Ukraine in München: Es gilt die gefühlte Temperatur
Die vergangenen drei Tage in München, die Tage auf der Sicherheitskonferenz, waren eisig. Allein schon draußen unter dem – meist strahlenden – blauen Himmel. Wie bei den Wetter-Apps auf dem Smartphone zählte im traditionsreichen Bayerischen Hof aber nicht allein die gemessene Gradzahl – sondern die gefühlte Temperatur. Während meine App mir durchgängig dafür zehn Grad weniger anzeigte, minus 13 statt der gemessenen drei Grad, galt ähnliches für das Klima der Sicherheitskonferenz: gefühlt war es viel kälter.
Dafür war natürlich der Krieg in der Ukraine und daraus direkt abgeleitet das Verhältnis des Westens zu Russland ausschlaggebend. Andere, wichtige Themen gerieten dabei völlig in den Hintergrund: Der Kampf gegen die islamistischen ISIS-Milizen (wer hatte schon mitbekommen, dass die Bundesregierung unmittelbar vor dem Wochenende weitere Waffenlieferungen für die Kurden beschlossen hatte?), die Flüchtlingsproblematik, Cyber-Angriffe oder gar der Klimawandel. Die gefürchtete neue Eiszeit eines neuen – oder nur des wieder erwachten alten? – Kalten Krieges bestimmte offizielle wie inoffizielle Reden.
Meine sehr subjektive Wahrnehmung (mit der ich offensichtlich bei Weitem nicht alleine stehe) nach drei Tagen Sicherheitskonferenz: Die Konfrontation West gegen Ost (oder umgekehrt) ist nicht nur wieder da, sie wird so bald nicht verschwinden. Und die Meinungsverschiedenheiten, die zwischen den USA und einem Teil ihrer europäischen Verbündeten auftraten, wenn es zum Beispiel um Waffenlieferungen an die Ukraine geht, sind ein Streit um den richtigen Weg – aber noch keine grundlegende Spaltung des Westens. Dafür wird der Graben zwischen Europa und den USA einerseits und Russland andererseits immer tiefer. Der russische Außenminister Sergej Lawrow ist seit Jahren Dauergast in München, aber noch nie wurde seine Rede mit so viel Ablehnung aufgenommen. Und ich kann mich nicht erinnern, dass ihn der jeweilige deutsche Außenminister so deutlich öffentlich abgewatscht hätte, wie Amtsinhaber Frank-Walter Steinmeier das in seiner Rede tat.
Ein klein wenig Hoffnung war dann doch dabei, angesichts der Bemühungen vor allem von Bundeskanzlerin Angela Merkel, eine politische Lösung in Verhandlungen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin zu erreichen. Inhaltlich konnte sie dazu in München wenig mitteilen, und die Nachricht, dass ein Gipfel gemeinsam mit Putin und dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko noch in dieser Woche angestrebt wurde, kam auch erst nach der Konferenz.
Das vorherrschende Gefühl im Bayerischen Hof war deshalb: Ratlosigkeit. Ratlosigkeit, wie es weiter gehen wird (während in der Ukraine unverändert heftig gekämpft wurde) und wie sich der Ost-West-Konflikt in der nächsten Zeit entwickelt. So viel Ratlosigkeit war nicht, als Joschka Fischer den Amerikanern vor ihrem Krieg im Irak entgegenschleuderte I am not convinced, so viel Ratlosigkeit war nicht bei den immer wieder gescheiterten Anläufen für eine Einigung mit dem Iran über sein Atomprogramm.
Nach 15 Jahren regelmäßiger Beobachtung der Münchner Sicherheitskonferenz spüre auch ich einen gefühlten Temperatursturz. Noch nie war es so kalt in München.
(Das mal als persönliche Vorrede zu einem neuen Ukraine-Sammler – damit die Debatte nicht so zerfasert, mache ich die beiden anderen laufenden Ukraine-Threads zu und bitte ums Kommentieren hier. Eine Übersicht über die Reden der Sicherheitskonferenz hier.)
