Dokumentation: von der Leyens 130-Milliarden-Euro-Pläne

Ursula von der Leyen

Zu den Plänen von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen, die militärischen Beschaffungen für die Bundeswehr in den nächsten Jahren deutlich zu erhöhen, bis 2030 dafür rund 130 Milliarden Euro vorzusehen, und den neuen Zahlen für Großgerät der Truppe hier zur Dokumentation:

• Die Ministerin am 27. Januar im ARD-Morgenmagazin:

Frage:… Mit 130 Milliarden… wollen Sie die Bundeswehr nachrüsten, um sie wieder handlungsfähig zu machen. Ist es wirklich so schlimm?

Antwort: Wir haben in den letzten zwanzig, fünfundzwanzig Jahren, eigentlich seit der Wiedervereinigung, eine permanente Schrumpfung der Bundeswehr erlebt und Kürzungen, Kürzungen, Kürzungen. Das war am Anfang auch nötig, denn sie war überdimensioniert. Aber wir sind über einen Punkt hinweg. Wir leben inzwischen von der Substanz. Es gibt hohle Strukturen. Wir haben einen gewaltigen Modernisierungsbedarf.

Und die Aufgaben steigen. Das sieht ja jeder. Die Bekämpfung des Terrors weltweit, die Folgen des Krieges in der Ukraine, der Modernisierungsstau. Da müssen wir jetzt erstens die Karten klar auf den Tisch (legen) – das mache ich zurzeit – und nach vorne schauen, wie wir eigentlich die Bundeswehr ausstatten wollen mit dem Material, das sie braucht, für die Aufgaben, die sie hat.

Wir haben Fahrzeuge aus den 70er Jahren… Das ist nicht mehr angemessen. Das zieht sich quer durch die Truppe. Wir haben vor allen Dingen zurzeit ganz viele Löcher, hohle Strukturen. D.h. nicht jeder Soldat hat einen modernen Helm oder eine Weste. Das hat man lange, lange kaschiert. Ich finde, es muss klar sein, dass, wenn wir die Aufgaben bewältigen wollen, die wir der Bundeswehr aufbürden, dann muss sie auch ausgestattet sein, dass sie das kann.

Wir wollen das Land nicht im Stich lassen. Wir wollen diese Aufgaben auch bewältigen. Aber wir müssen dafür die richtige Ausstattung haben.

Frage:… 130 Milliarden über 15 Jahre… – Haben Sie denn schon ein Signal von der derzeitigen Regierung, dass das willkommen ist und dass Schäuble sozusagen ein bisschen Geld locker macht. Und vor allen Dingen: Wie wollen Sie das denn über diesen langen Zeitraum strecken?

Antwort:… Wenn wir äußere Sicherheit haben wollen – und die derzeitige Lage zeigt, dass, wenn Deutschland sicher sein soll innerhalb der Bündnisse, dann müssen wir unseren Anteil an Verantwortung auch tragen und tatsächlich unsere Pflichten auch leisten -, es ist klar, dann müssen wir auch investieren.

… Es geht nicht darum, ein Jahr mal eben einen großen Schluck aus der Pulle zu haben…, sondern es ist ganz wichtig, dass der Verteidigungsetat steigt, aber dann langfristig, stetig oben bleibt. Denn wir haben einen gewaltigen Nachholbedarf, und wir müssen nach vorne gucken. Wir brauchen neue Fähigkeiten. Das ganze Thema Cyber zeigt ja auch, was auf uns zukommt.

Frage:… Macht Schäuble mit?

Antwort: Ich habe große Offenheit gespürt. Und ich gehe jetzt in die Detailverhandlungen für den Haushalt, aber bin guten Mutes.

Frage: Nun gibt es auch Stimmen, die sagen, vielleicht sollte die Bundeswehr einfach nicht so viele Einsätze machen… Müssen wir wirklich uns so groß aufstellen?

