Fall Franco A.: Jetzt Disziplinarverfahren gegen Vorgesetzte
Im Fall des Bundeswehr-Oberleutnants Franco A., der sich parallel zu seinem Dienst in den Streitkräften als syrischer Flüchtling ausgab und nach Ermittlungen der Bundesanwaltschaft rechtsterroristisch motivierte Anschläge plante, gibt es nun Disziplinarverfahren gegen Vorgesetzte. Das Verteidigungsministerium bestätigte lediglich die Einleitung von Verfahren; nach Meldungen von tagesschau.de und Spiegel Online richten sie sich gegen den Amtschef des Streitkräfteamtes, Generalmajor Werner Weisenburger, und den Rechtsberater des Amtes.
Hintergrund ist der Umgang der Behörde mit der Masterarbeit von Franco A. an der französischen Militärakademie Saint-Cyr im Jahr 2014. Nachdem diese Arbeit von einem Bundeswehr-Gutachter als rassistisch und rechtsextremistisch eingestuft worden war, hatte zunächst die zuständige Bundeswehr-Dienststelle in Frankreich von Maßnahmen gegen den Offizier abgesehen. Dieses Vorgehen wurde vom Streitkräfteamt später bestätigt.
Der Wehrdisziplinaranwalt beim Streitkräfteamt hatte in Abstimmung mit dem Leiter der Deutschen Stabsgruppe Frankreich die Einstellung der Vorermittlungen vorgeschlagen; gegenüber dem Offizier sollte es bei einer mündlichen Ermahnung bleiben. Weisenburger folgte als Amtschef dieser Empfehlung. Aus dem Verteidigungsministerium war nach Bekanntwerden des Vorgangs in den vergangenen Wochen kritisiert worden, die Vorgesetzten hätten insbesondere die Einschaltung des Militärischen Abschirmdienstes (MAD) versäumt – das wäre nach der geltenden Erlasslage bei Extremismusverdacht zwingend vorgeschrieben gewesen.
Anfang Mai hatte das Ministerium deshalb so genannte Verwaltungsermittlungen begonnen, um zu klären, ob gegen die Vorgesetzten ein Disziplinarverfahren eingeleitet werden solle. Diese internen Ermittlungen haben nun offensichtlich zur Einleitung der disziplinaren Ermittlungen geführt.
(Wie üblich bei diesem Themenkomplex bleiben die Kommentare moderiert.)
(Foto: Vor den Gebäuden des Jägerbataillons 291 in Illkirch bei Straßburg, wo Franco A. stationiert war)
Sehr geehrter Herr Wiegold,
ich stelle Ihnen und den Bloggern mal eine sehr aktuelle Frage, die sehr viel mit „Innerer Führung“ und Zivilcourage zu tun hat und wo man sich nicht leicht verstecken kann mit dem Verurteieln der Taten der Elterngeneration:
Ist der Einsatz der Bundeswehr in Syrien ohne UNO-Mandat und ohne Zustimmung der syrischen Regierung völkerrechtskonform? Die Beantwortung dieser Frage erfordert mehr Zivilcourage als die Verurteilung der Wehrmacht.
Und ich biete Ihnen folgende Bewertung von Hans Joachim Heintze, Professor für Völkerrecht an:
„…Die deutsche Verfassung sei sehr völkerrechtsoffen, sagte Heintze im Deutschlandradio Kultur.
„Artikel 24 und 25 reden davon, dass Maßnahmen eines kollektiven Sicherheitssystems durch Deutschland mitgetragen werden – und man kann natürlich argumentieren, dass die Europäische Union in ihrer militärischen Komponente eben auch ein System kollektiver Sicherheit ist.“
Über diesen Weg ließe sich Frankreich unterstützen. Das Problem sei jedoch „dass das dann in einer rechtlichen Grauzone stattfindet, denn der Sicherheitsrat hat niemanden ermächtigt, bewaffnete Gewalt nun anzuwenden gegen Syrien“.
Keine Ermächtigung zur Gewaltanwendung
Zwar liege eine Resolution des Sicherheitsrates vor, die die terroristischen Anschläge der Terrormiliz Islamischer Staat als Bedrohung des Weltfriedens verurteile, sagte Heintze. Allerdings fehle der Resolution die Rechtsverbindlichkeit:
„Ein rechtsverbindliches Dokument liegt nur dann vor, wenn der Sicherheitsrat ausdrücklich Bezug nimmt auf die Charta der Vereinten Nationen – und zwar auf das siebte Kapitel.“
Zur Gewaltanwendung gegen souveräne Staaten ermächtige sie nicht – „und Syrien ist nach wie vor ein souveräner Staat der Vereinten Nationen“.
BUMMS! Grundgesetzwidrig?
Zuvilcourage beweist sich heute nicht 70 Jahre zurück!
Die Masterarbeit, die Vernehmung des Herrn Franco A., die Einlassung der Vertrauensperson, die Bewertung der UniBw M … Habe ich nicht gelesen. Ich vermute, dass niemand hier diese Schriften gelesen hat, der nicht dienstlich damit befasst war. Alles andere wäre ein Verstoß gegen den Datenschutz.
