinen spielt Putin in die Hände.“
Es werden keine Flugzeuge behindert. Es findet eine Sichtidentifizierung nach internationalen Standards statt. Das auch nicht erst seit gestern. So etwas passiert seit Jahrzehnten weltweit wie zum Beispiel im Norden von Großbritannien.
„Was das Air Policing über dem Baltikum anbetrifft so gibt es darüber keine völkerrechtlich bindende Vereinbarung, der die Russen zugestimmt hätten.“
Die braucht es auch nicht. Jedes Land darf in seinem Luftraum fliegen, wie es will. Dieser Luftraum gehört zum Staatsgebiet. Es darf anderen Staaten auch erlauben den Luftraum zu nutzten. Das macht Deutschland im Übrigen auch. Das ist völkerrechtlich eindeutig. Der internationale Luftraum unterliegt eigenen internationalen Regeln und Gepflogenheiten. Die NATO Länder halten sich daran, Russland nicht.
„Internationale Politik folgt schon immer einer einfachen Regel: „Wie du mir, so ich dir“. Und im Erstfall dem Prinzip: Auge um Auge.“
(konnte der Versuchung eines Wortspiels nicht wiederstehen) Schauen wir uns mal Auge um Auge an: Aus Sicht der Ukraine will Sie einfach Körperteile zurück, die Ihr Russland völkerrechtswidrig entrissen hat und weiterhin entreißen will. Auf der anderen Seite will Sie von Russland aber kein Auge oder einen Fuß im Gegenzug. Sie wäre froh, wenn endlich die täglichen völkerrechtswidrigen Angriffe und das unzählige Leiden aufhören würden und die Ukraine wieder Ihr Staatgebiet und Ihre Souveränität zurückhätte.
Nein es geht nicht um Auge um Auge so wie Sie das verstehen.
Auge um Auge im biblischen Sinne hatte ursprünglich eine andere Bedeutung. Zumindest wurde es so interpretiert: „Ist weiterer Schaden entstanden, dann musst du geben: … Auge um Auge …“. Man muss für Schaden, den man verursacht hat, eine Wiedergutmachung leisten. Darauf können wir uns sicher einigen. Russland muss die von Ihr verursachten Schäden und das unendliche Leiden an der ukrainischen Bevölkerung, das es verursacht hat in irgendeiner Form wiedergutmachen.
Standardisierung Waffensystem: es geht nicht darum, ob es geht oder nicht. Ob ein Mechaniker es könnte oder nicht. Sondern es geht um die unterschiedlichen Vorschriften des jeweiligen Landes. Natürlich könnte ein deutscher Eurofighter Pilot einen britischen Typhoon fliegen. Er darf es aber nicht einfach so, weil es dafür unterschiedliche „Führerscheine“ und Vorschriften gibt, die letztendlich alle der Flugsicherheit dienen. Und für die teilweise unterschiedliche Bewaffnung oder Sensorik (PIRAT) braucht es eine Ausbildung. Notfalls ginge es auch ohne, aber dieses Risiko geht man im Flugbetrieb unter Friedensbedingungen aus guten Gründen nicht ein.
@ Der_Picard & Flo (bzgl. FLIR):
Heißt das dann, daß der EF nach Verschuß seiner IRIS-T im Infrarotbereich blind ist?
Ob das eine sinnvolle Lösung ist?
@spontane Strategie sagt: 07.03.2023 um 14:59 Uhr
„Da haben Sie aus meiner Sicht den wunden Punkt getroffen. Werkzeug muss auch nach den jeweiligen nationalen Friedensvorschriften zugelassen sein.“
Muss (sic!) es das wirklich? Ich sehe gute inhaltliche Gründe dafür und ich habe Zweifel ob der immense Aufwand einer multilateralen Standardisierung der Instandsetzung im Bereich von empfindlichen Lfz wirklich sinnvoll ist, zumindest im „nicht-Einsatzbetrieb“. Im Einsatz/Krieg wird man das tun was notwendig ist. Egal wie die Regelung im Frieden ist ;)
Aber ich bin etwas skeptisch wenn ich „muss“ und „Friedensvorschrift“ höre… Üblicherweise gibt es gesetzliche Ausnahmen und die Bw entscheidet sich nur diese nicht (oder zu selten) anzuwenden. Allerdings mag ich mir hier auch täuschen, da ich keine Ahnung von Lfz-Inst/Wartung und den zugrundeliegenden gesetzlichen Regelungen habe.
@Schlammstapfer sagt: 07.03.2023 um 15:22 Uhr
Ich bin reichlich erstaunt wie Sie das provokative RUS Verhalten versuchen zu rechtfertigen und das (international übliche) Verhalten der Baltischen Staaten (und DEU/GBR in deren Auftrag) verdrehen und kritisieren.
Es gibt viele Fragen in denen man auch die Interessen der RUS „Seite“ beachten sollte. Aber bei der Sicherheit im Luftraum ist die Lage ziemlich klar…
Die Bundeswehr weicht z. Z. nicht ab. Die Dauerhafte Flugfreigabe, die für den Euro Hawk geschrieben wurde, wäre der erste Fall gewesen, kam aber nicht.
Bei Werkzeugen bzw. Bodendienst- und Prüfgerät muss man unterscheiden:
Der Drehmomentschlüssel muss nicht musterzugelassen sein.
Die Bodenanlage, mit der die Konfiguration für die Flugsteuerung des Luftfahrzeugs eingestellt wird und kritische Lebensdauerverbräuche ausgelesen schon.
