Britischer Zerstörer in umstrittenen Gewässern vor der Krim (Nachtrag: BBC-Bericht)
Der britische Zerstörer HMS Defender hat umstrittene Gewässer vor der Halbinsel Krim im Schwarzen Meer durchfahren, die nach internationaler Ansicht zur Ukraine gehören, nach russischer Ansicht aber seit Annexion der Krim 2014 russisches Hoheitsgebiet sind. Dabei wurden nach Darstellung aus Moskau Warnschüsse abgefeuert und Bomben abgeworfen; die Regierung in London bestreitet das. Laut BBC fuhr das Kriegsschiff bewusst durch die umstrittenen Gewässer.
Über den Vorfall hatte zuerst das russische Verteidigungsministerium berichtet; die Darstellung aus Moskau wurde von mehreren russischen Medien verbreitet, unter anderem der Nachrichtenagentur TASS:
„Um 11:52 Uhr am 23. Juni dieses Jahres überquerte der Zerstörer Defender der britischen Marine, der im nordwestlichen Teil des Schwarzen Meeres operiert, die Staatsgrenze der Russischen Föderation und drang in der Nähe von Kap Fiolent drei Kilometer weit in das Territorialmeer ein“, so das Militärbüro.
Der britische Zerstörer erhielt eine Warnung, Waffen einzusetzen, falls er die russische Staatsgrenze verletze, reagierte aber nicht darauf.
„Um 12:06 Uhr und 12:08 Uhr führte das Grenzpatrouillenschiff Warnschüsse aus. Um 12:19 Uhr führten Flugzeuge des Typs Su-24M einen Warnangriff (4 OFAB-250) auf den Bewegungskurs des Zerstörers Defender durch“, betonte die Militärbehörde.
Das Verteidigungsministerium gab an, dass um 12:23 Uhr, dank gemeinsamer Aktionen der Schwarzmeerflotte und des Grenzschutzdienstes des Föderalen Sicherheitsdienstes Russlands, der Zerstörer Defender die Grenzen des russischen Territorialmeeres verließ.
(Übersetzt mit www.DeepL.com)
Das britische Verteidigungsministerium bemühte sich dagegen, den Vorfall herunterzuspielen. In einer ersten Stellungnahme auf Twitter hieß es
No warning shots have been fired at HMS Defender.
The Royal Navy ship is conducting innocent passage through Ukrainian territorial waters in accordance with international law.
We believe the Russians were undertaking a gunnery exercise in the Black Sea and provided the maritime community with prior-warning of their activity.
No shots were directed at HMS Defender and we do not recognise the claim that bombs were dropped in her path.
… und wurde mit einem Statement des britischen Verteidigungsministers Ben Wallace ergänzt:
“This morning, HMS Defender carried out a routine transit from Odesa towards Georgia across the Black Sea.
As is normal for this route, she entered an internationally recognised traffic separation corridor. She exited that corridor safely at 0945 BST. As is routine, Russian vessels shadowed her passage and she was made aware of training exercises in her wider vicinity.“
Der Verteidigungskorrespondent der BBC, Jonathan Beale, berichtete allerdings, dass die britische Marine gezielt vorgegangen sei:
I am on board HMS Defender, in the Black Sea.
We have just completed a transit through Russian occupied Crimea’s territorial waters. This was a deliberate move by the Royal Navy warship, which is on its way to Georgia. (…)
The Russian coast guard tried to do a manoeuvre to make sure that HMS Defender altered course, but the warship continued on down that recognised shipping lane, and we could see the coast as it was within 12 miles (19km) of Crimea.
Der Vorfall wird vermutlich noch Auswirkungen haben, warten wir mal ab. In den nächsten Tagen beginnt im Schwarzen Meer die von den USA geführte Marineübung Sea Breeze – in einer dann möglicherweise aufgeheizten internationalen Situation.
Zudem hatte es in den vergangenen Tagen Berichte gegeben, dass die Positionsdaten des britischen Zerstörers und der niederländischen Fregatte HNLMS Evertsen, die ebenfalls im Schwarzen Meer operiert, in der offen verfügbaren automatischen Positionsanzeige im Schiffsverkehr (AIS) verfälscht wurden – statt wie tatsächlich im ukrainischen Hafen Odessa wurden die Schiffe vor dem Hafen von Sewastopol angezeigt, dem Hauptquartier der russischen Schwarzmeerflotte.
