Das „schwedische Modell“: „Wer einberufen wird, kann nicht nein sagen“
Die deutsche Debatte über ein Aufleben der – ausgesetzten – Wehrpflicht nimmt immer wieder Bezüge auf das Militär in Schweden. So spricht die SPD im Beschluss ihres Parteitags vom vergangenen Wochenende vom schwedischen Wehrdienstmodell. Der scheidende Verteidigungsattaché des skandinavischen Landes in Berlin, Kapitän z.S. Jonas Hård af Segerstad, hatte hier bereits Anfang 2024 das tatsächliche schwedische Modell vorgestellt. Und er hat zur aktuellen Debatte deshalb auch etwas zu sagen – sein Gastbeitrag:
Die Frage der Wehrpflicht ist – zusammen mit Schweden in die NATO und Totalverteidigung – das häufigste Thema, auf das ich als Attaché angesprochen wurde. Jetzt enden demnächst meine drei Jahre in Berlin, aber so wie der Schwan vor seinem Tod singt, möchte ich dazu ein paar Anmerkungen machen.
Das „Schwedische Modell“ wird immer angeführt als Vorbild für einen neuen deutschen Wehrdienst. Der Verteidigungsminister hat sich dazu persönlich vor Ort in Stockholm informiert, und deutsche Medien schreiben gerne darüber. Es kommt jedoch nicht selten vor, dass ein Vorschlag gemacht wird, der auf Schweden Bezug nimmt, auch wenn wir das gar nicht so machen. Das finde ich kurios und biete deswegen ein paar Erklärungen an.
In der deutschen Debatte und in der Regierungserklärung zeichnet sich mittlerweile die Einführung eines freiwilligen Wehrdienstes ab, der dem alten schwedischen Freiwilligenmodell sehr ähnlich sieht. Dieses Modell haben wir 2017 abgeschafft, weil es erstens für Landesverteidigung nicht angemessen war und zweitens, weil sich nicht genug Freiwillige gemeldet haben.
2017 wurde dieses Modell durch die Wehrpflicht ersetzt. Das Freiwilligenmodell existiert also nicht mehr irgendwie parallel zur Pflicht, was leider fast jeder Zeitungsartikel falsch beschreibt.
Als grafische Übersicht:
Schweden 2009-2017 |
Schweden jetzt |
Deutscher Vorschlag |
|
Fragebogen |
Alle 18-jährigen (m/w) |
Alle 18-jährigen (m/w) |
Alle 18-jährigen Männer |
Musterung |
Freiwillig |
Auswahl und Pflicht für die Ausgewählten |
Freiwillig |
Grundwehrdienst |
Freiwillig |
Auswahl und Pflicht für die Ausgewählten |
Freiwillig |
Hauptzweck |
Weiterverpflichtung als Soldat |
Reservisten für den Kriegsfall |
„Mehr Soldaten“ |
Gewünschte Nebeneffekte |
Offiziersanwärter |
Weiterverpflichtung als Soldat. Offiziersanwärter |
? |
Wehrübungen |
Ausgesetzt |
Pflicht bis 47 Jahre |
Unbekannt |
Kriegsdienst |
Pflicht bis 47 Jahre |
Pflicht bis 47 Jahre |
Ja, gemäß GG 12a |
Meine Einschätzung ist, dass der vorliegende deutsche Vorschlag sich eher an dem alten schwedische Modell orientiert, das auf Freiwilligkeit beruhte. Im gegenwärtigen schwedischen System gibt es keine freiwilligen Schritte. Wer einberufen wird, kann nicht nein sagen.
Ein hartnäckiges Missverständnis in den Medien ist, dass die schwedische Pflicht ein Zusatz wäre, auf den zurückgegriffen wird, wenn sich „nicht genug Freiwillige melden“. Tatsächlich wurde 2017 das alte Modell abgeschafft und mit Pflicht – und nur mit Pflicht – ersetzt. Im neuen Modell gibt es keinen „Freiwilligenweg“.
Auch die Jugendorganisation einer der größten Parteien im Bundestag scheint diesem Irrtum erlegen zu sein, wenn sie einen neuen Wehrdienst will, „der auf Freiwilligkeit beruht und sich am schwedischen Wehrdienstmodell orientiert“. Ich beurteile natürlich nicht, was die bessere politische Lösung ist – aber ich kritisiere den Widerspruch in dieser Aussage: Es muss entweder „freiwillig“ oder „schwedisch“ sein.
Zum Schluss die gleiche Empfehlung wie vor anderthalb Jahren: Der Zweck muss immer über die Wahl der Mittel entscheiden. Die Bundeswehr und die schwedischen Streitkräfte sind zum Teil anders aufgebaut. Die Pflicht ist in Schweden genau richtig, da wir auf eine große Menge Reservisten bauen. Die Bundeswehr ist hauptsächlich eine Berufsarmee.
Meine letzte Bitte bleibt, dass die Diskussion informiert geführt wird. Sowohl das alte als auch das neue „schwedische Modell“ kann das richtige für die Bundeswehr sein. Aber es sind zwei unterschiedliche Modelle.
(Archivbild: Swedish Staff Sgt. Petter Kalm, left, and Sgt William Erkkila look through binoculars during the culminating event for Archipelago Endeavor, Sweden, September 7, 2024. The culminating event consisted of combined amphibious operations in and around the Swedish archipelagos – U.S. Marine Corps photo by Sgt. Scott Jenkins)
„Dieses Modell haben wir 2017 abgeschafft, weil es erstens für Landesverteidigung nicht angemessen war und zweitens, weil sich nicht genug Freiwillige gemeldet haben.“
Ups..
Der Unterschied zwischen „lessons learned“ and „lessons to learn“. Ich behaupte ja, die Bw quält sich noch mit Letzterem, wenn sie meinst des Erste schon erfolgreich getan zu haben.
Interessant zu wissen wäre welche „Vergünstigungen“ man sich durch den Wehrdienst erwirbt, wobei das in SWE ja quasi Ehrensache ist (es soll Personen geben, die tief enttäuscht sind, wenn sie nicht ausgewählt werden).
Und: wie sieht das mit dem Gleichheitsgrundsatz aus, müßte die Kohorte nicht 50:50 m:w sein ? Gibt es eine Klagemöglichkeit für unwillige Ausgewählte ?
