AKKs Wink an Frankreich: Neuer Einsatz im Sahel nur als EU-Mission unter UN-Mandat
Ein „robusteres Ausbildungsmandat“ für die Bundeswehr in der Sahel-Region wäre nach den Worten von Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer als EU-Mission mit einem entsprechenden Mandat der Vereinten Nationen möglich. Wenn wir als Europäer gemeinsam gegen den erstarkenden islamistischen Terrorismus vorgehen wollen, brauchen wir dafür eine klare völkerrechtliche Grundlage, sagte die Ministerin der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (FAS). Bisher hatte die Bundesregierung entsprechende Bitten Frankreichs um Beteiligung an einer neue Mission in der Region abgelehnt.
Kramp-Karrenbauer erneuerte in dem FAS-Interview (Link aus bekannten Gründen nicht) die Position, die sie bereits bei ihrer Reise nach Niger und Mali im Oktober vertreten hatte:
In der Sahelzone entsteht zur Zeit eine große Drehscheibe für Terrorismus, für organisierte Kriminalität, für Migration und Menschenhandel. Wir werden überlegen und entscheiden müssen, ob wir in unserem eigenen Interesse an Ort und Stelle für Stabilität sorgen wollen und ob die Bundeswehr hier nicht an der Seite unserer Verbündeten ein robusteres Ausbildungsmandat braucht.
Allerdings, das war in der vergangenen Woche bekannt geworden, hatte die Bundesregierung gleich zwei Mal ablehnend auf den französischen Wunsch reagiert, in ein solches robusteres Mandat an Seite der Verbündeten auch Bundeswehrsoldaten zu entsenden. Die Operation Tacouba (Säbel) sollte nach den Vorstellungen aus Paris als gemeinsame Spezialkräfte-Operation in einer Combined Joint Special Operations Task Force (CJSOTF) entsprechende Sicherheitskräfte in Mali nicht nur ausbilden, sondern auch in ihre Einsätze begleiten. Eine Begründung für die deutsche Ablehnung wurde bislang nicht öffentlich bekannt.
Kramp-Karrenbauer machte nun in dem Interview deutlich, wie aus ihrer Sicht eine Bundeswehrbeteiligung doch möglich werden könnte:
Eine EU-Mission zur Ausbildung afrikanischer Kräfte mit einem robusten Mandat der Vereinten Nationen wäre ein möglicher Weg. Wenn wir das nicht tun, müssen wir uns ehrlich machen, was das möglicherweise an Migrationswellen für Europa bedeuten würde, und ob wir das wollen. (…) Wir müssen uns als Europäer gemeinsam entscheiden, wie wir mit dieser Region umgehen wollen. Und Deutschland darf sich dabei nicht wegducken.
Faktisch ist das die Aufforderung an Frankreich, die Operation Tacouba anders aufzuziehen, damit Deutschland mitmachen kann. Bislang ist dieser Einsatz, für den bereits mehrere kleinere europäische Länder ihre Bereitschaft erklärt haben, als Teil der französischen Anti-Terror-Operation Barkhane geplant.
Derzeit ist die Bundeswehr Teil der EU-Trainingsmission in Mali und der UN-Mission MINUSMA in dem westafrikanischen Land. Allerdings hatte die deutsche Verteidigungsministerin auch zuvor schon klar gemacht, dass sie eine Debatte über ein weiter gehendes deutsches militärisches Engagement in der Region nur im Zusammenhang mit der Diskussion über die Verlängerung der beiden bestehenden Mandate im Frühjahr 2020 für sinnvoll hält.
(Archivbild Oktober 2019: Besuch Kramp-Karrenbauer beim Koulikoro Training Center der EU Training Mission Mali )
@ Georg sagt:
01.01.2020 um 15:41 Uhr
Ist ja alles richtig. Nur die militärische Lage in Mali/Sahel haben wir jetzt, und sie ist, wie sie ist. Die UN-Res. dazu haben wir auch. Sind die Un-Res, die Barkhane-/Minusma/EUTM-Missionen sinnvoll um die malische Zivilbevölkerung zu schützen, ein Zerbrechen staatlicher Strukturen und das Entstehen von Failed States zu verhindern, ist FRA dabei übermässig beansprucht und könnte die BW mit Ihren Möglichkeiten einen entschiedeneren Beitrag leisten? Ich meine, die Antwort ist ja.