Nachtrag 24. Juni: der TV-Bericht der BBC:
Nice report from BBC’s Jonathan Beale, on board the British HMS Defender in Black Sea during encounter with Russian Coast Guard ’s vessel and low pass of Russian jetfighters. pic.twitter.com/1QQdTR0VdM
— Harry Boone (@towersight) June 24, 2021
(Ich suche auch noch den Original-Link zur BBC, erfahrungsgemäß ist der aber nicht so lange haltbar wie dieser Twitter-Link)
Nachtrag 29. Juni – fürs Archiv: Einen Tag später gab es nach Angaben des niederländischen Verteidigungsministeriums in internationalen Gewässern einen Zwischenfall mit einer niederländischen Fregatte:
Armed Russian military jets caused a dangerous situation in the Black Sea near HNLMS Evertsen last Thursday. The aircraft repeatedly flew dangerously low over and close to the ship and carried out mock attacks. HNLMS Evertsen was in international waters during these harassments. pic.twitter.com/fcY1nH392V
— Ministerie van Defensie (@Defensie) June 29, 2021
(Foto: HMS Defender Ende Mai 2021 im Mittelmeer – LPhot Dan Rosenbaum/Royal Navy/MOD/Crown Copyright under MOD News License)
Die russische Desinformation zielt diesmal nach Innen. Im Vorfeld der Wahlen will man in der eigenen Bevölkerung scheinbar die Bedrohungswahrnehmung stärken und die aktuelle Regierung als entschlossenen Verteidiger darstellen.
Nach meinem Kenntnisstand war und ist die Annexion der Krim ein andauernder Rechtsbruch durch Russland.
Insofern ist mir die Fahrt eines britischen Zerstörers durch ukrainische Gewässer wesentlich sympathischer, als das deutsche Vorgehen, sich verbal an die Seite der Ukraine zu stellen, aber de facto die russische Landnahme u.a. mit einer neuen Ölpipeline zu subventionieren.
mit Verlaub Herr Wiegold:
Die entsprechenden Gewässer sind nicht „umstritten“ sondern völkerrechtlich glasklar Territorium des souveränen Staates Ukraine das gegenwärtig widerrechtlich durch Russland besetzt gehalten wird.
Auch wenn Sie das nicht beabsichtigen verschleiert die obige Formulierung diese einfache Tatsache und leistet damit der russischen Desinformation vorschub.
„Umstrittenheit“ suggeriert eine Äquivalenz der jeweiligen Anpsprüche die schlicht nicht gegeben ist. Das sollte sprachlich imho auch deutlich gemacht werden
So, langsam ist gut mit dem Sprachterrorismus.
(Und ich empfehle, diese Versuche der Provokation schlicht zu lassen.)
Ich bin verwirrt;
Völkerrechtlich gehört die Krim zur Ukraine; das ist klar.
Daraus folgt aber nicht, dass Russland nach der faktischen Besetzung dort nicht legal Hoheitsrechte ausübt. Das ist nach Haager Landkriegsordnung gefordert.
Ein Gedankenspiel: Wenn in diesen „umstrittenen“ Gewässern ein Schiff eines Drittstaates ansetzen würde, Sondermüll zu verklappen: Wer wäre verantwortlich, das zu unterbinden, die Ukraine oder Russland? Die Antwort ist natürlich Russland.
Das „umstritten“ bezieht sich auf diese Doppeldeutigkeit der „Zugehörigkeit“ bzw. „Verantwortlichkeit“. .
Moin,
die Krim wurde im Jahre 2015 durch die Russische Föderation annektiert. Es fand eine Volksabstimmung statt, die (vom Westen natürlich nicht anerkannt) eine deutliche Mehrheit für den Anschluß an die Russische Föderation ergab.
Fakt ist: zu Zeiten der unabhängigen Ukraine wurde das Gebiet der Krim seitens der ukrainischen Regierungen „auf Verschleiß“ gefahren: es wurde nichts investiert und das Gebiet trotz vollmundiger Versprechungen nach der Unabhängigkeit der Ukraine im Jahre 1992 vernachlässigt.
Das hat sich auch in der örtlichen Bevölkerung eingeprägt. Von Kiew war nichts zu erwarten und Rußland stand 2015 besser dar.
