Luftwaffe geht erstmals ins Air Policing an der NATO-Südostflanke
Die Bundeswehr wird sich in diesem Jahr erstmals an der Luftraumüberwachung der NATO an der Südostflanke des Bündnisses beteiligen. Dafür sollen gegen Mitte des Jahres Eurofighter der Luftwaffe nach Rumänien verlegt werden. In den vergangenen Jahren waren die deutschen Kampfjets bereits beim so genannten Air Policing über dem Baltikum und auch über Island im Einsatz.
Das Southern Air Policing der NATO war 2014 begonnen und 2017 auf die Basis regelmäßiger Rotationen gestellt worden. Wie in den baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen und in Island unterstützen dabei auch in Rumänien andere Mitgliedsländer einen Staat der Allianz bei der Sicherung des Luftraums an einer Außengrenze des Bündnisses – faktisch als Teil der Abschreckung gegen Russland. Die jüngste Rotation hatte am (gestrigen) Dienstag die spanische Luftwaffe übernommen:
In Romania, the detachment will be continuing to showcase Alliance solidarity and cohesion under enhanced Air Policing. NATO introduced this defensive mission in 2014 to demonstrate the collective resolve of Allies, underline the defensive nature of NATO and deter any aggression or the threat of aggression against NATO Allies.
Since its inception, Canada, Italy, Portugal and the United Kingdom have conducted enhanced Air Policing deployments. The dual benefits for Allied nations involved in enhanced Air Policing is establishing training and operational relations with the Romanian Air Force and protecting Alliance airspace on the Black Sea together.
Wie die Luftwaffe am (heutigen) Mittwoch auf Anfrage bestätigte, ist der deutsche Einsatz in diesem Air Policing zusammen mit der britischen Royal Air Force geplant. Die Luftstreitkräfte beider Länder hatten bereits im Baltikum zusammengearbeitet. Bislang ist diese Kooperation, optimistisch plug&fight genannt, auf gemeinsame Trainingsflüge und erste Versuche bei der gemeinsamen technischen Betreuung der Eurofighter begrenzt, die von beiden Ländern geflogen werden. Eine vollständige operationelle Zusammenarbeit in einer solchen Mission bedarf unter anderem noch weiter Angleichungen, zum Beispiel der Vorschriften.
Die deutschen Eurofighter werden voraussichtlich – wie derzeit auch die spanischen Kampfjets – auf der Mihail Kogalniceanu Air Base stationiert, dem militärischen Teil des Flughafens der Großstadt Konstanza:
Diese Basis liegt praktisch am Schwarzen Meer – und gerade mal 200 Kilometer Luftlinie von Sewastopol auf der russisch annektierten Krim entfernt:
Damit und mit der Aufgabe des protecting Alliance airspace on the Black Sea ist die geographische Situation zwar eine andere als an der Nordostflanke der NATO – aber nicht weniger politisch sensibel.
(Archivbild November 2018: Eurofighter des Taktischen Luftwaffengeschwaders 74 beim Start zu einem Trainingsflug im Rahmen des Baltic Air Policing auf der estnischen Luftwaffenbasis Ämari; Karten: OpenStreetMap)
Das darf als erstes Ergebnis von „mehr Verantwortung“, die Bk Merkel auch Joe Biden im ersten Telefongespräch zusagte, verstanden werden?
[Ich denke mal, dass so was langfristiger geplant wird… T.W.]
Ist es aber wirklich notwendig? Im gegensatz zum Baltikum hat Rumänien ja tatsächlich eine Luftwaffe. Und wenn es wirklich nur um das Airpolicing geht müsste dass mit ein wenig technischer Unterstützung auch ohne fremde Hilfe gehen. Im übrigen könnte man da gleich die Ef Trache 1 loswerden.
Ist schon bekannt, welcher Verband die Eurofighter stellen wird?
