Luftwaffe im Baltic Air Policing: Zwölfter Einsatz an der russischen Grenze (Update)
Die Luftwaffe hat von Frankreich am (heutigen) Montag die Sicherung des Luftraums an der Nordostflanke der NATO übernommen und geht damit zum zwölften Mal in das Baltic Air Policing (BAP) an der Grenze zu Russland. Die Eurofighter des Taktischen Luftwaffengeschwader 71 Richthofen aus Wittmund sind für die am (morgigen) 1. September offiziell beginnende Mission in Ämari in Estland stationiert. Dabei wollen außerdem Deutschland und Großbritannien ihre Zusammenarbeit beim Einsatz dieses Flugzeugtyps fortsetzen.
Seit 2004 hatten Kampfflugzeugen aus verschiedenen NATO-Staaten im Wechsel die Sicherung des Luftraums über den drei baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen übernommen, die über keine eigene Luftverteidigung verfügen. Nach der Annexion der Krim weitete die NATO diese Mission aus: Sowohl in Šiauliai in Litauen als auch in Ämari stehen Kampfjets in Bereitschaft, um unbekannte Flugzeuge über dem Baltikum als auch im internationalen Luftraum über der Ostsee zu identifizieren und gegebenenfalls abzufangen.
Die Luftwaffe stellt für diesen Einsatz – der im offiziellen Sprachgebrauch kein Einsatz ist, weil im NATO-Gebiet – regelmäßig sechs Eurofighter. Üblicherweise sind vier davon in ihren Sheltern einsatzbereit, ein weiterer steht in Reserve und ein sechstes Kampfflugzeug wird in Deutschland bereitgehalten.
Insgesamt übernimmt Deutschland erneut zwei aufeinanderfolgende Rotationen, auch das hat sich in den vergangenen Jahren so eingespielt: Der logistische Aufwand für die Verlegung der Technik wird damit reduziert. Zunächst übernimmt das Geschwader aus Wittmund unter Führung von Oberstleutnant Sebastian Fiedler (Foto oben l.), es wird dann nach vier Monaten vom Taktischen Luftwaffengeschwader 74 aus Neuburg an der Donau abgelöst.
Formal ist das Kontingent in Ämari die Verstärkung für das Hauptkontingent in Litauen, das ab September unter italienischer Führung steht. Allerdings werden die italienischen Flugzeuge und Piloten voraussichtlich erst eine Woche später den Betrieb aufnehmen, so dass das deutsche Kontingent in den ersten Tagen für den gesamten Luftraum der baltischen Staaten zuständig sein wird. Deshalb wird für die nächste Zeit ab dem kommenden Donnerstag zusätzlich ein Tankflugzeug Airbus A310 MRTT der Luftwaffe in Šiauliai stationiert.
Ebenfalls in Litauen wird ein mobiler Gefechtsstand der Luftwaffe aufgebaut, ein so genanntes Deployable Control and Reporting Center (DCRC). Mit Außenstellen in Lettland und Estland soll die Einheit aus Schönewalde in Brandenburg die baltischen Staaten unterstützen. Die Führung der Alarmrotten in Litauen und Estland erfolgt aber, wie für den ganzen Norden der NATO, vom Combined Air Operations Center (CAOC) in Uedem bei Kalkar am Niederrhein aus.
Vermutlich auch in Estland im Einsatz, wenn auch offiziell wie üblich nicht bestätigt, sind Luftwaffenerfassungstrupps der Elektronischen Kampfführung (das wurde in den vergangenen Jahren nur deshalb bekannt, weil die sich öffentlich über ihre neue technische Ausrüstung gefreut und dabei den bevorstehenden Einsatz im Baltikum erwähnt hatten).