Inzwischen hat die Russische Föderation das Gebiet seinem Territorium angegliedert und wird es NIEMALS wieder hergeben. Egal, welche Sanktionen „der Westen“ bisher (und auch in Zukunft) noch verhängen wird.
„Крым наш“ („Die Krim gehört uns“) – dieser Spruch aus dem Jahre 2015 gilt seitens der Russischen Föderation nach wie vor.
Auch wenn der Westen dies nicht anerkennt: in diesem Jahrhundert wird die Krim nicht wieder an die Ukraine zurückkehren. was immer auch unternommen wird (eingeschlossen die Versuche des Westens und hauptsächlich der USA, in der Russischen Föderation einen „Regimechange“ durchzuführen).
Derartige Vorfälle werden in Zukunft sich immer wieder wiederholen: Rußland schaut genau auf jene maritimen Einheiten des Westens, die gemäß dem Abkommen von Montreux in das Schwarze Meer einlaufen und nicht die Territorialgewässer von 12 sm um die Krim beachten. Es gibt eine entsprechende Radarorganisation, als auch Kräfte des russischen Seegrenzschutzes und auch der russischen Schwarzmeerflotte, die Verletzungen um die 12-sm-Zone der Krim zu ahnden.
Es ist davon auszugehen, dass die Warnschüsse seitens des russischen Grenzwachschiffs und die Bombenabwürfe der Su-24M vor dem Kurs der H.M.S. „Defender“ auch durchgeführt wurden und die Briten dies als andere Übungstätigkeit titulieren.
Tja, die üblichen blöden Spielchen um auszutesten wie weit man gehen kann.
Machen beide Seiten.
Die völkerrechtliche Seite will ich mal außen vor lassen, weil das recht egal ist sobald scharf aufeinander geschossen wird.
Die Vermeidung einer solchen Situation sollte oberste Priorität haben.
Überbewerten sollte man das aber auch nicht.
Würde so was immer gleich zum Krieg führen, wären wir inzwischen alle tot.
Die Krim rücken die Russen auf keinen Fall wieder raus.
Neben eher emotionalen Gründen gibt es auch ganz handfeste, wie das die ansonsten dort keinen brauchbaren Flottenstützpunkt mehr hätten.
Muss gestehen, dass ich aus den selben Gründen, wie wacaffe über „umstritten“ gestolpert bin. Das als Provokation und „Sprachterrorismus“ zu bezeichnen finde ich, ehrlich gesagt, etwas überzogen.
[Nun ja. Mir deswegen die „Unterstützung russischer Desinformation“ anlasten zu wollen, kann man auch…. überzogen nennen. T.W.]
@Wow, das ist speziell sagt: 24.06.2021 um 2:57 Uhr
„Neben eher emotionalen Gründen gibt es auch ganz handfeste, wie das die ansonsten dort keinen brauchbaren Flottenstützpunkt mehr hätten.“
Geografisch gesehen mögen Sie recht haben, wobei man immer durch den Bosperus muss, wenn man außerhalb des Schwarzen Meeres etwas bewegen möchte. Der Stützpunkt wurde vor Annexion mit der Ukraine zusammen genutzt, hat auch funktioniert. Über funktionsfähig möchte ich mich nicht auslassen, ich war dort, nach unseren Maßstäben würde er diese Bezeichnung nicht verdienen. Genauso wie mindestens die Hälfte der Schiffe auch Fotomodelle für Abwracken in Pakistan sein könnten. Man sollte den militärischen Wert dieses Stützpunkts nicht überbewerten.
Die wachsweiche Stellungnahme der britischen Admiralität macht aus meiner Sicht eines GANZ deutlich:
Die Briten wussten GENAU, wo sie sich bewegt haben und die Durchfahrt durch das entsprechende Seegebiet war VOLLE Absicht. Man wollte ganz einfach mal „testen“. Die Amerikaner machen das im Südchinesischen Meer ständig … nennt sich FONOPS (Freedom of Navigation Ops).
Nun hat man die Antwort der Russen unmittelbar bekommen und sie war EINDEUTIG: Nämlich ein unmißverständliches „Bis hierhin und nicht weiter“.