Antwort: Aber ja! Das ist die Folge von Globalisierung. Das ist die Folge auch eines Landes, das eine große Bedeutung hat, politisch und ökonomisch, und das Verantwortung tragen muss, aber auch tragen will.

Wir lernen doch gerade in der Flüchtlingskrise, dass, wenn wir uns nicht kümmern gemeinsam mit den anderen, dann kommen die Probleme zu uns vor die Haustür. Wenn wir uns nicht kümmern um Syrien und Irak oder Afghanistan, wenn wir uns nicht kümmern in Afrika, nicht alleine, aber mit den anderen, wenn wir unseren Beitrag nicht leisten, dann kommen die Probleme zu uns und dann wird es noch schlimmer. Und genau das wollen wir nicht.

Wir wollen unseren Teil an Verantwortung tragen. Dafür muss die Truppe gut ausgerüstet sein.

Frage: Sie haben ja auch den Bundeswehrverband und den Bundeswehrbeauftragten hinter sich… Der einzige Gegner könnte derjenige sein, der das Geld vergibt.

Antwort: Wichtig ist, dass wir nochmal sehen, wieviel wir dafür auch bekommen. Und es ist entscheidend, wenn man richtig die Probleme am Ort selber bekämpft, wenn man Stabilisierung in den fragilen Ländern mit herstellt, dann „spart“ man spätere Folgen, die bei uns hier in Deutschland zu viel höheren Kosten führen.

Und es ist richtig, für die Menschen ihre Perspektive in der Heimat zu schaffen, als dass wir dann zum Schluss Erscheinungen haben, wie wir es im Augenblick bei dieser epochalen Veränderung durch die Flüchtlingskrise sehen.

• Von der Leyen am 27. Januar nach der Teilnahme an der Sitzung des Bundestags-Verteidigungsausschusses (Ausschnitt aus einem Audio des Verteidigungsministeriums):

vdL_VA_27jan2016     

 

 

 

• Die Sprecherin des Finanzministeriums, Friederike von Tiesenhausen-Cave, vor der Bundespressekonferenz am 27. Januar zu den Plänen der Verteidigungsministerin:

Frage: Eine Frage an das Finanzministerium. Frau von der Leyen hat für den Ausbau der Bundeswehr erhebliche Summen gefordert oder als nötig erachtet, 130 Milliarden Euro bis 2030. Inwieweit ist das mit dem Finanzminister abgesprochen? Wie weit hat er schon Signale gegeben, dass so etwas möglich ist?

von Tiesenhausen-Cave: Zu diesem Thema sind die beiden Minister in der Tat im Gespräch. Frau von der Leyen hat den Bundesfinanzminister fortlaufend und vertrauensvoll über ihre Planungen informiert.

Lassen Sie mich das aber erst noch prozedural einordnen. Wir gehen jetzt in das Haushaltsaufstellungsverfahren für den Bundeshaushalt 2017 und die Finanzplanung bis 2020. Im Gespräch ist ja eine langfristige, sehr strategische Ausrichtung bis zum Jahr 2030. Das geht also über diesen Zeitraum deutlich hinaus.

Der Herr Minister hat in der letzten Zeit auch schon mehrfach öffentlich gesagt, dass er in den Bereichen der inneren und äußeren Sicherheit durchaus Bedarf sieht. Das heißt aber nicht, dass in diesem konkreten Fall irgendetwas präjudiziert ist. Die Gespräche werden jetzt sorgfältig geführt, und zwar mit allen Ressorts. Nach Abschluss dieser Gespräche im März wird man dann mit dem Eckwertebeschluss zu Ergebnissen kommen.

Allerdings, das muss man inzwischen wohl immer vorsichtshalber dazu sagen: Diese Aussage belegt ja nicht die darauf gestützte Behauptung von Spiegel Online: Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat seine Bereitschaft erklärt, den Etat des Verteidigungsministeriums zu erhöhen.

(Archivbild: von der Leyen am 3. Dezember 2015 vor der Bundespressekonferenz – Thomas Trutschel/photothek.de)