Die Weltpolitiker an entscheidender Stelle mit dem Format, per dicke Bretter Bohren der Förderung des Terrorismus/Dschihadismus den Geldhahn zuzudrehen und haben wir leider derzeit in DEU nicht – und wir hatten und haben bei USA ein sehr ambivalentes Verhältnis hins. Förderung und Bekämpfung von islamistischen/dschihadistischen Gruppen und auch in der EU keine kohärente Haltung dazu. Ich wünschte, es wäre anders, aber das wäre wohl auch ein recht langfristiges Projekt. Die Klimawandelthematik, die tatsächlich die Unruhe in Malis Norden befördert, ist dann ein zweiter wesentlicher Aspekt, hier fehlen noch viel mehr sinnvolle Strategien.
Dabei: Jeden, der meint, sich auf politischer Ebene ggf. besser einbringen zu können als das vorhandene Personal, würde ich zum Eintritt in eine Partei und entspr. Beteiligung am politischen Prozess ausdrücklich ermutigen.
Und kann die UN als Institution das allein richten? Nein, sie ist auch aus vielen hier schon diskutierten Gründen derzeit viel zu schwach dazu. Sowas wie die Un-Res. zu Mali hinzubekommen ist da aus meiner Sicht schon ein Riesenerfolg.
Eine etwas (aber nur etwas) hinkende Analogie: Als Feuerwehr kann ich auch schlecht sagen „Nö, ich lösche nicht und rette die im Haus nicht, hätten die Politiker andere Brandschutzvorschriften erlassen, oder hätten die Bewohner sich vernünftiger verhalten, dann wäre ja auch nichts passiert.“ Auf Ebene UN sind die an der Mandatsmission beteiligten Streitkräfte eben die „Feuerwehr“. Und in unserem kleinen Dorf Erde sind die Sahel-G5 auch unsere Nachbarn, die um Hilfe gerufen haben. Gott zur Ehr, dem nächsten zur Wehr…
Salve,
@KPK:
Was habe ich über Jugoslavien gesagt? Nur, daß man wenn man die Büchse der Pandora nicht öffnen will, auch Jugoslavien nicht hätte auflösen sollen. Ich habe nicht gesagt, daß ich das verurteile, daß man es aufgelöst hat.
/SARCON Traurig sind sicher nur die Engländer und Franzosen gewesen, die den Staat gegründet haben. Und die serbischen Nationalisten. SARCOFF//
Und die neuen Staaten wie BOH, Nordmazedonien etc. sind auch kaum lebensfähig, wenn man also akzeptiert, daß Jugoslabien aufgelöst wurde, kann man nichts mehr dagegen haben, wenn die Staaten in Afrika ebenso aufgelöst werden. Denn wie will man sonst ohne Kriege die verschiedenen Ethnien befrieden? Das hat ja noch nicht einmal in Jugoslavien geklappt, noch nicht einmal unter (oder gerade wegen?) Marschall Tito.
@ Landmatrose 3000
Um bei ihrer Analogie mit der Feuerwehr zu bleiben. Die Feuerwehr ist verpflichtet jeden Brand zu löschen. Der Staat (hier eine Weltautorität wie die UN) ist aber verpflichtet die Brandstifter, die den Brand gelegt haben zu finden und zu bestrafen.
Wir doktern immer mit der Bw und der Armee im Auslandseinsatz an verfehlter Politik herum, kann man so machen wenn man die Armee ausdrücklich als dieses „Ausputzerinstrument“ geschaffen hat. Verschiedene auch europäische Länder setzten ihre Armee nach diesem Motto ein. Die Bw ist aber mit einem anderen Auftrag gegründet worden und sollte nicht für solche politische Misswirtschaft missbraucht werden.
Ach ja, wer hat nochmals den Diktator Gaddafi weggeputzt und hat den Diktator Hussein beseitigt, wer hat versucht den syrischen Präsidenten zu stürzen und wer ist jetzt alles in Mali engagiert. Da fehlt noch GB und ITA, wenn ich mich recht erinnere.
By the way, Deutschland hat im Sicherheitsrat gegen den Waffengang gegen Gaddafi gestimmt !
Es ist was es ist, ein Solidarakt mit FRA so wie weiland mit den USA in AFG. Keine deutschen Interessen in Mali berührt !
@Georg sagt: 01.01.2020 um 20:24 Uhr
„By the way, Deutschland hat im Sicherheitsrat gegen den Waffengang gegen Gaddafi gestimmt !“
Enthaltung.