Da man das seitens der britischen Admiralität natürlich nicht zugeben kann (oder will) und noch viel weniger gewillt ist, sich tatsächlich militärisch mit den Russen anzulegen (allemal dann, wenn man SELBST der Provokateur ist), tut man nun so als ob alles in schönster Ordnung und absolut nichts geschehen sei.
Das ist Diplomatie und Geostrategie auf globaler Bühne auf höchstem Niveau. Und daran erkennt man Nationen, die dieses Spiel aus ihrer „historischen Genetik heraus“ beherrschen. Die Briten beherrschen es, die Russen auch. Frankreich beherrscht es und selbstverständlich die USA. Die Chinesen lernen es gerade. Deutschland hat die Schule geschwänzt, die Bücher vergessen, die Hausaufgaben nicht gemacht und muss weiterhin nachsitzen. Deshalb werden wir übrigens schon gar nicht mehr gefragt, ob wir überhaupt mitspielen wollen, wenn’s tatsächlich ernst wird.
Kaschube_29: „Inzwischen hat die Russische Föderation das Gebiet seinem Territorium angegliedert und wird es NIEMALS wieder hergeben. Egal, welche Sanktionen „der Westen“ bisher (und auch in Zukunft) noch verhängen wird.“
Natürlich ist das so, völlig unabhängig von Putin. Die Krim war vor 1954 mindestens 170 Jahre russisch, dann kam die „Schenkung“. Man sollte vielleicht zur Realpolitik zurückkehren, und Russland gegen die Anerkennung der Krim verpflichten, die Ukraine in Ruhe zu lassen. Ob das möglich wäre, sei dahingestellt.
Kann mir denn jemand sagen, was genau die russische seite als „Territorialmeer“ versteht. Gibtes Informationen wie nah die Defender der Küste genau kam?
Lobata sagt:
24.06.2021 um 12:16 Uhr
„Kann mir denn jemand sagen, was genau die russische seite als „Territorialmeer“ versteht“
Gute Frage, ich vermute: es geht um die „Territorial Waters“. Die werden nach Seerecht durch die 12-Seemeilen-Zone entlang der Küste definiert. Der Witz dabei: Nach dem internationalen Seerecht dürfen auch fremde Kriegsschiffe diese Zone durchqueren, solange sie sich an die Regeln der „friedlichen Durchfahrt“ halten. Nach diesen Regeln durfte z.B. die russische Flotte vor einigen Jahren auch die Dover-Straße passieren, obwohl dieses Gewässer zu den Territorialgewässern von UK bzw. F gehört.
Ergo: die Durchfahrt des britischen Kriegsschiffes wäre nach internationalem Recht eigentlich kein Problem gewesen. Die Russen haben aber offenbar ihren eigenen Blick auf die Rechtslage.
@Lobata sagt: 24.06.2021 um 12:16 Uhr
Ich gehe davon aus, das „Territorialmeer“ eine Ungenauigkeit in der Übersetzung ist. Gemeint ist wohl das Küstenmeer und das umschließt max. 12 Seemeilen von der Basislinie des Festlandssockels.
@Lobata
Ein „Territorialmeer“ besteht völkerrechtlich nicht.
Die zutreffenden Definition nach Seerechtsübereinkommen siehe Artikel.
https://de.m.wikipedia.org/wiki/K%C3%BCstenmeer
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Seerechts%C3%BCbereinkommen
Wie nah die „Defender“ der russisch besetzten Küste der ukrainischen Krim war, ist unsicher. Die UK und RUS Angaben widersprechen sich naturgemäß. Hinzu kommt, die AIS Positionsbestimmungen in den letzten ca. 2 Wochen seit Anwesenheit der HMS Defender und NLD HNLMS Evertsen im Schwarzen Meer waren mehrfach „fake-beeinflusst“.
Ursprünglich war die USS Laboon noch dabei: DDG-58 enters Black Sea on June 11, 2021.
https://news.usni.org/2021/06/11/destroyer-uss-laboon-enters-the-black-sea
Die „Laboon“ ist aber nicht zur Eskorte der CEQ21 strike group gehörig, wie die beiden anderen Schiffe, sondern zur USS Eisenhower (CVN-69) strike group.
