Fall Franco A.: Hinweise auf größeres Netzwerk in der Bundeswehr (Nachtrag: Ministerium)

Der Bundeswehr-Oberleutnant Franco A., der als angeblicher syrischer Flüchtling auftrat und  Anschläge mit rechtsextremistischem Hintergrund geplant haben soll, war angeblich Teil eines rechtsextremen Netzwerks in der Bundeswehr, das bis in das Kommando Spezialkräfte (KSK) und den Militärischen Abschirmdienst (MAD) reicht. Das berichtet der Focus unter Berufung auf Ermittlungsakten des Bundeskriminalamtes. Gegen einen MAD-Mitarbeiter, der vor bevorstehenden Durchsuchungen in diesem Zusammenhang gewarnt haben soll, wurde bereits Anklage wegen des Verdachts der Verletzung von Dienstgeheimnissen erhoben.

Nach dem Bericht auf der Webseite des Magazins (Link aus bekannten Gründen nicht) stellte das BKA bei seinen Ermittlungen ein konspiratives Netzwerk von radikalen  so genannten Preppern innerhalb der Bundeswehr, aber auch aus anderen Sicherheitsbehörden fest. Danach soll es zahlreiche Verbindungen zu einem Verein für Elitesoldaten und zu Angehörigen des KSK geben. Laut Zeugenaussagen seien unter anderem konkrete Planungen für das Vorgehen gegen missliebige Politiker gemacht worden. Das Netzwerk habe auch geheime Waffendepots und Treibstofflager angelegt.

Vor dem Amtsgericht Köln wurde in diesem Zusammenhang Anklage gegen einen Oberstleutnant erhoben, der beim Militärischen Abschirmdienst für den Kontakt zum Bundeskriminalamt und zur Bundesanwaltschaft zuständig war. Dem Offizier werde vorgeworfen, Informationen über bevorstehende Ermittlungsmaßnahmen in einer Kaserne weitergegeben zu haben, bestätigte ein Sprecher des Gerichts die Angaben des Focus. Wann das Verfahren wegen der Verletzung von Dienstgeheimnissen (Paragraf 353b des Strafgesetzbuches) beginne, sei noch nicht entschieden. (Aktenzeichen 539 Ds 297/18)

Nachtrag: Nach diesem Bericht habe ich in der Bundespressekonferenz Jens Flosdorff gefragt, den Sprecher des Verteidigungsministeriums. Seine Aussage im wesentlichen: Die Ermittlungen laufen, und aktuellen Handlungsbedarf für Bundeswehr oder Ministerium gibt es derzeit nicht. Im Wortlaut zum Nachhören:

BPK_Bundeswehr_09nov2018     

 

(Transkript unten)

Nachtrag 2: Der angeklagte Oberstleutnant ist nach Informationen von Augen geradeaus! weiterhin im MAD tätig, allerdings mit einem anderen Aufgabenbereich.

Das Transkript des obigen Audios aus der Bundespressekonferenz:

Frage: Ich habe eine Frage an Herrn Flosdorff, also an das Verteidigungsministerium. Sie kennen sehr wahrscheinlich den heutigen Medienbericht darüber, dass im Zuge der Ermittlungen im Fall Franco A. ein, wie es dort heißt, größeres konspiratives Netzwerk innerhalb der Bundeswehr mit Verbindungen bis hin zum Kommando Spezialkräfte und zu anderen Einheiten zutage getreten sein soll.

Außerdem – das ist inzwischen bestätigt – wurde in diesem Zusammenhang gegen einen Oberstleutnant des Militärischen Abschirmdienstes Anklage wegen des Verdachts der Verletzung von Dienstgeheimnissen erhoben.

Was können Sie uns aus Sicht des Ministeriums dazu sagen?

Flosdorff: Ich kann Ihnen aus Sicht des Ministeriums gerne bestätigen, um am Ende anzufangen, dass die zuständige Staatsanwaltschaft gegen einen Angehörigen der MAD ein Verfahren führt. Über den Stand und den Inhalt des Verfahrens, das ja die Staatsanwaltschaft führt, kann ich Ihnen hier keine Angaben machen.

Im Übrigen sind viele in diesem Bericht enthaltene Stränge auch seit Längerem bekannt. Es gibt einen Verein, der nicht verboten ist. Wir haben keine weiteren Erkenntnisse über diesen Verein als die, die öffentlich einsehbar sind.

Dann gibt es die Ermittlungen zum Fall Franco A., über die schon vielfach unterrichtet worden ist, auch schon in den parlamentarischen Gremien. Aber auch diese Ermittlungen werden ja nicht durch Militärbehörden geführt, sondern es ist die Bundesanwaltschaft, die diese Ermittlungen führt.