In der Begründung zur WDO wird die Unabhängigkeit des Disziplinarvorgesetten hervorgehoben. Auch sind Disziplinarmaßnahmen erst zur verhängen, wenn einfachere Maßnahmen keinen Erfolg hatten.
Hier einen schuldhaften Verstoß gegen den Ermessensspielraum zu konstruieren wird nicht einfach sein. Es liegt in der Natur der Sache, dass der Erfolg einer Maßnahme erst später erkennbar wird.
@ MA
Da Sie nachfragten, hier der entsprechende Absatz aus der Vorschrift:
„Das Betreten/die Kontrolle der Stuben von Soldatinnen und Soldaten, denen die freiwillige Inanspruchnahme einer Gemeinschaftsunterkunft gegen Entrichtung einer Unterkunftspauschale genehmigt wurde, soll durch Vorgesetzte grundsätzlich nur in Gegenwart der Bewohner und nur bei Vorliegen zwingender dienstlicher Gründe erfolgen. Eine Kontrolle ist den Bewohnern zeitgerecht anzuzeigen. Von dieser Grundsatzregelung kann dann abgewichen werden, wenn besondere Umstände und Situationen ein sofortiges Handeln erforderlich machen (z. B.: Rohrbruch, Fensterbruch, Einbruch in die Stube, Brand u. Ä.).“
Wo ist da nun der schwerwiegende Bruch von Vorschriften, der ein „Amtsenthebungsverfahren“ rechtfertigt? Die Tatsache, dass jemand tausende Schuss Munition auf Seite geschafft und eine Todesliste angefertigt hat, kann man wohl als „besondere Situation“ ansehen. Und wenn der Befehl „von ganz oben“ kommt, quasi alles auf den Kopf zu stellen, dann ist das auch ein „zwingender dienstlicher Grund“. Das Aufjaulen zeigt aber mal wieder, dass einige meinen, sie gelten als „normale“ Mieter – und nur deswegen nicht mehr vollumfänglich als Soldat, weil sie ja einen (weltbewegenden) Obolus an den Dienstherrn entrichten. Wer seine Bude in Ordnung hat, dem kann es sch*** egal sein, ob der Chef da in Abwesenheit spontan reinschaut, oder? Und ja, der Bund stellt dem angesprochenen Personenkreis die Unterkunft gegen Entgelt zur Verfügung, innerhalb einer Kaserne, doch da gelten die Spielregeln des Dienstherrn. Die sehen so aus, wie oben beschrieben, er nimmt Rücksicht, so gut es geht, aber er legt sich nicht selbst lahm – und das ist auch gut so. Meine Meinung: Laisser-faire ist gescheitert! „Schaut hin, was Eure Soldaten machen“, Kontrolle ist keine Gängelung/Majestätsbeleidigung, sondern schlichtweg die Pflicht eines Vorgesetzten, das sollte sich der ein oder andere vielleicht mal wieder bewusst machen.
„…stellt Streitkraefte zur Verteidigung auf…“
Und diese STREITKRAEFTE sind in dem, WOZU sie existieren UND bezueglich ihres HANDELNS nicht „artig“ sondern „einzig“ um’s ‚mal „platt“ auszudruecken!
Ja, Soldaten braucht man fuer KRIEG, der ist BOESE und insbesondere die KAMPFtruppe und da nun einmal hauptsaechlich Inf und – aber schon „etwas weniger“, je nach Kampfweise – PzGren fuehren nun einmal das „dreckige Handwerk“ des Kampfes von „Mann zu Mann“ mit dem Ziel des „Kampfunfaehigmachens“ des anderen unter unmittelbaren Einsatz des eigenen Lebens aus.
Manche moegen das moegen, ich halte das fuer das „traumatischste“, was dem Menschen an Erleben „geboten“ werden kann!
Und dafuer gehoeren diese Kameraden ANGEMESSEN ausgebildet (vorbereitet), alles andere STELLT ein GROBE Dienstpflichtverletzung dar!
Natuerlich kann man nicht „zur Uebung toeten“ aber auch Ausbildung im Frieden muss ganz dicht an Grenzen herangehen. Alles andere kostet Blut und Leben!
Leider ist die Tendenz der D Politik nach dem Beitritt diesbezueglich VOELLIG in eine andere Richtung gegangen: Militaer wurde nur noch als „notwendiges Uebel“ angesehen, das man eigentlich („…ewiger Friede…von Freunden umzingelt…“) gar nicht mehr braucht.
Unsinn, Menschen waren noch NIE friedlich, haben sich schon immer „ausgespaeht“ (insofern frage ich mich auch, wie es sein kann, dass ein E. Snowden derart „auf den Schild“ gehoben wird, hat er doch nix verraten, was „neu“, wohl aber „geheim“ und somit strafbewehrt, war) und unter Einsatz moeglichst effektiver und effizienter Mittel und Methoden gegenseitig „das Licht ausgeblasen“!
