Sammler: Prozess gegen Franco A. begonnen
Vor dem Oberlandesgericht Frankfurt hat der Prozess gegen Franco A. begonnen, den Oberleutnant der Bundeswehr, der sich auch als syrischer Flüchtling ausgab und rechtsextremistisch motivierte Anschläge geplant haben soll. Der ganze Vorgang hatte (und hat) für die Bundeswehr über das eigentliche Strafverfahren hinaus Bedeutung – spektakulär wurde die Aussage der damaligen Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen in Folge der Ereignisse rund um Franco A., die Bundeswehr habe ein Haltungsproblem.
Den Prozess in Frankfurt kann ich (aus ganz praktischen Gründen) nicht selbst verfolgen; deshalb hier nur eine Sammlung von Material zu dem ganzen Thema:
• Die Mitteilung des OLG Frankfurt zum Prozessauftakt am (heutigen) Donnerstag:
Oberlandesgericht Frankfurt am Main: Beginn der Hauptverhandlung im Verfahren gegen Franco A. wegen Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat u.a.
In dem Strafverfahren gegen den 32-jährigen Franco A. hat heute die Hauptverhandlung vor dem 5. Strafsenat (Staatsschutzsenat) des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (OLG) begonnen. An der Sitzung haben neben dem mit fünf Richtern besetzten Senat der Angeklagte mit zwei Verteidigern und zwei Vertreter des Generalbundesanwalts beim Bundesgerichtshof teilgenommen.
Dem Angeklagten wird vorgeworfen, einen Anschlag – möglicherweise auf den vormaligen Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz Heiko Maas, die Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages Claudia Roth oder eine Menschenrechtsaktivistin – vorbereitet zu haben. Zu diesem Zweck soll er sich u.a. eine Pistole verschafft haben, die er am 22.01.2017 in einer Toilettenanlage im Flughafen Wien-Schwechat versteckt haben soll. Zudem soll er Munition und Sprengkörper sowie Waffenzubehör aus Beständen der Bundeswehr an sich genommen und unerlaubt zwei weitere Gewehre sowie eine weitere Pistole besessen haben. Darüber hinaus wird Franco A. vorgeworfen, sich eine Identität als syrischer Flüchtling verschafft zu haben, um bei den späteren Ermittlungen nach dem Täter den Verdacht auf in Deutschland erfasste Asylbewerber zu lenken. Schließlich soll er in betrügerischer Absicht als angeblicher Flüchtling Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz und dem Sozialgesetzbuch beantragt und erhalten haben. Der Angeklagte hatte im Dezember 2016 als angeblicher Flüchtling aus Syrien das Asylverfahren durchlaufen und den subsidiären Schutzstatus (§ 4 Abs. 1 AsylG) erlangt.
Der Generalbundesanwalt hatte im Dezember 2017 wegen der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat im Sinne von § 89a StGB sowie Verstößen gegen das Waffengesetz, das Kriegswaffenkontrollgesetz und das Sprengstoffgesetz, Diebstahl und Betrug Anklage zum Oberlandesgericht erhoben. Mit Beschluss vom 07.06.2018 hatte der Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts das Hauptverfahren nicht vor dem Oberlandesgericht, sondern vor dem Landgericht Darmstadt eröffnet, weil es an einem hinreichenden Verdacht für die Begehung der die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts begründenden Straftat der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat fehle. Auf die gegen diesen Beschluss vom Generalbundesanwalt eingelegte sofortige Beschwerde hat der Bundesgerichtshof das Hauptverfahren mit Beschluss vom 22.08.2019 vor dem Oberlandesgericht eröffnet, sodass nunmehr die Hauptverhandlung vor dem Staatsschutzsenat durchzuführen ist.
Franco A. war am 03.02.2017 bei dem Versuch, die Pistole aus dem Versteck im Flughafen Wien-Schwechat zu entnehmen, festgenommen und am 04.02.2017 wieder freigelassen worden. Nach einer erneuten Festnahme befand er sich vom 26.04.2017 bis zur Aufhebung des gegen ihn ergangenen Haftbefehls durch den Bundesgerichtshof am 29.11.2017 in Untersuchungshaft.
In der heutigen Sitzung des Senats haben die Vertreter des Generalbundesanwalts den Anklagesatz aus der Anklageschrift vom 01.12.2019 verlesen.
Sodann haben die Verteidiger für den Angeklagten eine Erklärung zur Anklage abgegeben. Mit dieser Eröffnungserklärung haben sie von der seit 2017 in Verfahren, in denen die Hauptverhandlung voraussichtlich länger als zehn Tage dauern wird, bestehenden Möglichkeit Gebrauch gemacht, ein „opening statement“ abzugeben (§ 243 Abs. 5 StPO).
Im Anschluss daran hat der Senat einige Urkunden verlesen, die u. a. Äußerungen des Angeklagten enthalten.
Die Hauptverhandlung wird am Dienstag, d. 25.05.2021, um 10:00 Uhr im Saal 165 des Gerichtsgebäudes C, Konrad-Adenauer-Straße 20, Frankfurt am Main, fortgesetzt werden. Weitere Termine zur Hauptverhandlung sind auf folgende Tage bestimmt: 28.05.2021, 08.06.2021, 10.06.2021, 15.06.2021, 17.06.2021, 24.06.2021, 01.07.2021, 08.07.2021, 15.07.2021 und 12.08.2021.
20210520_OLG_Frankfurt_Hauptverhandlung_Franco_A
• Vor Beginn des Prozesses hatte sich der 31-jährige, der nach wie vor Soldat der Bundeswehr ist (wenn auch mit dem Verbot der Ausübung des Dienstes und Uniformtrageverbot) öffentlich geäußert, wie dpa berichtet:
„Ich habe niemals zum Nachteil irgendeiner Person irgendwelche Handlungen geplant“, sagte Franco A. am Donnerstag in Frankfurt vor Journalisten. Er wolle in dem Verfahren vor dem Oberlandesgericht Frankfurt einiges klarstellen. Er sei kein Rechtsextremist.
Bereits am vergangenen Dienstag hatte sich Franco A. ausführlich auf der Online-Plattform RT Deutsch in einem 45-minütigen Video gerechtfertigt.
