Bundestag billigt weiteren Einsatz in Mali – mit Ausweitung der Ausbildungsmission

Wenige Tage vor dem Ablauf der bisherigen Mandate hat der Bundestag die Einsätze der Bundeswehr in Mali verlängert. Die Abgeordneten billigten eine Fortsetzung der deutschen Beteiligung an der EU-Trainingsmission in Mali, die personell und räumlich ausgeweitet wird. Auch der – formal unveränderten – Beteiligung an der UN-Blauhelmtruppe MINUSMA stimmten die Parlamentarier zu.

Für die Fortsetzung der Ausbildungsmission EUTM Mali sprachen sich 437 Abgeordnete aus, 149 stimmten dagegen und 58 enthielten sich (dazu mehr unten). Der Verlängerung der Bundeswehrbeteiligung an MINUSMA stimmten 485 Parlamentarier zu, 144 sprachen sich dagegen aus. Sieben Abgeordnete enthielten sich.

Wesentliche Veränderungen gibt es im neuen Mandat für die EU-Ausbildungsmission (Bundestagsdrucksache 19/19002): Gegenüber dem bisherigen Mandat (Bundestagsdrucksache 19/8971) wird die Personalobergrenze von bislang bis zu 350 auf 450 Soldatinnen und Soldaten erhöht, außerdem wird die Arbeit der Ausbilder ausgeweitet. Sie sollen künftig die Streitkräfte aller Länder der so genannten G5 Sahel (Mali, Niger, Burkina Faso, Tschad, Mauretanien) unterstützen können und außerdem ihre Auszubildenden näher als bisher in die Einsätze begleiten.

Da die Bundeswehr zudem in den vergangenen Monaten den Betrieb eines Feldlazaretts im Camp in Koulikoro an eine zivile Firma übergeben hat, gibt es zusätzliche personelle Spielräume für die Mission. Die werden zum Teil für die Ausbildungsmission Gazelle der Spezialkräfte in Niger genutzt, also nicht in Mali selbst. Bereits seit zwei Jahren bilden in Tahoua in Niger Kampfschwimmer der Bundeswehr nigrische Spezialkräfte aus. Diese Mission ist bislang nicht Teil der EU-Mission – soll es aber mit dem neuen Mandat langfristig werden und dafür um rund 100 Soldaten aufgestockt werden.

Die Grundlage dafür bietet ein Ratsbeschluss der EU vom März, mit dem nicht nur die Aufgaben von EUTM selbst ausgeweitet werden, sondern auch die Ausbildungsmöglichkeiten in den Nachbarländern Malis. Der Ratsbeschluss zum fünften Mandat von EUTM Mali ist auch die Grundlage, die bisher bilaterale Military Assistance (MA) Mission GAZELLE in Niger in die aktuelle Mandatierung mit einzubeziehen, heißt es im Mandat. Formal wird die Einbeziehung in EUTM allerdings erst noch angestrebt.

Die Gazelle-Mission soll zudem von der Ausbildung in Tahouba im Zentrum des Landes näher an die Grenze des Niger zu Mali verlegt werden, wo ein Schwerpunkt der Auseinandersetzung mit islamistischen Terroristen auf beiden Seiten der Grenze liegt. Der neue Stationierungsort Tillia liegt im Einsatzraum der Spezialkräfte, die von der Bundeswehr ausgebildet werden.

Damit rücken die Ausbilder näher an das tatsächliche Kampfgeschehen heran – zusammen mit der angestrebten Integration von Gazelle in EUTM Mali aus Sicht der Bundesregierung ein starkes politisches Signal. Zugleich auch das Signal an den Verbündeten Frankreich, dass Deutschland zu mehr militärischem Engagement bereit ist – bedeutsam gerade deshalb, weil die Bundesregierung die von Frankreich initiierte Spezialkräfte-Mission Takuba im Sahel zwar politisch, nicht aber militärisch unterstützt.

Die Ausbildung in der EU-Mission ist derzeit zwar wegen der Coronavirus-Pandemie ausgesetzt, aktuell sind dort nur knapp 60 Soldaten im Einsatz. Grundsätzlich sollen sich aber auch ihre Aufgaben ändern – nicht nur mit einer Ausweitung möglicher Ausbildungsvorhaben für alle G5-Sahel-Staaten: Die Ausbilder sollen näher an die Kampfeinsätze ihrer malischen Auszubildenden heranrücken. Dazu wird sich die Bundesrepublik unter anderem am Aufbau eines neuen Ausbildungszentrums beteiligen, dass im Unterschied zum derzeitigen Camp Koulikoro in Zentralmali näher an den Kampfgebieten im Norden Malis liegt.

