Der (nicht mehr ganz so) neue Schützenpanzer: Heer erklärt „taktische Gefechtstauglichkeit“ des Puma
Der Schützenpanzer Puma, der in der Bundeswehr den bald 50 Jahre alten Marder ablösen soll, ist nach Jahren der Nachbesserungen so weit wie ihn die Bundeswehr haben möchte: Das Heer erklärte die Einsatzreife, oder, wie es korrekt heißt, die taktische Gefechtstauglichkeit des Schützenpanzers. Ausschlaggebend dafür war die jüngste Einsatzprüfung des Pumas in der Ausstattung und Konfiguration, wie er für den Einsatz in der NATO-Eingreiftruppe 2023 genutzt werden soll.
Nachdem im Februar die taktische Einsatzprüfung des nach Bundeswehrangaben modernsten Schützenpanzers der Welt erfolgreich abgeschlossen wurde, ging das Heer am (heutigen) Donnerstag mit den Details an die Öffentlichkeit (wenn auch ein bisschen verklausuliert), mit der Kernaussage: Die Taktische Gefechtstauglichkeit ist festgestellt.
Von der Webseite des Heeres:
Während der Einsatzprüfung im Juli 2020 wurden am Schützenpanzer Puma teilweise erhebliche Mängel festgestellt, die Fähigkeiten des Systems waren deutlich eingeschränkt. Damals war die Entscheidung für den Einsatz in der VJTF (Very High Readiness Joint Task Force) nicht verantwortbar. Davon ausgehend haben Industrie, Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr und Amt für Heeresentwicklung sowie die Truppe fokussiert zusammengearbeitet.
Unter hohem Druck konnte in den letzten sechs Monaten das System Panzergrenadier mit dem Puma VJTF signifikant modifiziert werden. Die Taktische Gefechtstauglichkeit ist festgestellt – eine wesentliche Voraussetzung für die Entscheidung zum Einsatz des System Panzergrenadier VJTF 2023 im Rahmen der NATO Response Force 2022 bis 2024. Optiken, Waffenwirkung und der Schutz der Soldaten wurden noch einmal verbessert. Damit kann das Panzergrenadierbataillon 112 die geplante Ausbildung und die Zertifizierung des deutschen Beitrages für die VJTF 2023 leisten. Mehr als 250 einsatzbereite Puma werden für die NATO-Bündnisverpflichtung und die Landesverteidigung benötigt. (…)
Nach einer nicht erfolgreichen Einsatzprüfung im Sommer 2020, stehen die Zeichen nach der zweiten Einsatzprüfung im Februar 2021 auf Grün.
Für die nächsten Jahre plant das Heer, einen Großteil ihrer Pumas auf diesen technischen Stand zu bringen, oder, wie es heißt, hochzurüsten. Nicht alle knapp 350, die die Bundeswehr bislang erhalten hat – sondern 266. Diese Zahl errechnet sich aus dem Vorhaben, bis 2027 eine einsatzbereite Heeresdivision aufzustellen, mit fünf Panzergrenadierbataillonen, die mit Puma ausgerüstet sind. Eingerechnet sind dabei auch Kampffahrzeuge für Ausbildungszwecke wie Fahrschulen, und in diesen 266 sind auch die 40 bereits umgerüsteten VJTF-Pumas enthalten.
Allerdings, das ist bedeutsam: Zunächst einmal werden nur die 40 Pumas auf dem aktuellen technischen Stand gebracht, die die Bundeswehr in der NATO-Speerspitze, der Very High Readiness Joint Task Force (VJTF) 2013 einsetzen will. Für die anderen Schützenpanzer gibt es noch keinen Vertrag – und auch kein freigegebenes Geld.