Bei der neuen Rotation im Baltic Air Policing baut die Luftwaffe zudem ihre Kooperation mit der Royal Air Force (RAF) beim Einsatz der Eurofighter (britische Bezeichnung Typhoon) weiter aus. Bereits im Juli hatten Kampfjets des Wittmunder Geschwaders zusammen mit den britischen Flugzeugen in Litauen geübt und dabei auch die Möglichkeiten der technischen Zusammenarbeit bei der Wartung der weitgehend – wenn auch nicht vollständig – identischen Flugzeugmuster erprobt. Im Oktober sollen nun zwei Typhoon mit rund 50 Soldaten nach Ämari verlegt werden – auch dort wird es allerdings gemeinsam nur einen unbewaffneten Übungsbetrieb geben.
Auch wenn die Luftwaffe bereits im vergangenen Jahr ein bisschen sehr optimistisch von combined operations von Luftwaffe und RAF gesprochen hatte: Bis es tatsächlich zu einem gemeinsamen Einsatz kommt und zum Beispiel im Baltic Air Policing jede der beiden Nationen die Hälfte an Flugzeugen, Piloten und Technikern mitbringt, dürfte es noch etwas dauern. Dafür müsste nicht nur die sehr unterschiedliche Logistik der beiden Streitkräfte synchronisiert werden, die Vorschriften für die technische Überprüfung sowieso, sondern auch eine Lösung für die verschiedenen Regeln für einen möglichen Waffeneinsatz gefunden werden.
(Foto oben: Eine französische Mirage und ein Eurofighter der Luftwaffe über Estland bei der Ankunft der ersten deutschen Kampfjets am 27. August 2020 – PAO VAPB Estland; Foto unten: Der deutsche Kontingentführer Oberstleutnant Sebastian Fiedler, l., mit seinem Vorgänger, Lieutenant-colonel Joan Dussourd, Detachment Commander der französischen Luftstreitkräfte – Niels Juhlke/Bundeswehr)
Villeicht kann man von den Briten lernen wie man Brimstone inegriert. Ist meteor schon eisatzfähig?
„… sondern auch eine Lösung für die verschiedenen Regeln für einen möglichen Waffeneinsatz gefunden werden“.
Das ist der Knackpunkt.
Ich unterstelle, selbst bei 100% identischer Übereinstimmung der Jets beider Nationen wären die einheitlichen Einsatzregeln der Schlüsselfaktor, an dem Combinedness scheitern müsste.
Wobei die politischen Unterschiede des Verständnisses vom Waffeneinsatz die bestimmende Messlatte bilden.
Es verwundert doch immer wieder, wie man zur „europäischen Harmonisierung und Standardisierung“ multinational ein Waffensystem aufs letzte Prozent ausgehandelt arbeitsteilig zusammenschrauben kann, aber dieses dann national mit völlig unterschiedlichen inkompatiblen logistischen Systemen und Prozessen betreut und betrieben wird…..
In welcher Hinsicht würden sich denn die Waffeneinsatzregeln unterscheiden? Rein stereotyp würde ich natürlich vermuten, dass der Finger bei den Briten lockerer sitzt, aber wie sieht das konkret aus?
Gibt es mittlerweile einen Fahrplan ab wann die baltischen Staaten sich eine eigene Befähigung in der Luft aufbauen wollen?
Ein paar billige F16 oder Gripen wären für das Policing sicher nicht schlecht.
@OneDocToHealThemAll
Alle drei baltischen Staaten betreiben (k)eine „Luftwaffe“.
Jeweilige Luftfahrzeugmuster sind und bleiben allein Transporter und Hubschrauber sowie etwas FlaRak in Lettland.
Weder lässt sich mangels sämtlicher Ressourcen eine TSK Lw realisieren, daher auch NATO Air Policing dank Gen Kujat, noch in den Heeren eine Panzertruppe.
Alle drei verfügen über infanteristisch, bzw PzGren-orientierte Heere in < Divisionsstärke mit ordentlicher Artilleriekomponente. Was auffällt, die Anwesenheit der jeweiligen eFP-Nationen beeinflusst die nationalen Rüstungsentscheidungen erkennbar. EST kauft britisch, LVA kanadisch, LTU deutsch, jeweils nicht ausschließlich aber in der Tendenz vor allem bei Großgerät: siehe PzH 2000 und GTK BOXER für Litauen.