Hier https://gpil.jura.uni-bonn.de/2021/05/germany-mistakenly-considers-russias-restrictions-on-navigation-of-warships-in-the-black-sea-to-be-very-problematic-and-in-part-contrary-to-international-law/ gibt es einen interessanten Artikel, der sich mit der russischen, temporären Sperrung bestimmter Seegebiete um die Krim vom 14. April 2021 bis 31. Oktober 2021 für eine so genannten „innocent passage“ befasst. Das Seegebiet, in dem die Konfrontation stattfand, gehört dazu.
Laut AIS fuhr die Defender im nächsten Punkt ca. 10sm an der Küste vorbei, also grob 2sm innerhalb der proklamierten 12sm Zone. Ein russisches Küstenwachschiff kam bis auf 100m heran. Unterdessen soll der brandneue britische Trägerverband im östlichen Mittelmeer bei seinem Einsatz über dem Irak intensiv von russischen Einheiten beobachtet werden.
@PioFritz
Der Zustand ist erstmal egal.
Die Krim ist eine gute Ausgangsbasis für Operationen aller Art im schwarzen Meer.
Auch ideal um Lenkwaffen und Drohnen gegen See- und Landziele bei allen Anrainern einzusetzen.
Selbst, was hoffentlich nie passiert, der Einsatz von Atomwaffen dürfte die Einsatzfähigkeit der Stützpunkte nicht gegen Null reduzieren.
Entscheidend ist nicht wie schön alles geputzt ist sondern ob man es schnell zum Einsatz bringen kann.
Ich denke mal, die Flotten (aller Beteiligten) würden nach kurzem Schlagaustausch sowieso extem zusammegestutzt sein.
Die Stützpunkte verfügen über gut ausgebaute Bunkeranlagen (alls ich mal dort war, konnte man mit geschultem Auge die Ergebnisse der Wühltätigkeit aller Orten sehen), die Luftabwehr soll top sein, Seezielflugkörper lassen sich auch gut von jeder Straße auf der Krim abfeuern und Schiffe sind aufgrund der der Begrenztheit der Meeresfläche dort und der generellen Anfälligkeit gegen massierte Lenkwaffenangriffe eigentlich nur hilfreich bei vorhandener Dominanz, beispielsweise um Landungsoperationen zu unterstützen.
Es ist durchaus nachvollziehbar, warum die Nato die Russen dort gerne weg hätte und die dort nicht weg wollen.
Ist allerdings nur meine ganz private Meinung bei der ich jetzt mal irgendwelche rechtlichen Dinge aussen vor lasse, an die sich keiner hält.
Irgendjemand schieb mal sinngemäß, der physische/reelle Besitz sind 80 Prozent des Rechts an einer Sache, egal wie sich das auf dem Papier darstellt.
[Hm. Nur zur Erinnerung, das Thema ist hier nicht, auch wenn es reizvoll scheint, „Der Krieg um die Krim“. T.W.]
Was da wirklich vorgefallen ist, werden wir wohl nicht erfahren. Wenn die Tour der Defender durch die umstrittenen Gewässer tatsächlich Absicht war, dann halte ich das für eine ziemlich unnötige und dumme Provokation der russischen Seite.
Was dei Sezession der Krim anbetrifft, so vergleiche ich den Vorgang mit der Abspaltung des damals von NATO Truppen besetzten Kossovo, gegen den die Serben bis heute protestieren. Die Sezession des Kossovo erfolgte aufgrund des einseitigen Beschlusses des kossovarischen Regionalparlaments. Eine Volksabtimmung gab es dazu nie. So gesehen hatte die Sezession der Krim eine deutlich stärkere Legitimation.
Mit der Sezession des Kossovo und der internationalen Anerkennung dieser Sezession hat der „Westen“ die Büchse der Pandora geöffnet und einen gefährlichen Präzedenzfall geschaffen.
Die einzigen, die damals begriffen hatten wie gefährlich dieser Präzedenzfall ist, waren die Spanier, die die Sezession des Kossovo deshalb auch nie anerkannt hatten. Zu Recht, denn heute berufen sich katalanische und baskische Separatisten darauf.
Die russische Regierung hat diese Kossovo-Steilvorlage mit der Orchestrierung der Sezession der Krim extrem clever genutzt. Egal wie laut Politik und Medien seither darüber jammern. Der Drops ist gelutscht.