Die Finanzierung dieser Hochrüstung dürfte, nicht zuletzt angesichts der Entwicklung des Bundeshaushalts in Corona-Zeiten, nicht ganz so einfach werden. Als ersten Schritt soll noch vor der Sommerpause dieses Jahres die Nachrüstung einer ersten Tranche dem Haushaltsausschuss des Bundestages zur Billigung vorgelegt werden. Und die Zahlen, die dazu zu hören sind, gehen ein bisschen auseinander: Das Heer hofft, mit gut einer Milliarde Euro die technische Aufrüstung von 140 bis 150 Pumas zu bekommen. Ob es bei dieser Summe und ob es bei dieser Zahl bleiben wird, ist noch offen; aus anderen Quellen ist auch von 100 Pumas auf dem Stand der VJTF zu hören.
Wie das System im Einsatz aussehen soll, vor allem im Zusammenwirken mit den – abgesessenen – Panzergrenadieren, zeigte die Industrie im vergangenen Jahr mit diesem Werbevideo:
Allerdings sollte man sich dann auch ein anderes Video aus dem vergangenen Jahr ansehen: Eine Dokumentation des ZDF, die auch auf den Puma blickt. In der Kurzfassung:
Mit den geplanten Hochrüstungs-Schritten kommt auch ein logistisches Problem auf die Truppe zu: Künftig wird es dann mehrere Puma-Versionen nebeneinander geben. Zunächst die 40 VJTF-Schützenpanzer, dann – nach der Planung technisch identisch – die Pumas, die schrittweise auf diesen technischen Stand gebracht werden. Und die selbst im günstigsten Fall auch nach 2027 noch vorhandenen mehr als 70 Gefechtsfahrzeuge, die auf dem ursprünglichen Stand bleiben.
Nun ist dieser Schützenpanzer eine Geschichte, die die Bundeswehr – und natürlich auch die beteiligten Unternehmen Krauss-Maffei Wegmann und Rheinmetall – schon sehr lange beschäftigt. Schon im September 2002 wurden die ersten Haushaltsmittel für die Entwicklung bewilligt. Im Juni 2009 billigte der Bundestag den Abschluss eines Vertrags über die Herstellung und Lieferung von 405 Fahrzeugen des Typs Schützenpanzer PUMA, und in einem Sachstandsbericht hieß es: Zehn in den Jahren 2010 bis 2012 auszuliefernde Serienfahrzeuge sollen den ausstehenden Nachweis- und Eignungsprüfungen des Gesamtsystems PUMA dienen.
Das klappte alles nicht so wie geplant. Zur wechselvollen Geschichte dieses Rüstungsprojekts gehörte im Jahr 2011 die Reduzierung der bestellten Zahl von 405 auf 350 Schützenpanzer oder im Jahr 2013 die klare Ansage des damaligen Verteidigungsministers Thomas de Maizière, dass der Puma für eine Einführung in die Truppe noch nicht reif sei. (Nebenbei: de Maizière erinnerte kurz nach Amtsantritt bei einem Truppenbesuch daran, dass er selbst als Wehrpflichtiger 1972 den Marder als damals neues Fahrzeug erlebt hatte.) Immerhin gab es 2015 die Nutzungsgenehmigung – einsatzbereit war der Schützenpanzer damit aber noch lange nicht.
Anekdote am Rande: Schon die Namensfindung für den Nachfolger des Marder war nicht ganz einfach. Den Vorschlag, den neuen Schützenpanzer Panther zu nennen, lehnte der damalige SPD-Verteidigungsminister Peter Struck Anfang des Jahrhunderts ab – den Namen hatte die Wehrmacht für einen ihrer Panzer genutzt. Zwischendurch sollte das Gefechtsfahrzeug Igel heißen, was aber im Heer nicht so begeistert aufgenommen wurde. Und dann wurde daraus der Puma.
Fürs Archiv: wesentliche Aussagen zum Rüstungsprojekt Puma gibt es im jüngsten Rüstungsbericht vom Dezember 2020.
(Foto: Soldaten des Panzergrenadierbataillons l112 aus Regen am 18.02.2021 bei der Einsatzprüfung des Schützenpanzers Puma auf dem Truppenübungsplatz Bergen – Maximilian Schulz/Bundeswehr)
@ Obibiber sagt: 21.03.2021 um 12:24 Uhr
„ der IFV Boxer hat eine höhere absitzstärke als der Puma! bemühen sie mal Google“
Wenn Sie den IFV Boxer in der Version UK nehmen, also ohne 30-mm-Turm), dann ja.