Mehr Details im Netz.
@OneDocToHealThemAll & @Klaus-Peter Kaikowsky
Zwar ist eine Dauerlösung á la Island auch im Baltikum prinzipiell möglich – und vielleicht sogar vor Ort aus politischen, nicht allein finanziellen Motiven erwünscht, denn wer sich in Abhängigkeit begibt, hat damit auch ein moralisches Druckmittel gegen seine Beschützer in der Hinterhand.
Dennoch werden die baltischen Staaten meiner Ansicht nach um den Aufbau einer eigenständigen Komponente zur Durchsetzung ihrer territorialen Integrität am Himmel nicht herumkommen. Aufgrund der kongruenten Interessen der drei Nachbarstaaten Estland, Lettland und Litauen ist eine gemeinsame Lösung vorstellbar und wahrscheinlich auch wünschenswert.
@KPK
Das Air Policing Baltikum war ab 2004 als Übergangsmaßnahme bis zum Aufbau eigener Kapazitäten gedacht.
Nach mehr als 15 Jahren darf man doch einmal die Frage stellen, ob es denn nicht doch an der Zeit wäre, hier eigene Fähigkeiten zu schaffen.
Ja, eigene Luftstreitkräfte kosten Geld. Aber auch die Übernahme der Aufgabe durch andere Nationen ist kein „free lunch“.
Auch andere kleine Länder schaffen so etwas.
Warum strebt man hier z.B. nicht eine gemeinsame Lösung unter den 3 baltischen Staaten mit einem gemeinsamen Geschwader an?
Oder alternativ ganz im Sinne von Pooling&Sharing macht einer fliegende LV, einer bodengebundene LV und einer LuTrans für alle 3?
Möglichkeiten und Modelle gäbe es da sicher viele.
Es müssen ja keine F-35/Eurofigter, C-17/A400M und Patriot/Meads sein.
Da sprechen wir schon seit Jahren über eine europäische Armee mit verteilten Fähigkeiten und hier wird in den Kommentaren eine Kleinstluftwaffe für die baltischen Staaten gefordert. Was soll dabei herauskommen? Auf jeden Fall keine voll nutzbare neue Fähigkeit der drei Staaten. Das würde nur wertvolle Ressourcen verschwenden, die im Fall des Falles auch keine Überlebenschance hätten.
Man sollte doch lieber über vernünftige Flugabwehrfähigkeiten nachdenken, das ist günstiger und effektiver.
Angesichts unterschiedlicher politischer Einschätzung zwischen Estland/Litauen und Lettland (siehe Energiefrage/Weißrussischer Reaktor) ist eine baltischen Luftwaffe nicht denkbar. Lettland hat auf Grund seiner fast die Mehrheit bildenden russischen Minderheit in diversen Fragen das Baltikum gespalten.
@Pio-Fritz
Ich persönlich erachte die Fähigkeit zur Verteidigung als originäre Aufgabe eines jeden Staates zur Daseinsvorsorge.
Bündnisse kommen und gehen, sie können daher nur für eine begrenzte Zeit eigene Fähigkeiten stärken bzw. eigene Mangelfähigkeiten kompensieren.
Die Interessen, Ansichten und Ausrichtungen der einzelnen Nationalstaaten sind in jedem Bündnis höchstens „ähnlich“, werden aber wohl nie zu 100% deckungsgleich sein, dies gilt insbesondere im Bereich der Außen- und Sicherheitspolitik. Unsere bekannten deutschen „Vorbehalte“ sind hier nur ein plakatives Beispiel.
Die Geschichte ist voll von weiteren Beispielen.