@Schlammstapfer sagt: 25.06.2021 um 16:59 Uhr
„Was dei Sezession der Krim anbetrifft, so vergleiche ich den Vorgang mit der Abspaltung des damals von NATO Truppen besetzten Kossovo, gegen den die Serben bis heute protestieren. Die Sezession des Kossovo erfolgte aufgrund des einseitigen Beschlusses des kossovarischen Regionalparlaments. Eine Volksabtimmung gab es dazu nie. So gesehen hatte die Sezession der Krim eine deutlich stärkere Legitimation.
Mit der Sezession des Kossovo und der internationalen Anerkennung dieser Sezession hat der „Westen“ die Büchse der Pandora geöffnet und einen gefährlichen Präzedenzfall geschaffen.“
Sorry, aber nicht alles was hinkt ist ein Vergleich!
Sie vergleichen eine von schweren Kriegsverbrechen begleitete Sezession mit einer Okkupation durch einen fremden Staat.
Das ist sowohl inhaltlich als auch völkerrechtlich nicht vergleichbar.
Und mEn hier auch OT.
Was passiert denn jetzt mit der Marine Übung „Sea Breeze“? Findet sie wie geplant ab dem 28. Juni statt?
https://www.navy.mil/Press-Office/News-Stories/Article/2664699/us-sixth-fleet-announces-sea-breeze-2021-participation/
Interessant ist ja, da hier neben der israelischen Marine auch ägyptische, marrokanische, tunesische, türkische Schiffe und solche aus den Vereinigten Arabischen Emiraten teilnehmen sollten.
Eine eigentlich sehr interessante Mischung
@Thomas Brüggen
Änderungen bei „Sea Breeze“ nicht erkennbar.
https://marineforum.online/quick-short-33-nationen-nehmen-an-manoever-sea-breeze-2021-teil/
„Die ukrainisch-amerikanische Übung Sea Breeze 2021, die vom 28. Juni bis zum 10. Juli stattfindet, werden die größten Manöver innerhalb von 20 Jahren sein. Von der ukrainischen Seite nehmen daran 24 Kampfschiffe und Kutter, 17 Flugzeuge, Dutzende von Waffen und Militärtechnik teil“. (ukrinforum.net).
The U.S. Embassy in Ukraine posted this on Twitter:
U.S. Naval Forces Europe-Africa/U.S. Sixth Fleet @USNavyEurope:
BREAKING: #USSixthFleet formally announces participation in the co-hosted annually held #ExerciseSeaBreeze 2021 starting next week in the #BlackSea region.
@Koffer
„Sie vergleichen eine von schweren Kriegsverbrechen begleitete Sezession mit einer Okkupation durch einen fremden Staat.“
Tue ich das? In der Zeit des Kossovokonflikts wurden schwere Kriegsverbrechen begangen. Aber, wie die Vorladung des kossovarischen Präsidenten vor das Kriegsverbrechertribunal in Den Haag zeigt, wurden diese nicht nur von den Serben begangen. Der Sezession ging zudem die Vertreibung der serbisch stämmigen Bewohner des Kossovo voraus (Stichwort: etnische Säuberung).
Nichts von dem was damals vorgefallen war, hat die Abspaltung gerechtfertigt. Der Kossovo war und ist bis heute militärisch besetzt, da hätte man die Untersuchung der Verbrechen auch durchführen können.
Nun überlegen sie mal selbst. Was glauben Sie wohl, hat die rund 13 Millionen wahlberechtigten Krimbewohner in Scharen an die Wahlurnen getrieben und dazu gebracht für die Sezession zu stimmen? Die paar „grünen Männchen“ können dafür schon rein zahlenmäßig gar nicht gesorgt haben. Ich habe jedenfalls bislang weder von westlichen Medien noch von Politikexperten eine stimmige Erklärung dafür bekommen, warum diese Wähler nicht einfach Zuhause geblieben waren.
Die Antwort, die aber nicht in den westlichen Narrativ passt, ist ganz einfach: sie hatten Angst. Nach dem Massaker von Odessa, dem Staatsstreich in Kiew und den offenen Drohungen rechtsradikaler Ukrainer gegen die russisch stämmige Minderheit hatte die Mehrheit der Krimbewohner Angst vor dem was ihnen drohen würde, wenn sie in der Ukraine bleiben würden. Angst vor dem was kommen könnte, war es auch, was die Bewohner des Donbas und der anderen ostukrainischen Gebiete zur Rebellion getrieben hat. Schauen Sie sich die gesamte Chronologie der Ereignisse an. Auch den Teil, den unsere Medien lieber heruntergespielt haben.