Der EU-Ratsbeschluss sieht neben der Ausweitung auf die Nachbarländer außerdem auch eine stärkere Begleitung durch die Ausbilder vor, die Begleitung bis zur taktischen Ebene. Das findet sich auch im neuen deutschen Mandat wieder, allerdings mit Vorgaben:

Schwerpunkt im neuen Mandat ist die einsatznähere militärische Beratung und Ausbildung der malischen Soldatinnen und Soldaten sowie – nach Schaffung der Voraussetzungen seitens der Europäischen Union (EU) – die Ausweitung des Missionsgebietes auf alle G5-Sahel- Staaten. Das EU-Mandat verwendet in diesem Zusammenhang den Begriff „Mentoring“, welcher im EU-Ratsbeschluss (2020/434/GASP) die Begleitung ohne exekutive Befugnisse der malischen Soldatinnen und Soldaten, der Gemeinsamen Einsatztruppe der G5-Sahel- Staaten sowie der nationalen Streitkräfte der G5-Sahel-Staaten bezeichnet. Für die im Rahmen von EUTM Mali eingesetzten deutschen Soldaten heißt dies konkret, dass durch Ausbildung, Beratung und Evaluierung an gesicherten Orten wie Kasernen, Übungsräumen, Einsatzstützpunkten und Führungseinrichtungen gezielt einsatzrelevantes Wissen an die Streitkräfte vermittelt werden soll. Die Beratung bis zur taktischen Ebene ist eingeschlossen. Zudem sollen die Tätigkeiten der Soldatinnen und Soldaten beobachtet, ihre Leistungen und ihr Verhalten – auch im Hinblick auf die Achtung der Menschenrechte und des humanitären Völkerrechts – evaluiert und die Ausbildungsinhalte entsprechend angepasst werden.

Die EU-Beschlussformulierung Begleitung ohne Exekutivbefugnisse bis zur taktischen Ebene klingt somit weitergehend als die deutsche Mandatsformulierung Ausbildung, Beratung und Evaluierung an gesicherten Orten wie Kasernen, Übungsräumen, Einsatzstützpunkten und Führungseinrichtungen. Inwieweit damit die Arbeit der Bundeswehrsoldaten – nach Wiederaufnahme des Ausbildungsbetriebs – in dieser Mission gefährlicher wird, wird von der konkreten Umsetzung dieser Begleitung abhängen.

Die Ausweitung der Ausbildung auf alle G5 Sahel-Staaten führte zu einer Veränderung im Abstimmungsverhalten: Die Grünen, die in den Vorjahren der Mission EUTM Mali jeweils überwiegend zugestimmt hatten, enthielten sich fast geschlossen. Ihre Verteidigungspolitikerin Agnieszka Brugger begründete das mit einer damit verbundenen möglichen Unterstützung des autokratischen Regimes im Tschad mit seinen Menschenrechtsverletzungen.

Das ebenfalls beschlossene neue Mandat für den UN-Einsatz (Bundestagsdrucksache 19/19004), für den deutsche Soldaten in Gao im Norden Malis stationiert sind, ändert sich im Vergleich zur derzeitigen Grundlage für die Beteiligung an MINUSMA (Bundestagsdrucksache 19/8972) formal kaum. Weiterhin sollen bis zu 1.100 Bundeswehrsoldaten eingesetzt werden können; derzeit sind es rund 950.

Allerdings zeichnen sich in der praktischen Arbeit Veränderungen ab. So soll die Heron-Aufklärungsdrohnen der Bundeswehr mehr für die Vereinten Nationen fliegen als bisher: Mit einer erhöhten Bereitstellung der bereits vorhandenen Befähigung zur unbemannten luftgestützten Aufklärung hat Deutschland angeboten, die VN-Anstrengungen zur Effektivitätssteigerung wirkungsvoll zu unterstützen, heißt es in der Mandatsbegründung.

Zusätzlich stelle sich Deutschland darauf ein, französische Flugzeuge zur Unterstützung von MINUSMA mit einem Tankflugzeug in der Luft zu betanken. Diese angebotene Fähigkeit zieht sich seit 2013 immwer wieder durch die Mandate – wobei aus deutscher Sicht immer im Mittelpunkt steht, dass die zu betankenden Jets nicht etwa für die französische Anti-Terror-Mission Barkhane, sondern immer für die Vereinten Nationen im Einsatz sind.

(Archivhinweis: Bericht der Bundesregierung zur Lage und zum deutschen Engagement in Mali/Sahel (Bundestagsdrucksache 19/18080)

(Archivbild Dezember 2019: Ein Bundeswehrsoldat im MINUSMA-Einsatz bei einer Übung mit dem rumänischen Unterstützungshubschrauber bei Gao/Mali – Elisabeth Rabe/Bundeswehr)