Wenn sie die Version mit bemannten Turm nehmen, dann nein. Ich brauche dazu auch nicht zu googlen, ich habe schon in so einem gesessen.
Der Maschinenkanonenboxer soll deswegen ja auch ohne Absitzstärke eingeführt werden.
Im Übrigen ist auch Ihre Rechnung Nr. 3 vollkommen an den Haaren herbeigezogen, da sie einfach die ungarischen Preise auf einen potentiellen „deutschen Lynx“ projiziert haben. Die Australier rechnen nämlich mit umgerechnet 11-18 Mrd. € für ihre 450 Schützenpanzer (Redback oder Lynx).
@Obibiber
Tatsächlich hat sich die Problemlage bei Puma deutlich verschoben. Die ersten Jahre der Nutzung lagen die Probleme vor allem bei der Wanne. Mit 2020 hat sich dies verschoben und die Probleme liegen vermehrt bei der Waffenanlage/ Turm. Man steht jetzt in Bergen auf der Bahn und hat Haufen weise Puma die zwar fahren aber gar nicht mehr schießen können, teil Ausfall von Turmfunktionen haben (MK gesamt/Feuerstoß/Szenarien, TMG, Feuerleitanalge) oder es alle paar Schuss zu Störungen kommt oder auch mal der 15″ Bildschirm einfach nicht mehr will.
Die vielen Wannen Probleme haben auch dazu geführt dass Probleme abgestellt wurden, man gelernt hat damit umzugehen oder manche Fehler nicht mehr das ganze System stilllegen. Damit kommt man dazu den Turm mehr zu nutzen die auch nicht mehr frisch aus der Fabrik sind. Die Folge mehr Turm Probleme.
@Obibiber
„der IFV Boxer hat eine höhere absitzstärke als der Puma! bemühen sie mal Google“
Grundsätzlich ja.
ABER
Der Boxer hat pro Fz einen Soldaten mehr Absitzstärke (ab dem unterstützenden Einsatz aufwärts) Wenn ich ihn jetzt aber als IFV mit Puma Turm nutzen will ergeben sich drei Herausforderungen:
1. Unter dem Turm ergibt sich eine nicht unerhebliche Verringerung der Deckenhöhe auch wenn es ein besatzungsloser Turm ist. Beim Puma ist unter dem Turm das Staurack mit Funkgeräten, Comserver, Stauraum und Teilen der Feuerlöschanlage des Kampfraums untergebracht. Entweder kaufen wir uns also wieder das PzGren Größen-Probelm in verschärfter Form ein oder reduzieren die Absitzstärke um 2 Soldaten. Damit dann einer weniger als im Puma. Oder man nimmt nochmal Geld in die Hand und ändert das IFV Modul im gegesatz zum schweren Waffenträger stärker ab.
2. Nach meiner Kenntnis hat der Boxer nur eine Feuerwarn- und Löschanlage für den Triebwerksraum wie sie bei Gefechtsfahrzeugen seit 30 Jahren normal ist. Aber keine automatische Feuerlöschanlage für den Kampfraum wie sie bei modernen SPz mittlerweile üblich ist. wieder Geld und Platz Bedarf.
3. Der Puma Trum hat nur einen begrenzten Munitionsvorrat. Beim Puma hat man einen großen Staukasten für 30mm und einen kleinen für 76mm. Beim Boxer ist dann wieder die Frage drauf verzichten oder den Platz den man für ungefähr einen Soldaten braucht dafür nutzen.
Sicher hat der normale FLW Boxer etwas mehr Platz aber als IFV Boxer sollte man hier lieber nicht mit 7 Soldaten Absitzstärke rechnen. Speziell wo man die 7. Soldaten auch einfach nicht hat.
