Luftwaffe für „bewaffnete Schutzflüge“ über dem Schwarzen Meer in Rumänien
Die Luftwaffe hat erstmals Kampfjets in eine Luftraum-Überwachungsmission der NATO an der Südostflanke des Bündnisses und über dem Schwarzen Meer geschickt. Auf der rumänischen Mihail Kogalniceanu Air Base, dem militärischen Teil des Flughafens der Großstadt Konstanza, landeten am (heutigen) Donnerstag zwei Eurofighter des Taktischen Luftwaffengeschwaders 71 „Richthofen“ aus Wittmund. Bis zum 9. Juli sollen sie gemeinsam mit einem britischen Verband den Luftraum der Schwarzmeer-Anrainer in der NATO sichern.
Die Planung für die Mission, eine erste deutsche Beteiligung am enhanced Air Policing South der Allianz, war bereits im Januar bekannt geworden. Die beiden Eurofighter der Luftwaffe werden gemeinsam mit den weitgehend baugleichen Eurofighter Typhoon des 21 Expeditionary Air Wing (EAW) der Royal Air Force operieren, wie die Luftwaffe mitteilte. Die Briten hatten den Einsatz, ihre dritte Beteiligung an der Mission an der NATO-Südostflanke, Anfang Mai begonnen.
Die Luftwaffe hatte bereits bei ihren Einsätzen im Air Policing im Baltikum gemeinsam mit der Royal Air Force operiert. Bislang ist diese Kooperation, optimistisch plug&fight genannt, auf gemeinsame Trainingsflüge und die gemeinsame technische Betreuung der Eurofighter begrenzt. Eine vollständige operationelle Zusammenarbeit in einer solchen Mission bedarf unter anderem noch weiter Angleichungen, zum Beispiel der Vorschriften – unter anderem sind die Flugzeuge mit voller Bewaffnung unterwegs, und die Bestimmungen zu einem Waffeneinsatz sind in den beiden Ländern unterschiedlich. Wir wollen dieses Training nutzen, um mit unseren Kampfflugzeugen zusammen bewaffnete Schutzflüge zu absolvieren und unsere Interoperabilität weiter zu stärken, zitiert die Luftwaffe in ihrer Mitteilung Wing Commander Stephen Lamping, den kommandierenden Offizier des 21 EAW.
Das Southern Air Policing der NATO war 2014 nach der russischen Annexion der Krim begonnen und 2017 auf die Basis regelmäßiger Rotationen gestellt worden. Wie in den baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen und in Island unterstützen dabei auch in Rumänien andere Mitgliedsländer einen Staat der Allianz bei der Sicherung des Luftraums an einer Außengrenze des Bündnisses – faktisch als Teil der Abschreckung gegen Russland.
Die rumänische Basis liegt praktisch am Schwarzen Meer – und, wie ein Blick auf die Karte zeigt gerade mal 200 Kilometer Luftlinie von Sewastopol auf der Krim entfernt, wo das Hauptquartier der russischen Schwarzmeerflotte stationiert ist:
In der Region gibt es in jüngster Zeit zunehmend Spannungen – wie zuletzt der (nach wie vor etwas unklare) Zwischenfall mit dem britischen Zerstörer HMS Defender vor der Krim zeigte.
(Foto: Ankunft eines deutschen Eurofighters in Rumänien – Luftwaffe)
Wass wird denn in diesem Sinne unter „voller Bewaffnung“ verstanden?
@Dante: Auf den Bildern der Luftwaffe sieht man zumindest, dass die deutschen Eurofighter zwei IRIS-T unter den Flügeln haben. Vielleicht wird man in den folgenden Tagen sehen, ob sie auf den eigentlichen Patrouillenflügen auch AMRAAM dabeihaben werden. Meteor vermutlich noch nicht, die haben erst die 74er, oder?
Die RAF-Vögel haben auf den RAF-Bildern, die ich gefunden habe, ASRAAM unter den Flügeln, Bilder von Einsatzflügen, bei denen man unter den Rumpf gucken konnte, habe ich nicht gefunden.
Gareth Jennings hat heute auf Twitter Bilder von deutschen Typhoons mit IRIS-T, Meteor und AMRAAM gezeigt.
[Er hat das nur retweeted und kommentiert…
… aber seine Kommentare sind auch interessant: https://twitter.com/GarethJennings3/status/1408022288897871877
T.W.]
