Urteil gegen Franco A.: Fünfeinhalb Jahre Haft wg. geplanter Terroranschläge
Der Bundeswehr-Oberleutnant Franco A., dem die Vorbereitung rechtsextremistisch motivierter Anschläge vorgeworfen wurde, ist vom Oberlandesgericht Frankfurt zu fünf Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt worden. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass er Terroranschläge geplant habe.
(Mehr Details zu dem Urteil nach Entwicklung)
Das Strafverfahren hatte im Mai vergangenen Jahres begonnen. Die Bundesanwaltschaft hatte dem Soldaten vor allem vorgeworfen, einen Anschlag – möglicherweise auf den vormaligen Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz Heiko Maas, die Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages Claudia Roth oder eine Menschenrechtsaktivistin – vorbereitet zu haben.
Der Offizier, der vom Dienst suspendiert ist, war im April 2017 festgenommen worden: Er flog auf, nachdem er auf dem Wiener Flughafen beim Abholen einer versteckten Waffe gestellt wurde. Beim Abgleich seiner Fingerabdrücke mit deutschen Datenbanken wurde festgestellt, dass die selbe Person als angeblicher Flüchtling Asyl beantragt hatte.
Kurz danach wurde seine Masterarbeit bekannt, die er in Frankreich geschrieben hatte, Titel Politischer Wandel und Subversionsstrategie. Eine Begutachtung des Manuskripts durch das Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr (ZMSBw) im Januar 2014 kam zu dem Ergebnis:
Bei dem Text handelt es sich nach Art und Inhalt nachweislich nicht um eine akademische Qualifikationsarbeit, sondern um einen radikalnationalistischen, rassistischen Appell, den der Verfasser mit einigem Aufwand auf eine pseudowissenschaftliche Art zu unterfüttern versucht. (…)
Trotz Kenntnis der deutschen Vorgesetzen in Frankreich hatte diese Arbeit keine Folgen; eine disziplinarische Untersuchung endete offensichtlich folgenlos. Franco A. wurde 2015 zum Berufssoldaten ernannt.
Weitreichende Folgen, unabhängig vom rechtlichen und disziplinarischen Verfahren, hatte der Fall dagegen für die Bundeswehr selbst. Verteidigungsministerin von der Leyen reiste persönlich nach Illkirch (wo den Medien dann ein Aufenthaltsraum der Unteroffiziere mit Wehrmachtsdevotionalien präsentiert wurde, der nach heutiger Kenntnis keinen Bezug zu Franco A. hatte) und ging danach rigoros gegen tatsächliche oder vermutete rechtsextremistische Umtriebe in der Truppe vor. Anfang Mai 2017 warf die Ministerin aufgrund dieses Vorgangs, aber auch anderer Vorkommnisse in der Truppe der Bundeswehr ein Haltungsproblem vor.
So, jetzt reflektiert jeder und geht ganz tief in sich, bevor er irgendwas sagt. Der Mann ist ein Terrorist und blieb wie lange und warum unerkannt, wurde von wem gefördert? Wen hat er oder seine Förderer beeinflusst?
Kann er jetzt entlassen werden oder muss man noch abwarten bis das Urteil irgendwann vom BGH bestätigt wird?
„Trotz Kenntnis der deutschen Vorgesetzen in Frankreich hatte diese Arbeit keine Folgen; eine disziplinarische Untersuchung endete offensichtlich folgenlos.“
Es ist für mich immer noch unverständlich, wieso dem(n) Betreuer(n) der Masterarbeit der problematische Inhalt entgangen sein kann. Da liegt schon der Verdacht nahe, dass der oder diejenigen Franco A. geistig nahegestanden haben. Zumindest scheint es am Problembewusstsein gemangelt zu haben. Wer als Betreuer so etwas nicht merkt, der ist in dieser Funktion jedenfalls untragbar.
@Küstengang01:
Naja 3 Monate hätte er noch von 04/17 bei 5,5 Jahren
@all
Die Frage nach der Entlassung stellt sich natürlich – aber die ist vor allem davon abhängig, wann das Urteil rechtskräftig ist.
Später kommt eine Zusammenfassung, wenn mehr aus der (mündlichen) Urteilsbegründung vorliegt.