„Es ist was es ist, ein Solidarakt mit FRA so wie weiland mit den USA in AFG. Keine deutschen Interessen in Mali berührt !“
Ja und nein.
Solidarität alleine wäre schon ein deutsches Interesse.
Aber es gibt auch originäre Interessen. Vor allem die Stabilität in der Sahelzone um Migration und Terrorismus entgegen zu wirken.
@ Georg sagt:
01.01.2020 um 20:24
„Um bei ihrer Analogie mit der Feuerwehr zu bleiben. Die Feuerwehr ist verpflichtet jeden Brand zu löschen. Der Staat (hier eine Weltautorität wie die UN) ist aber verpflichtet die Brandstifter, die den Brand gelegt haben zu finden und zu bestrafen.“
Ähem…So funktionieren die UN nicht. Bitte einmal UN-Charta lesen (https://unric.org/de/charta/), z.B. Art. 41-43. Das Nähere regelt dann die jeweilige Resolution. Ein Mitgliedsstaat der UN ist grundsätzlich verpflichtet, Resolutionen zu unterstützen und auf Anforderung Truppen zu stellen. Die Minusma- und die Vorgänger-Res. AFISMA enthielten Aufforderungen an die Mitgliedsstaaten, Truppen zu stellen. Im Verhältnis mit den UN ist es dann auch sekundär, ob direkte Interessen der Entsendenation berührt sind.
Ein “Bestrafen” wären Sanktionen, diese wären aber genau so durch Resolution zu beschliessen, was nicht erfolgt ist; und einen Automatismus für ein Sanktionsregime gibt es nicht.
Sie finden da einen nicht ganz unähnlichen Mechanismus zur „gemeindeübergreifenden Hilfe“ in den deutschen Brandschutzgesetzen, aber lassen wir das nicht zu viel OT werden.
Das Abkommen von Algier (auch wenn FLNA/MLNA nicht beitreten wollte) sowie die demokratische Wiederwahl von Präsident Keita in 2018, der “Roadmap”-Prozess und die das seit April 2019 amtierende Kabinett von Cissé sind aus meiner Sicht auch deutliche positive Zeichen, die es ohne Minusma etc. wohl nicht unbedingt gegeben hätte.
Warum kann die Regierung nicht das KSK zur Terrorismus Bekämpfung entsenden, wofür es doch auch gegründet wurde?
Und kann dies nicht auch auf Bitten der malischen Regierung erfolgen?
Was wir im Zuge der türkischen Entscheidung, Truppen nach Libyen zu entsenden dringend beachten sollten:
Der Konflikt Muslimbruderschaft vs. Historische Regime
Oder umgemünzt: Islamistische Revisionisten vs. Totalitäre Diktatoren/Faschisten. Die Türkei, wenn man Erdogans Besuch in Tunesien beobachtet hat bedient sich auch hier diesem Spannungsfeld.
Die Staatsgrenzen weggedacht wird die Region zu einem Schauplatz des oben genannten Konfliktes.
Oberste Aufgabe in Nordwest Afrika MUSS nun sein, den Menschen unabhängig ethnischer Zugehörigkeit eine Perspektive innerhalb bestehender Politökonomie zu bieten. Mali bietet bereits rudimentäre demokratische Strukturen.
Die Alternative wäre, dass auch in Mali das Regime zum Ziel gesamtregionalen Revisionismus wird. Das sollte man denen auch als Motivation zukünftiger Politik der Inklusion mitgeben. Die Franzosen würden verstehen, dass ohne dieses Programm auch sie gegen Windmühlen antreten.
Wir Deutschen sind dort sehr respektiert und angesehen. Wir hatten dort nie Kolonien und wo wir welche hatten, haben wir uns auf humanitärer Ebene entschuldigt.
Eine mannigfaltigen Rolle die wir einnehmen können.
@BG sagt: 02.01.2020 um 11:07 Uhr
„Warum kann die Regierung nicht das KSK zur Terrorismus Bekämpfung entsenden, wofür es doch auch gegründet wurde?“
Terrorismusbekämpfung ist nicht die Gründungsursache oder Aufgabe des KSK gewesen.
„Und kann dies nicht auch auf Bitten der malischen Regierung erfolgen?“
Völkerrechtlich ja, aber gem. aktuell üblicher DEU Verfassungspraxis benötigt die BReg zur Entsendung außerdem ein Mandat eines internationalen Bündnisses.
