Übersicht: Die Bundeswehr an der NATO-Ostflanke
Angesichts des russischen Truppenaufmarsches rund um die Ukraine und der zunehmenden Spannungen zwischen Russland und der NATO dreht sich die politische Debatte in Deutschland unter anderem auch darum, ob die Bundeswehr-Präsenz an der Ostflanke des Bündnisses verstärkt werden soll. Sowohl die USA als auch mehrere europäische NATO-Mitglieder hatten solche Schritte bereits angekündigt. Als Fakten-Grundlage für diese Debatte eine Übersicht über die derzeitige deutsche Präsenz an der NATO-Ostgrenze – und ohnehin geplante weitere Schritte.
• NATO-Battlegroup Litauen: Seit fünf Jahren führt die Bundeswehr im Rahmen der so genannten enhanced Forward Presence (eFP), der verstärkten vorgeschobenen Präsenz, ein Bataillon in Litauen. In den baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen sowie in Polen sollen die rotierend von anderen Staaten der Allianz beschickten Battlegroups den östlichen Bündnismitgliedern den Rückhalt der anderen NATO-Staaten signalisieren – und faktisch als Stolperdraht ein vor allem von den Balten befürchtetes russisches Übergreifen auf diese Länder verhindern.
Die Bundeswehr führt die NATO-Battlegroup in Litauen mit wechselnden Einheiten seit Februar 2017. Als sogenannte einsatzgleiche Verpflichtung auf NATO-Gebiet muss dieser Einsatz nicht vom Bundestag mandatiert werden. Derzeit sind in Rukla in Litauen rund 560 deutsche Soldatinnen und Soldaten in diesem Einsatz. Belgien, Frankreich, Kroatien, Luxemburg, Niederlande, Norwegen und Tschechien stellen rotierend zeitweise – manche auch dauerhaft – Soldaten für dieses Bataillon. Am Mittwoch dieser Woche findet die Rotation auf das elfte deutsche Kontingent statt.
Zudem hält die Bundeswehr für dieses Bataillon so genannte Verstärkungskräfte vor, meist aus anderen Truppengattungen wie z.B. der Artillerie. Regelmäßig werden sie für Übungen nach Litauen verlegt. Im vergangenen Jahr war die Battlegroup sowohl im Mai als auch November mit knapp 400 deutschen Soldatinnen und Soldaten auf jeweils knapp 950 aufgestockt werden.
Eine Verlegung von Verstärkungskräften ist ohnehin für April/Mai geplant, im Mai findet die regelmäßige Übung Iron Wolf in Litauen statt.
• Baltic Air Policing: In regelmäßig wechselnder Rotation entsenden NATO-Länder Kampfjets zur Luftraumüberwachung nach Estland und Litauen, da die baltischen Staaten nicht über eine eigene Luftwaffe verfügen. Nach der Annexion der Krim 2014 war dieses Air Policing an der Grenze zu Russland aufgestockt worden. Die Luftwaffe hatte in den vergangenen Jahren immer wieder dafür bis zu acht Monate lang in Ämari in Estland mehrere Eurofighter als Alarmrotten stationiert. Der zwölfte Einsatz dieser Art endete im Mai vergangenen Jahres. Für die zweite Jahreshälfte ist ohnehin der erneute Einsatz in Estland geplant.
• Enhanced Air Policing South: In Rumänien verstärken ebenfalls die Luftstreitkräfte anderer NATO-Staaten die rumänische Luftwaffe und beteiligen sich an der Luftraumüberwachung am Rande des Schwarzen Meeres. Die Bundeswehr hatte bereits im vergangenen Jahr dafür drei Eurofighter nach Konstanta entsandt, die gemeinsam mit der britischen Royal Air Force diesen Einsatz bestritten. Ab dem 22. Februar ist, länger geplant, ein erneuter Einsatz der Eurofighter in Rumänien vorgesehen, diesmal zusammen mit der italienischen Luftwaffe.