Last but not least: weshalb werden nicht alle zumindest gemustert ? Für uns steht ja im Mittelpunkt die Wehrerfassung und die Wehrüberwachung als vorbereitende Maßnahme für den weiteren Aufwuchs auch des Zivilschutzes.
Zum Stichwort „Ehrensache“:
Eben, genau darum geht’s. Wenn in Deutschland verstanden würde, daß der Wehrdienst keine Gängelei der Bürger durch den Staat ist, sondern jeder mit dem Wehrdienst in erster Linie etwas für sich und seine Mitbürger tut, kämen wir vermutlich besser voran.
Es geht um den Selbsterhalt unserer Gesellschaft gegenüber jenen, die sich an unserer Freiheit, unserer Sicherheit und unserer Rechtsstaatlichkeit vergreifen wollen. Jedem, dem diese erhaltenswert sind, dürfte es eine Ehrensache sein, an der Bewahrung dieser wertvollen Güter mitzuwirken.
Und dann bräuchte man den Wehrdienst auch nicht „attraktiv“ zu gestalten. Die Attraktivität ergibt sich aus dem Erhalt der drei vorgenannten Werte.
Es gibt ja Reservisten die unbeordert im Reservistenverband zu verorten sind. Da sind Leute dabei die wollen wirklich, da sind aber jene dabei die lediglich die Traditionen hoch halten. Ich frage mich ernsthaft, weshalb seit 3 Jahren nichtmal ein Fragebogen ins Haus schneit die vorliegenden Daten zu ergänzen, die Bereitschaft und den gesundheitlichen Status abzufragen. Infos zu DVAG`s & VVAG`s kommen ja auch. Auf diese Weise ließen sich sicherlich etliche motivierte Kameraden zu Engagement verleiten, zumal dort auch fähige Leute sitzen denen man nichtmal die Waffenhandhabung (Bluegun) zutraut. Dienstposten gibt es genug. Aber ohne Eichenlaub wirds schwer das für mich zu beantworten. Herr Sensburg kann das vielleicht.
Anderseits könnte man sich auch mal überlegen was mit den GBO-Soldaten geschehen soll. Hier schwurbelt man ohne Konzept. Das sind fertig ausgebildete Soldaten und Spezialisten in ihrem Bereich. Die jetzt in den Heimatschutz zu verdonnern finde ich sagen wir mal unbedacht. Wie wärs mit Angeboten zum Fähigkeitserhalt, Ansprache während der aktiven Zeit, verpflichtende Teilnahme an RDL`s (was gut funktioniert und Vorurteile der Reserve aus dem Weg räumt). Naja, vielleicht sollte ich lieber warten bis Herrn Wüstner und Co was dazu einfällt.
Ein jeder sagt wie wichtig die Reserve ist. Wo sind sie nur wenn wir mal üben? Wer schaut sich das an? Wer fragt wirklich? Wo sind die treuen Redner, wohlklingende Stabsoffiziere mit Schneit und Rückgrat die wirklich mal im Felde auftauchen und sehen was geht und was nicht, fragen was fehlt und was nicht? Hier sei mal ne Lanze für Vizeadmiral Lenski gebrochen der bewusst und aktiv das Gespräch mit GBO`lern sucht und wissen will wie es aussieht. Marine ist hier näher am Menschen.
@Thomas Melber:
Es besteht keine Forderung auf 50/50. Die besten sollen ausgewählt werden, so Pflichtgesetz.
Nein. Eine Einberufung kann man nicht beklagen, jedoch eine andere Ausbildung beantragen. Die meisten Klagen kommen von denen, die nicht einberufen werden. (Oder deren Väter. „Das Kind ist ja hochbegabt“).
Alle zu mustern ist einfach eine Kapazitätsfrage. Ein JG ist 107.000 in Schweden. Wir bauen jedoch auf, aber alle ist möglicherweise nicht erreichbar. Sogar mitten im Kalten Krieg wurden „nur“ 50k gemustert.
Sehr geehrter Herr Kapitän z.S. Jonas Hård af Segerstad, danke für die Richtigstellung.
Grundsätzlich hatte ich mir die Frage auch gestellt, ob die deutsche Öffentlichkeit überhaupt weiß worüber sie da schreibt/ spricht.
Ich hoffe das hier ausreichend fremde Journalisten mitlesen und das in Ihre Berichterstattung aufnehmen.
Können Sie auch noch was dazu schreiben ob es in Schweden neben dem Wehrdienst auch eine Art Zivildienst für alle die nicht im Militär dienen gibt?
Dieses Modell bedeutet allerdings „auch Frauen“. In Deutschland sind wir bei der Gleichberechtigung ja noch nicht so weit…
Vielen Dank für die Klarstellung zum schwedischen Pflichtwehrdienst.
Also kürzlich und in den vergangenenen Jahren verwiesen Politiker – soweit ich mich korrekt erinnere auch unsere sozialdemokratischen – doch recht gerne auf „das skandinavische“ oder „das schwedische“ Modell in Sachen Bildung, Asylrecht, Gleichstellung, Wehrdienst usw., wenn beim deutschen Wähler der Eindruck entstehen sollte, diese Politik sei besonders nachahmenswert, weil progressiv und bestimmt besser für Deutschland. Zu dumm nur, wenn sich – zumindest an diesem Beispiel – konkretisiert, dass es im Norden dann doch ganz anders zugeht und das so gar nicht zum Narrativ eines total freiwilligen, gerechten und friedlichen Wehrdienstes passt.
Ich wünsche mir mehr solcher Aha-Momente zur Förderung einer wirklichkeits- und sachorientierten und damit der Bevölkerung gegenüber ehrlichen Debatte.
„Unter den Linden“ (Phoenix):
Durch die Blume wurde hier darauf hingewiesen das ein wie immer gearteter „Pfichtdienst“ nicht zwangsläufig rechtskonform ist OHNE DEN ALTEN WEHRPFLICHTPARAGRAPHEN ZU ZIEHEN.
Bedeutet ganz einfach:
Wenn die ersten „Strafen“ aufgrund nicht zurückgeschickter Fragebögen von MÄNNERN höchstinstanzlich entschieden werden KANN ES SEIN das das schwedische Modell MIT PFLICHTTEIL so nicht rechtskonform ist.
Die rechtliche Argumentation ist endlos… Geschlechtergleichheit, Wehrgerechtigkeit, Grundgesetzverstoss bzw. wenn ja nur mit 2/3 Mehrheit.