Aus diesen o.g. Gründen sehe ich persönlich auch alle Denkansätze zu einer „europäischen Armee“ (oder Armee der Europäer) nicht nur skeptisch sondern illusorisch.
Oder kurz: wer sich auf andere (dauerhaft) verlässt, ist am Ende meist verlassen.
Wer einer baltischen Lw das Wort redet, schaue sich besser mal deren Bevölkerungsgrößen und Haushalte an.
Ca 5,6 Mio Einwohner zusammen mit BIP 23 Mrd €/EST, 27 Mrd LVA, 42 Mrd LTU, je 2017.
Von diesen Zahlen sollen also H, Lw, M, Zoll, Grenzschutz, Polizei etc unterhalten werden, …?
Wären die Drei dazu befähigt, hätte es längsr schon stattgefunden. Der Wille zu umfassendem Schutz angesichts der freundlichen Nachbarn RUS, neuerdings auch BLR, wird zu unterstellen sein.
Nein, die Balten setzen Schwerpunkte beim Heer und etwas Küstenschutz, den Rest macht das Bündnis.
Einzig störend ist für mich, dass nicht konsequent standardisiert wird, siehe 31.08.2020 um 21:40 Uhr.
„Auch andere kleine Länder schaffen so etwas“, @Fux, welche?
@KPK:
z.B. Tunesien, Oman oder Bahrain (BIP etwa in der Größe Litauens)
Nimmt man alle 3 zusammen, kommen noch ein paar mehr hinzu.
Ich weiß, dass Sie ehemaliger Heeresmann sind und kann daher Ihre Fokussierung auf Landkampfsysteme durchaus nachvollziehen.
Die Möglichkeiten eine Machtprojektion (oder etwas weicher ausgedrückt: Demonstration von eigenem Willen und Entschlossenheit zur Gegenwehr, Aufzeigen von Wachsamkeit und roten Linien – you name it) selbst mit nur wenigen fliegenden Systemen über Raum, Zeit und Geschwindigkeit darzustellen, sollte man nicht unterschätzen.
Nicht umsonst reichen „dem Bündnis“ eine Hand voll Jagdflugzeuge zum Air Policing über dem gesamten Baltikum.
Und ich bleibe daher der festen Überzeugung, dass diese Fähigkeit durch die 3 baltischen Staaten selbst bereitgestellt werden könnte (und so langsam auch werden sollte).
@FUX
Nicht böse sein, aber diesen Beispielen folge ich nicht.
Tunesien, Oman oder Bahrain, unter RUS Bedrohung, mit Bedarf umfassender Sicherheitsvorsorge? Eine sehr fragwürdige Herleitung.
Bahrain mit satten Öleinnnahmen, der Oman mit etwas immerhin. Tunesien fliegt HubSchr, C-130 und 10 F-5E/F
Ich bitte Sie …!
Die Balten hatten 30 Jahre Zeit zur Aufstellung eigener Luftstreitkräfte, werden sie nicht machen. Wer wenig hat und Vieles bedenken muss, setzt Schwerpunkte (SP), DEN (!) SP: Heer.
‚Wer alles defendieren will defendieret gar nichts“ Friedrich II.
@Fux hat in meinen Augen absolut Recht.
Die den baltischen Staaten in puncto Bevölkerung und Wirtschaftskraft vergleichbare Slowakei vermag den Unterhalt einer Staffel Abfangjäger zu stemmen, und dies wäre auch Estland, Lettland und Litauen möglich. Zumal sich jene Länder, die sonst das Air Policing organisieren müssten, gewiss an den Kosten der Ausstattung einer trinationalen Luftwaffe beteiligen würden. Denkbar ist sogar die Abgabe ganzer Flugzeuge für lau.
Als Nachbarn, Mitglieder desselben Bündnisses und Mindermächte ohne Absicht von Machtprojektion im Ausland sind die Interessen aller drei Länder in dieser Hinsicht schier deckungsgleich. Hinzutritt, dass ihr Luftraum aufgrund seiner geringen räumlichen Ausdehnung ohne ihre Zusammenarbeit praktisch kaum zu schützen wäre.