@WaGe:
korrekt…das ist natürlich von der Turm Version abhängig…trotzdem habe ich in einem Boxer immer mehr Platz als in einem Puma…
bzgl Kosten des Lynx in Australien…
dort sind ALLE rüstungsprojekte um Faktor 3-4 teurer als in anderen Ländern…weil teilweise andere Leistungen enthalten sind…
der beste Anhaltspunkt für den Preis des Lynx ist der Abschluss in ungarn…
Dort erhält man 218 Lxnx 41 (komplett ausgestattet) und 9 Bergepanzer + Ausbildung, Simulatoren und Ersatzteilpaket für 2 Mrd €
Und das als Erstkunde
also ist ein Lynx sogar deutlich günstiger als 10 Mio pro Stück
aber klar…alle Varianten haben vor und Nachteile…alle haben größere oder kleinere Risiken
und für alle Varianten bedarf es zusätzlicher Haushaltsmittel
Ich hoffe das nicht zu Out Topic
Kann der Boxer als leichte Variante des Spz für die Panzergrenadiere genutzt werden, bzw. können die Panzergrenadiere prinzipiell ihre Fähigkeiten sinnvoll zusammen mit dem Boxer einsetzen?
Also ist der Boxer ggf als „Leichter Spz“ einsetzbar wenn die Parameter keinen „echten SPz“ erfordern?
[Bitte nicht. Die Debatte über den Panzergrenadier und sein Fahrzeug in aller Grundsätzlichkeit sprengt hier den Rahmen bei weitem und ist schlicht nicht das Thema. T.W.]
@ Obibiber sagt: 21.03.2021 um 14:24 Uhr
Nein der Ungarnpreis eignet sich überhaupt nicht zum Abschätzen, weil dort außer der Summe und Fahrzeuganzahl nichts weiter bekannt gegeben wurde. Es ist vollkommen unbekannt mit welchen Subsystemen etc. die ungarischen Lynx ausgeliefert werden. Während die australischen Land 400 Lynx Systeme in etwa denen des aktuellen PUMA entsprechen (Fahrsichtsysteme/APS (wenn auch kein MUSS), LFK,…).
Einen Gold kann man ja auch fast doppelt so teuer ausstatten wie eine Grundversion, so ist es auch beim Schützenpanzer. Und da das Heer sicherlich keinen Lynx mit weniger Schutz/Wirkung/Führung/Aufklärung bestellen würde als man beim Puma hat, ist es auch nutzlos mit Preisen zu kalkulieren von denen man keine Einzelheiten kennt was diese nun im einzelnen beinhalten.
@csThor
Tja … Zwar habe ich vollstes Verständnis für die Frustration der Soldaten, die in der Tat oft enttäuscht worden sind, und für den Pessimismus der interessierten Bürger … allein mittlerweile ist das Klima hier so novembergrau, dass man sich für ein wenig Optimismus entschuldigen zu müssen glaubt.
Kaum hat der Puma endlich die Erprobung bestanden, orakeln schon die ersten: Zwecklos, wir werden nie mehr als 40 erhalten … Wenn sie die frohe Botschaft nicht ohnehin als potemkinsche Dörfer auf Panzerketten abtun.
Ist das vielleicht einfach die „German Angst“? Wie ging doch gleich der alte Witz von Loriot … Woran wird man droben im Himmel, im Paradies die Deutschen erkennen? Das sind diejenigen, die in sich hineinbrummen: „Ist ja ganz nett hier, aber wo ist der Haken?“
Als Vertreter der Fraktion mit schwarzem Hut bin ich nun überrascht, denn: Einen Leopard kann ich in allen Betriebsstufen bis hin zu „Turm aus“ und da eben nach alter Väter Sitte einsetzen, sprich damit im Notbetrieb und mittels des Turmzielfernrohrs (TZF) schießen. Hat der PUMA kein TZF / keinen Notbetrieb oder meinten Sie damit die Anforderungen für die Richtschützenausbildung, die durch die Ausfälle nicht prüfbar sind?
@Voodoo
Die beiden ZFs bei meinem Marder haben auch immer funktioniert und solange man nichts in seinem Turm geklemmt hat konnte man auch immer wie bei unseren Großvätern kurbeln.