@Dante: das KÖNNTEN die schon selber, die Rumänen haben ja z.B. sogar ihrerseits Flugzeuge z.B. für das Air Policing im Baltikum gestellt. Ich schätze mal (!), hier geht es unter anderem auch um die Geste in Richtung Russland. Außerdem ist das natürlich immer eine gute Gelegenheit, ein „Deployment“ durchzuführen und mit Verbündeten zu üben. Das ist ein gutes Training auch für die deutschen EF-Besatzungen, ist ja mal ein ganz anderes Fluggebiet.
@Dante sagt:
Ist es aber wirklich notwendig?
Die Frage befremdet mich. Mglw ist es luftwaffen-taktisch und -logistisch nicht erforderlich, vllt könnte Rumänen es auf sich gestellt eigenständig hinbekommen. Vielleicht.
Entscheidend ist aber die operative Aussage, in diesem Fall zur Interoberabilität und noch gravierender die strategische, nämlich:
NATO ist ein Bündnis der 30 Demokratien, die an zunehmend kritischer SO-Flanke ihr gemeinsames Handeln als Hilfe auf Gegenseitigkeit belegen; das militärpolitische Signal, in erster Linie an Moskau und sein Krim-Abenteuer gerichtet, wirkt auch für die Ukraine beruhigend.
Wer dies infrage stellt, kann auch sofort „Atlantic Resolve“ im Verbund der „European Reassurance Initiative“ mit U.S. Army in Rumänien ablehnen. Wenn wir (Deutsche) unseren praktischen Beitrag in-und-für-Europa hinterfragen, mit welchem Anspruch erwarten wir U.S. Truppen an der Ostflanke?
„Ist es aber wirklich notwendig?“
Nur wenn man davon ausgeht, dass die Bundeswehr auch tatsächlich kriegsfähig und nicht nur ein Papiertiger sein soll.
Dann aber ist es höchste Zeit, dass sich die LW endlich vertieft mit dem anderen möglichen Kriegsgebiet (neben dem Baltikum) auseinandersetzt, wo die NATO im Ernstfall mit Russichen Flugzeugen zusammenrasseln könnte.
Kenntnisse erwerben über Geographie, Klima/Wetter, wie es sich knapp über dem schwarzen Meer so fliegt (Sichtweiten). und vor allem wie man mit den lokalen Einheiten (insb Luftabwehr) kooperiert.
IaW: Ja, es ist verdammt nötig.
Das Air Policing ist ein gutes Mitte zur eigenen Weiterentwicklung der Luftwaffe.
Wir müssten die gesamten Streitkräfte eigentlich viel mehr im Loop halten, um an Performance zu gewinnen.
Trainiere wie du kämpfst und kämpfe wie du trainierst.
Hallo Dante
Rumänien hat unsere Offerte betreffend des Eurofighter dankend abgelehnt und ersetzt zurzeit ihre MiG-21 Lancer mit gebrauchten F-16AM / F-16BM Fighting Falcon aus Beständen der Força Aérea Portuguesa ( FAP ).
Schöne Gelegenheit, mal wieder Verlegungsfähigkeiten zu reaktivieren und mit Partnern Dissimilar air combat Training (DACT) durchzuführen. Sehr wertvoller Fähigkeitsgewinn für jede Luftwaffe. Außerdem ist man schon mal mit den regionalen Besonderheiten an der Südostflanke und dem Schwarzen Meer vertraut, falls sich die regionalen Beziehungen zum südlichsten NATO-Partner weiter verschlechtern und die Balkanstaaten, die auch EU-Mitglieder sind, etwas Unterstützung oder (Gott behüte, aber wer kennt die Zukunft) womöglich eine Friedenstruppe zur Stabilisierung gen Südosten benötigen.
wie viele Eurofighter werden hier dann verlegt?