NATO kommt nicht in Frage. EU hat (bisher) noch kein entsprechendes Mandat erteilt. VN hat zwar aufgefordert und autorisiert, aber kein Mandat für ein VN Einsatz mit Terrorismusbekämpfung im engeren Sinne erteilt. D.h. eine DEU Beteiligung würde zwar auf solider völkerrechtlicher Basis erfolgen, wäre aber nach aktueller DEU Verfassungspraxis national unzulässig.
Fällt mir noch zum Thema ein.
Da ich, persönlich, immer schlechter mit unseren Sommertemperaturen umgehen kann, sogar schon mit Norwegen liebäugele, danke ich Gott dafür, nicht dort unten sein zu müßen. Meine Ehrfurcht gillt allen, die dies jetzt schon tun und allen die es vielleicht noch tun werden.
Hoffentlich ist das Material auf die Temperaturen dort umfassend vorbereitet bzw. ausgestattet.
Hoffentlich respektiert das Klima unsere menschlichen Planungen.
Koffer sagt:
02.01.2020 um 14:30 Uhr
Die MINUSMA-UN-Res. erlaubt nach meiner Lesart schon ohne weitere Beschränkung Bekämpfung von Gegnern in Bedrohungslagen und unbeschränktes OMLT der Sahel-G5-Streifkräfte, die Direct Action vornehmen können, und unbegrenzt INTEL/Aufklärung. Alles mögliche Einsatzfelder von SOF.
Siehe:
ZIff. 19: „Authorizes MINUSMA to use all necessary means to carry out its mandate“
Ziff. 22: „RequestsMINUSMA to continue to carry out its mandate with a proactive, robust, flexible and agile posture…“
Ziff. 28.a (ii): „To support the establishment by all relevant Malian parties of a comprehensive plan for the redeployment of the reformed and reconstituted MDSF in the North of Mali, and to support such redeployment including through operational, logistical and transportation support during coordinated and joint operations,…“
Ziff. 28.c (ii): „To take active steps to anticipate, deter and effectively respond to threats to the civilian population…To take mobile, flexible, robust and proactive steps to protect civilians..To prevent the return of active armed elements to key population centres and other areas where civilians are at risk, engaging in direct operations pursuant only to serious and credible threats
Was nicht im Mandat steht, ist die Erlaubnis für Mandatsstreitkräfte in eigener Offensive ohne konkrete Bedrohungslage vorzugehen, also offensive COIN-Operationen/Direct Operations, ohne dass diese von Sahel-G5 geführt werden.
in IRL, das aktuell den Army Ranger Wing als SOF nach Mali entsendet, und wo der Einsatz der Streitkräfte noch restriktiver ist als in DEU (NUR zu UN-Missionen dürfen IRL-Truppen entsendet werden) interpretiert man die Lage zum Beispiel so: „To deal with the threat, the UN Security Council has approved MINUSMA to take robust and active steps to counter asymmetric attacks and carry out its mandate. Although not explicitly stated, this amounts to a de facto counter terrorism role….However, the issue on the ground is more nuanced, as MINUSMA is clearly aligned to other forces conducting anti-terror operations. When the mandate is translated into operations on the ground, the de facto task is to limit terrorist action….“
(Siehe https://www.rte.ie/brainstorm/2019/0909/1074853-why-are-irelands-army-ranger-wing-going-to-mali/)
DNK Danish Defence College (wirklich lesenswert: https://pure.diis.dk/ws/files/762381/DIIS_RP_2017_2_WEB.pdf) stellt freimütig fest: „One European special forces officer operating in Sectors East and North noted: “For instance, if there are suspicious activities, we can go in and [ensure that we] get a reaction. We know how to escalate a situation so it allows us to respond to it.” In short, European soldiers, who have been in Iraq and Afghanistan, know how to provoke a response in order to formally act in self-defense: They are trained and equipped to handle and respond to asymmetrical threats….“ und stellt weiter fest, dass in Nord-Mali, dem Rückzugsgebiet der ganzen Aggressoren, nur in sehr begrenztem Maße Präsenz von Mandatsstreikräften überhaupt vorhanden ist und die Sahel-G5 zusammen mit FRA dort recht allein sind.
DEU könnte, wenn es wollte.
@Landmatrose3000 sagt: 02.01.2020 um 17:36 Uhr
Sie vermischen hier verschiedene Dinge.
Solange die Resolution und der darauf aufbauende Operationsplan bestimmte Mittel nicht autorisiert (u.a. direkte Terrorbekämpfung), sind diese nicht Teil von MINUSMA, selbst wenn sie es sein könnten.