Letzteres ist die einzig rechtlich unbestrittene Möglichkeit. Wenngleich selbst da noch das Damoklesschwert der Wehrgerechtigkeit drüber hängt…
So klar wie von der Politik dargestellt ist die Lösung der fehlenden Soldaten also nicht…
Spannender Beitrag und interessant hier nochmal die schwedische Sicht auf die deutsche Debatte zu lesen.
Ich denke in Deutschland sind wir Meister im rumschwubbeln und schön reden. Die ganze Diskussion um ein ziviles Pflichtjahr und darüber ob die neue Pflicht auch für Frauen gelten soll, ist doch alles Weichspüler. Wenn es tatsächlich zu einem Überfall Russlands auf die NATO kommt, brauchen wir Menschen die für unsere demokratische Lebensweise kämpfen. Und das inkludiert auch Verwundung und Tod. Die Alternative wäre, dass wir der Einführung einer neuen Diktatur in Westeuropa zustimmen. Keine Freiheit mehr, viel Korruption und in Folge ein erhebliches Absinken unseres Lebensstandards.
Ich fordere daher schnelles und konsequentes Handeln bei der Wiedereinführung der Wehrpflicht statt endlosen Diskussionen und rumgeschwubbel. Es wird schon herausfordernd, dass man die erforderliche Infrastruktur wieder neu aufsetzt. Da muss man loslegen und keine Goldrandlösung zerdiskuttieren.
Was in der Debatte untergeht ist die große Ungerechtigkeit die mit so einem neuen deutschen Modell einhergeht. Wer meldet sich denn für so eine (halb freiwillige) Wehrpflicht? Junge, pflichtbewusste gute Menschen. Und genau sie sind es, die im Kriegsfall einberufen werden – und sterben müssen. Während Andere, die besseres zu tun hatten als Wehrpflicht zu leisten sicher zuhause bleiben können…
Wenn Wehrpflicht dann bitte für alle.
@Jonas Hård af Segerstad
Guten Tag Herr Kapitän, Vielen Dank für Ihre Antworten !
Gibt es für die Ausgewählten „Vergünstigungen“, z.B. bei der Ausbildung (Stipendien, Anstellung im Staatsdienst, o.ä.) ? Bei uns denkt man ja über mögliche incentives nach.
@Thomas Melber
Es gibt wenige Vergünstigungen. Zwar ein kleiner Rentenzuschuss, aber daran denken wenige 18J. Sold ist niedriger als für deutsche FWDL.
Laut Befragungen sehen die meisten andere Vorteile, als persönliche Entwicklung und später als wichtige Erfahrung beim Eintritt ins Berufsleben. Grundwehrdienst wird von Arbeitsgebern hochgeschätzt. Wer einmal durch die Auswahl für den Grundwehrdienst durchkommt und dann auch das Dienstjahr durchführt, wird deutlich interessanter. Das wissen die jungen Menschen.
Und die besten Incentives ist immer das der Dienst sinn macht. Zeigt sich immer.
Vor dem Dienst kommt die Musterung. Diese sollte für alle Pflicht sein, und so organisiert und gestaltet sein, dass sie für alle als ein positiver Meilenstein im Leben empfunden werden kann.
Als heute 70jähriger ist mir die Fahrt zur, und die Musterung selbst, als negatives prägendes Erlebnis in Erinnerung geblieben. Sie war grenzwertig, was die Würde des Einzelnen bei diesem bürokratischen Massen-Akt betrifft. Während der Musterung habe ich damals meinen Antrag auf Wehrdienstverweigerung gestellt. So sollte das heute nicht mehr ablaufen!
Wie könnte Musterung heute zeitgemäß so gestaltet werden, dass dieser Vorgang nicht nur in guter Erinnerung bleibt, sondern so dass Mensch auch davon etwas hat?
Der medizinische Teil könnte als verpflichtende U17 Untersuchung im 17. Lebensjahr vor Eintritt in die Volljährigkeit von Amtsärzten in Gesundheitsämtern gemacht werden. Die Tauglichkeit wird a) für den militärischen Dienst und b) für den zivilen Dienst begutachtet.
Die für alle verpflichtende „Musterung“ nach Eintritt der Volljährigkeit ist kein Selektionverfahren mehr, sondern ein Verteilverfahren in unterschiedliche gesellschaftliche Pflichtdienste, der Wehrdienst ist einer davon.
Dieses musternde Verteilverfahren soll richtig gut werden, mit einem professionellen Begleitangebot zum Start ins Berufswesen. Kognitives und physisches Assessment, Berufsberatung, Aufzeigen von Fördermöglichkeiten, Persönlichkeitsentwicklung. Hilfestellung bei der Auswahl des Pflichtdienstes, orientiert an den Ressourcen der Person, nicht an deren Defizite. Mensch soll das finden und machen was er gut kann.
So bekommt die Bundeswehr mehr Willige, die Fähigkeiten haben, und die nicht abbrechen. Ein Abbruch beim Start ins Berufsleben kann prägend sein. Das muss verhindert werden, nicht nur um der Person Willen, sondern auch weil Abbrüche richtig viel Geld kosten. Ist dennoch ein Wechsel angesagt, so wird er begleitet in einen anderen, geeigneteren Bereich.
Zuviel Aufwand? Hohe Kosten?
Das sollte es uns wert sein!
Moin in die Runde,
ich denke, wenn das Thema AuswahlwehrPFLICHT kommt ist das Los-Verfahren ein geeigneter Weg, den ich auch für rechtskonform halte. Bin mal gespannt, was dazu im Gesetzentwurf stehen wird.
Thomas Melber sagt: 01.07.2025 um 6:18 Uhr
Was wollen Sie denn eigentlich immer mit Ihren „Vergünstigungen“?
Einerseits schreiben Sie von einem „Ehrendienst“, anderseits scheinen Sie nur bereit zu sein, diesen Ehrendienst zu übernehmen, wenn Sie dafür staatlicherseits „Vergünstigungen“ erhalten.
Muss der Staat Ihre Ehre derart kaufen oder ist es Ihnen eine Ehre etwas Zeit und Mühe für Staat und Gesellschaft freimütig und selbstlos zu geben?