Natürlich hat die russische Regierung diese Entwicklung geschickt zu nutzen gewusst. Gar keine Frage. Aber letztendlich hat die russische Regierung lediglich die Fehler ausgenutzt, die der Westen begangen hat.
Das ist Geopolitik. Ernest Hemingway nannte es „das große Spiel“. Speziell nach den Vorfällen in Georgien 2004 muss allen Politikexperten, die diese Bezeichnung verdienen, klar gewesen sein, dass die russische Regierung es nicht zulassen würde, wenn, nach den baltischen Staaten, auch in der Ukraine NATO Truppen stehen würden.
Das EU Assoziierungsabkommen mit seinem geheimen Zusatzprotokoll zur militärischen Kooperation, welches der weggeputschte Präsident der Ukraine nicht unterschreiben wollte, hätte de facto dazu geführt. Für Gabriele Krone Schmalz, langjährige Korrespondentin in Moskau, war schon damals klar, das dieser Versuch die Ukraine zerreißen würde. Die Leidtragenden, sind die Menschen, die in diesem Ost-West-Konflikt zwischen die Fronten geraten sind.
[Ok, das russische Narrativ ist damit hier genügend ausgebreitet… Genau das erzählen Sie hier umfänglich nach, bis hin zur Kronzeugin am Schluss. Sie haben Ihren Punkt gemacht und ausführlichst die Position einer bestimmten Seite vertreten, und damit ist auch gut. T.W.]
@TW
Ich bemühe mich um eine neutrale Sicht auf die historische Entwicklung und nicht um den „russischen Narrativ“. Egon Bahr sagte mal: „Es gibt keine Stabilität in Europa ohne die Beteiligung und Einbindung Russlands. Und ich weiß genau, dass Russland nicht so schwach bleiben wird, wie es im Augenblick ist.“ Bahr hatte recht. Die Russen sind nicht mehr so schwach wie zu Jelzins Zeiten und sie sind clever. Sie haben uns das in Georgien bewiesen, in der Ukraine und zuletzt in Syrien. Ich würde unsere Seite ungern verlieren sehen, nur weil sie nicht bereit ist, aus gemachten Fehlern zu lernen. Was die Briten da getan haben, und ich bin sicher dass der britische Kommandant diesen Stunt nicht aus einer Laune heraus durchgeführt hat, erinnert mich an das hier:
https://img.ifunny.co/images/0b93a8f90a6b7dd7f254280a918902fa1eebde09e1e2de046e39bcbabdeea01d_1.jpg
Ich denke, die Russen stört weniger die Fahrt dieses einen Zerstörers an sich, sondern die Tatsache, dass er nicht ohne Grund in der Ukraine war:
https://www.defensenews.com/global/europe/2021/06/22/british-shipbuilder-babcock-to-help-beef-up-ukraines-navy/
Die Briten wollen beim Aufbau der ukrainischen Marine helfen. Das gefällt den Russen natürlich nicht.
Die BBC berichtet von einem Bushaltestellenfund dazu:
Classified Ministry of Defence documents containing details about HMS Defender and the British military have been found at a bus stop in Kent.
One set of documents discusses the likely Russian reaction to the ship’s passage through Ukrainian waters off the Crimea coast on Wednesday.
https://www.bbc.com/news/uk-57624942
Wie dumm kann ein Land eigentlich sein?
Und was erwartet man von Russland, wenn beim kommenden Manöver diverse Staaten vor der Haustür „üben“?
Das ist unnötige Provokation.
@Kaschube_29
„Fakt ist: zu Zeiten der unabhängigen Ukraine wurde das Gebiet der Krim seitens der ukrainischen Regierungen „auf Verschleiß“ gefahren: es wurde nichts investiert und das Gebiet trotz vollmundiger Versprechungen nach der Unabhängigkeit der Ukraine im Jahre 1992 vernachlässigt.“
Haben Sie dafür vertrauenswürdige Quellen?
Waren Sie auf der Krim und anderen Teilen der Ukraine?
Mein persönlicher Eindruck: Die Infrastruktur auf der Krim war deutlich besser, als in vielen anderen Teilen der Ukraine.
Und sie war auch deutlich besser, als in vielen Teilen Russlands!