Beim Puma gibt es das nicht. Man hat eine Notabfeuerung und einen Notjoystick aber die sind nur für den Fall dass der Zweihandrichtgriff ausfällt was durchaus mal vorkommt wenn auch nur softwareseitig. Das ist auch sehr praktisch um beim Schießen den Turm einzufangen wenn er sich mal wieder immer weiter rechts herum dreht und dabei dann regelmäßig die Schießbahnbasis abschwenkt. Aber dabei nutzt man immer noch die WAO oder PERI. Wenn nur der Bildschirm ausfällt hat man noch den optischen Kanal der sowohl von Kdt als auch RS abwechselnd genutzt werden kann aber der sitzt hinter der selben Scheibe in der selben Optik integriert. Eine alternative zu den normalen Richtantrieben gibt es nicht mehr.
Beim Puma kann ich auf „Marsch“ das PERI nutzen und über WAO auf 12Uhr beobachten. Um tatsächlich zu schießen muss mindestens „Beobachten“ vollständig hochgefahren sein.
… auf den sehr nützlichen Kommentar von chris 21.03.2021 um 16:48 Uhr bezogen:
Auch wenn ich nur Artillerist war (wo ich mich meistens und gerne als VB und später FUO auslebte) – wenn eine Armee tatsächlich solche Funktionalitäten wie von chris beschrieben beauftragt, dann ist wohl keine Absicht mehr im Spiel gewesen, tatsächlich mit dem Puma in den Krieg zu ziehen.
Vollkommene Schönwetterlösung und nach zwei Wochen Gefecht unbrauchbar. Dann zehnmal lieber einen alten Marder.
Klaus-Peter Kaikowsky (KPK) sagt:
21.03.2021 um 11:28 Uhr: „In Zukunft müssen ausgiebige Truppenerprobungen wieder die Norm sein, …“
Diesmal Zustimmung zu ihrer Bewertung.
In Ergänzung dazu: Die Truppenerprobung fand seit 1967 im PzgrenBtl L92 statt, auf Wsg Heeresamt, fachliche Begleitung/Steuerung vor Ort durch ATV KTS II. Durchführung durch einen Zug 3./L92 in enger Anbindung an ATV. Mängelfeststellungen/Verbesserungsvorschläge fanden daher unmittelbaren Eingang in die lfd Erprobung. Auslieferung an das Btl erfolgte Herbst 71, beginnend mit der 4/.L92. Zeitgleich bot KTSII Umschulungslehrgänge für Führungspersonal (Zgfhr) an, (teilgenommen)
Diese Vorgehensweise hat sichergestellt, daß das Btl nach der erforderlichen Umschulung ohne großen Zeitverzug seine Lehraufträge wie auch Gefechtsübungen mit neuem Gerät wahrnehmen konnte. (Siehe auch Kommentar von KPK, der 1968 zunächst auf dem HS-30 begann, bevor er zum TrVersuchszug kam und auf den SPz Marder initiiert wurde).
Sehr schön zusammengefasst @briscard danke, es fehlt nur meine 2./L92, in der ich damals GrpFhr im TrVsuZg war. Dann 3./- ZgFhr I./- , aber Kriegsgeschichte und OT.
@ chris
Herzlichen Dank für Ihre Erklärung – und Sie lassen mich nun einigermaßen ratlos zurück, warum derartige technische Lösungen für den worst case nicht mehr berücksichtigt wurden. Ich kann nur hoffen, dass das System insgesamt so angelegt ist, dass beispielsweise Explosionen im Nahbereich und/oder leichte Beschussschäden beim Design berücksichtigt wurden und IT bzw. Kabelanschlüsse etc. dementsprechend robust sind.