Dann gibt es, wie auch in der Presse schon einmal öffentlich berichtet worden ist, Ermittlungen gegen die „Prepper“-Szene, die auch nicht von der Militärseite geführt werden, sondern von den zivilen Behörden.

Haben Sie insofern bitte Verständnis dafür, dass ich hier jetzt nicht auf irgendwelche Details eingehen kann, die mir zum Teil nicht bekannt sind beziehungsweise hinsichtlich der ich hier nicht auskunftsbefugt bin.

Zusatzfrage: Im Fall des MAD-Mitarbeiters ist ja inzwischen auch Anklage vor dem Amtsgericht Köln erhoben worden. Ist dieser Mitarbeiter denn parallel dazu vorerst aus dem Dienst entfernt worden, ist er weiterhin tätig, oder gibt es vonseiten der Bundeswehr disziplinarische Ermittlungen in diesem Fall?

Flosdorff: Wie Sie wissen, schließen sich, wenn zivile Ermittlungen laufen, die disziplinarischen Ermittlungen innerhalb der Bundeswehr immer an den Abschluss ziviler Ermittlungen an. Ich bitte um Verständnis dafür, dass ich mich hier nicht dazu einlasse.

Das andere kann ich Ihnen schlicht nicht sagen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er jetzt dort seiner Tätigkeit nachgeht. Ich müsste einfach im Ministerium nachfragen. Vielleicht werde ich die Information darüber, welche vorübergehenden Maßnahmen damals ergriffen worden sind, aber auch hier von den Kollegen bekommen.

Frage: Herr Flosdorff, wer hat denn ausgewählt, dass dieser MAD-Mitarbeiter, gegen den jetzt Anklage erhoben worden ist, der Verbindungsmann zum BKA bei den Ermittlungen zu Franco A. war? Welcher Vorgesetzte hat das entschieden? Hat der sich freiwillig gemeldet, und keiner hat das hinterfragt?

Außerdem wüsste ich gerne: Hat es vom MAD in der letzten Zeit oder in den letzten zwei, drei Jahren überhaupt Hinweise auf „Reichsbürger“ oder „Prepper“ in der Bundeswehr gegeben?

Flosdorff: Ich bitte, Fragen, die sozusagen den MAD betreffen, dann auch dem MAD zu stellen.

Ich weise im Übrigen darauf hin, dass eine Berichterstattung des MAD – auch eine regelmäßige Berichterstattung – in den dafür vorgesehenen Geheimdienstgremien des Deutschen Bundestags stattfindet. Es gab wiederholt nicht öffentliche Unterrichtungen. Aber es gibt ja zum Beispiel auch öffentliche Termine, die manchmal stattfinden. Ich werde, darf und kann Ihnen hierzu keine näheren Angaben machen.

Ich kann Ihnen nur sagen, dass solche Bestrebungen – extremistische Bestrebungen jedweder Art, ob es linksextremistische Bestrebungen, rechtsextremistische Bestrebungen, islamistische Bestrebungen oder Bestrebungen woher auch immer sind – in der Bundeswehr ohne Nachsicht und mit voller Härte verfolgt werden, dies auch sehr erfolgreich und in der Regel durch den MAD. Eine Vielzahl von Fällen gibt darüber Auskunft. Es gab seit der Einführung ungefähr 200 Fälle, also 199 Fälle, in denen Ehemalige oder Soldaten als Extremisten beziehungsweise Rechtsextremisten aufgeführt worden sind. Ich hole diese Zahlen gerade einmal. Die Vielzahl dieser 199 Fälle stammt aus der Zeit vor der Einführung der Wehrpflicht; das sind 170. Gegen die verbliebenen Angehörigen werden auch gerichtliche Verfahren geführt. Wir werden Extremismus in der Bundeswehr auch weiterhin konsequent entgegentreten.

Zusatzfrage: Aber hat die Ministerin so nicht den Eindruck, dass man da auch ein bisschen den Bock zum Gärtner gemacht hat, wenn solche Leute, die so etwas durchstechen, dort arbeiten?