Weil es die Medien gerne weglassen, ist vorab darauf hinzuweisen, daß der § 89 a StGB ein sehr umstrittener Paragraph ist, weil der Vorwurf erhoben wird, daß die Strafbarkeit damit sehr weit nach vorne verlagert wird und gegen die Grenzen der Bestimmtheit einer Straftat verstoßen soll(siehe Thomas Fischer, StGB Kommenar, § 89 a StGB RDN 39). Denn normalerweise beginnt eine Straftat erst mit dem Versuchsstadium, daß der Täter die „Schwelle zum jetzt geht es los“ überschritten hat. Die Versuchsschwelle wird überschritten, wenn ein Täter ein Opfer einer Gewalttat ausspioniert, sich auf die Lauer legt, um herauszufinden, wann das Opfer regelmäßig seine Wohung oder Büro verlässt oder nach Hause kommt. Dagegen reicht es für den Versuch einer Straftat nicht aus, daß eine Todesliste nur geschrieben wird.
Aber § 89 a StGB verlegt die Straftat nach vorne, so daß für diesen Paragraphen das Schreiben einer Todesliste schon ausreichen könnte oder das beschaffen von Waffen oder Sprengstoff für einen Anschlag. Aber der Täter muss schon eine bestimmte Vorstellung von einer Tat haben, die Tat darf nicht nur Fantasie oder ein Wunsch sein, der Täter muss sich entschlossen haben ,eine Tat vorzubereiten. Als innere Tatsache des Täters ist dies sehr schwierig festzustellen. Nach den Berichten über den Prozeß, ist kein eindeutiger, sicherer Beweis für einen Anschlag gefunden worden. Aber das Gericht hat sich klar zur rechten Gesinnung des Täters geäußert und es sollen viele Indizien für die Vorbereitung eines Anschlages gefunden worden sein. Ich gehe deshalb davon aus, daß das Gericht seine Überzeugung von der Schuld von Franco A auf eine ‚Vielzahl von Indizien stützt, wie die angebliche Liste, viele Waffen, die rechte Gesinnung und auch darauf stützt, daß das Gericht dem Angeklagten seine Darstellungen nicht geglaubt hat.
Franco A kann noch Revision beim BGH einlegen, aber der BGH prüft nur Rechtsfehler und danach könnte er noch eine Verfassungsbeschwerde erheben, weil § 89 a ‚StGB umstritten ist, daß die Strafbarkeit nicht bestimmt genug sein könnte.
Aber ich glaube nicht, daß Franco A damit Erfolg haben wird.
Ich habe den Eindruck, daß Franco A sich falsch verteidigt hat. Sich mit Devotioanlien festnehmen zu lassen, dabei Widerstand zu leisten, seine Rechts Gesinnung ohne Reue oder Umkehr, sein festhalten daran, die Pistole in Wien gefunden zu haben(was niemand ihm glaubt), seine Verteidiger sollen völlig gegensätzliche Plädoyers gehalten haben( die Richter sollen die Köpfe geschüttelt haben beim 2. Plädoyer der Verteidigung), sein ganz kurzes letztes Wort, dies konnte nicht gut gehen.
Mit einem Geständnis und gezeiger Reuer wäre er besser davon gekommen. Und falls die Anschlagpläne nur Fantasie waren, dann hätte er die Richter durch offene, schlüssige Aussagen nur überzeugen können.
Gerade weil er eine Familie gegründet hat, war seine Verteidigungsstratgie viel zu riskannt.
Die BW wird ihn nach Rechtskraft des Urteils leicht entlassen können, weil die Vorwürfe viel zu schwer wiegen. als daß eine Klage gegen einen Entlassungsbescheid die geringste Erfolgsaussicht haben könnte.
Wegen einem Terroristen in der BW sollte die BW nicht durchdrehen, was geschehen ist, mit den Spinddurchsuchungen von Soldaten, ohne jeden Anfangsverfacht nach sog. Wehrmachtsdevotionalien.
Ein paar Bilder von Wehrmachtssoldaten sind völlig harmlos, die BW wurde von tausenden von Wehrmachtssoldaten(und SS-Soldaten) aufgebaut, so daß die Verleugnung der Wehrmacht heuchlerisch ist.