Zur Erinnerung die Geschichte, wie sie sich seit 2017 entwickelt hatte, in wesentlichen Zügen:
• Im April 2017 flog der Oberleutnant, damals im Jägerbataillons 291 der Deutsch-Französischen Brigade in Illkirch bei Straßburg [HINWEIS/KORREKTUR: ich habe die Information, er sei dort S3 gewesen, das ist aber nicht gesichert], auf – beim Abgleich seiner Fingerabdrücke nach Festnahme in Wien wegen der versteckten Pistole auf dem Flughafen Schwechat mit deutschen Datenbanken wurde festgestellt, dass die selbe Person als angeblicher Flüchtling Asyl beantragt hatte
• Kurz danach wurde seine Masterarbeit bekannt, die er in Frankreich geschrieben hatte, Titel Politischer Wandel und Subversionsstrategie (KORREKTUR, nicht! Subventionsstrategie). Eine Begutachtung des Manuskripts durch das Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr (ZMSBw) im Januar 2014 kam zu dem Ergebnis:
Bei dem Text handelt es sich nach Art und Inhalt nachweislich nicht um eine akademische Qualifikationsarbeit, sondern um einen radikalnationalistischen, rassistischen Appell, den der Verfasser mit einigem Aufwand auf eine pseudowissenschaftliche Art zu unterfüttern versucht. (…)
Was der Verfasser als Attacke der Anführer der (völkischen) Subversion bezeichnet, ist nicht andres als der Mythos vom Rassenkampf. (…) Der als Masterarbeit zu begutachtende Text ist deshalb keine geschichts- oder politikwissenschaftliche Abhandlung zum politischen Wandel, wie der Titel vermuten lässt, sondern ein Aufruf dazu, einen politischen Wandel herbeizuführen, der die gegebenen Verhältnisse an das vermeintliche Naturgesetz rassischer Reinheit anpasst.
Trotz Kenntnis der deutschen Vorgesetzen in Frankreich hatte diese Arbeit keine Folgen; eine disziplinarische Untersuchung endete offensichtlich folgenlos. Franco A. wurde 2015 zum Berufssoldaten ernannt.
• Weitreichende Folgen, unabhängig vom rechtlichen und disziplinarischen Verfahren, hatte der Fall dagegen für die Bundeswehr selbst. Verteidigungsministerin von der Leyen reiste persönlich nach Illkirch (wo den Medien dann ein Aufenthaltsraum der Unteroffiziere mit Wehrmachtsdevotionalien präsentiert wurde, der nach heutiger Kenntnis keinen Bezug zu Franco A. hatte) und ging danach rigoros gegen tatsächliche oder vermutete rechtsextremistische Umtriebe in der Truppe vor. Anfang Mai 2017 warf die Ministerin aufgrund dieses Vorgangs, aber auch anderer Vorkommnisse in der Truppe der Bundeswehr ein Haltungsproblem vor.
• Die Frage, ob Franco A. Teil eines rechtsextremistischen Netzwerks in der Bundeswehr und darüber hinaus war, ist auch vier Jahre nach Bekanntwerden des Falles umstritten. Hinweise – bzw. Berichte darüber – gab es mehrfach, Konkretes selten. Interessant ist die interaktive Übersicht der Kolleg:innen der taz zu diesem Umfeld.
Unterm Strich: Weiterhin gibt es drei Ebenen des Falls Franco A., und nur eine davon ist Teil des jetzt begonnenen Gerichtsverfahrens:
- die strafrechtlichen Vorwürfe, mit denen sich das OLG Frankfurt befasst
- die Frage, ob der Soldat Franco A. mit dem später bekanntgewordenen Umfeld nicht in der Bundeswehr nicht zu irgendeinem Zeitpunkt hätte auffallen müssen
- und, für die Streitkräfte eigentlich das Entscheidende: Welche Erkenntnisse über rechtsextremistische Strukturen in der Bundeswehr und ggf. anderen Sicherheitsbehörden gibt es nach den Ermittlungen in diesem Fall und welche Konsequenzen sind noch daraus zu ziehen?
Die interessante Frage wird sein, ob es aus dem Verfahren in Frankfurt Erkenntnisse für die beiden anderen Ebenen geben wird.
Nachtrag: Der Spiegel-Bericht zum Prozessauftakt und ein interessanter Hintergrund zum Paragraphen 89a Strafgesetzbuch.
Wenn ein Mandant von mir kurz vor dem Prozess ein 45-minütiges Interview auf RT gäbe, in dem es genau um die im Prozess zu klärenden Vorwürfe geht, würde ich allerdings im Dreieck springen.
Hallo,
eine Frage – ist die Information, dass Franco A. „damals S3 des Jägerbataillons 291“ war, richtig? Ist das nicht normalerweise eine Stelle für einen Stabsoffizier?
[In der Tat, das ist eine ungesicherte Information; mache ich entsprechend kenntlich. Danke für den Hinweis. T.W.]
@Andreas Moser
Ist doch toll. Das verkürzt das Verfahren enorm.
@Nils-Berlin
Eine S3 Abteilung in einem Bataillon hat auch „normale“ Offiziere. Daneben gibt es natürlich den S3 StOffz.
Für die Sicherheitsbehörden des Bundes wurde bereits ausführlich untersucht, ob es dort rechtsextremistische Strukturen gibt. Es wurden jeweils null Fälle der Mitgliedschaft in rechtsextremen Organisation, des Kontakts zu diesen oder des Kontakts zu rechtsextremen Personen identifiziert, siehe S. 17 dieses Dokuments: https://www.verfassungsschutz.de/SharedDocs/publikationen/DE/2020/lagebericht-rechtsextremisten-in-sicherheitsbehoerden.pdf
[Jo. Da steht ja nicht, dass keine Rechtsextremisten erkannt wurden:
Durch die Sicherheitsbehörden des Bundes wurden 58 Verdachtsfälle mit Bezug zum Rechtsextremismus gemeldet.
Diese Verdachtsfälle führten zu insgesamt 62 Verfahren: davon 38 disziplinarrechtliche Verfahren (61%), 23 Entlassungen/Nichternennungen in das Beamtenverhältnisauf Probe (37%) sowie in einem Fall zu arbeitsrechtlichen Schritten (2%).
Darüber hinaus wurden in dem genannten Zeitraum in der Hälfte der Fälle zusätzlich strafrechtliche Verfahren eingeleitet. In vier Fällen lagen den Verfahren und den ergriffenen Maßnahmen zusätzlich Sachverhalte ohne Rechtsextremismusbezug zugrunde (7%).
Am häufigsten fielen die unter Verdacht stehenden Personen durch sonstige rechtsextremistische Handlungen oder Äußerungen oder einen sonstigen rechtsextremistischen Bezug auf (89%). Darunter zählt etwa der Austausch von Chatnachrichten mit verfassungsfeindlichen Symbolen oder Äußerungen mit verfassungsfeindlichem Inhalt.
