Britischer Zerstörer in umstrittenen Gewässern vor der Krim (Nachtrag: BBC-Bericht)

Der britische Zerstörer HMS Defender hat umstrittene Gewässer vor der Halbinsel Krim im Schwarzen Meer durchfahren, die nach internationaler Ansicht zur Ukraine gehören, nach russischer Ansicht aber seit Annexion der Krim 2014 russisches Hoheitsgebiet sind. Dabei wurden nach Darstellung aus Moskau Warnschüsse abgefeuert und Bomben abgeworfen; die Regierung in London bestreitet das. Laut BBC fuhr das Kriegsschiff bewusst durch die umstrittenen Gewässer.

Über den Vorfall hatte zuerst das russische Verteidigungsministerium berichtet; die Darstellung aus Moskau wurde von mehreren russischen Medien verbreitet, unter anderem der Nachrichtenagentur TASS:

„Um 11:52 Uhr am 23. Juni dieses Jahres überquerte der Zerstörer Defender der britischen Marine, der im nordwestlichen Teil des Schwarzen Meeres operiert, die Staatsgrenze der Russischen Föderation und drang in der Nähe von Kap Fiolent drei Kilometer weit in das Territorialmeer ein“, so das Militärbüro.
Der britische Zerstörer erhielt eine Warnung, Waffen einzusetzen, falls er die russische Staatsgrenze verletze, reagierte aber nicht darauf.
„Um 12:06 Uhr und 12:08 Uhr führte das Grenzpatrouillenschiff Warnschüsse aus. Um 12:19 Uhr führten Flugzeuge des Typs Su-24M einen Warnangriff (4 OFAB-250) auf den Bewegungskurs des Zerstörers Defender durch“, betonte die Militärbehörde.
Das Verteidigungsministerium gab an, dass um 12:23 Uhr, dank gemeinsamer Aktionen der Schwarzmeerflotte und des Grenzschutzdienstes des Föderalen Sicherheitsdienstes Russlands, der Zerstörer Defender die Grenzen des russischen Territorialmeeres verließ.
(Übersetzt mit www.DeepL.com)

Das britische Verteidigungsministerium bemühte sich dagegen, den Vorfall herunterzuspielen. In einer ersten Stellungnahme auf Twitter hieß es

No warning shots have been fired at HMS Defender.
The Royal Navy ship is conducting innocent passage through Ukrainian territorial waters in accordance with international law.
We believe the Russians were undertaking a gunnery exercise in the Black Sea and provided the maritime community with prior-warning of their activity.
No shots were directed at HMS Defender and we do not recognise the claim that bombs were dropped in her path.

… und wurde mit einem Statement des britischen Verteidigungsministers Ben Wallace ergänzt:

“This morning, HMS Defender carried out a routine transit from Odesa towards Georgia across the Black Sea.
As is normal for this route, she entered an internationally recognised traffic separation corridor. She exited that corridor safely at 0945 BST. As is routine, Russian vessels shadowed her passage and she was made aware of training exercises in her wider vicinity.“

Der Verteidigungskorrespondent der BBC, Jonathan Beale, berichtete allerdings, dass die britische Marine gezielt vorgegangen sei:

I am on board HMS Defender, in the Black Sea.
We have just completed a transit through Russian occupied Crimea’s territorial waters. This was a deliberate move by the Royal Navy warship, which is on its way to Georgia. (…)
The Russian coast guard tried to do a manoeuvre to make sure that HMS Defender altered course, but the warship continued on down that recognised shipping lane, and we could see the coast as it was within 12 miles (19km) of Crimea.

Der Vorfall wird vermutlich noch Auswirkungen haben, warten wir mal ab. In den nächsten Tagen beginnt im Schwarzen Meer die von den USA geführte Marineübung Sea Breeze – in einer dann möglicherweise aufgeheizten internationalen Situation.

Zudem hatte es in den vergangenen Tagen Berichte gegeben, dass die Positionsdaten des britischen Zerstörers und der niederländischen Fregatte HNLMS Evertsen, die ebenfalls im Schwarzen Meer operiert,  in der offen verfügbaren automatischen Positionsanzeige im Schiffsverkehr (AIS) verfälscht wurden – statt wie tatsächlich im ukrainischen Hafen Odessa wurden die Schiffe vor dem Hafen von Sewastopol angezeigt, dem Hauptquartier der russischen Schwarzmeerflotte.

Nachtrag 24. Juni: der TV-Bericht der BBC:

(Ich suche auch noch den Original-Link zur BBC, erfahrungsgemäß ist der aber nicht so lange haltbar wie dieser Twitter-Link)

Nachtrag 29. Juni – fürs Archiv: Einen Tag später gab es nach Angaben des niederländischen Verteidigungsministeriums in internationalen Gewässern einen Zwischenfall mit einer niederländischen Fregatte:

(Foto: HMS Defender Ende Mai 2021 im Mittelmeer – LPhot Dan Rosenbaum/Royal Navy/MOD/Crown Copyright under MOD News License)