(Foto: Bundeskanzlerin Angela Merkel mit dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko, links, und US-Vizepräsident Joe Biden – MSC/Müller)
„According to Wall street journal , Merkel told Putin to accept peace plan, otherwise EU will start new sanctions against Russian companies and will not try to stop US arms delivery to Ukrainian armed forces. Merkel said she is against this idea, but…
“
http://www.wsj.com/articles/ukraine-talks-to-continue-in-minsk-on-wednesday-1423389379
das ist dann wohl merkels „es sei denn“ szenario
@ JCR
Ja, das ist systemisch bedingt. Es existiert schlichtweg kein heimischer „Markt“ für Sicherheitspolitik – dem deutschen Michel geht das Thema am Allerwertesten vorbei (= fehlende Nachfrage) und in der Politik sind durch jahrelange innerparteiliche Auslese eben nur die Leute auf Listenplätze gehievt worden, die auch Stimmen, Wahlkreise und damit politische Macht für die eigene Partei gewinnen können (= fehlendes Angebot).
Obendrein habe ich den Eindruck, daß Posten im Verteidigungsbereich in der Politik nach dem guten alten „Reise nach Jerusalem“ Spielchen verteilt werden. Wer am Ende der Musik noch keinen Stuhl (Posten) abbekommen hat, der kriegt irgendwas mit Verteidigung. Tolle Motivation, tolle Generierung von Fachkompetenz!
@ wacaffe
Madam Nuland ist auch so ein typischer Chickenhawk, die immer laut und bellizistisch daherkeifen in dem wohligen Wissen nie selber in die Verlegenheit eines Kampfeinsatzes kommen zu müssen und stattdessen markige Reden auf teuren Konferenzen halten zu dürfen. Deswegen nehme ich diese Dame auch nicht sonderlich ernst.
@StMarc
Volltreffer. In der Tat ist imho die Analogie zur Kubakrise viel zutreffender als zur sogenannten Sudetenkrise, denn die Kubakrise entwickelte sich durch die Reaktion der SU auf die Stationierung US-amerikanischer Jupiter-Mittelstreckenraketen in der Türkei.
Und das ist eben die entscheidende Parallele: Es geht mal wieder um die wechsel-/gegenseitige Unterwanderung von Vorwarnzeiten. Lavrow hat nicht ohne Grund in München ziemlich deutlich auf dem Thema US-BMD in Zentraleuropa und Global Strike herumgeritten.
Deswegen kann ich auch die Besorgnis von Kujat etc. da schon sehr gut nachvollziehen: bei dieser Krise und dem sehr offensichtlichen Engagement der US-amerikanischen Nuklear-Strategen klassischer Schule bewegen wir uns nicht nur im konventionellen Bereich.
„Madam Nuland ist auch so ein typischer Chickenhawk, die immer laut und bellizistisch daherkeifen in dem wohligen Wissen nie selber in die Verlegenheit eines Kampfeinsatzes kommen zu müssen und stattdessen markige Reden auf teuren Konferenzen halten zu dürfen. Deswegen nehme ich diese Dame auch nicht sonderlich ernst.“
Das ist ja das gegenwärtige offizielle deutsche abwehrnarrativ.