Und dann folgt der Satz, den Sie zitieren. Wobei ich mich natürlich frage, mit wem die entsprechende Chatnachrichten austauschen, wenn die doch gar keinen Kontakt zu anderen Rechtsextremisten haben…
Vorsorglich: Die Debatte „aber es gibt da doch gar keine Rechtsextremisten!“ hier nicht.
T.W.]
@T.W.
Sie hatten die Frage aufgeworfen, ob es „rechtsextremistische Strukturen in der Bundeswehr und ggf. anderen Sicherheitsbehörden gibt“. Ich habe versucht, Ihre Frage auf der Grundlage gesicherter Fakten zu beantworten. Demnach wurden zumindest in den Sicherheitsbehörden des Bundes eben keine Rechtsextremisten identifiziert, sondern nur Personen, die „rechtsextremistische Handlungen“ begangen haben. Das ist ein relevanter Unterschied, wenn es darum geht, mutmaßliche rechtsextreme Strukturen zu identifizieren. Im Bericht des BfV wird angedeutet, dass vor allem Fälle identifiziert wurden, in denen entsprechende Inhalte in Chatgruppen verbreitet wurden. Medienberichten kann man entnehmen, dass diese Fälle deshalb bekannt wurden, weil andere Teilnehmer dieser Gruppen dies gemeldet haben, d.h. es fand hier eben keine Kommunikation innerhalb einer rechtsextremen Struktur statt. Ihre Frage sollte somit zumindest für die Behörden des Bundes beantwortet sein.
@Nils_Berlin @Thomas Melber
Ich unterstelle, in S3 Abteilungen unserer Bataillone gibt es ausschließlich „normale“ Offiziere, Feldwebel und Mannsch.
In den S3 Stabsdienst-Abteilungen der Verbände (Großverbände führen J3 Abteilungen)
zuständig für Führung, Planung, Ausbildung, Organisation, in seltenen Fällen auch Operationsführung, dienen S3Fw/Offz und „der“ S3StOffz und AbtLtr S 3.
Franco A. kann also durchaus als S3Offz verwendet worden sein.
Es klang ja schon früher an, daß Franco A. vielleicht maßgeblich durch seine Offizierausbildung in FRA geprägt oder in seinen Ansichten bestärkt worden sein könnte.
Ich verweise daher auf die beiden offenen Briefe französischer Militärs zur Lage in Frankreich und der Rolle der Armee, der erste namentlich gezeichnet von ehemaligen Generalen, der zweite anonym von Offizieren.
[Hm, es gab Meldungen, dass die FRA Vorgesetzten sagten, nach dieser Masterarbeit wäre er bei ihnen raus.
Genau genommen steht das sogar in dem oben verlinkten Eintrag, den ich dann noch mal zur Lektüre empfehle:
https://augengeradeaus.net/2017/05/ministerium-sieht-im-fall-franco-a-rechtes-netzwerk-in-der-truppe/
Ich wäre also sehr, sehr vorsichtig mit solchen Schlussfolgerungen. T.W.]
@KPK
Da darf ich widersprechen, auch auf Bataillonsebene gibt es in den Abteilungen S3 und S4 je einen StOffz, in der S3 Abt der Brigaden auch mehrere – G3, und für current ops und future ops und vielleicht noch einen für die Ausbildung. Die G2 Abt. einer Brigade hat (wenn voll besetzt) 4 StOffz.
Der S3 StOffz war früher auch stv. BtlKdr aber soweit ich weiß wurden hier neue DP speziell als Stv. aufgemacht.
Ein Blick in das DP Portal ist hilfreich.
[Danke, den OT „was ist ein S3“ haben wir damit abgehandelt. T.W.]
Wenn man sich die Fernsehbilder vom heutigen ersten Prozesstag anschaut, dann kann man ins Grübeln kommen, ob Franco A. noch ein Mehrwert für unsere Bundeswehr sein kann.
Auf mich wirkt das alles irgendwie verstörend. Insbesondere das mit ihm geführte Interview.
Lediglich zur Klarstellung: Es gilt weiterhin die Unschuldsvermutung etc. Auch und gerade für Franco A.
@TW
Ja, der (zivile) Prüfer hat sich deutlich negativ geäußert. Ansonsten: was soll denn sonst ein Vorgesetzter sagen wenn er erkennt, daß es „nicht hilfreich“ ist offen für solche Thesen Partei zu ergreifen selbst wenn man sie nicht durchweg für abwegig hält? Warum wohl haben die aktiven Offiziere den zweiten offenen Brief nur anonym gezeichnet?
Beispiele gibt es ja auch in Deutschland.
@Thomas Melber
In keinem der offenen Briefe, die in Frankreich zuletzt von pensionierten Generalen oder aktiven Soldaten verfasst wurden, griffen die Autoren auf jene völkische Ideologie zurück, auf die Franco A. sich laut des vorliegenden Gutachtens in seiner Studienarbeit bezog. Nach meiner Erfahrung hat diese Ideologie unter französischen Offizieren keinerlei Rückhalt. Monarchismus und Gaullismus, auf die man dort durchaus trifft und die mutmaßlich auch bei den Verfassern dieser Briefe vorhanden sein dürften, haben mit völkischen Ideologien nichts zu tun.
@Thomas Melber „Ja, der (zivile) Prüfer hat sich deutlich negativ geäußert. Ansonsten: was soll denn sonst ein Vorgesetzter sagen wenn er erkennt, daß es „nicht hilfreich“ ist offen für solche Thesen Partei zu ergreifen, selbst wenn man sie nicht durchweg für abwegig hält?“
„Solche Thesen“ sind schlicht und ergreifend verfassungswidrig und rechtsextrem. Sie können sich gerne dazu mal die Definitionen von Rechtsextremismus durch den Verfassungsschutz anschauen.
Soldaten müssen allerdings zu unserer Verfassung stehen. Ein Mann, der eine solche Abschlussarbeit abgibt, gehört also sofort aus der Bundeswehr entlassen. Und ein Vorgesetzter, der solche Thesen nicht “durchweg für abwegig hält“ ebenso.
Und was heißt hier „der (zivile) Prüfer“? Warum betonen Sie das Wort „zivil“ so besonders? Es handelt sich hierbei um ein Gutachten von Wissenschaftlern aus dem Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr, quasi dann eben doch eigene Leute, wenn auch wissenschaftlich unabhängig.