• Ständige maritime Einsatzverbände der NATO: Die Allianz hält vier ständige Einsatzverbände vor, von denen zwei im Norden und zwei im Süden des Bündisgebietes operieren und auch regelmäßig mit Schiffen und Booten der Deutschen Marine unterwegs sind. Am (heutigen) Montag soll das Minentauchereinsatzboot Bad Rappenau von Kiel auslaufen, um den ständigen Minenabwehrverband an der Südflanke, die Standing NATO Mine Counter Measures Group 2 (SNMCMG2), zu verstärken. Nach einem Zwischenstopp in Israel ist das Auslaufen des Verbandes ins Schwarze Meer geplant.
Die Standing NATO Maritime Group 1 (SNMG1) der Allianz im Norden des Bündnisgebietes wird derzeit von einem Niederländer geführt – auf dem Einsatzgruppenversorger Berlin der Deutschen Marine als Flaggschiff. Der Verband bereitet sich zwar derzeit auf das Manöver Cold Response vor Norwegen vor, könnte aber auch jederzeit zum Beispiel in die Ostsee verlegt werden.
Zwar eigentlich in anderer Mission, nämlich im Überwachungseinsatz in der Ägäis, ist die Fregatte Lübeck unterwegs. Formal ist sie allerdings eine untergeordnete Task Unit der Standing NATO Maritime Group 2 (SNMG2), die an der Süd- und ggf. der Südostflanke der Allianz unterwegs ist, und könnte bei Bedarf dafür abgestellt werden.
(Archivbild: Deutsche Soldaten der NATO-Battlegroup Litauen mit einer Luna-Aufklärungsdrohne bei der Zertifizierungsübung Iron Wolf im Oktober 2021 – Pascal Warner/Bundeswehr)
Die Bundesrepublik kann neben Waffen auch Anderes an befreundete Nationen liefern. Das geht über Cyber, Aufklärungstechnik, Informationen, Ausbildung, Sanität bis hin zu Zivilschutz. Eine Verengung auf Waffen ist zu kurz und führt zu Vergleichen mit Krisenregionen in die Deutschland liefert. Außerdem dürfte die Bundeswehr nichts abzugeben haben. Also ist Fantasie gefordert, wie man der Ukraine helfen kann. 5.000 Schutzhelme sind jedenfalls nicht zielführend. Diplomatie funktioniert ohne ein scharfes Schwert nicht.
[Guten Morgen. Da oben steht eine Übersicht der aktuellen Präsenz der Bundeswehr an der NATO-Ostflanke. Warum Sie jetzt hier das auf das Thema Lieferung/Nicht-Lieferung von Waffen an die Ukraine drehen wollen, verstehe ich nicht so ganz. T.W.]
Der Hausherr zählt hier akribisch auf, was wir bisher für die Nato-Ostflanke bzw. Südflanke tun. Man muss kein Prophet sein, um vorherzusagen, daß die BW – nach dem Besuch des Kanzlers in den USA – zusätzliche BW-Soldaten in den Osten schicken wird. Entweder auf Druck der US-Regierung oder um die Zweifel an der Bündnistreue Deutschlands in den US Medien zu beschwichtigen.
Und die Zahlen und Zeitpunkte können wir dann hier mit der Aufstellung vergleichen, ob es echte Verstärkungen sind oder nur ein Etikettenschwindel, daß schon geplante Einsätze vorgezogen oder umbenannt werden.
Bei der Deutschen Marine würde mich die Frage interessieren, wie viele Fregatten oder Korvetten könnte die Marine überhaupt noch für den Einsatz in der Ostsee aufbieten? Eine Korvette ist meistens vor dem Libanon im Einstaz, die Fregatte Bayern ist noch auf dem Rückweg aus Asien, die Fregatte Lübeck ist in ihrem letzten Einsatz im Mittelmeer, dann wird diese ausgemustert(Unverantwortlicherweise), denn auf dem Papier besitzt Deutschland zwar 12 Fregatten, aber die Rheinland-Pfalz ist erst ans Beschaffungsamt übergeben worden, noch nicht an die Marine, die drei anderen Fregatten der Klasse F 125 sind noch nicht einsatzbereit, sondern sollen erst im nächsten Jahr erstmals in den Einsatz gehen. Die Lübeck wird dieses Jahr ausser Dienst gestellt, die Bayern wird nach der langen Reise sicher überholt werden müssen, dann bleiben nur noch 6 Fregatten und die Frage, wie viele davon liegen in der Werft oder warten auf Werftplatz und wieviele davon könnten in die Ostsee auslaufen zum Schutz des Baltikums oder der Abschreckung Russland?? Auf Twitter meinte vor ein paar Tagen ein Kommentator, Deutschland könnte zum Schutz seiner Küsten doch schnell ein paar Kriegsschiffe auslaufen lassen.