@Mauerberg: Sie irren, wenn Sie feststellen, die „allgemeine“ Wehrpflicht würde im festgestellten Spannungsfall oder gar Kriegsfall nicht gelten. Mit der jetzigen (einfachen Bundes) Gesetzeslage würde die ausgesetzte Wehrpflicht für männliche Deutsche automatisch wieder eingesetzt sein. Und, seien wir ehrlich, als ausgebildete Soldaten würden wir auf dem „Gefechtsacker“ mit größerer Wahrscheinlichkeit bestehen können, als unausgebildete Zivilisten.
@Mauerberg sagt: 01.07.2025 um 0:15 Uhr
„Und genau sie sind es, die im Kriegsfall einberufen werden – und sterben müssen. Während Andere, die besseres zu tun hatten als Wehrpflicht zu leisten sicher zuhause bleiben können…“
Das ist so nicht ganz richtig, im vom Bundestag festgestellten Verteidigungsfall ist die Wehrpflicht sofort wieder aktiv. Und dann ist es vorbei mit der Freiwilligkeit. Das geht leider in der Diskussion etwas unter.
Im Prinzip heißt es am Ende aller Tage, wenn es ins Gefecht geht, hast du freiwillig Wehrdienst geleistet und bist gut ausgebildet? Oder bist im Verteidigungsfall zwangsverpflichtet geworden und nach Schnellgrundausbildung an die Front gekommen?
Das kann sich jetzt jeder/jede Person im wehrdienstfähigen Alter überlegen. Oder pokern, das nichts passiert.
@ Nico Ich kriege die genaue Dienstpostenbezeichnung nicht mehr zusammen, aber vor zwei Jahren hatten wir in Ohrdruf bei einer Übung Besuch von einem Oberst, der selber Reservist war, der sich um die Angelegenheiten von Reservisten gekümmert hat. Der hat sich angehört, wo der Schuh drückt. Es ist nicht so, dass da nichts stattfindet. Wenn ich dann allerdings in schöner Regelmäßigkeit vom Umgang mit Reservisten höre oder was für Hürdenläufe nicht wenige engagierte Reservisten absolvieren müssen, um eine Beorderung zu erhalten, dann frage ich mich schon, was hier los ist. Da muß langsam mal Druck, Drall und Geschwindigkeit rein. Bei Bewerbern, die sich für den aktiven Dienst bewerben, sieht es ja auch nicht besser aus. Der Leidensdruck scheint noch nicht groß genug zu sein.
@Hr. Abubu
Ich sagte, daß in anderen Ländern, insb. den nordischen, der Wehrdienst als Ehrendienst betrachtet wird. Bei uns ist das leider eher nicht so.
Und daß die SPD gefordert hat, daß der Dienst in der Bw „attraktiver“ werden müsse.
@Mauerberg, das Problem an dem Modell setzt in meinen Augen früher an und vermutlich werden das auch Minister und die militärische Spitze ahnen, der Fragebogen allein wird nicht einen freiwilligen mehr generieren. Entweder will ich zur Bundeswehr, egal aus welcher Motivation heraus, oder ich will aus diversen Gründen nicht. Und daran wird ein Fragebogen nix ändern.
@Y998201:
Das passiert relativ oft. Entscheidend ist aber, ob diese Informationen dann zum anderen Ohr sogleich wieder hinausfliegen, ob sie an entscheidende Stelle weitergetragen und dort aufgegriffen werden, oder ob der Zuhörer befähigt und in der Lage ist, den drückenden Schuh auch zu weiten…
Um es mit Kohl zu sagen. „Entscheidend ist, was hinten rauskommt!“ Vom sympathetischen Zuhören allein kriegt die Bundeswehr noch keine einzige Veränderung zum Besseren hin!
Danke an den Herrn Kapitän z.S. für die Klarstellung. Bitte korrigiert mich wenn ich falsch liege, aber so wie ich – in meiner laienhaften Art – die Dinge sehe wäre die aktuelle schwedische Regelung grundgesetzwidrig, da Art. 4 Abs, 3 das grundlegende Recht auf Kriegsdienstverweigerung klarstellt. Eine Selektion gegen den Willen ist also nicht möglich. Nicht möglich ist auch – sofern ich als Laie die Dinge halbwegs richtig verstehe – eine Teilauswahl von Kandidaten, d.h. die „alte“ Wehrpflicht war entweder universell oder eben gar nicht (d.h. alle tauglichen werden gezogen bzw leisten Ersatzdienst oder eben niemand). Das war, wenn mich meine grauen Zellen nicht täuschen, auch ein Mitgrund für die Aussetzung 2011 weil es da wohl ein erstes Grundsatzurteil zur Wehrgerechtigkeit gegeben hat bzw das Gericht kurz vor der Verkündung dessen stand.
Was jetzt hier in Deutschland abgeht ist nichts anderes als politisches Geschacher. Niemand hat einen Weg zur Grundgesetzänderung, die eine Einziehung nur eines Teils der Tauglichen ermöglichen würde und niemand will riskieren hier gerichtlich einen vor den Latz zu bekommen. Obendrein ist eine allgemeine Wehrpflicht politisch heikel, Berlin fürchtet offensichtlich den Zorn des Wählers (wie bei so vielen anstehenden Entscheidungen, die aus Angst vor den Folgen niemand treffen will). Beim SPD Beschluß ist laut Presse ja Rücksicht auf die Jugendorganisation der Partei genommen worden, deren Antrag versucht hat eine allgemeine Wehrpflicht kategorisch auszuschließen. Und die Bundeswehr selbst will nach allem was ich so lesen/hören konnte auch keine universelle Wehrpflicht, weil sie diese Mengen an Rekruten gar nicht „bearbeiten“ könnte. Man tanzt aus einer ganzen Reihe von Gründen also auf Eierschalen um dieses goldene Kalb und spielt „Reise nach Jerusalem“ – in der Hoffnung, daß dieser Kelch an einem selber vorbeigehen möge.
Thomas Melber sagt: 01.07.2025 um 10:52 Uhr
Sie sagten: „Interessant zu wissen wäre welche „Vergünstigungen“ man sich durch den Wehrdienst erwirbt, wobei das in SWE ja quasi Ehrensache ist“
Ich halte nichts von solchen „Vergünstigungen“. Vielmehr muss der gesellschaftliche Wert des Wehrdienstes bzw. Pflichtdienstes herausgestellt werden, der NICHT „geldwert“ (in welcher Form auch immer) abgebildet werden kann. -> Es ist ein Dienst an der und für die freiheitlich-demokratische Gesellschaft! Dafür ist mal wieder in den Vordergrund zu stellen, was das eigentlich ist: die sog. „freiheitlich-demokratische Gesellschaft“ und warum diese wertvoll und verteidigenswert ist.