@Florian Staudte sagt: 20.05.2021 um 21:48 Uhr
„Wenn man sich die Fernsehbilder vom heutigen ersten Prozesstag anschaut, dann kann man ins Grübeln kommen, ob Franco A. noch ein Mehrwert für unsere Bundeswehr sein kann.“
mEn gesagt stellt sich diese Frage nicht mehr.
Auch wenn ich das Urteil in Fragen des Hauptvorwurfs keinesfalls für ausgemacht halte, alleine die unbestrittenen (!) Nebenvorwürfe bedeuten schon zwingend seine Entfernung aus dem Dienst. Die Bw kann keinen Offizier brauche, der den Staat bei Sozialleistungen betrügt (und auch der Verstoß gegen das Waffengesetz ist inakzeptabel, wiewohl alleine für sich stehen vermutlich nicht für eine Entlassung ausreichend).
@BesorgteBürgerin
Die erste Beurteilung der Arbeit erfolgte in Frankreich, und ich bezog mich auf eine mögliche Ablage zwischen einem französischen (zivilen) Sozialwissenschaftler und einem französischen Stabsoffizier „alter Schule“.
[Das Derailing „waren doch die Franzosen“ lassen wir jetzt wirklich sein. Von einem zivilen franzöischen Wissenschaftler war mW nie die Rede, die Unterstellung, französische Stabsoffiziere alter Schule neigten diesen Thesen zu, ist auch, zumindest, unbelegt. Und damit ist das jetzt auch durch. T.W.]
Moin,
In den Medien wird Franco A. immer wieder als „Offizier der Bundeswehr“ betituliert. Das stört mich gewaltig. Ich empfinde dies als Herabwürdigung der Leistungen aller Offiziere, die gemäß ihrem Eid gute Arbeit geleistet haben.
Wurde er inzwischen eigentlich rechtskräftig unehrenhaft aus der Bundeswehr entlassen? (Wenn es den Begriff „unehrenhaft“ nicht mehr geben sollte – ich bin seit 14 Jahren a. D. )
[Zur Erinnerung: es gilt die auch hier immer wieder beschworene Unschuldsvermutung bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung. T.W.]
Kann eine wissende Person aufschlüsseln, was folgendes beinhaltet?
„Verbot der Ausübung des Dienstes und Uniformtrageverbot“
Kriegt der laut Zusammenfassung als Berufssoldat übernommene OLt damit weiterhin Bezüge gezahlt?
[Er ist weiterhin Bediensteter des Bundes und hat damit, so lange er in einem Dienstverhältnis ist, Anspruch auf Besoldung. T.W.]
Gandamack sagt: 20.05.2021 um 19:39 Uhr
Wer vor Anderen erkennbar und nachweislich rechtsextremistische Handlungen vollzieht, der wird von diesen Anderen eben auch als ein solcher erkannt (identifiziert), nämlich als Rechtsextremer. Warum attestieren Sie da einen „relevanten Unterschied“? Weil Sie der (falschen) Meinung sind, dass man Menschen nach wie vor nicht in den Kopf gucken kann und deshalb die Unschuldsvermutung gilt? Weil Sie glauben möchten, dass jemand der öffentlich (also auch in Chatgruppen) rechtsextrem performt in seinem tiefen uneinsehbaren Inneren doch ein Demokrat im Sinne der FDGO ist? Dann müssten sie nachvollziehbar einmal erklären, warum solche Demokraten gegen ihre innerste Überzeugung nach außen auftreten wie Rechtsextreme.
Warum gibt es die von Ihnen erwähnten Chatgruppen? Wollen sich da Leute über ihre tatsächlichen Denkweisen austauschen oder ist das nur so eine Art Druckablassventil in dem die Teilnehmer von jeder Kommunikation losgelöst, berührungslos nebeneinander stehen und rechtsextreme Inhalte posten, weil jeder Demokrat im Sinne der FDGO die Möglichkeit braucht sich in seinem demokratischen Denkgebäude einmal in den Keller zurückzuziehen, dort mit solchen Postings effektiv den angestauten rechten Überdruck abzubauen, um dann geläutert wieder aus dem Keller zurück in die Denkweisen freiheitlich-demokratischer Grundordnungen zu kommen?
Dann haben wir echt ein Demokratieproblem.
Hallo Herr Wiegold, nur am Rande, aber ich glaube bei Ihrem oben angeführten Titel der Masterarbeit hat sich der Fehlerteufel/Autokorrektur eingeschlichen, Müsste es nicht „Subversionsstrategie“ anstatt wie oben „Subventionsstrategie“ heißen?
Allen Anwesenden ein frohes Pfingstfest!
[Sie haben natürlich so recht, und erstaunlicherweise hat vorher keiner was gesagt. Ich bitte um Nachsicht für diesen Freud’schen Vertipper. Ist jetzt korrigiert. T.W.]
@JaBoG35 sagt: 21.05.2021 um 9:27 Uhr
„Wurde er inzwischen eigentlich rechtskräftig unehrenhaft aus der Bundeswehr entlassen? (Wenn es den Begriff „unehrenhaft“ nicht mehr geben sollte – ich bin seit 14 Jahren a. D. )“
Bei laufenden Strafverfahren muss im Regelfall das disziplinar(gerichtliche)-Verfahren ausgesetzt werden. Dies ist offensichtlich auch hier erfolgt.
Ich persönlich bedaure das im konkreten Fall, aber die WDO lässt da nur wenig Spielraum. Mit Blick auf die Hauptvorwürfe wäre es keinesfalls gegangen, denn eine Fortsetzung des gerichtlichen Disziplinarverfahrens ist erst nach gesicherter Sachaufklärung möglich.
Möglicherweise wäre es bei den Nebenvorwürfen gegangen, aber ob diese alleine für eine Entlassung ausreichen, muss man sehen (ich hoffe es, aber ich kenne die Akte natürlich nicht und kann deswegen keine qualifizierte Bewertung abgegeben).
@CIRstoerer sagt: 21.05.2021 um 9:33 Uhr
Kann eine wissende Person aufschlüsseln, was folgendes beinhaltet?
„Verbot der Ausübung des Dienstes und Uniformtrageverbot“
Kriegt der laut Zusammenfassung als Berufssoldat übernommene OLt damit weiterhin Bezüge gezahlt?
[Er ist weiterhin Bediensteter des Bundes und hat damit, so lange er in einem Dienstverhältnis ist, Anspruch auf Besoldung. T.W.]“
Ergänzung: Mit vorläufiger Enthebung vom Dienst kann außerdem eine Einbehaltung von bis zu 50% der Dienstbezüge angeordnet werden, wenn im Verfahren voraussichtlich auf Entfernung aus dem Dienst entschieden werden wird. Ich gehe mal davon aus, dass das hier erfolgt ist!