Insgesamt betrachtet fällt mir bei vielen neueren westlichen Fahrzeugen auf, dass lessons learned aus vergangenen Konflikten offensichtlich nicht mehr bei der Konstruktion berücksichtigt werden: Lukendeckel, die nach oben aufschwenken und bei 90° einrasten, exponierte „Kommandantentürmchen“ usw. usw. – man kann sich echt wundern. Und wer schon einmal im Bundesarchiv in Freiburg war und sich dort mir Erfahrungsberichten der gepanzerten Einheiten im 2. WK beschäftigt hat, der wundert sich noch viel mehr.
Aber it is, what it is – jetzt haben wir eben ein IT-technisches Wunderwerk, welches „taktisch gefechtstauglich“ ist, was auch immer das heißt.
@Voodoo
Da ist man dann wieder bei dem Punkt, dass in Afghanistan 2-3 SPz eine PzGrenZg noch schießen können das mehr als ausreichend ist um mit allem was da kommt recht entspannt umgehen zu können. In LV/BV sieht das dann anders aus. Aber das gleiche gilt auch für die massive Wärmesignatur direkt an der Fahrzeugfront, Durchhaltefähigkeit von 24H, der Auslegung der ABM Munition im Gegensatz zu HE ABM, der weit hinten sitzende Turm, die aufheulende und sehr markante Geräuschkulisse, kein schneller Wechsel des Triebwerks und allgemein nur zwei kleine Öffnungen für Betriebsstoffe, Laufrollen hinter der Zusatzpanzerung versteckt so dass diese nur nach Demontage der Panzerung gewechselt werden können, eine teure MUSS Anlage aber die uralten Nebeltöpfe die gegen moderne und damit schnelle LFK erhebliche Detektionsdistanz braucht um rechtzeitig eine Nebelwand aufzubauen…all diese kleinen Nachteile die bleiben auch wenn der Rest des ersten Loses ebenfalls Kriegstauglich gemacht werden würde.
Korrektur: Man kommt an die Laufrollen nur nicht an das Antriebsrad.
@Memoria:
Was die Realitäten anbelangt, ist für mich eines auf jeden Fall klar: Man wird die 350 existierenden Puma auf irgendeine Art und Weise zur „taktische Gefechtstauglichkeit“ aufrüsten. Alles andere ist nicht vermittelbar und auch nicht günstiger. Wie lange dies unter den finanziellen Randbedingung dauern wird, ist eine andere Frage.
@Koffer:
Mein „G“ ist 5 Jahre gültig, hab kein „F“, würde mich jetzt aber wundern warum Kette mit 70t nicht begrenzt gültig sein sollte zumal auch im öffentlichen Straßenverkehr unterwegs.
Wollte nur anmerken das es auf manch Dienststellen zu massiven Problemen kommt Führerscheine zu halten, ganz zu schweigen von neu Ausbildungen.
@ Roter Milan
Die Fahrerlaubnisklassen C(E), G(E) und F sind fünf Jahre gültig. In Bezug auf den F-Führerschein ist das relativ (!) neu, erst so seit grob fünf Jahren.
Ansonsten ist die Frage, in welche F-Klasse der SPz Puma eingruppiert ist. Wenn er in derselben Klasse ist wie der Marder, dann reicht meiner Kenntnis nach Einweisung und Überprüfung durch einen Kraftfahrfeldwebel – wenn es unterschiedliche Klassen sind, muss der MKF SPz Marder einen komplett neuen F-Führerschein machen, so wie es auch der Fall wäre, wenn er z.B. einen Leopard 2 fahren wollte.
@RoterMilan
Eigentlich sollte es diesbezüglich keine Probleme geben. Bei einer Verlängerung wird mW nur die gesundheitliche Eignung geprüft.
Fahrausbildung erfolgt weiterhin auf den vorhandenen Fahrschulpanzern Marder oder Puma. Muss halt im Anschluss ggf. umgeschult werden.
@ chris
Sie sprechen mir aus der Seele und wir können die Kritik ruhig auf andere Fahrzeugfamilien der jüngeren Geschichte ausdehnen: Extrem laute Automatikgetriebe, die manuell nicht aus dem Notbetrieb geholt werden können; außerhalb der Fahrzeugpanzerung gelegene Notbremseinrichtungen (die von der Besatzung nicht aus dem Kampfraum heraus gelöst werden können); … die Liste ist lang.