Ich brauche keinen Soldaten, der die Wehrpflicht nur absolviert, weil er dafür ein paar Studiencredits oder die Fahrerlaubnis für sich „herausholen“ kann. Ich brauche Wehrpflichtige, denen es etwas wert ist, dieses Land zu verteidigen (und hinterher auch wieder aufzubauen).
Ich will auch nicht in einem Land leben, in dem jeder nur etwas tut, wenn dafür persönliche Vorteile herausspringen.
Ich denke, diese Einstellung ist dem Grunde nach auch das Erfolgsgeheimnis der Schweden.
„Bei uns ist das leider eher nicht so.“
Leider. Aber dann sollten wir aber auch deutlich mal etwas dagegen tun, dass sich diese „Eher nicht so-Einstellung“ hierzulande nicht noch durch weitere „incentives“ gefördert und verfestigt wird.
Metallkopf sagt:
01.07.2025 um 11:31 Uhr
„[….]Das passiert relativ oft. Entscheidend ist aber, ob diese Informationen dann zum anderen Ohr sogleich wieder hinausfliegen, ob sie an entscheidende Stelle weitergetragen und dort aufgegriffen werden, oder ob der Zuhörer befähigt und in der Lage ist, den drückenden Schuh auch zu weiten…“
This
Wobei ich den Fragestellern sogar glaube, dass sie die Informationen aufnehmen, verstehen und hinten ein Bericht rauskommt. Die Frage ist nur: wo verendet dieser?
Schon während meiner Grundwehrdienstzeit und meiner Zeit als Reservist vor Neuverpflichtung gab es derartige Umfragen, Befragungen usw. Und es gab sie immer. Nur: gebracht hat das alles wenig.
Es bleibt der Eindruck, dass die Struktur in sich so starr ist, dass sie sich nicht verändern KANN.
Auf keinen Fall aus sich selbst heraus.
Da muss was passieren. Alle guten Ideen helfen nicht, wenn sie in den Untiefen der Wehrbürokratie Schiffbruch erleiden. Und ich glaube, dass es nicht an einzelnen Personen liegt, sondern am System selbst.
Ich denke, wenn jemand sagt „schwedisches Modell“, dann denken alle es ist ein Ikea-Regal oder ein gutmütiger Volvo Oldtimer. Das ist der Sinn des „schwedischen Modells“ im öffentlichen Diskurs: Die Leute vergessen sofort, dass es um Krieg geht.
Mir ist immer noch nicht ganz klar, was der Hauptzweck einer wie auch immer konkret ausgestalteten (Auswahl-) Wehrpflicht sein soll, die – offensichtlich zu unrecht, wie der Beitrag des schwedischen Offiziers verdeutlicht – als „schwedisches Modell“ bezeichnet wird: Geht es darum, junge Männer (und Frauen?) BEISPIELSWEISE zu vollwertigen Panzergrenadieren auszubilden, die ein hochkomplexes Fahrzeug wie den Puma fahren/bedienen können sowie mit dem System „Infanterist der Zukunft“ ausgestattet sind und dies beherrschen, oder geht es eher darum, relativ günstig eine möglichst große Masse an Heimatschützern auszubilden, um die Reserve schnellstmöglich zahlenmäßig größer zu bekommen?
@ Jetz red I
„Die ganze Diskussion um ein ziviles Pflichtjahr und darüber ob die neue Pflicht auch für Frauen gelten soll, ist doch alles Weichspüler.“
Das verstehe ich nicht. Sie können doch nicht erwarten, dass bei der aktuellen Debatte die beiden wichtigen Punkte Gleichberechtigung und Alternativdienst ausgeklammert werden.
@Lehrer
Zweck einer Wehrpflicht – meine Meinung – wird sein:
– Einstieg in die Bundeswehr, wodurch (hoffentlich) mehr beim Bund bleiben
– Schaffen einer Reserve, welche ‚hinten‘ notwendige Aufträge erledigt, damit die Truppe sich auf das Gefecht ‚vorne‘ konzentrieren kann
UND
– Einen Personalkörper zu schaffen, der im Kriegsfall leichter gezogen, gemustert, ausgebildet und eingesetzt werden kann.
Die Vorstellung, dass ein Reservist (selbst einer, der vollumfänglich ausgebildet wurde) nach ein paar Jahren zivilem Leben als ‚vollwertiger Panzergrenadier‘ eingesetzt werden kann, ist unrealistisch.
Müssen denn einberufene Wehrpflichtige in Schweden auch Auslandseinsätze machen z.B. im Rahmen der NATO oder UN ?
NervSVDst sagt… „Die Vorstellung, dass ein Reservist (selbst einer, der vollumfänglich ausgebildet wurde) nach ein paar Jahren zivilem Leben als ‚vollwertiger Panzergrenadier‘ eingesetzt werden kann, ist unrealistisch.“
Nicht vollwertig, aber wertig! Und das geht als Reservist sehr wohl. Dazu gehört allerdings die geistige Einstellung, der Wille zu leisten und der Mut über sich hinaus zu gehen. Das ich ab Alter X kein Fallschirmjäger mehr werde ist klar,
@NervSVDst:
Ja, das war auch meine Vermutung. Danke für die Antwort.
Das, was Felix sagt.
Zusätzlich folgende These: „Schwedisches Modell“ heißt in der deutschen Debatte möglicherweise, eben genau den schwedischen Weg nachzuzeichnen: Zunächst freiwilliges Modell, im Wissen, dass dies wohl scheitern wird, als Wegbereiter für das aktuelle Pflichtmodell.
Es ist hinlänglich besprochen, dass die sofortige Einführung eines Pflichtmodells das System überfordert (Strukturen, Kasernen, Ausbilder, Material…) und auch politisch wohl nicht durchsetzbar ist (Anteile der SPD, junge Öffentlichkeit).
Insoweit finde ich den Stand der Debatte und die etwas schrägen Schweden-Vergleiche eigentlich gut erklärbar (vgl. auch Deutschland-Tempo)..