Ich dachte mir nur, daß ich leider fürchte, daß diese Zahl bei der Deutschen Marine gegen 0 tendieren dürfte und der Kommentator die Dt. Marine mit den Schweden verwechselt, welche in der Vergangenheit auf die Schnelle eine ganze Flottille von Schiffen gegen russische U-Boote auf die U-Boot Jagd schicken konnten.
@all
Hinweis: Zu Aufstockung der NATO-Battlegroup in Litauen gibt’s nun eine Entscheidung (und in der Tat, Verstärkungskräfte werden vorgezogen).
https://augengeradeaus.net/2022/02/bundeswehr-verstaerkt-praesenz-in-litauen-fuer-mai-geplante-aufstockung-wird-vorgezogen/
Und was bitte schön sollen diese Soldaten in einem heißen Krieg ausrichten?
Der Krieg mit einem gleichwertigen Gegner (symetrischer Krieg) im 21. Jahrhundert ist kein monatelanger Grabenkampf mehr und wird auch keine großen Seeschlachten erfordern. Es kann nur ein Operationsziel geben: friedliche Beilegung des Ukrainekonflikts mit einem für beide Seiten akzeptablen Kompromiß. Grundlage dafür ist es auch zu akzeptieren, dass die Ostukrainer und die Westukrainer sehr unterschiedliche Einstellungen zu Russland und der EU haben. Diese Erkenntnis hatten wir doch schon vor einigen Jahren. An der Realität hat sich seitdem nichts geändert.
[Der Versuch, jedes, aber auch jedes Mal eine Grundsatzdiskussion loszutreten, ist inzwischen begrenzt lustig. Über eFP an und für sich ist hier in den vergangenen fünf Jahren immer und immer wieder ausführlich debattiert worden. Jetzt noch mal alles bei Null anzufangen ist kein freundlicher Akt. Zumal es um NATO-Truppen im Baltikum geht und nicht an oder gar in der Ukraine. T.W.]
@T.W. „Der Versuch, jedes, aber auch jedes Mal eine Grundsatzdiskussion loszutreten, ist inzwischen begrenzt lustig.“
Ein potenzieller Krieg mit Russland erfordert eine solche Grundsatzdiskussion und wird für alle uns Alle nicht einmal „begrenzt lustig“ sein. Sicherheitspolitik ist mehr als nur taktische Truppenbewegungen zu besprechen.
T. W. sagt: Zumal es um NATO-Truppen im Baltikum geht und nicht an oder gar in der Ukraine. T.W.]
– dagegen:
Sachlicher sagt: [betr. Verstärkung Litauen]
07.02.2022 um 21:38 Uhr
“ Nun. Es wird sehr ernst.
Es bleibt zu hoffen, dass die Diplomatie das Ruder noch herumzureißen versteht.
Viele hier im Blog wissen, was die notice to move Anpassung bedeuten kann.“
Da tut sich einem aber ein gewisser Widerspruch in diesen beiden Aussagen auf, erst sagt T. W. dies, dann Sachlicher etwas andres, bedrohlicheres.
(Andere, schlichtere Gemueter erfreuen sich derweil am bloßen Anblick rollenden dt. Militär-Geräts an weit vorgeschobenem Ort … )
Auch wenn es nur teilweise damit zusammenhängt, gibt es Nachrichten aus Dänemark:
Dänemark mobilisiert ein Batallion und bereitet die Stationierung von F-16 auf Bornholm vor. Quelle: Pressemitteilung der dänischen Streitkräfte, ohne Link.