Und es gibt natürlich einen internationalen Musterbauzustand – der existiert aber nur als Akte. Jede Nation hat eine eigene Musterzulassung und dazu einen eigenen Musterbauzustand, der von den anderen mehr oder weniger abweicht. Formal muss ein Mechaniker daher für den jeweiligen nationalen Musterbauzustand qualifiziert sein und die jeweils national gültige Dokumentation anwenden.
Dazu kommen Unterschiede des jeweiligen militärischen Regelungsraums. Der Eurofighter ist so alt, dass er in den nationalen Altverfahren angefangen hat und erst in die (jeweilige nationale Implementierung) der EMAR überführt werden muss.
Das bringt immerhin eine Vergleichbarkeit der Vorschriften (sofern sich die jeweilige Nation eben an die Vorlage hält …).
@spontane Strategie
Zitat:“Nein haben sie nicht. Einfach mal googeln was das Baltikum ist.“
Upps. Mein Fehler. Ich meinte natürlich den internationalen Lufraum über der Ostsee.
Die Interpretation des „Auge um Auge“ war mir neu. Man lernt nicht aus.
Zitat:“Russland muss die von Ihr verursachten Schäden und das unendliche Leiden an der ukrainischen Bevölkerung, das es verursacht hat in irgendeiner Form wiedergutmachen.“
Dem kann ich mich tatsächlich anschließen. Ich bin nur skeptisch was die Realisierung anbetrifft. In der langen Liste ähnlicher Konflikte weltweit, zurück bis WK2, wurden die Opfer nur selten entschädigt. Unabhängig davon, wer der Aggressor war und wer den Konflikt gewonnen hat. Ich könnte das noch mit Beispielen unterlegen, tue es aber nicht sonst gibt es wieder vom Hausherren eine Ermahnung wegen OT.
@Koffer
„Ich bin reichlich erstaunt wie Sie das provokative RUS Verhalten versuchen zu rechtfertigen…“
Tue ich das? Ich betrachte dieses Spiel lediglich von beiden Seiten. Meinen Sie, das ganze wirkt aus russischer Sicht nicht wie Provokation?
Es ist irgendwie komisch daß der PIRATE-Sensor, der ja primär wegen der deutschen Erfahrungen mit dem IRST der MiG-29 entwickelt wurde, ausgerechnet von der Luftwaffe nicht beschafft wurde…
War das die Starfighter-Mafia unter der damaligen Generalität die der Meinung waren alles außer Radar und Mk1 Eyeball ist Kommunismus?
@nteressierter sagt:
07.03.2023 um 19:42 Uhr
Wenn ein deutscher EF Pilot seine IRIS-T abfeuert, ist er bereits im Short Range Luftkampf.
I.d.R. ist dann eine Identifzierung mit PIRATE auch nicht mehr nötig…Radar findet da auch Stealth Flugkörper oder es wird visuell erfasst.
Die IRIS-T „Erfassung“ wird natürlich nur auf 10KM im Sichtbereich des IRIS-T Sensors durchgeführt.
Pirate weitet diesen Bereich durch größeren Sensor und Software dahinter auf >50 KM aus.
@ Der _Picard:
Man muß ja auch den Fall im Auge haben, daß ein EF nachts etwa bei einem Abfangeinsatz seine IRIS-T verschossen hat und dann auf dem Rückflug zum Fliegerhorst ohne IR-Sensor gegen Stealth-Flieger quasi „blind“ heimfliegt. Scheint mir zusammen mit der von Ihnen genannten kurzen Reichweite (10 km) des IRIS-T – Sensors selbst solange die IRIS-T noch unter den Tragflächen hängen, eine gefährliche Schwäche.
Wurde die denn selbst bei den neuesten Tranche 4 – Bestellungen nicht abgestellt?
@Schlammstapfer sagt: 08.03.2023 um 8:12 Uhr
„Tue ich das? Ich betrachte dieses Spiel lediglich von beiden Seiten. Meinen Sie, das ganze wirkt aus russischer Sicht nicht wie Provokation?“
1. Nicht jede Frage hat zwei Seiten. Manche Dinge sind klar. Der Schutz der Souveränität im eigenen Luftfraum gehört zu diesen Dingen.
2. Wenn sich RUS davon tatsächlich provoziert fühlt, dann müssen wir das zur Kenntnis nehmen, aber helfen können wir ihnen dann halt nicht.
3. Unabhängig davon denke ich nicht, dass RUS sich davon provoziert fühlen kann. Aber es kann natürlich propagandistisch so tun als ob.
Das das Baltikum der NATO beigetreten ist, mag RUS als Provokation empfinden und hier kann man darüber diskutieren ob dieses empfinden berechtigt ist oder nicht. Aber da die Lage nun mal so ist wie sie ist gehört Luftraumsicherheit nun einmal zu den internationalen Gepflogenheit.
Und wenn hier jemand provoziert, dann ist es wohl eher RUS, denn die halten sich halt nicht an die internationalen Gepflogenheiten (Transponder etc.).
@JCR: Nein, der Verzicht auf die Ausrüstung der deutschen Eurofighter hat weder mit irgendeiner „Starfighter-Mafia“ noch mit eigenartigen Ansichten des Kommunismus zu tun, sondern mit dem Hin-und Her der speziellen deutschen Entwicklung und Beschaffung des „Jäger 90“ bzw. später EF zu tun. Insbesondere stand der damalige Verteidigungsminister Rühe unter großem politischen Druck, die einschlägige Kostenexplosion aufzufangen, was zum einen mit einer Reduktion der zu beschaffenden Anzahl und zum anderen durch ein Abspecken der Ausstattung der deutschen Exemplare bewerkstelligt wurde (schlussendlich wurde es trotzdem teurer als veranschlagt). Dieser Vorgehensweise fiel der Sensor PIRATE zum Opfer.