Und eine MP 40 die an der Wand hängt, ist nichts weiteres als eine schöne, geile Waffe. Aber die Unteroffiziere des Jägerbataillons 291 werden sich bei den paar Bilder und der MP 40 kaum noch was gedacht haben, nachdem der Raum vermutlich jahrlang so aussah. Und mit dem Abhängen des Bildes von Helmut Schmidt in Wehrmachtsuniform wurde der Bildersturm sowieso zur Lachnummer.
Zu einer gesunden Tradition der BW gehört eine Auseinadersetzung und ein Wisser der Soldaten über die Leistungen und die Verbrechen der Wehrmacht. Die Russen kämpfen in der Ukraine noch genau so, wie im 2. Weltkrieg. Deshalb müssen die deutschen Soldaten den 2. Weltkrieg bzw den Ostfeldzug kennen.
[Das Urteil ist noch nicht mal rechtskräftig, und schon werden erste Zweifel gesät, ob denn die rechtliche Grundlage überhaupt Bestand haben kann… Interessante Strategie, ebenso Ihre eindeutige Aussage, dass es ein isolierter Einzeltäter ist. T.W.]
AoR 15.07.2022 um 11:42 Uhr
1+++(!)
Richtig ist das dieser Mensch hart angefasst wird.
Traurig ist, dass es seitens der Bundeswehr zu lange Führungs- und Systemversagen gab.
Es wird ja immer, aktuell zu Recht, die politische Leitung kritisiert.
Hier war diese konsequent: Alle Soldatinnen und Soldaten müssen aber mit beiden Beinen klar auf dem Boden des Grundgesetztes stehen. Für Rechtsextremismus darf es keinen Platz in der Bundeswehr geben.
Allerdings, Fälle von Rechtsextremismus in der Truppe haben sich über Jahre aufgebaut. Die Bundeswehr machte den Eindruck, traditionell auf dem rechten Auge blind zu sein.
In der Bundeswehr gab es jahrelang teilweise eine falsch verstandene Kameradschaft, die zu einer Kultur des Wegschauens geführt hat. Einige Vorgesetzte hatten mindestens eine Sehschwäche auf dem rechten Auge, und ja auch im Ministerium sind solche Vorfälle zu lange als Einzelfälle klein geredet worden. Populär war und ist bei konservativen Offizieren allerdings und im Casono gern genommen: „Auf dem linken Auge blind“. Gegen links ging und geht halt immer.
Leider ist die Debatte über rechtsextreme Umtriebe in der Bundeswehr wieder sehr ruhig geworden. Beispielsweise interessieren rechtsextreme Chats wohl nur noch wenige. Wohl auch weil diese nicht auf Twitter sondern auf Telegram zu finden sind.
@Closius:
Also Todesliste im Kopf ist nicht illegal. Wenn man das aber schonmal aufschreibt (warum überhaupt? Pro Contra Liste wer das Ziel Nummer 1 ist oder wie?) und vor allem sich illegal Waffen besorgt, dann – tut mir Leid – sich illegale Waffen zu besorgen, da hat man normalweise was mit vor. Zumal man als Bundeswehroffizier relativ leicht einen zivilen Waffenschein bekommen kann, wenn man denn Waffen besitzen will.
Dazu das vollkommen rechtsextreme verschwörungsideologische Pamphlet wofür der auch noch einen Mastertitel bekommen hat.
Da frag ich mich warum man den Typen nicht sofort 2017 rausschmeißen kann, weil seine „Wissenschaftliche Arbeit“ totaler Mumpitz ist, der noch dazu die deutsche Verfassung mit Füßen tritt? Muss man erst Terrorist sein, um aus der Bundeswehr entlassen zu werden? vielleicht sollte man bei Beamten mal die Möglichkeiten für Entlassungen überprüfen/ausweiten. Ich finde das nicht lustig, dass der Kerl seit 5 Jahren ein ordentliches Gehalt fürs nichtstun bekommt, noch dazu als Verfassungsfeind. Allein der Sozialbetrug sich als Flüchtling auszugeben sollte in meinen Augen eine Entlassung rechtfertigen.