@muck
Leute, die Slowakei ist Binnenland, braucht keine teure Marine, auf dem kurzen Donau-Abschnitt ein paar Polizeiboote, ….
Vielleicht erst mal die NATO-Geografie zur Kenntnis nehmen.
Alle obigen Herleitungen hinken, aber sowas von.
Die haben kein Geld.
@KPK
Sie wollten Beispiele für Länder mit ähnlichem BIP/ähnlicher Größe, welche Luftstreitkräfte durchaus unterhalten.
Diese haben Ihnen @Muck und ich geliefert.
Dass natürlich die Rahmenbedingungen nicht 1:1 auf die 3 baltischen Staaten zu übertragen sind, ist doch allen klar.
Jedoch unterhalten z.B. meine 3 Beispiele neben Luft- auch See- und Landstreitkräfte oder haben mit dem Iran bzw. Libyen/Algerien oder der Ukraine (@Muck) ebenso Nachbarn, welche in der jeweiligen Region nun auch nicht gerade als die felsenfesten Stabilitätsanker bekannt sind.
Ja, man kann jeden Euro nur einmal ausgeben.
Ob jedoch die von Ihnen proklamierte Schwerpunktsetzung „Heer“ mit ein paar Panzerhaubitzen, GTK Boxer u.ä. zulasten eigener (wenn auch nur begrenzter) aber dafür flexibler, schneller und das gesamte Hoheitsgebiet aller 3 Staaten abdeckender LuSK so zielführend ist, kann man doch zumindest diskutieren.
Insbesondere dann, wenn dadurch seit nun mehr als 15 Jahren, andere diese Aufgaben wahrnehmen müssen.
Die von uns aufgeführten Beispiele zeigen, es wäre durchaus (ggf. mit einer anderen SP-Setzung) selber leistbar.
Es empfiehlt sich i.ü. durchaus, auch andere Einschätzungen einer Situation in Betracht zu ziehen und zu überdenken, statt sie als Unsinn in der von Ihnen gewählten Tonart vom Tisch zu wischen.
Mit Marineblick unterstelle ich der Deutschen Diskussion gerne, dass sie generell viel zu land- bzw. heereslastig sei. Hier sehe ich den Schwerpunkt aber durchaus richtig gesetzt. Im richtigen Gelände können auch relativ kleine Landstreitkräfte einem grundsätzlich überlegenem Gegner erhebliche Verluste zufügen und viel Zeit erkaufen, insofern sie dafür richtig ausgerüstet, ausgebildet und motiviert sind. Historisches Beispiel ist hier der finnisch-russische Winterkrieg. Die zweckmäßige Ausrüstung der baltischen Landstreitkräfte kann sicherlich angezweifelt werden, aber die Überlebensfähigkeit, von der Durchsetzungsfähigkeit ganz zu schweigen, eines Dutzends Kampfflugzeuge, die an sehr wenige feste Infrastruktureinrichtungen gebunden sind, scheint gegenüber der russischen Luftwaffe bei annähernd null zu liegen.
@Fux sagt: 01.09.2020 um 22:06 Uhr
Alleine schon geografisch gesehen machen die Vorschläge von @muck und Ihnen unter militärischen Gesichtspunkten keinen Sinn. Es fehlt bei allen drei baltischen Staaten an der Tiefe des Raumes. Ich bezweifele stark, das ein evt. Flugplatz im Falle eines Angriffs überhaupt lange genug gehalten und durch Flugabwehr beschützt werden kann, um eine evt. baltische Luftwaffe überhaupt in die Luft zu bekommen.
Die Luftwaffe müsste dann woanders disloziert sein, z.B. in Polen.
Denn nach Ihrer Auffassung müsste der Angriff durch RUS erfolgen. Das halte ich für unwahrscheinlich, die Methoden RUS sind da subtiler, kostengünstiger und effektiver, wie z.B. die Krim und das Donezk-Becken zeigen.