Das gesagt, nicht ohne die persönliche Einschätzung, dass wir natürlich schneller vorankommen müssten und wohl nicht ohne neue Wehrpflicht auskommen werden.
@Der Realist:
Doch, genau das ist zu erwarten. Realismus ist gemeinhin ein Begriff der das Verhältnis des Menschen zur Wirklichkeit ausdrückt. Als Realist bezeichnet man allgemein jemanden, den ein enges Verhältnis zur Wirklichkeit auszeichnet. Und Sie verstehen jetzt nach eigener Aussage nicht, dass es eine verfassungsrechtliche Wirklichkeit gibt, in der sich Wehrpflicht zwangsläufig abspielen muss?
Überlegungen hinsichtlich des Wunsches nach Ersatzdienst sind keine tauglichen Gründe für Entscheidungen über die Wehrpflicht, da der Ersatzdienst lediglich ein Reflex der Entscheidung des Verfassungsgebers ist, dem ansonsten Wehrpflichtigen aus das Recht einzuräumen, den Kriegsdienst mit der Waffe aus Gewissensgründen zu verweigern. Ohne Wehrpflicht gibt es keinen Ersatzdienst. Letzterer folgt aus ersterem, nicht umgekehrt.
Und auch die Verfassungskonformität der Beschränkung der Wehrpflicht auf Männer ist in der Wirklichkeit lange ausdiskutiert.
Vgl. VG Ansbach, Urteil vom 30. August 2004 – AN 15 K 04.00525 –, juris:
Die „aktuelle Debatte“ befasst sich deshalb mit vergleichsweise kurzfristigen Maßnahmen betreffend die Reaktivierung der Wehrpflicht, und sie findet schon aufgrund der aktuell geltenden Mehrheitsverhältnisse im Deutschen Bundestag zwingend im Kontext der aktuell geltenden Rechtslage statt. Also auf voraussichtlich einfachgesetzlicher Grundlage von Änderungen des Wehrpflichtgesetzes, welche sich im Rahmen der Verfassung zu halten haben werden.
Realisten richten sich prinzipiell nach dem, was ist. Natürlich ist Deutschland ein freies Land und man kann auch über ungelegte Eier des Verfassungsgesetzgebers munter spekulieren, Änderungen fordern oder nachdenken. Das hat dann aber nur noch wenig mit Realismus zu tun, denn das, was vielleicht sein sollte ist das Betätigungsfeld der Idealisten und Moralisten.
@Metallkopf
Ich kann förmlich spüren, wie bei der jungen Bevölkerung die Begeisterung für den Armeedienst wächst, wenn ihnen so viele Gerichtsakten in einem Zitat präsentiert werden.
Im Ernst: Ich habe manchmal das Gefühl, hier kommentieren vor allem Ü50-Verwaltungsbeamte (etwas überspitzt), die erwarten, dass tiefe emotionale Begeisterung entsteht, wenn sie Kürzel wie „FDGO“ in den Mund nehmen. Ich glaube, auf die Weise kann man nicht das historisch-existenzielle Bewusstsein kopieren, das in den nordischen Nachbarstaaten Russlands wahrscheinlich automatisch entsteht. Sollte so etwas mal in Deutschland existiert haben, wurde es jedenfalls radikalst beseitigt.
Hier klingt das alles eher nach „NATO fordert, Deutschland muss erfüllen – Jugend, herbei!“.
Und „auch mal etwas zurückgeben“ ist auch so ein selbstherrlicher Satz, der wahrscheinlich besser schmeckt, je näher man bereits am Rentenalter ist und vielleicht sogar bald vollmundig vom subventionierten Vorruhestand profitieren kann.
Hier reden alle von Schweden, betreiben aber eigentlich nur reinstes Cherrypicking. Wir wollen scheinbar das Reservewesen Schwedens mit der stehenden Berufsarmee Deutschlands und mit deutschen „BVerwG, Beschluss vom xxxxx“ statt dann zumindest Gleichstellung der Geschlechter. Warum? Weil man sonst mit den falschen Parteien reden müsste. Und so nett hier die Appelle an den unmittelbar bevorstehenden Angriff der Russen sind – unangenehm möchte man es sich in Berlin scheinbar auch nicht machen. Also klatscht man Gesetzeslagen der 2000er Jahre an die Zeitenwende und das wird dann schon irgendwie klappen.
„Realisten richten sich prinzipiell nach dem, was ist. Natürlich ist Deutschland ein freies Land und man kann auch über ungelegte Eier des Verfassungsgesetzgebers munter spekulieren, Änderungen fordern oder nachdenken. Das hat dann aber nur noch wenig mit Realismus zu tun, denn das, was vielleicht sein sollte ist das Betätigungsfeld der Idealisten und Moralisten.“
Wahre Realisten wissen aber auch, dass das was „ist“, der individuellen Wahrnehmung unterworfen ist und zudem einem zauberhaften Prozess der ständigen Veränderung ausgeliefert ist. Die Realitäten (!) wandeln sich zwangsläufig. Die eine Realität auf die alle referenzieren müssen, gibt es z.B. nur in den Köpfen der Idealisten.
Daneben wissen Realisten auch zwischen naturgegebenen Realitäten und menschengemachten Realitäten zu unterscheiden. Gerade für die Existenz der letzteren sind sie selbst verantwortlich und damit auch dazu aufgerufen deren Wandel zu begleiten und zu gestalten.. ;-)
Das Grundgesetz ist kein Naturgesetz.
Ich sehe nicht, wie es gelingen soll, dass in der breiten jungen Bevölkerung eine Verteidigungbereitschaft entsteht. Zwang wird zur massenhaften Wehrdienstverweigerung führen, besonders dann, wenn man die Wahl hat, chillen oder im Schützengraben zu sterben. Der eigene Vorteil, wurde in den letzen 30 Jahren über das Gemeinwohl gestellt. Dienen ist etwas für Loser, wer rafft und brutal den eigenen Vorteil wahrnimmt ist vorne.
Bestes Beispiel Ukraine, wieviele der unter 35-jährigen sind tatsächlich an der Front? Wenn ich nur sehe wieviele hier bei uns das Ende des Krieges abwarten. Da muss man sich keine Hoffnungen machen, dass es bei uns anderst wäre.