Bei Kommentaren wie von Closius Frage ich mich immer, warum in der Bundeswehr dieses infantile Wehrmachts-Fan-Boy-Gehabe so weit verbreitet ist…
[Ok, das ist jetzt mal ein guter Anlass, um darauf hinzuweisen, dass persönliche Anwürfe gegen andere Kommentatoren hier nicht Stil der Diskussion sind und ich das dann einfach entsorge. T.W.]
@Dominik, Closius spricht mit der Strafbarkeitsschwelle von §89a StGB ein durchaus heikles Thema an der Stelle an das mit Thomas Fischer als einem der führenden Kommentatoren zum StGB ja auch einen prominenten Fürsprecher hat. Denn wenn man es passend dreht reicht es auch an der Tankstelle einen Kanister Diesel zu kaufen um sich nach §89a(2)Nr3 StGB strafbar zu machen.
Die Person Franco A., demnächst hoffentlich schnell „ex Olt“, bekam ein notwendiges, angemessenes Urteil.
1. Bedenklich, trotz Kenntnis der „Masterarbeit“ nach Prüfung ZMSBw, erfolgten keine dienstrechtlichen Konsequenzen. Damals Zuständige könnten dazu noch befragt werden? Unbedingt.
2. Bedenklich, UvdL erhob Affäre zum „Haltungsproblem“ der Truppe in Gänze und arbeitete an ihrem Image als Frau Saubermann, die mit eisernem Besen auskehrt.
Dies seitens UvdL identifizierte Haltungsproblem an einem (!) Fall festzumachen war/ist ehrenrührig für die Masse der Truppe.
0
2017 bearbeitete der MAD 343 Fälle aus dem Bereich Rechtsextremismus. (Jahresbericht WBeA S. 18f/57.)
Die Zahl überführter Rechtsextremisten blieb 2019 niedrig zweistellig, nämlich acht Rechtsextreme und vier Reichsbürger. http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2020-01/rechtsextremismus-bundeswehr …
Die Ableitung eines Generalverdachtes gegen die gesamte Bundeswehr bleibt aufgrund dieser Zahlen fragwürdig. Die damalige IBuK hat ihre Stellung zweifellos unrechtmäßig überhöht. Hätte sie eingebremst werden können in ihrem Rundumschlag? Ja. Im Gespräch unter vier Augen durch damaligen GI, Gen Wieker. Er stellte sich leider nicht vor die Truppe, sondern hinter die Ministerin. Also hatten ca 180.000 wegen Franco A. ein Haltungsproblem?
Entschieden nicht. Das hinzunehmen lag auch an „weak Wieker“ wie zu der Zeit im BMVg gespöttelt worden sein soll.
[Hinweis: Ja, der volle Name ist inzwischen hinreichend bekannt. Dennoch folge ich hier der Praxis der meisten Medien, vor der Rechtskraft des Urteils nur abgekürzt Franco A. zu schreiben. Habe das oben entsprechend angepasst. T.W.]
Ich verstehe diese Forderungen nach der „sofortigen Entlassung“ nicht, insbesondere, wenn sie von Soldaten selbst erhoben wird, die es ja wissen müssten. Eine Entlassung kann nur in den ersten vier Dienstjahren erfolgen. Ist man länger als vier Jahre dabei, kann man nur durch Urteil des Truppendienstgerichts aus dem Dienst entfernt werden. Und das Truppendienstgericht entscheidet erst dann, wenn das Strafverfahren rechtskräftig abgeschlossen ist, weil das Strafverfahren eine Bindungswirkung hat.
[Das Truppendienstgericht hat da wenig zu sagen; es gibt eine Gesetzeslage, die nach Rechtskraft des Urteils eindeutig ist, s.o. T.W.]
Und Nachtrag: Bei einer Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr verliert man bei Rechtskraft des Urteils ohnehin sofort automatisch seinen Status als Soldat und auch seinen Dienstgrad. Ein Verfahren ist dann nicht mehr notwendig, sodass ein disziplinarverfahren eingestellt werden würde.