@sputo.di.rospo sagt: 21.05.2021 um 9:56 Uhr
Für die Frage von tatsächlich vorhandenen Netzwerken und einer realen Gefährdung unserer FDGO und/oder der Planung von Dienstvergehen und/oder Straftaten ist es natürlich ein wesentlicher Unterschied ob man „nur“ in Chatgruppen aktiv ist und „Dinge“ sagt oder ob man sich tatsächlich und aktiv Strukturen schafft.
Natürlich sind auch Äußerungen in Chatgruppen Dienstvergehen (und ggf. Straftaten) und müssen bewertet und potentielle geahndet werden, aber es ist halt eine andere Qualität, wenn man „nur“ verbotene Äußerungen tätigt, oder ob man aktiv Planungen betreibt, die gegen unserer Staat gerichtet sind.
Aber ich habe schon ein bisschen das Gefühl, dass das hier vom Thema France A. und dem Prozess wegführt. Oder anders formuliert, das wird doch jetzt sehr schnell OT, oder?
@sputo.di.rospo
„Wer vor Anderen erkennbar und nachweislich rechtsextremistische Handlungen vollzieht, der wird von diesen Anderen eben auch als ein solcher erkannt (identifiziert), nämlich als Rechtsextremer. Warum attestieren Sie da einen „relevanten Unterschied“?“
Eine „rechtsextremistische Handlung“ kann u.a. das Verbreiten von Darstellungen sein, die gegen den § 86a StGB verstoßen. Das ist eine Straftat und selbstverständlich nicht zu dulden, bedeutet aber in den allermeisten Fällen nicht, dass diese Person auch aus rechtsextremen Motiven gehandelt hat oder in einem rechtsextremen Kontext aktiv ist. Wenn man beurteilen will, ob rechtsextreme Netzwerke in Behörden aktiv sind, ist diese Differenzierung daher relevant.
„Warum gibt es die von Ihnen erwähnten Chatgruppen? Wollen sich da Leute über ihre tatsächlichen Denkweisen austauschen oder ist das nur so eine Art Druckablassventil…“
Es gibt beides, aber in den meisten untersuchten Fällen mit Behördenbezug ist (zumindest soweit dies offen kommuniziert wurde) Letzteres der Fall gewesen. Auf Bundesebene gibt es z.B. eine Häufung von Fällen bei der Bundespolizei, die offenbar auf jüngere Beamte zurückgeht, die in ihrer Tätigkeit verstärkt Frustrationserfahrungen ausgesetzt sind und auf diese Weise Stress abbauen wollen. Keine dieser Personen war Mitglied einer extremistischen Organisation oder hatte Kontakt zu einer solchen.
In der Bundeswehr gibt es dem Vernehmen nach das gleiche Problem. Vor allem fragile Personen, bei denen es sich nicht um Extremisten handelt, verarbeiten demnach Stress z.T. dadurch, dass sie sich als harter Kämpfer zu inszenieren versuchen und dabei Wehrmachts- oder NS-Bezüge verwenden. Das muss selbstverständlich geahndet werden, ist aber kein Hinweis auf ein die Existenz rechtsextremer Netzwerke in der Bundeswehr.
Franco A. hingegen scheint ein anderer Fall zu sein. Der Prozess wird zeigen, welche seiner mehreren mutmaßlichen Straftaten ggf. einen rechtsextremen Hintergrund hatten. Dieser Hintergrund liegt aus mehreren Gründen ja durchaus nahe. Vielleicht gibt es ja auch Überraschungen, und es stellt sich z.B. heraus, dass die falsche Identität und der Waffenbeschaffung einen nicht-extremistischen kriminellen Hintergrund hatten.
@JaBoG35
„Wenn es den Begriff „unehrenhaft“ nicht mehr geben sollte – ich bin seit 14 Jahren a. D. “
Die Bezeichnung ‚unehrenhafte Entlassung‘ gab es seit Gründung der BW nicht. Man nennt und nannte das schon immer „Fristlose Entlassung“ – zumindest offiziell. Inoffiziell hat die Truppe das unehrenhaft genannt.
@Gandemark: Beim A. wurde eine Liste mit Anschlagszielen gefunden. Lesen sie doch bitte auch die von @T.W verlinkten Archiveinträge.
@AoR
„Beim A. wurde eine Liste mit Anschlagszielen gefunden.“
Davon abgesehen, dass es korrekt heißen muss, dass eine Liste mit mutmaßlichen Anschlagszielen gefunden wurde, habe ich nie etwas anderes behauptet. Im Fall Franco A. deuten ja tatsächlich viele der offen verfügbaren Informationen über den Stand der Ermittlungen auf rechtsextremistische Motive hin. Mir ging es nur darum, den in diesem Zusammenhang vorgebrachten Verschwörungstheorien über angebliche rechtsextreme Netzwerke in anderen Sicherheitsbehörden durch Fakten zu begegnen.
@Trevor Faith sagt:
„Die Bezeichnung ‚unehrenhafte Entlassung‘ gab es seit Gründung der BW nicht. Man nennt und nannte das schon immer „Fristlose Entlassung“ – zumindest offiziell.“
Kleine Korrektur (aber an dieser Stelle nicht unwichtig) die fristlose Entlassung ist die „unehrenhafte Entlassung“ gem. § 55 (5) SG innerhalb der ersten vier Jahre! Aber das ist hier nicht einschlägig weil Franco A schon (deutlich) länger als vier Jahre Soldat ist.
Im vorliegenden Fall wird die „unehrenhafte Entlassung“ erfolgen als
– „Verlust der Rechtsstellung eines Berufssoldaten“ gem. § 48 SG, wenn er mehr als ein Jahr Freiheitsstrafe kassiert (Faustregel, die genaue Grundlage ist etwas vielschichtiger) oder
– „Entfernung aus dem Dienstverhältnis“ gem. § 63 WDO, wenn er weniger als ein Jahr bekommt und erst noch ein gerichtliches Disziplinarverfahren zusätzlich eingeleitet werden muss.
In Zusammenhang mit dem Prozessbeginn vor dem Oberlandesgericht Frankfurt stellte eine
n-tv Kommentierung einen antisemitischen Bezug in der in Rede stehenden Arbeit her.