Bitte auch nicht vergessen: Ja, man fasst die drei Länder gerne als „die baltischen Staaten“ zusammen, aber es sind doch drei unterschiedliche Staaten mit eigener Kultur, Geschichte und vor allem Sprache. Dass die drei zusammen etwa so groß sind wie die Slowakei ist deswegen nur bedingt hilfreich, da in letzterer eben diese Barrieren fehlen.
Aus verschiedenen Gründen sehe ich Kampfflugzeuge für die baltischenStaaten nur als Kooperationslösung. im Bündnis wie es z.B. die Niederländer mit den Panzern machen.
So können jeweils 3/6 kleine Flugzeuge halbwegs stabil betrieben werden. Man stellt die Gruppe auf einm polnischen Flughafen auf und übt gemeinsam. Nur die Alarmrotte wird für 1 Monat ins Baltikum verlegt, reihum gestellt von LIT/LET/EST.
Abgesehen davon müsen sich einige Länder in Mitteleuropa (Slowakei, Tschechien, SLowenien…) Gedanken machen, wie man langfristig Luftwaffen organisiert. Eine Kooperation könnte den Betrieb von Hochwertjets wie F-35, FCAS etc. ermöglichen, wo national nur Saab&Co machbar sind.
Vielleicht sind ja auch die modernen Systeme die so für Air policing eingesetzt werden einfach zu teuer.
Ich glaube nicht, daß man da wirklich Eurofighter braucht. Die müssten halt nur (weiter hinten) bereit stehen wenn sie gebraucht werden.
Andererseits sind doch die Einsätze dort sicherlich gute Gelegenheiten für die anderen Europäer Flugstunden und Einsatzerfahrung zu sammeln. Insofern kann man auch bei permanenten Bestehen sicher eine Win-Win Situation annehmen. Oder nicht? Und in Summe Europaweit gesehen ist das im Tausch für mehr Bodentruppen bei den Balten sicher preiswerter als da eine Mini Luftwaffe mit Pilotentraining, Wartung und allem Pipapo hochzuziehen.
Die Eurofighter werden allerdings etwa zur Hälfte auch vom Taktischen Luftwaffengeschwader 74 in Neuburg gestellt. Allerdings ist es üblich, die Wappen des „Leitverbandes“ dann später auch an diese Flugzeuge anzubringen.
@Pio-Fritz 9:46
Ich gehe keineswegs von einem russischen Angriff auf die 3 baltischen Staaten aus. Für so „dumm“ halte ich die politische Führung RUS unter Herrn Putin ganz und gar nicht.
Hier wird auf beiden Seiten ein wenig mit den Muskeln gespielt (siehe Nachbarbeitrag).
Und für dieses Muskelspiel reicht – nach meiner Einschätzung – auch eine eigene Minimalfähigkeit.
Diese würde auch ein selbstbewusstes Signal ermöglichen:
Richtung RUS: „Schau her, ich habe selber was, ich muss LV nicht von anderen machen lassen, aber ich bin als aktiver Teil in einem Bündnis und wenn Du meine Fliegerchen ärgerst, kommen die großen Brüder“
Richtung NATO: „Ja, wir haben nicht viel, aber zumindest einen kleinen Beitrag. Wir kümmern uns in erster Linie um die Unversehrtheit unseres Luftraums zunächst selber, sind aber froh, wenn ihr uns im Fall des Falles im Bündnis wirkungsvoll unterstützt“.
Das dauerhafte Air Policing Baltikum durch die NATO nimmt den baltischen Staaten die Chance dieser sicherheitspolitischen Außendarstellung, lässt sie sich aber auch auf dem bequemen Kissen ausruhen.