@Closius
Zitat:“Und eine MP 40 die an der Wand hängt, ist nichts weiteres als eine schöne, geile Waffe.“
Ich denke, die meisten Leser hier werden sich dazu ihren Teil gedacht haben. Das ein Kind oder Heranwachsender eine Faszination für Schusswaffen entwickelt ist ja nicht selten. Die meisten kommen zum Glück darüber hinweg.
Bei der Einschätzung der Problematik einer vorauseilenden Strafverfolgung stimme ich ihnen zu, aber sonst….
Die Bundeswehr hat ihre Wurzeln in einer Armee, die auf Z-ewig mit den umfangreichtsten und schwerwiegensten Kriegsverbrechen verbunden ist, für deren Vorstellung die menschliche Vorstellungskraft eigentlich nicht reicht. Deshalb ist der Umgang mit dieser „Tradition“ hochgradig problematisch und die Auseinandersetzung mit diesen Wurzeln ist unausweichlich. Sie wird auch nicht enden.
Der Aufbau der Bundeswehr hätte ohne die Beteiligung ehemalieger Wehmachtssoldaten und -offiziere
deutlich länger gedauert. Genauso wie man damals beim Aufbau der Verwaltung (AA, Polizei, BND, Verfassungschutz u.s.w.) auf Personal mit fragwürdiger politischer Einstellung zurückgegriffen hatte. Die historische Aufarbeitung dieser Vorgänge läuft auch immer noch. Aber damalige Handlungen entschuldigen nicht, das man heute noch Personal mit fragwürdiger Haltung gegenüber unserer freiheitlichen Demokratie in staatlichen Institutionen duldet.
Ihrem Versuch Franco A. als Einzelfall hinzustellen, stelle ich den MAD-Bericht vom letzten Jahr gegenüber. Danach beobachtet der MAD eine auf 477 gestiegene Zahl von Fällen (Der Spiegel vom 26.10.2021). Das sind 477 Fälle zuviel.
Nun haben wir ein Urteil, auch wenn es noch nichts rechtskräftig ist und einige sollten sich jetzt ernsthaft fragen, wie denn ihre Rolle in diesem konkreten Fall bzw. ähnlich gelagerten Fällen aussieht.
Betrachtet man die Förderung die Franco A. im Rahmen seiner „Karriere“ von seiten der Bundeswehr erhalten hat, dann stellt sich mir die Frage, was da schief gelaufen ist. Es ist ja nicht so, dass alle Nase lang irgendeine Beurteilung erstellt und Dinge befürwortet oder verneint werden. Mir scheint, dass hier entweder die Kriterien ungeeignet sind, oder kein Vorgesetzter sich ein Problem durch eine kritische Bemerkung ans Bein binden wollte.
In meinen Augen machen einen Offizier sicherlich auch seine fachlichen Fähigkeiten aus, aber hauptsächlich ist es doch seine Haltung, sein Dienstverständnis und Wertekompass. Das fachliche kann man leicht lernen und ab prüfen, auch wenn so mancher spätere Profi in seinen jungen Jahren vielleicht noch arg zu kämpfen hatte. Wie prüft man aber den Rest ab und welche Kriterien sollte es dafür geben.
Der Werdegang von Franco A. bei der Bundeswehr ist für mich wieder mal ein Beleg dafür, dass man auch mit tollen Prozessen krachend scheitern kann.
PS:
Auch für mich ist es unerträglich, dass man solche Menschen erst nach so langer Zeit aus der Truppe entfernen kann. Es soll ja durchaus die Möglichkeit geben Gesetze auch zu verändern, wenn diese als ungeeignet oder nicht mehr passend wahrgenommen werden.
@O.Punkt
Franco A. war aber nicht durchgängig in U-Haft. Revision wird wohl beantragt.
Klaus-Peter Kaikowsky (KPK) 15.07.2022 um 14:06 Uhr
„Haltungsproblem“ der Truppe in Gänze war und ist ehrenrührig für die Masse(!) der Truppe – stimmt!
Mittlerweilen wissen wir, dass vdL damals ‚nur’ von der Umetzung eines wirkungsvollen Konzept gegen Rechtsextremismus, Rassismus, Antisemitismus und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit ausging. Kampf gegen Rechtsextremismus war verbesserungswürdig, war da nicht etwas dran?