Verknüpft man diessen Faden aber mit der Meldung von @T.W. über die kommenden Budgets für das BMVg steht leider auch keine grundlegende Besserung in Aussicht. Insofern wird es mit einer tatsächlichen „Kriegstauglichkeit“ im Sinne von LV/BV zukünftig auch nicht weit her sein. Wie sagte mal ein S3 von mir so treffend: „Alles bleibt anders…“
@Hans Dampf sagt: 22.03.2021 um 15:39 Uhr
Danke.
Die BW hat auf ihrem Youtube-Kanal den „neuen“ PUMA vorgestellt.
Tenor: Führungssystem, Aufklärung und MELLS sind verbessert bzw. neu.
https://youtu.be/YSCaAJTSeQ0
„…Die leistungsgesteigerte Version bringt viele weitere Vorteile mit sich: Der neue PUMA verfügt über ein digitales Führungssystem für aufgesessenen und abgesessenen Kampf, Aufklärungsmöglichkeiten durch Optiken und Rundumkameras sowie über das Panzerabwehrsystem MELLS. […] Wir haben die Grenadiertruppe beim Einsatztest exklusiv begleitet und zeigen euch in diesem Video die wichtigsten Verbesserungen des neuen PUMA.“
@as:
Gerade das Überprüfen der gesundheitlichen Eignung ist das Problem.
Weder für Bestandspersonal noch für Neueinstellungen gibt es zeitnahe Arzttermine.
Mich würde eben interessieren wie das in rein militärischen Dienststellen aussieht.
Der schönste Panzer nützt nix wenn ihn niemand fahren darf.
Das macht mich unglaublich traurig.
Früher™ (00er Jahre) hat man zumindest für die augenärztliche Untersuchung auf zivile Arztpraxen zurückgegriffen. Der Rest war im täglichen Dienstbetrieb der Sanitätszentren handelbar.
Insgesamt sind solche Untersuchungen sowohl in Anzahl als auch im Umfang ziemlich gut planbar.
Ein seriöser bis humoriger Beitrag von Hans-Peter Bartels der Analogien zwischen der Kriegstauglichkeit des SPz PUMA und des Umgangs mit der Pandemie sieht, oder, Kampfschalter des SPz PUMA gegen Corona.
https://www.spiegel.de/politik/deutschland/corona-krise-wir-sollten-den-kampfschalter-umlegen-a-097412d9-404d-445a-bb31-a80f8d800a13-amp?__twitter_impression=true
Oha, ich erahne schon den verplombten Schutzkasten über dem „Kampfschalter“ (welche auf Anraten des Rechtsberaters nur auf Weisung BMVg gebrochen werden darf und welcher nur durch das gleichzeitige und beidseitige Rechsdrehen der „Kampfschalterschutzkastensicherheitsschlüssel“ von Kommandant und Richtschütze geöffnet werden kann).
´Tschuldigung, konnte nicht widerstehen… ;-)
@Klaus-Peter Kaikowsky
So sehr ich Bartels Kritik zustimme, finde ich es schade, dass er – sei es für die Pointe, sei es aus Unwissenheit – diesen Nonsens weiter kolportiert, der SPz Puma sei für schwangere Soldatinnen entworfen worden. Ein Schützenpanzer ist keine Arbeitsstätte i.S.d. ArbStättV. Sie findet keine Anwendung. Punkt.
@
muck sagt:
25.03.2021 um 7:38 Uhr
“
Ein Schützenpanzer ist keine Arbeitsstätte i.S.d. ArbStättV. Sie findet keine Anwendung. Punkt.
“
Ist es ein Betriebsmittel?
Ist denn nun die Belüftung des Kampfraum des Pumas nach Vorgaben so gestaltet worden, dass er auch für Schwangere geeignet wäre?