Was ich nicht ganz wechseln kann, wieso ein derartiger Einsatz nur 2 Wochen dauert. Das klingt er nach einem Übungszeitraum und nicht nach einem Einsatzzeitraum. Ich sehe hier ein Mißverhältnis Aufwand zu Nutzen.
Aber vielleicht soll ja nur die HMS Defender in „Ukrainischen Gewässern“ geschützt werden. SARC OFF.
[Geht offensichtlich in erster Linie um die Einübung der Zusammenarbeit mit den Briten. T.W.]
Wenn man doch nur eine Fähigkeit zur Seekriegsführung aus der Luft hätte… Hier wäre sie neben dem Hauptauftrag „Air Policing“ genau richtig.
pi
[Ja, wenn man den „Krieg um die Krim“ unbedingt nicht als Computerspiel, sondern im real life haben will. Hat mit dieser Mission herzlich wenig zu tun, und das lassen wir an der Stelle. T.W.]
@T.W.
Danke für den Link zu dem Kommentar.
„Previously told by Luftwaffe it was a political decision not to arm QRA jets with a medium/long-range missile as RoE said aircraft had to first be visually identified before being engaged. Presumably, that remains the case.“
Sehr sinnvoll. Wenn man in Betracht zieht, das die Basen ’nur‘ 200 km auseinander liegen und die AMMRAM-D eine Reichweite von 160 km haben soll.
Wie sind eigentlich die Sichtverhältnisse über dem Schwarzen Meer? Flightradar24 zeigt da eine Menge Traffic. Für meinen Geschmack wurden schon viel zu viele Zivilflugzeuge „aus Versehen“ abgeschossen.
@politisch inkorrekt
Schauen sie sich die Größe des Schwarzen Meeres an und dann die Reichweiten aktueller ASM. Vergleichen Sie. Das Schwarze Meer ist ein Ententeich und jede Überwassereinheit ist eine sitting duck. Raum zum Klären von Missverständnissen oder zur Überprüfung fehlerhafter Daten gibt es nicht und ein evtl. so entstehendes echtes Gefecht wäre nach wenigen Sekunden vorbei.
Ich wäre da nur sehr ungern Kommandant auf einem NATO Kriegsschiff.
Grundsätzliche Bemerkungen zum Punkt QRA (I) Bewaffnung
Eine Bewaffnung wird immer aus verschiedenen Überlegungen festgelegt.
Sinnvollerweise spielen in erster Linie operationelle Gesichtspunkte eine Rolle. Nicht nur den Waffenmix betreffend, sondern auch die Summe der Bewaffnung in einer Formation, abgestimmt auf den Einsatzauftrag, das Szenario und die erwartete Anzahl an Gegnern.
Wie bereits im Beitrag und den Kommentaren angesprochen gibt es den Punkt RoE (Rules of Engagement). Eine BVR Bewaffnung (Beyond Visual Range, für die Luftwaffe sind das AMRAAM und METEOR) bei zwingend erforderlicher vorheriger Sichtidentifizierung ist bei vielen Szenarien nicht erforderlich.
Ein entscheidender und oft übersehener Punkt ist die Logistik und Lebensdauer der Bewaffnung. Natürlich muss man die Bewaffnung in ausreichender Anzahl vorrätig haben. Das schließt den Transport vom deutschen Lagerort zum Einsatzort mit ein. Alleine das könnte ein Grund für eine reine IRIS-T Bewaffnung für die ca. zwei Wochen beim enhanced Air Policing South darstellen.
Mittlerweile haben fast alle Lenkflugkörper (LFK) eine Lebensdauerbeschränkung durch den Hersteller. Dies betrifft sowohl eine Anzahl an Jahren ab Produktionszeitpunkt, als auch eine maximale Anzahl an Flugstunden, bei denen der LFK „geflogen“ wird. Um seinen LFK Bestand nicht zu sehr abzufliegen, werden die teuren BVR LFK in der Regel seltener für den Dauerauftrag QRA (I) verwendet.