Aus politischen Gründen wurde mehr daraus gemacht. Gerade durch die SPD, nun selbst in der Verantwortung, das eher schlecht als recht.
Wie hier in den letzten Tagen in unterschiedlichen Beiträgen zu lesen, eher grundsätzliche Haltungsprobleme scheint es an der Spitze dann wohl doch zu geben. Die Verteidigungsministerin hat z.B. eine Vorbildfunktion, in meiner Umgebung spricht man ihr das ab. Haltung ist mehr als klare Kante gegen rechte Gewalt und Rechtsextremismus.
Von Führungskräften, militärisch oder zivil, erwarte ich, dass diese verschiedene Arbeits- und Führungsaufgaben erfolgreich bewältigen können. Menschen zu führen, bedeutet immer auch
eigene Werte, Normen und Tugenden vorzuleben und zu vermitteln. „Führen durch Vorbild“ sollte nicht nur eine leere Wortphrase sein, sondern stets dafür sorgen, dass ein positives Klima und Vertrauen geschaffen wird.
Bescheidener Dienstes am Volk, Haltung und Ehre, da muss man schon selbst authentisch verkörpern, was der Grund dieser moralisch – ethischen Werte ist. Nicht allein die Truppe, Spitzenpersonal selbst muss zuvörderst über die dafür nötige „Haltung“ verfügen. Für die militärische Führung gilt, man muss ein Mindestmaß an soldatischem Ethos ausstrahlen. Führung in der gesamten Bundeswehr findet innerhalb der institutionellen Struktur und vor dem Hintergrund des Welt- und Menschenbildes des GG statt, nirgends steht, das dies nach oben abnimmt.
Selbstverständnis sowie Führungs-, Ausbildungs- und Erziehungskultur – da schaut man gern auf die Truppe und/oder den nachgeordenten Bereich. Sich selbst klammern dann Spitzenpolitiker und leider auch einige Soldaten aus.
„weak Wieker“ wie zu der Zeit im BMVg gespöttelt worden sein soll, dann ist das nicht schön aber „weak Zorn“ ist ja noch geschmeichelt. Siehe aktuelle Strukturdebatte. „zorniger Zorn“ das kann man sich wohl nur wünschen.
@TW
Closius verweist auf die – anerkannte – Problematik des StGB § 89a.
@Kommissar
Soldaten brauchen Vorbilder, nicht nur in Charakter und Haltung (Stauffenberg u.a.) sondern auch in der Waffentat. Ich verweise da gerne auf die Schrift „Kriegsnah ausbilden“ bzw. für die Offiziere die Erinnerungen Mansteins u.a.
@Schlammstapfer
Daß historisches „Handwerkszeug“ an den Wänden hängt ist sogar im Zivilen durchaus üblich – Sie kennen doch sicher britische und französische Traditionsräume.
Nachtrag – vergessen:
@Dominik
Soldaten werden bei der Beantragung und Gewährung einer Waffenbesitzkarte (WBK) durchaus nicht – RPT: nicht – bevorzugt, denn das ist kein valides Kriterium. Nur das Bedürfnis zählt (Waffensammler, Jäger Sportschütze). Vielleicht ist das in Frankreich, dem vormaligen Stationierungsort Franco A.’s anders, zumindest früher waren dort Jagdwaffen recht frei erhältlich, aber das hat sich sicher auch geändert (EU Recht, u.a.).
Einen Waffenschein, der zum Führen der Waffe berechtigt, haben tatsächlich nur sehr wenige Personen.