[Linket findes her: https://www.forsvaret.dk/da/nyheder/2022/forsvaret-styrker-beredskabet/
;-) T.W.]
Auszüge:
Forsvaret vil skærpe beredskabet for den danske kampbataljon, som er tilmeldt NATO’s beredskab, til 1-5 dage. Bataljonen vil blive samlet i Slagelse og nødvendige lagre vil blive opbygget.
“ Die dänischen Streitkräfte erhöhen die Bereitschaft für das dänische Kampfbatallion, das für die Nato-Bereitschaft gemeldet ist, auf 1-5 Tage. Das Batallion wird auf Slagelse stationiert und notwendige Depos werden errichtet.“
Forsvaret vil endvidere styrke det nationale afvisningsberedskab ved at placere to F-16 kampfly på Bornholm, hvis det vurderes operativt nødvendigt. Det er tidligere sket, når der har været øget russisk flyaktivitet nær dansk luftrum.
„Die dänischen Streitkräfte erhöhen ferner die nationale Verteidigungsbereitschaft durch die Stationierung von zwei F-16 Kampfflugzeugen auf Bornholm, sofern dies als operativ notwendig angesehen wird. [Sprich, kann, ist noch nicht entschieden]. Das ist schon früher geschehen, wenn erhöhte russische Flugbewegungen in der Nähe des dänischen Luftraums festgestellt wurden
Det øgede beredskab vil betyde, at Forsvarets opgaveløsning ved grænsen og ved bevogtning ved civile lokaliteter i København afvikles. Det er under nærmere afklaring, om politiet eller Hjemmeværnet skal overtage opgaverne.
Die erhöhte Bereitschaft bedeutet, dass die Aufgabe der Streitkräfte an der Grenze [gemeint ist wohl die Kontrolle von Flüchtlingen und ggf. Covid an der deutsch-dänischen Grenze bei Jütland] und die Bewachung ziviler Einrichtungen in Kopenhagen beendet wird. Es wird zu klären sein, ob diese Aufgaben durch die Polizei, oder durch die Heimatmiliz übernommen werden.
Die Ostflanke der NATO im „verewigten Konflikt“, wenn es nach Herrn Mölling geht:
Christian Mölling, Forschungsdirektor DGAP, zu Diplomatie und Einigkeit in der Ukraine-Krise
https://www.tagesschau.de/multimedia/video/video-985413.html
Wenn die Kosten einer Invasion zu hoch sind, hybrider Dauerkonflikt. Balearus nun Teil Russlands.
Es gibt keinen Truppenaufmarsch durch Russland. Das sind Meldungen, die die USA alle paar Jahre mal verbreiten, um ihre geopolitischen Konzepte zu verstärken. Russland hat keinerlei Intersse an einem Einmarsch in der Ukraine, wer solch einen Blödsinn glaubt ist mit seinem Denken in der Kaiserzeit stehen geblieben, wo militärische Drohungen an der Tagesordnung waren und zu den bekannten Katastrofen geführt haben.
[Bitte. Wir können hier sehr unterschiedliche Meinungen vertreten. Aber so zu tun, als habe es die Truppenbewegungen der vergangenen Wochen einfach nicht gegeben, ist doch ein wenig an der Realität vorbei. So bitte nicht. T.W.]
@Mutant77
Nun ja, erstaunlich nur, die Russen mutieren und gestehen den Truppenaufmarsch ganz offen ein, seit 08/21 übrigens.
Nennt sich im Sinne von bewährter Maskirovka lediglich „Manöver“.
Hinweis aus Moskau @Mutant77
@Moskwitsch
„Putin, gefragt, ob der Truppenabzug fortgeführt werden: „das hängt nicht nur von uns ab“ – und redet dann über Russlands Forderungen an den Westen („unsere Partner“).
Er gibt also zu, dass der Aufmarsch nicht mit Übungen oder angeblich befürchteten ukr. Angriffen zu tun hat“.
Ihrem geistigen Vater werden Sie doch Glauben schenken wollen?
[Äh, nein, diese Art des persönlichen Umgangs bitte nicht. T.W.]