@Außenstehender hat hier einen interessanten Denkansatz eingebracht. Eine LV-Kooperation mit Polen auf einem grenznahen Platz (z.B. mit F-16, welche die Polen bereits fliegen und vergleichsweise günstig zu haben/betreiben sind) mit rotierender Vorstationierung der QRA auf eine FOB wie Ämari oder Siaulei würde sich a.m.S. auch gut in das bestehende Framework Nation Konzept einfügen lassen.
Wenn man sieht, dass Litauen im Herbst 2019 angekündigt hat, für USD 300 Mio. 6 Stück Hubschrauber Black Hawk zu kaufen (https://www.lrt.lt/naujienos/lietuvoje/2/1107974/lietuva-uz-mazdaug-300-mln-euru-pirks-sesis-jav-sraigtasparnius), um ihre Mi-8 zu ersetzen, von denen aber ohnehin nur noch 2 oder 3 betrieben werden, dann kann es eigentlich nicht am Geld liegen. Daneben wird SAR und andere Augaben von 3 ziemlich neuen Dauphins übernommen.
Von der Aufgabe des Air Policing her würden es auch moderne Trainer tun, Litauen hat übrigens noch eine L-39 im flugfähigen Zustand, zumindest laut Webseite des Militärs – habe ich aber selbst schon lange nicht mehr in der Luft gesehen. Und bildet auch selbst Piloten aus, auf L-39, die auch geleast werden.
Zum Beispiel die italienische M-346 (mit AA-Waffen bestückbar) mit einem Stückpreis von um die 20 Mio. (zzgl. Schulung und Wartung), auch die wird von den Polen betrieben.
Mit ist kein Beispiel einer gemeinsamen Beschaffung der 3 baltischen Länder bekannt. Auch die politische und sonstige Kooperation geht selten über Lippenbekenntnisse hinaus. Man spielt lieber mit den Großen als mit den popligen Nachbarn.
Niemand hat einer vollausgestatteten baltischen Luftwaffe das Wort geredet. Ein gemeinsam unterhaltener Luftraumüberwachungsverband zur Wahrung der eigenen territorialen Integrität liegt jedoch durchaus im Bereich des Möglichen – und wohl auch des politisch Opportunen.
Ohnehin findet ja im Grunde bereits eine entsprechende Zusammenarbeit statt; dieselben Verbündeten aller drei Staaten sichern ihren Luftraum im Rahmen ein und derselben Operation und auf der Grundlage gemeinsam geschlossener Verträge und Verwaltungsabkommen.
Daher gehe ich absolut nicht mit der Behauptung d’accord, hier verstellten unterschiedliche Interessen den Weg zur Zusammenarbeit.
Fraglich ist allein, wie eine eigenständige Jagdwaffe – und bestünde sie auch aus krass obsoleten Mustern – das politische Gleichgewicht zwischen den Blöcken beeinflussen könnte.
Denn einerseits fänden es die Russen vielleicht ganz in Ordnung, nicht mehr fortwährend Kampfflugzeuge westlicher Groß- und Mittelmächte vor der Nase zu haben.
Andererseits könnte eine baltische Jagdwaffe eine gewisse Eskalation insofern bedeuten, als dass diese Staaten (wenigstens prinzipiell) damit eigenständig militärisch gegen russische Kräfte in der Region vorgehen könnten –, ein Aspekt, der angesichts der russischen Gebietsansprüche große Symbolkraft besitzt.
Ich denke aber, der Hauptgrund, dass mit dem Baltic Air Policing aus einer Zwischen- eine Dauerlösung geworden ist, liegt nicht in finanziellen Motiven begründet.
Bedenkt man bisherige NATO-Militärhilfen, ist ja nicht einmal ausgeschlossen, dass gebrauchte Flugzeuge kostenlos an Riga, Tallinn und Wilna abgeben werden könnten. Darüber hinaus haben die drei Staaten einen beachtlichen wirtschaftlichen Aufschwung hingelegt und sind im Begriff, zu den wohlhabendsten des ehemaligen Ostblocks aufzurücken.