„Daß historisches „Handwerkszeug“ an den Wänden hängt ist sogar im Zivilen durchaus üblich – Sie kennen doch sicher britische und französische Traditionsräume.“
Eine Burg wäre auch keine Burg, ohne das da nicht auch jede Menge historisches „Handwerkszeug“ rumstehen und an den Wänden hängen würde. Ich habe auch eine Reihe europäischer Museen und Ausstellungen inklusive einiger britischer Regimentsmuseen besucht. Deren Historie recht zum Teil Jahrhunderte zurück. Auch die Armeen der Briten und Franzosen haben sich in vielen Kriegen wiederholt Kriegsverbrechen schuldig gemacht. Ich denke da speziell an die Kolonialkriege in Indochina und Afrika. Die Bewertung einer Tat als Verbrechen ist rückblickend auch eine andere als wenn sie in der Zeit erfolgt, in der sie begangen wurde. Für die Päpste im Mittelalter waren Kreuzzüge und die damit zusammenhängeden Greueltaten an den Bewohnern eroberter Städte keine Verbrechen, die sie um den Schlaf gebracht hätten. Bei den Verbrechen, an denen Wehrmachtssoldaten beteiligt waren oder die von Wehrmachtseinheiten begangen wurden, sah das aber schon damals ganz anders aus. Natürlich könnte man anderen Nationen in Hinblick auf deren Geschichte mehr Problembewußtsein wünschen. Wahrscheinlich war die „Brown Bess“, die erste echte Massenvernichtungswaffe und als „Handwerkszeug“ an mehr Kriegsverbrechen an mehr Menschen beteiligt, als die MP40. Aber letztendlich ist der Umgang mit der britischen Militärgeschichte das Problem der Briten. So wie jede Nation für den Umgang mit der jeweils eigenen Geschichte verantwortlich ist.
Unsere Geschichte aus der Zeit des 3. Reichs ist unser Problem und lässt sich durch nichts relativieren, was andere vor oder nach uns getan haben. Für mich gehört eine MP40 genauso zum „Handwerkszeug“ ihrer Zeit (WK 2) wie eine Büchse Zyklon B. Wahrscheinlich werde ich jetzt von T.W. ermahnt, aber jemand der so was „geil“ findet, sollte sich behandeln lassen.
[Und da ist sie schon, die Ermahnung – mit dem eigentlichen Thema, nämlich dem Urteil, hat das nichts mehr zu tun. T.W.]
@KPK
@Schlammstapfer
„Danach beobachtet der MAD eine auf 477 gestiegene Zahl von Fällen“
Fälle sind ja nicht gleich Täter, das sei mal vorausgeschickt. Der Einfachheit halber nehmen wir mal an, jeder Fall entspricht einem Täter – also ca. 0,26 % der gesamten Truppe. Rechte Straftaten in Deutschland 2021 betrugen 55.048 (BMI, 2022) Fälle, also übertragen auf 83 Mio Bundesbürger 0,06%. Das sieht erstmal deutlich weniger aus, aber in Anbetracht der Tatsache, dass 87% der Bundeswehrangehörigen männlich sind, patriotische und zumindest in den jungen Jahren „kriegerische“ Einstellungen haben die wohl auch deckungsgleich mit rechtem „Lifestyle“ sind, ist ein höherer Anteil als in der Gesamtbevölkerung zu erwarten. Das hat dann aber demographische Gründe und keine institutionellen! Das ist der Knackpunkt.
Ich würde mir wünschen, dass diese Tatsachen auch von den Medien differenziert betrachtet und dargestellt würden. Das gilt besonders, da die Bundeswehr Nachwuchs benötigt, der potenziell auch durch ein entsprechend ungerechtfertigt porträtiertem rechten Image abgeschreckt wird.
Ok, Leute, Einige machen sich offensichtlich einen Spaß daraus, das eigentliche Thema dieses Threads, nämlich den Fall Franco A. und das Urteil, zur Debatte über „Rechtsextremisten in der Bundeswehr? Oh nein“ umfunktionieren zu wollen. Bis hin zur Aussage, man müsse doch aufpassen, da keiner russischen Informationsoperation aufzusitzen.
Es entfernt sich immer weiter vom eigentlichen Thema, und da schiebe ich jetzt einen Riegel vor.
@Herr Melber:
Ja mit Waffenschein …ok die Ungenauigkeit sei mir verziehen ok? Waffenbesitzkarte.
Ich habe nur gesehen, wie einfach das für meinen Bruder (als heute Oberstleutnant) ist. Klar Sportschütze, dürfte nicht so schwer sein als Ofgizier einen Schießstand, Verein etc usw zu finden.
Illegale Waffe auf Flughafen verstecken wollen und „Sozialbetrug“.
Ich hoffe wir sind uns einig, daß so jemand nicht als Offizier geeignet ist, ganz ohne den Terrorverdacht.