Und solange etwas nicht innerhalb von MINUSMA statt findet, ist es nach aktueller DEU Verfassungspraxis national verfassungswidrig, selbst wenn es völkerrechtlich zulässig wäre.
Darüber hinaus haben die VN diese Fähigkeiten mWn für den Einsatz innerhalb MINUSMAs auch gar nicht angefordert.
@ Klaus-Peter Kaikowsky sagt: 31.12.2019 um 17:49 Uhr
Ich erkläre Ihnen jetzt nicht den FoIA, das können Sie selbst nachlesen: https://en.wikipedia.org/wiki/Freedom_of_Information_Act_(United_States)
Die US-Regierung muß von sich aus nicht öffentlich erklären, daß sie Militär in Mali oder anderswo im Einsatz hat. Wenn Yahoo News über FoIA Einsicht in Regierungsdokumente über aktuelle Militäraktionnen in Mali erlangt, ist das eine Bestätigung aus offiziellen Quellen, daß US-Militärkräfte in Mali im Einsatz sind. Genauso so, als ob sich TW nach dem deutschen Informationsfreiheitsgesetz Einsicht in bundeseutsche Regierungsunterlagen erlangt und hier über Dinge berichtet, die die Bundesregierung nicht von sich aus veröffentlichen wollte. Investigativer Journalismus. Ist eigentlich nicht schwer zu verstehen.
@Mitleser
Wenn die USA für aller Herren Länder den Einsatz von Truppe regierungsamtlich darstellt, für Mali aber nicht, heißt dies, es gibt dort keine, oder die unglaublichste Geheimoperation der Geschichte liefe ab. Da hiervon rein gar nichts im Operationsaum erkennbar wird, gilt, niemand dort.
@Koffer u. Landmatrose3000:
MINUSMA ist eine Art Testlabor der VN für „Peacekeeping in a warzone“. Ähnlich wie die NATO beim Übergang von KFOR zu ISAF. Nur sind die Mitglieder noch weniger einig über den richtigen Weg in der Praxis.
Wurde hier schon vor Jahren mehrfach diskutiert: https://augengeradeaus.net/2017/04/angriff-auf-deutsche-patrouille-in-mali-keine-verwundeten/comment-page-1/#comment-264858
Wenn Deutschland will, dann kann man unter der Überschrift Eigenschutz bei MINUSMA auch mehr machen. Das proaktivere Mandat von MINUSMA wurde bisher nicht ausgefüllt, da es nicht alle teilnehmenden Staaten mittragen und es ein weiterer Schritt Weg vom klassischen UN-Einsatz wäre (sehr ähnlich zu ISAF).
Aber was ist denn die deutsche Position – gerade aus den Erfahrungen bei ISAF?
Wo ist unser Vorschlag als Mitglied im UN-Sicherheitsrat?
Dafür hätte die Bundesregierung den AFG-Einsatz ressortüberhreifend auswerten müssen und mit der aktuellen COIN-Diskussion und weiteren Diskussionen über die Weiterentwicklung von VN-Einsätzen abgleichen müssen. Aber wer hat das die letzten Jahre getan? Trotz all der Stellen in den verschiedenen Ministerien und think-tanks?
Das Thema ist ja wie oben gezeigt seit Jahren auf dem Tisch – ausser man schaut konsequent weg.
Das mit der Verfassungspraxis ist zudem spätestens seit Irak und Syrien auch nicht mehr so eindeutig. Man will vorallem innenpolitisch keinen Kampfeinsatz und versteckt sich hinter verfassungsrechtlichen Hürden – wenn es gerade passt.
Hier nochmal zur Erinnerung einige der Winkelzüge der Bundesregierung im Irak: https://augengeradeaus.net/2015/01/geplante-irak-mission-der-bundeswehr-verfassungsrechtlich-doch-nicht-so-einfach/
Wer sowas konstruiert und nun erneut den Art. 24 GG wieder eng auslegt, der hat nicht in erster Linie ein verfassungsrechtliches Problem, sondern ein politisches.
Die Koalition fährt halt nur noch „auf Sicht“ und entscheidet je nach dem Ausmaß des Handlungszwanges. Die jeweils bequeme Begründung liefert der Apparat. An die eigenen Entscheidungen und deren Begründungen der letzten Jahre erinnert sich ja auch kaum jemand und so kommt die Bundesregierung in Politik und Medien sehr oft damit durch.