Das finanzielle Argument könnte seine Zugkraft in zehn, zwanzig Jahren verlieren. Zumal es diesen Regierungen Sorge bereiten sollte, dass im Weißen Haus ein Präsident sitzt, der offen davon redet, keine amerikanischen Leben der Sicherheit europäischer Kleinstaaten opfern zu wollen.
Nein, ich denke, wir blicken hier auf einen klaren Fall von Klientelpolitik (im Sinne eines soziopolitischen Klientelverhältnisses).
Aussagen wie die Donald Trumps – oder auch die (aus osteuropäischer Sicht) Russophilie Berlins – scheinen zu bestätigen, dass ein moralisches Druckmittel vonnöten ist, um sich des Schutzes der NATO zu versichern.
Und für per se unbedeutende Kleinstaaten besteht das beste Druckmittel, salopp gesagt, darin, nicht nur mit unterschriebenen Verträgen zu wedeln und zu erinnern: Ihr habt’s versprochen! Vielmehr fügen sie hinzu: Ihr habt’s versprochen – und Ihr müsst, denn wir können’s nicht.
@ muck:
Auch wenn die Analyse im Großen und Ganzen zutriff:
Sie fordern von den Balten die militärische Emanzipation von der NATO, den die „klassischen“ europäischen Nationen in 50 Jahren vorher nicht hinbekommen haben.
Deutschland, Frankreich, Italien …. stützen sich immer noch auf USA als Garantiemacht ab, obwohl sie finanziell und personell locker dazu in der Lage wären.
[@TW: ….ja, Off-Topic Off]
Warum lassen wir nicht einfach die Balten entscheiden, ob sie nun eine eigene (gemeinsame) Luftwaffe wollen, oder nicht.
Mit welcher Selbstverständlichkeit hier drüber schwadroniert wird, was die Balten können müssten und zu wollen hätten, ist mal wieder herzerwärmend. Die Argumente, warum man lieber ein bißchen Heer und Marine macht, statt teurer Luftwaffe sind eigentlich so plausibel, dass man sich fragt, warum das überhaupt weiter diskutiert werden muss.
Das Baltic Air Policing ist doch für alle Beteiligten ein Win-Win-Szenario. Die Balten brauchen sich um diese absurde Diskussion gar nicht kümmern und NATO-Partner, die sonst allenfalls mal russische Bomber über dem Atlantik, der Norwegischen See oder der Nordsee erleben, können wertvolle Verlegeübung und Flüge unter realen Bedingungen, sogar mit „echter Feinddarstellung“ durch unsere russischen Frenemies durchführen.
Es ist erfrischend, wenn sich Deutsche über die Fähigkeiten anderer Staaten tiefgreifende Gedanken machen, sogleich „Lösungen“ skizzieren, aber die Verteidigungsfähigkeit des eigenen Landes trotz enormen finanziellen Aufwandes seit Jahrzehnten fraglich bleibt.
DIe Hauptkampfsysteme zu Land, in der Luft und auf dem Wasser sind für kleine Staaten schwer sinnvoll vorzuhalten. Daher kann man am konkreten Beispiel sich über Ideen austauschen, wie es langfristig laufen könnte.
Meiner meinung nach ist eFP da eine wichtige Komponente, wo man Erfahrungen sammeln kann.
(ja, ich weiss air policing hat nichts mit eFP zu tun).
Es wurde hier bereits erwähnt, aber leider nicht vertieft.
Wie ist es denn im Baltikum um die Luftabwehr bestellt?
Man betonte ja immer, daß man ein Stolperdraht sein will.
Dies kann auch für die Luft gelten.
h/t @Team_Luftwaffe
Der Führer des deutschen #VAPB Kontingentes erläutert hier einmal, worum es bei diesem Einsatz des #Team_Luftwaffe im Baltikum (Nord-Estland) geht.
https://twitter.com/i/status/1303339890264993793