Das ZMSBw kam im Januar 2014 kam zu dem Ergebnis:
„Bei dem Text handelt es sich nach Art und Inhalt nachweislich nicht um eine akademische Qualifikationsarbeit, sondern um einen radikalnationalistischen, rassistischen Appell …“ (s.o.)
Zum Hintergrund sollte Berücksichtigung finden „Das Konzept der Rasse ist das Ergebnis von Rassismus und nicht dessen Voraussetzung“. (www.uni-jena.de190910_JenaerErklärung.html)
Eine Gesellschaftsauffassung, die im „Mythos vom Rassenkampf“ lebt wird erfahrungsgemäß antisemitisch und mit Islamophobie behaftet auftreten.
Ein Zusammenhang von nationalistisch und antisemitisch wäre dabei alles andere als überraschend, nur wurde dies bisher in den zurückliegenden vier Jahren (noch?) nicht hervorgehoben, oder?
Link https://fragdenstaat.de/anfrage/masterarbeit-franco-a-politischer-wandel-und-subversionsstrategie/ enthält aus 2017 weiterführenden Link welt.de/politik/deutschland … u.a. mit dem Inhaltsverzeichnis der Masterarbeit.
Man muss das Gerichtsverfahren abwarten. Was den Waffenbesitz angeht, den hat er im Interview mit RT unumwunden zugegeben. Den Rest muss man ihm erst einmal beweisen. Was die Rechtsauffassung betreffend der Definitionen von Rechtsextremismus durch den Verfassungsschutz angeht ist es eben nur deren Rechtsauffassung. Das muss das Gericht nicht unbedingt teilen. Die Bereicherung hat er im Interview mit RT bestritten.
Ob am Ende eine Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr dabei herauskommt wird man sehen müssen. Das könnte für die Bundeswehr ziemlich peinlich ausgehen, wenn dort keine Freiheitsstrafe über einem Jahr verhängt wird. Vom weiteren Klageweg, wie bei Major Pfaff und der damaligen Revision des Urteils, möchte ich gar nicht denken.
[Hui. Illegaler Waffenbesitz, Asylbetrug, vom Rest reden wir erstmal gar nicht, und dann heißt es „ob am Ende eine Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr dabei herauskommt“… Was soll denn hier argumentativ vorbereitet werden? T.W.]
@Klaus-Peter Kaikowsky
Warum sollte ein politischer Appell wie die „Jenaer Erklärung“ im Verfahren gegen A. berücksichtigt werden? Im Verfahren geht es um die Frage, ob A. die ihm vorgeworfenen Anschläge geplant hat oder nicht.
Ihre anderen Thesen sind unabhängig davon kaum haltbar. Der Islam ist keine „Rasse“, und der NS als rassistische Ideologie war zwar antisemitisch (und antislawisch etc.), aber nicht muslimfeindlich. Umgekehrt sind nationalistische Bewegungen nicht grundsätzlich antisemitisch, zumal der NS sich eben nicht auf die Nation, sondern auf die „Rasse“ berief.
Abgesehen davon wäre es jedoch wichtig, zu verstehen, auf welche ideologischen Einflüsse sich A. gestützt hat bzw. ob bei ihm überhaupt eine kohärente Ideologie vorhanden war, die ggf. auch von anderen geteilt wird oder größeren Einfluss gewinnen könnte. Dafür müsste man aber den Text von A. einsehen können, bei dem schon das Inhaltsverzeichnis offenbart, dass es nicht die Anforderungen an eine wissenschaftliche Arbeit erfüllt.
@Jan-Peter Brodersen sagt: 23.05.2021 um 2:34 Uhr
Auch wenn ich Ihnen zustimme, dass eine Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr noch keineswegs ausgemacht ist, so sehe ich da für die Bundeswehr überhaupt gar keine Peinlichkeit.
Wenn überhaupt eine Peinlichkeit vorliegen würde, dann höchstens für die Bundesanwaltschaft. Aber da der BGH ja ihre Position unterstützt hat und das OLG übersteuert hat, muss auch die Bundesanwaltschaft sich glaube ich keine Vorwürfe diesbezüglich gefallen lassen. Ob es ein Schuldspruch in allen Punkten geben wird oder nicht, dass wird das Gerichtsverfahren zeigen. Genau dafür ist es ja da! Rechtsstaat und so.
Wenn man eine Sache kritisieren möchte, dann vielleicht die Verfahrensdauer. Aber das ist ja wohl leider nichts ungewöhnliches derzeit :(
Und nur um eines klarzustellen: auch wenn es keine Freiheitsstrafe über einem Jahr werden sollte (!), selbst dann ist für Franco A. mEn kein Platz mehr in der Bundeswehr. Das wird dann halt nur noch ein weiteres Verfahren brauchen und dann wirft ihn halt (hoffentlich) das Truppendienstgericht raus.
Jetzt mal unabhängig von den Hauptvorwürfen (und die scheinen ja durchaus nicht auf dicken Eis zu stehen), alleine bei den Nebenvorwürfen ist genug dabei, dass ich einem OLt/Hptm Franco A. keine meiner Soldaten anvertrauen würde wollen. Treues Dienen, Ehrlichkeit und Loyalität und so scheinen ja nicht seine Stärken zu sein :(
@Gandamack
„Der Islam ist keine „Rasse“, … exakt das trifft meine Auffassungen. Wo haben Sie anderes her?
Die „Jenaer Erklärung“ kann (!) relevant werden, wenn A. Antisemitismus im Verfahren nachgewiesen werden würde.
Sein Rasseverständnis („radikalnationalistischen, rassistischen Appell“) gälte es dann nämlich zu untersuchen.
@KPK:
Man müsste den Text einsehen, aber es drängen sich anhand der Gliederung der Verdacht zu Parallelität zu Weltvervschwörungstheorien auf. Z.B „Deep State“ und „Elders of Zion“ wie sie von den NAZIs und anderen Faschisten Europas, z.T auch Soviets und Islamisten propagier(t)en, um die USA als ein Quell allen Übels zu diskreditieren.
Man könnte recherchieren, ob Namen und Vorgänge in den USA, welche durch die Gliederung aufgegriffen wurden, auch durch einschlägige Verschwörungsmythen aufgegriffen werden.
Eine derartige Synthese / Vergleichsarbeit zu schreiben wäre eher Aufgabe des Verfassungsschutzes mit dem Erkenntnissinteresse, wie alte Verschwörungsmythen der Agitation und Propaganda in neuem Gewandt verbreitet werden.