Die Hauptstädte nehme ich bei diesem Vergleich mal raus.
War es nicht so, dass die ukrainische Krim defizitär war?
Ich kann mich an Berichte erinnern, dass der ukrainische Staat mehr Geld für die Krim ausgegeben hat, als an Steuern zurück kam.
Dass die Ukraine, aber auch Russland ein korruptes Staatssystem haben/hatten, lassen ich jetzt mal aus dem Spiel.
Die Quellen für Ihre faktischen Angaben interessieren mich.
Man wollte also mit einer Provokation „Stärke zeigen“ und hat eine erwartete heftige russische Reaktion in Kauf genommen.
Nett. Es haben schon Kriege wegen weniger angefangen.
@ Mitleser
Richtig. Die Briten fahren gerade einen gefährlichen Kurs, den sie militärisch ohne Partner gar nicht durchhalten.
Das Empire ist eben schon lange Geschichte.
Mich würde interessieren, was die anderen NATO-Staaten gemacht hätten, wenn die Russen die HMS Defender (welch symbolträchtiger Name…) versenkt hätten…
Gleichzeitig bieten die USA der Ukraine seit heute die F-16 als Nachfolger der russischen Flugzeuge an.
Eine Provokation jagt die Nächste.
Man nur noch den Kopf schütteln.
Und nicht vergessen sollte man die ständigen russischen Provokationen in der Ostsee, im Schwarzen Meer und sonst wo.
Ganz neu:
Russland soll niederländische Fregatte bedrängt haben
https://www.n-tv.de/politik/Russland-soll-niederlaendische-Fregatte-bedraengt-haben-article22652817.html
[Ich spare mir künftig die Nachträge oben im Text, weil doch jeder meint, er müsse das noch mal mit einem anderen Link hier in die Kommentare schreiben? Nein, Sie sind nicht der erste. T.W.]
@ Hannes
Die Russen haben erreicht, was sie wollten.
Sie wissen jetzt, dass sie in der Lage sind, die Bordelektronik dieser Fregatte zu stören.
[Äh, lassen Sie uns an Ihren Erkenntnissen teilhaben? T.W.]
@ T.W.
Aus dem Artikel:
„Die russischen Flugzeuge seien mit Bomben und Luft-Boden-Raketen bewaffnet gewesen, teilte das Ministerium in Den Haag mit. Es sei auch „zu Störungen an der elektronischen Ausrüstung der ‚Evertsen'“ gekommen.“
[Na ja, Störungen an elektrischen Geräten, wie die Niederlande sie gemeldet haben, und „die Russen sind der Lage, die Bordelektronik dieser Fregatte zu stören“, ist vom Umfang her ein gewisser Unterschied. Woher wissen sie eigentlich, dass die Bordelektronik gestört wurde und nicht etwa Sensoren durch Jamming gestört? T.W.]
Aber ganz ehrlich…
Man wirft den Russen Provokationen vor, während man selber (32 Nationen) vor der Haustür „übt“.
Wie würden wir über so eine Übung denken, die direkt vor unserer Küste stattfindet…?
https://www.navytimes.com/news/your-navy/2021/06/28/sea-breeze-21-begins-in-the-black-sea-after-russia-threatens-to-fire-on-intruding-warships/
Es wird Zeit, Russland nicht weiter in die Ecke zu drängen, sonst wird man die aktuelle Situation nicht verbessern, sondern eskalieren.
Solche Übungen sind absolut unnötige Provokationen.
@ T.W.
1:0 für Sie.
DAS weiss ich natürlich nicht. Da müssten wir die Niederländer fragen. ;-)
@Der Realist
Zum Thema „vor der Haustür“ Russlands üben:
Fünf der sechs Anrainerstaaten des Schwarzen Meeres gehören der NATO an oder sind Partner der Allianz.
Den Briten rechne ich diese «Freedom of Navigation Operation» hoch an, es zeigt ihre Professionalität, wie sie die – völkerrechtlich legitime – Durchfahrt durch die Zwölfmeilenzone eines fremden Staates in Anspruch genommen haben. Sie müssen dabei niemanden um Erlaubnis bitten, haben nur gewisse Einschränkungen zu beachten, bspw. auf bedrohliche Manöver zu verzichten. Und solche wirft ihnen nicht einmal Russland im einzelnen vor.