Mit derlei „Einstellung“ wurden „wir“ dann auch in diverse, teils fragwuerdige mit noch fragwuerdigem Ziel und Auftrag/ROE geschickt.
Und bei alledem diese leidige „bloss nicht (negativ) auffallen durch Handeln“-Mentalitaet.
Ich hatte einen Chef (SaZ), der hat allein mit seiner Kp mehr „unternommen“ und „auf seine Kappe“ entschieden, als es heute irgendein Kdr (auch „guelden“) wagte!
Weil er wusste, dass seine Maenner top ausgebildet waren UND, sollte er „ueberziehen“ der „Spiess“ (ehem. BGS) dem ganzen Einhalt gebieten wuerde (etwa so, nicht woertlich aber dem Sinne nach genau so: …mit meinen Jungs nicht mehr, jetzt ist genug…). Und dann WAR Schluss!
Im Gegenzug konnte er („Spiess“) wiederum sehr unangenehm werden. wenn „sein Block“ nicht in einem ihm genehmen Zustand war, weil „seine Jungs“ etwas gschlampert „Stuben- und Reviere gereinigt“ hatten.
Aber all‘ das gibt’s ja zum Glueck nicht mehr!
Nur noch Erwachsene, selbstaendig richtig und angemessen handelnde junge Menschen, die da Dienst leisten von 07-16 Uhr.
Achtung: Es geht hier NICHT um „Dummfick“ oae Ausbildungs“methoden“, aber Zutrauen in die Verantwortung die man einem „Chef“ (immerhin DStufe 1 UND mittlerweile sogar A13, „damals“ konnte das auch ein A11er…) nun einmal uebertragen hat, bei angemessener Dienstaufsicht ueber alle Ebenen mit SP auf guter, fordernder und dies auch an die Grenzen psychischer UND physischer Belastbarkeit (auch da verstehe ich den heutigen „Diskussionsansatz“ nicht…) Ausbildung ist geboten und im Soldatenberuf LEBENSVERSICHERUNG!
Es geht hier in letzter Konsequenz NICHT um Erstellung eines „Stueck Papier“ als hoechste Form des Verwaltungsvollzuges sondern um TOETEN oder GETOETET WERDEN!
Nix „Beruf wie jeder andere“ und in letzter Konsequenz tatsaechlich „ziemlich unattraktiv“ aber ganz sicher „anders“.
So langsam dürfte es an der Zeit sein, die ganzen verschiedenen Vorkommnisse/Ereignisse/Reaktionen nicht miteinander zu vermischen. Das beziehe ich sowohl auf die Sachen als solche als auch auf die Mutmaßungen und mögliche Rückschlüsse.
So langsam dürfte es an der Zeit sein, die ganzen verschiedenen Vorkommnisse/Ereignisse/Reaktionen nicht miteinander zu vermischen. Das beziehe ich sowohl auf die Sachen als solche als auch auf die Mutmaßungen und mögliche Rückschlüsse.
So bedeutet z.B. die Einleitung eines Disziplinarverfahrens noch keine weitergehende Maßnahme.
@Memoria
„Was aktuell gar nicht von der Leitung verstanden wird, ist die Bedeutung von Tradition auch im Sinne der Attraktivität.
In einer Infanteriekompanie zu dienen erfordert nunmal andere intrinsische Motivation als bei der Sparkasse ums Eck zu arbeiten. Dies wird in der aktuellen Diskussion weder beachtet, noch konstruktiv in eine eigene soldatische Tradition eingefügt. “
Ist hier nicht eher so, das die Bw dem allgemeinem Trend im zivielen Bereich folgt. Wird nicht auch hier mehr und mehr die Zugehörigkeit zu einer Firma untergraben. Sind die früher beschworenen „Firmen-Familien“ (Siemans, AEG, usw.) nicht längst Geschichte.
„Behauptung „kennt doch keiner, die Masterarbeit, wer wusste schon, was da drin stand“ “
zumal die Masterarbeit bekannt ist und den BMVg vorliegt.
@all
Ich ziehe jetzt mal an dieser Stelle einen vorläufigen Schlussstrich. Allein in den vergangenen 24 Stunden sind hier rund 250 neue Kommentare aufgelaufen, davon der allergrößte Teil zum Themenkomplex Tradition/Rechtsextremismus/Franco A.
Und leider dreht sich fast alles im Kreise; es gibt, wenn ich nicht was wesentliches übersehen habe, keinen wirklich neuen Aspekt, der nicht in den mehreren tausend Kommentaren zu diesem Themenkomplex in den vergangenen zwei Wochen bereits genannt worden wäre.
Also zu diesen Einträgen jetzt keine Kommentare mehr. Das Thema wird, da bin ich sicher, erneut und weiter hier eine Rolle spielen. Dann gibt es ja vielleicht ein paar neue Ansätze fürs Kommentieren. Und nicht immer das selbe.