Es ist anzunehmen, dass das Gericht der Frage zur Motivation des A. einige Zeit widmen wird, um zu klären, ob eine rechtsextreme Gesinnung vorliegt und ob sie bekannte Straftaten motivierte.
Das war übrigens auch der Fall im Prozess gegen den UmP wegen illegalen Waffenbesitz. In diesem Fall wurde keine rechtsextreme Gesinnung festgestellt. So als kleiner Exkurs.
Die sog. Masterthesis des A. wird dann bei Gericht womöglich Thema eines Gutachtens werden…
@Koffer
Nehmen wir einmal folgendes Beispiel:
https://www.welt.de/regionales/hamburg/article169169470/Er-soll-Waffenteile-verkauft-haben-milde-Strafe-fuer-Offizier.html
Dieser Hauptmann hat Unterschlagung von Waffenteilen für das Sturmgewehr G36 und unerlaubten Waffen- und Sprengstoffbesitzes begangen und sogar aktiv damit gehandelt.
Dieser Hauptmann wurde zu 10 Monaten auf Bewährung und Geldstrafe verurteilt.
Dagegen ist die einzelne Waffe mit Munition, die nicht aus Bundeswehrbeständen stammt, eine Kleinigkeit. Wenn Franco A. einen guten Anwalt hat und den Rest ausgeräumt bekommt, ist das weit aus weniger als in dem angeführten Fall.
@Gandamack
Mkn wird aus historischen Gründen auch entsprechende Diskrimination von Religionen bzw. deren Anhängern auch als Rassismus verstanden
@Jan-Peter Brodersen sagt: 23.05.2021 um 16:54 Uhr
„Dagegen ist die einzelne Waffe mit Munition, die nicht aus Bundeswehrbeständen stammt, eine Kleinigkeit. Wenn Franco A. einen guten Anwalt hat und den Rest ausgeräumt bekommt, ist das weit aus weniger als in dem angeführten Fall.“
1. Ich habe Ihnen doch zugestimmt, dass eine Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr wenn die Hauptvorwürfe nicht nachgewiesen werden können mEn noch keineswegs ausgemacht ist.
2. Im vorliegenden Fall haben Sie aber auch zusätzlich Betrug und deswegen würde ich auch nicht wetten, dass die Nebenvorwürfe ihn nicht doch über die Grenze bringen.
Aber wenn ich ehrlich gesagt bin, dann interessieren mich persönlich nur drei Dinge:
Erstens, ist er bei den Hauptvorwürfen schuldig.
Zweitens, wenn ja, was sind seine Beweggründe gewesen eidbrüchig zu werden sowie Gewalttaten zu planen.
Drittens, unabhängig von den Hauptvorwürfen, wie lange müssen wir noch warten, bevor er aus den Streitkräften rausfliegt.
@AoR
Das Gericht wird sich im Bemühen um Aufklärung intensiv mit der Arbeit auseinandersetzen.
Die ursächlichen Beweggründe des A. zur Formulierung eines „radikalnationalistischen, rassistischen Appell“(s) sind unbedingt umfassender Untersuchung zuzuführen. Schließlich muss herausgearbeitet werden, warum die Laufbahn bis 2017 unerkannt, jedenfalls ungestört verlaufen konnte, wie dies augenscheinlich der Fall war. Welchen Einflüssen unterlag A., vor allem aber auch, wen beeinflusste er?
Die Ursachenforschung muss die mögliche Nutzung von Weltverschwörungstheorien wie „Mein Kampf“ aber noch ursächlicher auch den Verschwörungsklassiker des frühen 20. Jahrhunderts, „Elders of Zion“ oder „Protokolle der Weisen von Zion“ einbeziehen.
Das Gericht wird zu diesem Zweck historischen Sachverstand von außerhalb des Gerichts bemühen müssen.
Die „Protokolle“ stellen das am weitesten verbreitete antisemitische Pamphlet des Jahrhunderts dar. Bereits um 1898 aber wurde das Traktat in zaristischen Amtsstuben nach Epigonenmanier zusammen gestückelt. Motiv: Herausstellung einer jüdischen Weltverschwörung.
Dies wurde 1929 im Parteiverlag der NSDAP begierig aufgenommen. (1)
Sofern die Arbeit des A. antisemitisch und rassistisch, also national-sozialistisch, bewertet und eingeordnet wird, stoßen Historiker mit Bestimmtheit auf die „Protokolle“.
(1) Wolfgang Benz, Vom Vorurteil zur Gewalt, Herder, Freiburg i. Br., 2020
@KPK
„“Der Islam ist keine „Rasse“, … exakt das trifft meine Auffassungen. Wo haben Sie anderes her?“
Ich hatte Ihre Bemerkung über „Islamophobie“ als indirekten Verweis auf das Konzept des „antimuslimischen Rassismus“ missverstanden, das derzeit bestimmte Aktivisten zur Grundlage behördlichen Handelns zu machen versuchen. Auf die damit verbundenen Probleme näher einzugehen, würde aber vermutlich den Rahmen hier sprengen…
[Diesen OT verfolgen wir hier bitte nicht weiter. T.W.]
@Gandamack: Es gibt keinen Rassismus-, Faschismus- oder Antisemitismus- Tatbestand. Im Kern wird die Verächtlichmachung von sozialen Gruppen im Zuge einer Diskriminierung verfolgt. Hierzu:
Wissenschaftliche Dienste (des Bundestag) Sachstand
Rechtliche Einzelfragen zu verschiedenen Formen von Rassismus
Aktenzeichen: WD 7 – 3000 – 112/20
Abschluss der Arbeit: 26. Oktober 2020
Fachbereich: WD 7: Zivil-, Straf- und Verfahrensrecht, Bau und Stadtentwicklung
https://www.bundestag.de/resource/blob/810116/eb8aeaac452a2098a47804c334a4d68a/WD-7-112-20-pdf-data.pdf
@T.W: Mit bitte um Zulassung des Kommentars im Lichte der PolBil.
@AoR
Vermutlich bin ich nicht der richtige Adressat Ihres (völlig richtigen) Hinweises? Ich hatte doch bereits oben betont, dass es beim Prozess gegen Franco A. nicht um dessen Gesinnung, sondern darum geht, ob er eine schwere staatsgefährdende Straftat vorbereitet hat oder nicht.
Unabhängig davon beobachten Verfassungsschutzbehörden und der MAD nicht Straftaten, sondern Bestrebungen gegen die FDGO, und in diesem Zusammenhang können die von ihnen genannten (und leider nicht immer klar definierten) Begriffe tatsächlich Anwendung finden.