@Küstengang01: Sowie das Urteil Rechtskraft hat, d.h. dass Franco A. innerhalb bestimmter Fristen auf eine Klage gegen das Urteil verzichtet oder die Frist verstreichen lässt bzw. eine Klage gegen das Urteil verliert, ist das Truppendienstgericht an die Feststellung des Sachverhaltes aus dem Strafprozess gebunden. Das ist dann quasi der Auftakt für das (aufgrund der bereits erfolgten Feststellung des Sachverhalts) deutlich kürzere Verfahren vor dem Truppendienstgericht. Angesichts des festgestellten Sachverhalts wäre die Entlassung dort aber (ausnahmsweise mal) anzunehmen. (Man kommt heutzutage ja mit allerhand davon…)
[Noch mal: Die Gesetzeslage sagt eindeutig, dass das Dienstverhältnis bei rechtskräftiger Verurteilung zu mehr als einem Jahr Freiheitsstrafe bei vorsätzlicher Tat endet. Ich weiß nicht, warum einige glauben, da hätte ein Truppendienstgericht noch was zu sagen. T.W.]
@Küstengang01:
Ich korrigiere meinen Kommentar von heute 09:13 Uhr: Sowie das Urteil Rechtskraft hat, d.h. dass Franco A. innerhalb bestimmter Fristen auf eine Klage gegen das Urteil verzichtet oder die Frist verstreichen lässt bzw. eine Klage gegen das Urteil verliert, verliert er seine Rechtsstellung als Berufssoldat nach §48 Soldatengesetz.
@Closius
„daß der § 89 a StGB ein sehr umstrittener Paragraph ist, weil der Vorwurf erhoben wird, daß die Strafbarkeit damit sehr weit nach vorne verlagert wird und gegen die Grenzen der Bestimmtheit einer Straftat verstoßen soll“
Was ein Unsinn.
§ 89a
– staatsgefährende Straftat
– vorbereitet
„staatsgefährdende Straftat“ ist definiert und ich für meinen Teil sehe dieses Tatbestandsmerkmal als gegeben an.
„vorbereitet“ –
er hat eine illegale Schusswaffe (geladen !!!!) an einem Flughafen verwahrt – auf der Toilette. Ist ausgebildeter Schütze. Kennt sich mit Recht aus (also kein IQ von 70 und minderbemittelt), weiß also, dass dies nicht erlaubt ist.
Das reicht schon aus für 89a.
Wer hier mit Beispielen mit Dieselkanister kommt, sollte das Beispiel dann auch hinreichend erläutern.
Nur Dieselkanister an einer Tankstelle vollmachen ist keine Straftat.
Diesen Dieselkanister auf einer Toilette in einem Flughafen verstecken, dazu eine Zündvorrichtung oder ein weiteren Stoff (damit aus diesen chemischen Stoffen Sprengstoff werden kann) – das wäre dann ein Beispiel mit den selben Vorzeichen wie bei Franco A.
Oder aber einen Dieselkanister an einer Tankstelle vollmachen und zuhause liegt ein schriftlicher Plan auf dem Schreibtisch, wie man eine Person mit Diesel übergießen und schnell anzünden könnte.
Er hatte jederzeit die Möglichkeit die Polizei zu kontaktieren (auch anonym) und die „gefundene“ Schusswaffe sicher verwahren zu lassen.
Stattdessen hat er sie versteckt und wollte sie später abholen.
Als ausgebildeter Schütze und Offizier hätte er zumindest die Pistole auf der Toilette entladen können, Pistole verstecken (wenn er Angst gehabt hätte im Flughafen kontrolliert zu werden) und die Munition in einen Mülleimer schmeißen können (Fingerabdrücke vorher abwischen), so dass zumindest in der Theorie die Pistole kein akuter gefährlicher Gegenstand im Flughafen gewesen wäre.
DAS war aber eben nicht sein Plan und seine Masterarbeit und der ganze Rest bescheinigen doch gezielt eine Vorbereitung.
Alles andere ist einfach nur naives Denken.
Selbst wenn also die Pistole irgendwo gefunden wurde, hätte jeder Offizier anders gehandelt.
Ich persönlich finde 5 Jahre für diesen ganzen Fall viel zu niedrig angesetzt.