„ja die usa haben es einfach…weit weg…blabla“ unisiono von vdl, FWS, Gabriel.
wie sich die obigen personen erklären das nicht nur USA/nuland sondern auch Litauen(siehe grybasukyte auf der Siko) und Polen waffenlieferungen ernsthaft in erwägung ziehen würde mich nach der argumentation mal interessieren.
wobei eigentlich doch wieder nicht. letzlich sind es ja doch nur phrasen die den eigenen unwillen etwas unpolpuläres unternehmen zu müssen kaschieren.
dieses vakuumpalaver ist einfach nur noch peinlich
@ wacaffe
Nein, das ist kein „Abwehrnarrativ“ sondern meine ernsthafte persönliche Meinung. Einem Senator McCain nehme ich seine „markige Rhetorik“ sehr viel eher ab (da er als Vietnam-Veteran und PoW auch persönlich betroffen gewesen ist) – auch wenn ich sie nicht teile. Ich persönlich lehne Waffenlieferungen auch ab, aber nicht aus Pseudo-Pazifismus oder ähnlichem. Ich bin Zyniker und daher weiß ich, daß Russland immer ein Stück mehr in den Konflikt investieren wird als es irgendein westlicher Staat je tun würde. Zur Not stattet der Kreml eben die Separatisten noch besser aus und wenn alle Stricke reißen schickt man „Friedenstruppen“ … darauf hätte der Westen keine Antwort, denn niemand hier in Europa oder den USA würde darauf mit eigenem Militär antworten. Also sagt der Zyniker in mir „Cut your losses“ …
Es macht einen erheblichen Unterschied ob Polen oder die USA Waffen liefern.
wacaffe | 09. Februar 2015 – 12:16
@ elahan
„Frankreich (afrika usw) , GB (lybien,afgh usw).“ Waren keine Bündnisfälle.
„dazu kommen dann die kleineneren staaten din inrelation zu wirtschaftskrisft und armeegröße deutlich mehr geleister haben als wir. auch und gerade mit hinblick auf einsatzmodalitäten, kampftruppendislozierung usw.““
Nie bestritten, doch darum ging es nicht.
„Ihre Haltung spiegelt aber die Attitüde unserer Poltik/militärs gut wieder. “wir machen doch schon ganz viel und die anderen Sachen können/dürfen/wollen wir nicht”
Genau, wollen viele nicht, wo ist das Problem?
Was ist meine Haltung?
Wenn ich gegen ein Kleinmachen der Streitkräfte in Europa schreibe, bedeutet dies in keiner Weise eine Beurteilung des AFG Einsatzes und eine Beurteilung der Schlagkraft.
Gerne können sie ihre Einschätzung der Schlagkräftigkeit der russischen Truppen hier zum Besten geben, binn gespannt.
„Für ein 80 millionen volk und den europäischen de facto hegemon ist luftransport/sanität/logistik etwas wenig.“ Kann sein, doch mehr als von allen anderen außer den USA.
Das sich die osteuropäer in richtung washington orienteieren werden wenn merkels “verhandeln um des verahndelns willen” stragie
absehbar scheitert ist legitim und rational nachvollziehbar. wer seine sicherheit von deutschen garantien abhängig macht kann auch gleich als tributpflichtiger gen moskau ziehen.“
Was hat das mit der Verteidigung Europas zu tun?
Um Europa konventionell so aufzustellen, dass wir Abschrecken, muss noch einiges getan werden, doch glauben sie, dass nach einer militärischen Konfrontation in welcher Russland unterliegen sollte keine Nuklearwaffen zum Einsatz kommen könnten?
@csThor
So ist es! Russland ist leidensfähig und die Menschen werden ideologisch aufmunitioniert.
Der russische Soldat/Terrorist würde in seiner Weltsicht einen gerechten Kampf führen.
Die westeuropäischen Soldaten hätten wohl eher Probleme für die ukrainischen Oligarchen und Weltverbesserer in den Krieg zu ziehen, so wie es viele Ukrainische Soldaten schon jetzt haben.
@wacaffe
Nun ja, die verbale, öffentliche Demontage und oberlehrerhafte Diffamierung sowohl der Bundeskanzlerin als auch der Verteidigungsministerin seitens US-amerikanischer Neo-Con-Chickenhawks. die in den spieletheoretischen, nuklearstrategischen Konzepten eines Herman Kahn verhaftet, und die als Gäste hier in Deutschland sind, ist nun alles andere als „politisch korrekt“ und in keinster Weise diplomatisch. McCain, Nuland und Co sind immerhin offizielle Vertreter der US-amerikanischen Legislative und Exekutive. Wir schreiben 2015 und nicht mehr 1955, diese Damen und Herren solten mal ihren Besatzer-Tonfall überprüfen.