Flosdorff: Das sind alles Fragen – – – Entschuldigung, da gibt es, glaube ich, ein Missverständnis. Die Ministerin führt nicht den MAD. Der MAD ist eine Behörde unter dem Dach der Bundeswehr. Es ist eine eigenständige Behörde. Es ist ein Geheimdienst, der dem Parlament in den dafür zuständigen Gremien auch regelmäßig Bericht erstattet, die auch sehr intensiv mit den zivilen Behörden, den Geheimdiensten und den anderen Zuständigen zusammenarbeiten. Alle Fragen rund um die Organisation des MAD können Sie dem MAD gerne stellen, wenn er darüber Auskunft gibt. Wenn die Verfahren abgeschlossen sein werden, dann wird das sicherlich auch irgendwie öffentlich geschehen. Bis dahin wird in den dafür vorgesehenen geheimen Gremien des Parlaments Auskunft gegeben. Ich habe auch gar keine Zweifel daran, dass der MAD als Ganzes und als solches mit aller Härte und Entschlossenheit diesen Fällen nachgeht.

Frage: Herr Flosdorff, wie zufrieden sind Sie denn als Aufsichtsbehörde mit der Arbeit des MAD in diesem Fall?

Gab es seit dem Fall Franco A. eigentlich interne Umstrukturierungen oder eine Neuorganisation innerhalb des MAD?

Flosdorff: Die Extremismusprüfung – das wissen Sie ja – ist verschärft worden. Man hat sie auch vorgelagert. Bevor die Menschen also zur Bundeswehr kommen und eingestellt werden, machen wir jetzt Vorüberprüfungen. Da gibt es auch Erkenntnisse.

Trotzdem – ich sage es noch einmal – haben wir keinen Zweifel daran, dass der MAD an sich als Organisation, als Behörde gut funktioniert und dass er auch gut geführt wird. Es gibt jetzt einen Fall staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen gegen einen bestimmten Angehörigen des MAD. Es bleibt auch abzuwarten, was am Ende des Verfahrens festgestellt werden wird. Bis dahin – ich bitte einfach um Verständnis; so sind auch die Verfahren – können Sie sich mit Ihren Fragen an den MAD wenden, und der MAD berichtet den dafür vorgesehenen Gremien des Deutschen Bundestags.

Frage: Herr Flosdorff, Sie sprechen immer von den staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen gegen den MAD-Oberstleutnant. Nach Angaben des Amtsgerichts Köln wurde bereits Anklage erhoben. Gibt es da unterschiedliche Sachstände?

Meine eigentliche Frage: Haben denn die bisherigen Ermittlungen, die ja überwiegend auf ziviler Seite geführt wurden, in diesem ganzen Umfeld zur Notwendigkeit struktureller Veränderungen oder der Veränderung von Kommunikationsbeziehungen innerhalb der Bundeswehr geführt?

Flosdorff: Ich glaube, diese Frage führt ein bisschen auf das falsche Feld, weil es hierbei ja insbesondere um die Zusammenarbeit der zivilen Behörden geht. Wenn Sie jetzt die ganzen anderen Stränge betrachten, dann sind das ja zivile Behörden, die ermitteln. Wenn Sie jetzt sagen, dass die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen mit Erhebung der Anklage abgeschlossen sind, dann ist das eine technische Frage – jetzt bleibt abzuwarten, was in dem Verfahren herauskommen wird -, und ich danke für diesen juristischen Hinweis. Aber hierbei geht es ja eher um eine enge Zusammenarbeit, was die Erkenntnisse ziviler Behörden und die Erkenntnisse angeht, die der MAD innerhalb der Bundeswehr gewonnen hat. Der MAD ist nicht für ehemalige Soldaten zuständig, um die es in diesem Fall im Großen und Ganzen geht, wenn ich den Artikel heute Morgen richtig gelesen habe. Es gibt dort auch aktive Soldaten. Dem geht der MAD nach. Aber auch da werden viele Verfahren federführend durch zivile Behörden betrieben.

Zusatzfrage: Das war ja nicht meine Frage, sondern meine Frage war, ob die bisherigen Ermittlungen schon dazu geführt haben, dass man die Notwendigkeit der Veränderung von strukturellen Beziehungen oder Kommunikationsbeziehungen innerhalb der Bundeswehr sieht.

Flosdorff: Nein. Bisher und nach jetzigem Stand hat sich gegenüber dem, was im vergangenen und im vorvergangenen Jahr geschehen ist – auch im Zuge des Nachgangs zu dem Fall Franco A. und den Ermittlungen -, herausgestellt, dass es eine sehr gute und enge Zusammenarbeit zwischen den Behörden gibt. Die ist sicherlich nicht lockerer geworden, sondern die hat sich zwischen den zivilen Behörden, den militärischen Behörden und dem MAD auch eher vertieft. Im Moment gibt es keinen Anlass dafür – zumindest einmal keinen, der mir bekannt ist -, da über weitere strukturelle Veränderungen nachzudenken, weil es eigentlich um eine enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit in diesen Fällen geht und mir nichts anderes bekannt ist.