@Memoria sagt: 03.01.2020 um 2:26 Uhr
„Wenn Deutschland will, dann kann man unter der Überschrift Eigenschutz bei MINUSMA auch mehr machen.“
Mehr machen heisst nicht aktive CT-Ops. Zudem schreiben Sie ja selbst, dass es unter den Mitgliedsstaaten derzeit für aktiveres Handeln keinen Konsens gibt.
Von daher ist das für mich ehrlich gesagt eine Phantomdiskussion.
@Memoria sagt: 03.01.2020 um 10:42 Uhr
„Wer sowas konstruiert und nun erneut den Art. 24 GG wieder eng auslegt, der hat nicht in erster Linie ein verfassungsrechtliches Problem, sondern ein politisches.“
Unstrittig benötigt man für einen Einsatz der Bundeswehr im Ausland eine Mehrheit in der Bundesregierung. Wenn diese nicht vorhanden ist, dann ist das in der Tat ein politisches Problem.
Unabhängig davon ist aber auch das Verfassungsrechtspraxisproblem aber damit auch nicht gelöst.
Es ist sozusagen nur vertagt.
@Koffer:
Das verfassungsrechtliche Problem ist nicht nur vertagt, sondern durch die Bundesregierung mehrfach durch diametral unterschiedliche Auslegungen deutlich uneindeutiger geworden.
Die Bundesregierung versteckt sich, immer wenn es gerade politisch opportun ist, hinter der Verfassung. Wenn es andersrum politisch opportun ist (Kampf gegen IS) wird entgegen der bisherigen eigenen Linie und der Meinung des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages wieder alles anders bewertet. Nun eine erneute Rolle rückwärts.
Für mich ein sehr fragwürdiger Umgang mit der Verfassung.
Man könnte entweder bei der weiten Auslegung bleiben oder die Verfassung ändern.
Aber dann hätte man ja keine Ausrede mehr.
@ Koffer sagt:
03.01.2020 um 11:50 Uhr
„Mehr machen heisst nicht aktive CT-Ops.“
Es geht bei FRA-Tacouba ja auch nicht um eigene aktive CT-Ops, sondern eher um SOF-OMLT für die Sahel-G5-Kräfte.
Ausserdem gäbe es jenseits Direct Action die ganzen anderen SOF-Betätigungsfelder, zum Beispiel LRRP, defensive COIN, CSAR, usw….Wie gesagt, in Nord-Mali ist da wohl nicht sooo viel derzeit unterwegs.
@ Memoria sagt:
03.01.2020 um 15:30 Uhr
Sehe ich auch so.
@Landmatrose3000 sagt: 03.01.2020 um 19:55 Uhr
„Es geht bei FRA-Tacouba ja auch nicht um eigene aktive CT-Ops, sondern eher um SOF-OMLT für die Sahel-G5-Kräfte.“
Exakt und das ist völkerrechtlich kein Problem (da auf Einladung), aber gem. aktueller DEU Verfassungspraxis nun mal ein Problem, weil wir auf die Umsetzung der Operation im Rahmen von MINUSMA oder EUTM angewiesen wären.
Oder auf eine neue Koalition der Willigen.
Und da hat @Memoria ja zu Recht auf die DEU innenpolitischen Probleme hingewiesen ;)
@Koffer:
Tacouba ist ebenso eine Koalition der Willigen wie OEF oder OIR.
Im Irak beteiligen wir uns ja sogar nicht an der NATO-Ausbildungsmission.
Das alles zeigt zumindest mir:
Es gibt kein echtes Problem in der Verfassungspraxis. Das ist lediglich eine Behauptung um die wahren Beweggründe (Risikoaversion) nicht diskutieren zu müssen.
Was in Afghanistan, dem Horn von Afrika, Irak und Syrien geht, ginge auch in Mali Diese Fälle sind, auf verfassungsrechtliche Ebene, vergleichbar – bei enger Interpretation des Art. 24 GG nach der ein Einsatz im Rahmen eines Systems kollektiver Sicherheit durchgeführt (!) werden muss und nicht nur durch dieses legitimiert sein muss.
Die Verfassungspraxis hat ja eben die aktuelle Bundesregierung erheblich hin zu Koalitionen der Willigen erweitert (siehe Weissbuch, Ausbildubgshilfe Irak, OIR).
Nun wieder zu behaupten es gäbe verfassungsrechtliche Hindernisse ist nicht nachvollziehbar.