Ich habe die Geschichte nämlich auch schon „gehört“. Und leider, leider macht sie derzeit so viel Sinn, das ich nicht wirklich am Wahrheitsgehalt zweifele…
@Alpha November & @Fussgaenger
Die Waffensysteme der Streitkräfte sind Arbeitsmittel (so Wieck-Noodt im Münchner Kommentar, 3. Aufl. 2019, StGB § 305a Rn. 18 ff.) und unterfallen damit der Betriebssicherheitsverordnung. Arbeitsstätten sind dagegen stationär (auch wenn sich ihre geographische Lage ändern kann, bspw. bei einer Wanderbaustelle).
Man beachte § 1 (5) BetrSichV:
Möglich, dass sich irgendwer bei KMW mal über den Vorschriftenwust geärgert hat und – vielleicht unwissentlich, vielleicht aber auch wissentlich, der Pointe wegen – mit dem falschen abschreckenden Beispiel hausieren ging. Die eigentlich zu beachtenden Regalkilometer an Normen sind wohl weniger amüsant.
Nach Darstellung des Herstellers, war diese Vorgabe in den zu beachtenden Unterlagen wohl mit enthalten. Die Darstellung des BAAINBw betrifft in der Hauptsache die Qualifizierung des SPz als „Arbeitsstätte“, denn diese sind – nimmt man die arbeitsrechtliche und steuerrechtliche Definition – stets ortsfest. Das ist ein SPz wenig überraschend nicht. :-) Es ist aber fraglich, ob ein Auftragnehmer, der ein Konvolut von technischen und rechtlichen Vorgaben erhält, das in jeder Einzelheit überprüfen kann und soll.
Womit sich die Frage nach dem tatsächlichen Hergang dieses Mythos stellt. Möglicherweise handelte es sich einfach um ein mit Ansage produziertes Missverständnis, falls bundeswehrseitig einfach blankettartig alles möglicherweise Einschlägige mitgeschickt wurde, ohne nach konkretem Informations- und Regelungsbedarf vorher zu filtern. Nach dem Motto: „Wenn wir einfach alles mitschicken, können wir auch nichts wichtiges vergessen! Soll sich halt der Empfänger das Passende raussuchen.“
Da die eigene Erfahrung darauf hindeutet, dass das Vorgehen „lieber zuviel weiterleiten, als zuwenig“ zunehmend gern praktiziert wird, schließe ich das auch nicht aus. Bandwurm-LoNo, die teilweise am unteren Ende der Nahrungskette eingehen, lassen vermuten, dass der Führungsprozess mit eigener Lagefeststellung, Entscheidungsfindung (Auswertung des Auftrags, Beurteilung der Lage, Entschluss), sowie die nach dieser Maßgabe erforderliche Planung der Befehlsgebung/Informationsweiterleitung an den nachgeordneten Bereich in manchen Dienststuben teilweise zwischen Erhalt und ungefiltertem Durchreichen von Informationen schlicht nicht (mehr) stattfindet.
Den Link finde ich gerade nich, aber das mit dem Puma für Schwangere lief folgendermaßen:
– Puma muss Anforderungen für Giftstoffe im Kampfraum erfällen (duh)
– Ausschreibungsunterlagen für Puma (elektronisch) enthalten tonnenweise Anhänge, inkl ein paar nur am Rande einschlägige, etwa solche zu Arbeitsstätten (sprich Anforderungen an Büros in Kasernen – in denen auch mal schwangere Frauen Stabsarbeit erledigen)
– KMW oder RM Manager liest zu schnell, denkt die Anforderungen für schwangere Frauen in Kasernen gelten auch für Puma
– Manager gibt wütendes Interview indem er über BW Beschaffung lospoltert
– BMVg widerspricht binnen einer Woche
– Medien ignorieren fröhlich die Korrektur
– Internet meme is geboren und wird niemals sterben …
PS Neues Video: PUMA: Statement des Inspekteurs des Heeres, Generalleutnant Alfons Mais
https://www.youtube.com/watch?v=8hIlsn5ZR_k
[Das Video ist doch nicht neu, sondern aus dem Paket zur Erklärung der Kriegstauglich… äh Einsatzreife? T.W.]