Was ist denn mit den letzten Jahrgängen die noch Wehrpflicht gemacht haben. Kann man nicht erstmal die einziehen? So alt sind die noch nicht und die kommen schneller im Krieg klar als die Jahrgänge die damit nie etwas zu tun hatten außer in Videospielen.
@Pio-Fritz @Heiko Kania
Leider hängt das Überleben des Einzelnen auf dem Schlachtfeld zu großen Teilen vom Glück ab. Die wahllose Wirkung eines Aritllerieschlages oder Drohnenangriffs ist uns allen bekannt. Da wäre es leider oft egal, ob man Kommandosoldat oder Rekrut ist. Eine gute Friedensausbildung führt im Zweifel zu der Ungerechtigkeit, dass gut ausgebildete Soldaten länger und gefährlicher eingesetzt werden. Diejenigen, die schlecht ausgebildet sind, können viele Dinge am Ende überhaupt nicht und haben ihren größten Nutzen nur in der Etappe. Denn am Ende fehlt eins: Viel gut ausgebildetes Personal, dass man im Frieden nicht generiert hat.
Auch im Kriegsfall bleibt das heutige Problem bestehen, schnell und ausreichend ausgebildete Truppen bereitzustellen. Große Mengen an Zivilisten in kurzer Zeit zum Soldaten zu machen muss eine Armee und ein Staat erst mal lernen und dann regelmäßig praktizieren. Einen „magic switch“ für den Spannungs- und V-Fall gibt es nicht. Eine Wehrpflicht für alle und eine damit einhergehende flächendeckende Verankerung militärischer Ausbildung verleihen im V-Fall echte Schlagkraft. Erst dann ist es möglich, Truppen kurzfristig zu mobilisieren und langfristig zu regenerieren. Es ist wesentlich leichter, einen Zivilisten, der bereits seine Wehrpflicht geleistet hat, innerhalb von vier Wochen wieder einsatzbereit zu machen, als in 4 Wochen einen völlig unerfahrenen Zivilisten zum Soldaten auszubilden.
Wenn der Staat bereits im Frieden, unter einfachsten Bedingungen, damit überfordert ist, von seinen Bürgern konsequente Pflichterfüllung einzufordern, wird ihm dies im Kriegsfall erst recht nicht gelingen. Nochmal: Es gibt keinen „magic switch“ für den V-Fall. Alles was wir dann beherrschen wollen, müssen wir jetzt lernen undvregelmäßig üben. Daher muss eine Wehrpflicht von Anfang an für alle gelten.
Sehr gute Zusammenstellung oben mit dem alten und neuen schwedischen Modell.
Das war mir so nicht bewusst.
Als Partei in der Regierung würde ich ( aus Wählerstimmen-Gründen ) das neue schwedische Modell scheuen wie der Teufel das Weihwasser..
Sollte es aber zu einem „Pflichtteil“ kommen würde mich (mal wieder…) die dann festgelegte Differenz in Monaten zum Wehrdienst intetessieren.
Gäbe es keine wage ich die Prognose 90% Zivildienst… Und etliche Klagen gäbe es auch…
US Nationalgarde:
Kleiner Denkanstoss zum Thema GUT AUSGEBILDETE RESERVISTEN:
Die Bombardierung des Irans letztens mit den hochkomplexen B2 Bombern wurde (lt. US Airforce) von Besatzungen der Nationalgarde ( also im Grunde Reservisten ) geflogen.
Von solch qualifiziertem Personal in der Reserve kann die BW nur träumen ;-)
„Die Bombardierung des Irans letztens mit den hochkomplexen B2 Bombern wurde (lt. US Airforce) von Besatzungen der Nationalgarde ( also im Grunde Reservisten ) geflogen“
Die Nationalgarde (Missouri Air National Guard) unterhält genau einen B-2 Bomber. Und ich bezweifel, dass der von Reservisten (die einen Zivilberuf ausführen) geflogen wird…
@ Mauerberg
Das setzt aber voraus, daß:
a) die Wehrpflicht wirklich universell ist und jeder herangezogen wird (oder Ersatzdienst leistet)
und
b) die Wehrpflicht in Dauer, Inhalt und Ausgestaltung auch so aufgestellt ist, daß einsatzfähige Soldaten dabei herauskommen.
Und nun dürfen Sie drei Mal raten was genau nicht passieren wird. Richtig, a) und b) zusammen. Ich erinnere nur an den Unsinn in den 2000er Jahren mit immer weiter reduzierter Alibi-Wehrpflicht für nur noch einen Bruchteil der potentiell einziehbaren. Und genau das wird auch wieder passieren, weil für eine universelle (d.h. flächendeckende) Wehrpflicht fehlt so ziemlich alles und auch politisch ist eine Wehrpflicht per se unbeliebt (weil kostet Wählerstimmen) und eine ausreichende Länge (für eine militärisch sinnvolle Ausbildung, für die wie gesagt keine der Voraussetzungen erfüllt sind) verschärft die Unbeliebtheit noch weiter. Also wird aus der Politik höchstens ein fauler Kompromiss hervorkommen, mit dem niemandem in irgendeiner Form geholfen ist.
Auch, man möge mir den Zynismus verzeihen, klingt die „Debatte“ keineswegs so, als wollte man da einsatzfähige Soldaten generieren, sondern man hofft mit „Zwang“ genug Leute ins System Bundeswehr zu pressen in der vagen Hoffnung, daß ein paar (oder mehr) dann dabeibleiben. Von der Lösung der grundlegenden Probleme (u.a. Personalwesen was zum Himmel stinkt) keine Spur. Die Folge einer wie auch immer gearteten „Wehrpflicht“ wird, wie bereits von anderen richtig gesagt, eine Verweigerungswelle sein. Und dann?
[Zynismus hoch 10] Wird dann Art 4 Abs 3 GG gestrichen weil die bequemste Lösung? [/Zynismus hoch 10]
Zum Thema Verteidigungsbereitschaft der jüngeren Generation (Gen Z +Gen Alpha).
Nach den Erfahrungen in meinem Umfeld schein die Bereitschaft zu „dienen“ in den letzten Jahren eher wieder zugenommen zu haben. Es machen sich doch einige der Jüngeren ernsthaft Gedanken einen freiwilligen Wehrdienst zu leisten, und/oder auch in Hilfsorganisationen zu dienen (oder dienen bereits).