für die Luftwaffe sind solche Einsätze immer gut um Erfahrungen zu sammeln…
es wäre auch schön zu sehen dass mehrere Einsätze auch gleichzeitig stattfinden könnten…
bzgl Tranche 1 Eurofighter… da denke ich dass man die tatsächlich in den nächsten Jahren noch an einen Verbündeten im Osten verkaufen könnte… der Preis/das Gesamtpaket muss halt stimmen… für reine Luft-Luft Einsätze mit Iris-T und AMRAAM sind diese Maschinen ja auch durchaus solide… zumindest wenn die zeitnahe bei einem Partnerland landen… in 10 Jahren will die Maschinen dann auch niemand mehr
[Ehe das jetzt hier in die Debatte „wo könnte man die Tranche 1 denn hin verkaufen“ abgleitet: So wie ich das verstehe, werden z.T. die Triebwerke in Maschinen späterer Tranchen weiter genutzt, was einem Verkauf, nun, etwas im Wege steht. Aber das ist nicht Thema dieses Threads. T.W.]
Es gibt schon seit geraumer Zeit das Bestreben mit den Briten mehr zu machen. Und da die Rotationen immer eine Weile im voraus geplant werden und jeder Partner so seine Vorlieben hat ist es nicht immer ganz einfach, das unter einen Hut zu kriegen. Manchmal (sprich: immer) ist das auch einfach „wer zuerst kommt, mahlt zuerst“. Da bleibt dann nicht mehr viel Raum wenn andere (Frankreich?!?) sich die Plätze schnappen. Und Rumänien war als Ziel nie so richtig beliebt. Naja, außer bei den Spaniern vielleicht. Da war also noch Platz. Auch wenn das mit erheblichem Aufwand für die Lw einhergeht, weil jetzt ein neuer Flugplatz erkundet werden muss und man nicht einfach „wie immer“ planen kann. Insofern steckt da schon eine gewichtige Aussage auf mehreren Ebenen drin: Auch wenn es mehr Aufwand ist will DEU mit den Briten was machen. Und die Briten mit DEU, weil sie sich als verlässlicher Partner in der NATO präsentieren können auch wenn sie aus der EU raus sind. Und DEU nimmt auch mehr Aufwand in Kauf, um sein Fähnchen bei den Truppenstellerkonferenzen auf der Landkarte zu sehen.
Den Einsatz in Rumänien zusammen mit der RAF halte ich für eine gute Sache und eine logische Weiterentwicklung der Tests im Baltikum vergangenes Jahr, wir können von Engländern noch viel lernen was Verfahren, Nutzung und Modernisierung des EF angeht.
Dazu hat man über dem Schwarzen Meer mit ganz anderen geografischen Verhältnissen und RU Assets zu tun als im Baltikum, woraus alle Beteiligte, va auf Staffelebene in Vorbereitung und Umsetzung viel lernen können.
Auch halte ich die Doppelbelastung mit BAP und SAP (Baltic und Southern Air Policing), bzw SAP und großen Übungen, die klassischerweise in den Sommermonaten stattfinden für gut, denn je mehr geflogen wird, desto besser, außerdem stimmt für derartige Events normalerweise auch die Ersatzteilversorgung.
Ich freue mich jedenfalls darüber und bin auf weitere Informationen mehr als gespannt.
@Daniel Warner: aufgrund der bisherigen Zusammenarbeit im Baltikum wird wahrscheinlich das TLG 71 aus Wittmund das erste Kontingent stellen, ansonsten würden noch die Neuburger (TLG 74) und eher unwahrscheinlich Nörvenich (TLG 31) in Frage kommen.
@Obibiber
Kommt etwas drauf an wie es ausgeplant wird, ein volles Kontingent besteht aus fünf Maschinen, also wird die Lead-Nation (vrmtl. GB) drei stellen und der Partner DEU also zwei. Eine Aufstockung von beiden Seiten zu Übungszwecken ist aber auf jeden Fall möglich und mEn auch sinnvoll.