Kleiner Reminder: Mit der Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe > 1 Jahr ist die Entfernung aus dem Soldaten- bzw. Beamtenverhältnis in der Regel indiziert. Das heißt aber nicht, dass man bei 11 Monaten nicht trotzdem aus dem Dienst entfernt werden kann.
Vgl. beispielhaft: VG Koblenz, Urteil vom 23. November 2016, 2 K 471/16.KO. Näheres zu den Hintergründen (dort ging es um einen Feldwebel SaZ) enthält die Pressemitteilung des Verwaltungsgerichts.
Auch im Fall Franco A. kann man m.E. die charakterliche Eignung angesichts der Art der Taten nur verneinen.
@Gandemack: Ich Bezog mich auf ihren Kommentar vom 23.05.2021 um 21:27 Uhr im Zuge dessen sie von „Islamophobie“ auf „antimuslimischen Rassismus“ und die Notwendigkeit „behördlichen Handelns“ eingehen. Zudem stellen sie nun die These auf, die FDGO würde Begriffe (sie meinen Rassismus, Faschismus, Antisemitismus etc.?) nicht klar definieren.
Die FDGO lässt sich nicht auf das Niveau derer herab, die z.B. den Begriff Rasse aus Rassismus geformt haben, sondern formt einen allgemeinen Begriff der „Verächtlichmachung von Menschen und Gruppen von Menschen anhand bestimmter Eigenschaften wie Herkunft, Glauben und Weltanschauung“. Aussagen, welche diese Eigenschaften als Stigma kommunizieren werden und Minderbehandlung fordern oder Verbrechen, welche im Zuge tatsächlicher Minderbehandlung ausgeübt werden, sind unter Strafe gestellt und/oder wirken sich spürbar auf das Strafmaß aus. Schlagwörter und Wortschöpfung wie „antiislamischer Rassismus“ o.Ä können hierunter immer nur Fälle beschreiben, die den kleinsten gemeinsamen Nenner mit z.B Antisemitismus (antijüdischer Rassismus) oder Faschismus (antiliberaler Rassismus) haben: Verächtlichmachung.
Vor diesem Hintergrund wird dann erst eine Einordnung des A.’schen Traktats möglich: Ein menschenverachtender Rundumschlag, welcher bereits in der Gliederung deutlich wird. Hier wird das gesamte psycho-physische System eines Menschen, also sein Glaube, seine Weltanschauung aber auch genetische Merkmale zum Gegenstand entwürdigender Versachlichung herab zum Werkzeug einer „Subversion“. A. fängt weder bei Rasse an noch hört er dort auf, er schlägt einen Weg ein, der ihn zu dem der FDGO und dem Humanismus am diametral entgegenstehenden Punkt (überhaupt möglich) führt.
@KPK; Das eine ist eine Synthese zur Einordnung dessen, was uns da vorliegt. Ein ganzheitliches Gutachten legt zudem eine Methodik zugrunde. Hier bieten evtl. Hanna Arendts Findungen unter anderen aus „Banalität des Bösen“ eine Grundlage.
Das Böse, schlicht simpel, und unser Blick ist durch diese zerfahrene Debatte zu Spielarten der Entwürdigung vernebelt. Denn wer Blinkin’sche Arbeiten kennt, der ahnt, A. kann nicht „nur“ einen Rassebegriff ansetzen, es fände sich eine Definition von „Art“ in diesem Schandwerk. Und in diese „Art“ passen weder Muslime, Juden, Christen whoever …
@Metallkopf sagt: 25.05.2021 um 11:29 Uhr
„Kleiner Reminder: Mit der Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe > 1 Jahr ist die Entfernung aus dem Soldaten- bzw. Beamtenverhältnis in der Regel indiziert. Das heißt aber nicht, dass man bei 11 Monaten nicht trotzdem aus dem Dienst entfernt werden kann.“
Dazu hatte ich bereits am 21.05.2021 um 17:39 Uhr etwas geschrieben.
„Vgl. beispielhaft: VG Koblenz, Urteil vom 23. November 2016, 2 K 471/16.KO. Näheres zu den Hintergründen (dort ging es um einen Feldwebel SaZ) enthält die Pressemitteilung des Verwaltungsgerichts.“
Allerdings wäre das hier nicht einschlägig, weil es sich in diesem Fall um einen Soldaten innerhalb der ersten vier Jahre nach Ernennung gehandelt hat, was bei Franco A. nicht der Fall ist. Innerhalb der ersten vier Jahre ist eine Entlassung relativ einfach. Bei France A. wird es aufgrund seiner bereits längeren Dienstzeit erheblich schwieriger. Dennoch haben Sie Recht, auch bei ihm ist ein Rauswurf auch bei einer Freiheitsstrafe von unter einem Jahr definitiv möglich.
@all
Bericht des Spiegels zum heutigen zweiten Prozesstag:
https://www.spiegel.de/panorama/justiz/prozess-gegen-franco-a-in-frankfurt-wie-sich-der-offizier-als-syrischer-fluechtling-ausgab-a-f614c427-7c32-459b-ba1f-ec131dd154ce
@Koffer
Gibt es nicht auch das Thema „Unterschlagung“ bzw. Diebstahl von Munition und „unerlaubte Abwesenheit“?
@Thomas Melber sagt: 25.05.2021 um 20:10 Uhr
„@Koffer
Gibt es nicht auch das Thema „Unterschlagung“ bzw. Diebstahl von Munition und „unerlaubte Abwesenheit“?“
Ja, vermutlich.
Korrektur zu meinem letzten Kommentar. Streiche Blinkin‘sche, setze Barnett’sche.
Thomas P. M. Barnett (* 1962 in Chilton, Wisconsin) ist ein US-amerikanischer Forscher auf dem Gebiet der Militärstrategie.
@all
Bericht des Spiegels zum heutigen dritten Prozesstag:
https://www.spiegel.de/panorama/justiz/franco-a-vor-gericht-bundeswehroffizier-raeumt-besitz-von-waffe-und-sprengkoerpern-ein-a-3588decb-d34b-4d79-a8dc-48c3385278ba
Eine kritische Auseinandersetzung mit den bisherigen Aussagen aus dem Prozess findet sich übrigens bei der Süddeutschen Zeitung („Angeblich alles ganz harmlos“).
So unbedarft wie sich Franco A. nach dieser Darstellung vor Gericht zeigt, ist es für mich persönlich entweder verwunderlich, dass er mit dieser Naivität Soldat war oder anzunehmen, dass das wohl doch nicht ganz den Tatsachen entspricht.