Und auch in den vielgelobten Jahrzehnten war die wirkliche Bereitschaft zu kämpfen (und ggf zu sterben) doch auch nicht höher ausgeprägt. Man ging zum „Bund“ weil es die meisten gemachten und der aufwand zu verweigern oder sich freistellen zu lassen zu groß war. Aber auch da konnte man sich dem Wehr- oder Ersatzdienst durchaus entziehen (Freistellung wegen Beruf, Umzug nach Berlin, Untauglichkeit).
Und ich gehe davon aus, dass man auch in Schweden Mittel und Wege findet um einer Einberufung zum Wehrdienst aus dem Weg zu gehen. So wie es auch ukrainische Wehrpflichtige schaffen, sich dem Wehrdienst zu entziehen. Wobei man auch da immer hinterfragen sollten, ist das die Masse oder sind es Einzelne, die aber einfach sichtbarer sind, weil sie ggf dann auch eher auffallen.
Auch in den USA gibt es Präsidenten, die sich erfolgreich dem Wehrdienst entzogen haben….
@Panzer sind nice, auch bei denen ist der Wehrdienst inzwischen 14 Jahre her. Auch die dürften also inzwischen das eine oder andere vergessen haben. Abgesehen davon das inzwischen auch die Struktur zur Wehrüberwachung abgebaut wurde und die Bundeswehr keinen Karteikasten in der Ecke stehen hat wer wann wo welche Ausbildungen absolviert hat und vor allem wie der heute erreichbar ist.
@Mauerberg: Wenn Sie an wissenschaftlicher Aufarbeitung der (statistischen) Überlebenschance (deutscher) Soldaten im WK II interessiert sein sollten, empfehle ich „Rüdiger Overmans – Deutsche militärische Verluste im Zweiten Weltkrieg“, Schriftenreihe des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes, Bd. 46, R. Oldenburg Verlag, München 1999. Hier insbesondere Tabellen 9 – 75.
@Apollo11: Bei dem Wunsch nach einer „Super-Reserve“ darf man nicht vergessen, dass USA, UK und ISR schon historisch ein anderes Verhältnis zum Stellenwert der Reserve haben und sich dies auch in spezifischen Berufs- und Lebensmodellen im Wechsel zwischen Militär und Zivilberuf niederschlägt. In den drei genannten Ländern haben sie z.B. im Bereich Spezialkräfte, fliegendes Personal, Nachrichtenwesen und InfoArbeit sehr viele „Duale Karrieren“, die zusammen mit den jüngeren Ehemaligen für die Bildung von Reserveeinheiten / -elementen ausreichen. In Deutschland darf man auch nicht vergessen, dass die vielen Strukturänderungen die Bildung von nachhaltigen Reserven erschwert haben. Und im Zeitalter der Einsatzarmee galten Reservisten für viele Kommandeure als überflüssiges Relikt des Kalten Krieges, ausgenommen zivil nicht benötigte „Dauerwehrübende 6 Monate+“, mit denen man Lücken stopfen konnte.
#JoH:
Das Erklär-Video zum Angriff der B2 Bomber von der US Airforce:
https://youtu.be/hc78GJbpen8?si=H-2cg3ynjjoEQUnQ
Zu den Besatzungen ab ca. 16:20
In der Tat sind es „active duty“ Piloten einer Nationalgarde-Einheit die da fliegen. Aber die Unterstützung kommt von der Nationalgarde. Was bei der dt. Luftwaffe so wahrscheinlich aber auch schwierig wäre…
Immerhin es sind natürlich Vollzeitpiloten…
@ Metallkopf
Sie brauchen sich keine Gedanken darum zu machen, weshalb ich diesen Namen hier nutze. Mich interessiert Ihrer auch nicht, sondern das, was Sie schreiben.
Was bringt Ihr Einwand, dass wir es MOMENTAN aufgrund unserer Verfassung nicht so durchführen können, wie wir es müssten, um es für alle Bürger fair und gleichberechtigt zu gestalten?
Erklären Sie mir einmal die Logik dahinter, dass Frauen heute in der Bundeswehr dienen dürfen, aber keinen Wehrdienst ableisten dürfen.
Das ist absurd und war nur so lange valide, wir die Wehrpflicht ausgesetzt wurde.
Nun wird man die Verfassung ändern müssen.
@Der Realist, für eine Verfassungsänderung benötigt man aber eine entsprechende Mehrheit im Bundestag und die sehe ich nicht aktuell.
Bzw könnte man sie bekommen, was man aber nicht wird testen wollen weil man sonst im Vorfeld mit der „falschen“ Partei reden müsste.
@csThor, das es zu einer Verweigerungswelle kommt wäre ich nicht so sicher. Das dürfte unter anderem davon abhängig sein wie gerecht eine Wehrpflicht ist. Wenn nur einige wenige Wehrpflicht leisten müssen aber jeder der verweigert Ersatzdienst leisten muss, dürften viele abwarten ob sie überhaupt zum Wehrdienst gezogen werden und dann erst verweigern. Oder klagen.
@csThor
“
Das setzt aber voraus, daß:
a) die Wehrpflicht wirklich universell ist und jeder herangezogen wird (oder Ersatzdienst leistet)
und
b) die Wehrpflicht in Dauer, Inhalt und Ausgestaltung auch so aufgestellt ist, daß einsatzfähige Soldaten dabei herauskommen.“
Stimme Ihrem Beitrag vollumfänglich zu.
Die Wahrnehmung des Wehrdiensts wie auch der Bundeswehr leidet meines Erachtens bis heute darunter, das ab den 90ern (früher kann ich nicht beurteilen da zu jung) keiner Ihrer Punkte a) und b) auch nur ansatzweise erfüllt war. Und heute wundern wir uns ernsthaft das junge Menschen kein Interesse an einem Dienst haben, den ihre Eltern als sinnlos und ungerecht empfunden haben?
Unter nicht wenigen meiner Generation gelten die GWDLer als die wahren Verweigerer, nämlich diejenigen die sich einem SINNVOLLEN Dienst verweigert und stattdessen in irgendeiner Kaserne ihre Zeit totgeschlagen haben. Und da haben wir von Material- und Ausrüstungsproblemen noch gar nicht gesprochen…
Mit Ihrem Zynismus meinen Sie vermutlich Art.4 Abs.3 der EMRK? (Art.4 GG ist Religionsfreiheit…)