Nicht zu vergessen wäre der Punkt politisches Statement. Ein voll bewaffnetes Kampfflugzeug im Rahmen NATO Baltic Air Policing setzt natürlich ein visuelles Signal. Sowohl bei den offiziellen Bildern als auch bei den Besatzungen, der regelmäßig zur Sichtidentifizierung abgefangenen Flugzeuge. Ein EF mit voller Bewaffnung (z.B. 8 LFK) demonstriert eine andere Wehrhaftigkeit als mit zwei IRIS-T.
Anhand öffentlicher Bilder kann man die unterschiedliche Bewaffnung der Luftwaffe QRA (I) Flugzeuge – ständige Alarmrotte in Deutschland versus Air Policing Balitkum – verfolgen. Einschließlich der Änderungen von einer klassischen deutschen Alarmrotten Bewaffnung zur Maximalbewaffnung an LFK für einen bestimmten Zeitraum.
@Dante „Was wird denn in diesem Sinne unter „voller Bewaffnung“ verstanden?“
Der Artikel und die Lw sprechen von „bewaffneten Schutzflügen“ bzw. „Erstmalig gemeinsame bewaffnete Schutzflüge“. Habe ich „voller Bewaffnung“ irgendwo überlesen?
„Bewaffnete Schutzflüge“ decken einen großen Bereich an möglicher Bewaffnung ab. Von nur munitionierter Bordkanone, bis nur IRIS-T (Infrarot LFK) über volle Bewaffnung (4 Meteor, 2 AMRAAM, 2 IRIS-T, + GUN)
@ POV
„…, als auch eine maximale Anzahl an Flugstunden, bei denen der LFK „geflogen“ wird.“
Interesant. Womit begründen die Hersteller ein solches „Verfallsdatum“ und warum lässt sich die Bundeswehr darauf ein? Ich weiss natürlich, dass der Festtreibstoff der Raketen nicht ewig lagerbar ist und auch die Batterien für die Avionk wird man von Zeit zu Zeit austauschen müssen, aber der Rest sollte doch quasi ewig haltbar sein.
@ Schlammstampfer::
Ein Lenkflugkörper wie die IRIS-T ist schon ein hochkomplexes System, welches im Tragflug enormen Belastungen (neben „Wind und Wetter“ vor allem Vibrationen) ausgesetzt, die selbst den robustesten Komponenten zusetzen. Ein Limit liegt hier i.d.R. so bei 100 Tragflugstunden. Und manchmal ist auch der Ort und die Umstände unter welchen geflogen wird von Bedeutung. In AFG, wo z.B. die RAF mit dem Tornado aus mittleren Höhen operierte, gab es mit dem Luft/Boden Lenkflugkörper Brimstone zunächst keine Probleme. Aber als man auf Grund neuer ROE‘s tiefer zur Identifizierung gehen musste, wie über Libyen, wirkte der Wüstenstaub wie Schmirgelpapier und machte die Zielsuchköpfe mehr und mehr „blind“..
Ach und Batterien, die eine Spannung mit der Zeit verlieren, gibt es heutzutage in dem Sinne nicht mehr. Die Energieversorgung wird deutlich sicherer da anders sichergestellt.
Hallo an alle,
Rückfrage an die Experten.
Die hier eingesetzten Eurofighter der Tranche 1. Welche FK können die Tragen?
Iris-T + AMRAAM?
Wie sieht hier dann eine typische Beladung aus?
2 x Iris-T + 4 x AMRAAM?
Ist bekannt wie die Patrouillenflüge über dem schwarzen Meer durchgeführt werden, also mit welcher Bewaffnung?
Die Meteor werden so weit ich weiß ja nur auf den neueren Eurofighter T2 aufwärts integriert, oder?
@obibiber
In Rumänien sind nur Tranche 2 Eurofighter dabei, aber bei beiden Tranchen liegt das Standard – Loadout bei
6x AMRAAM und 2 IRIS-T, seltener auch mal 4x AMRAAM, 4x IRIS-T.
Wie @POV schon gut dargelegt hat, ist die Bewaffnung aber immer von mehreren Faktoren abhängig.
Den bisher veröffentlichten Bildern nach wird in Rumänien nur mit 2x IRIS-T geflogen, was die normale QRA – Bewaffnung für NATO – Inland darstellt.
Meteor ist ab Tranche 2 vorgesehen, die flächendeckende Integration dürfte aber noch einige Zeit dauern, bisher sind laut Berichten nur einige Mühlen des TLG74 umgerüstet.