@csThor
„… darauf hätte der Westen keine Antwort, denn niemand hier in Europa oder den USA würde darauf mit eigenem Militär antworten.“
Sicher?
Ich habe weiter oben versucht, genau so ein Szenario zu aufzuzeigen. US-Berater werden getötet, erste US-Kampflugzeuge fliegen Vergeltungsangriffe in der Ukraine, werden abgeschossen, massiverer Einsatz etc.. Das ist die abschüssige Strecke.
@Elahan
„doch glauben sie, dass nach einer militärischen Konfrontation in welcher Russland unterliegen sollte keine Nuklearwaffen zum Einsatz kommen könnten?“
GENAU DAS IST DAS PROBLEM seitdem es Atomwaffen gibt. Der Verlierende wird irgendwann in seiner Not zur nächsten (nuklearen) Stufe greifen. Daher gab es im Kalten Krieg die Abschreckung zur Verhinderung militärischer Konfrontationen. Problem heute: es wird bereits gekämpft. Wir sind eigentlich schon einen Schritt weiter.
Frage: Gibt es schon erste Details WELCHE Drohnen die USA sich für die Ukraine vorstellen? Die größeren Exemplare verlangen bekanntlich amerikanische Infrastruktur und Piloten.
@ StMarc 13:16
Es kaempft aber nicht RUS gegen NATO. Insofern noch im undefinierten Bereich und ohne Einsatz von NATO-Truppen.
@ StMarc
Sorry, halte ich für viel zu weit hergeholt. Angesichts der Stimmung in der US Bevölkerung werden Kongreß und Präsident den Teufel tun und sich so weit reinziehen lassen. Da denken nicht mal die Hardliner um McCain dran.
„und die als Gäste hier in Deutschland sind, ist nun alles andere als “politisch korrekt” und in keinster Weise diplomatisch. McCain, Nuland und Co sind immerhin offizielle Vertreter der US-amerikanischen Legislative und Exekutive. Wir schreiben 2015 und nicht mehr 1955, diese Damen und Herren solten mal ihren Besatzer-Tonfall überprüfen.“
au contraire. wohl wenig war auf der SiKO so erfrischend wie McCain, Graham et. al.
in fragen von krieg und frieden ist offener gerne auch mal etwas klarer akzentuierter kommunikationstil deutlich angebrachter als der Kita-duktus unseres personals.
die unreflektierte übernahme der behauptungen (keine militärische lösung) deutscher politiker durch medien und öffentlihckeit führen doch gerade zu der debattenfriedhifsruhe in sipo fragen generell und im ukraine fall im speziellen.
man muss graham (gerade der hatte einen starken auftritt mit sikorski un dem russischen duma fritzen) eher au knien danken das mal jemand kreative unruhe stiftet und nicht die ganze siko völlig merkelisiert wurde.
@wacaffe: Sie sind der Meinung, dass die Ukraine, ggf. mit Unterstützung welcher Art auch immer, den Konflikt gewinnen kann und wird, sofern sie jetzt keine Vereinbarung schliesst?
Naja, mit der Tür (samt Türstock und Rahmen) ins Haus zu fallen ist einer brauchbaren Debatte aber auch nicht zuträglich. So haben die Damen und Herren eher den Putin-Verstehern noch hübsch Munition für ihre krude Argumentation geliefert. Man kann klare Worte finden ohne gleich ins Polemische abzudriften wie es Nuland und auch McCain getan haben. Ich finde der Spiegel hat das recht zutreffend als „Merkel soll zwar führen, aber bitte zu amerikanischen Bedingungen.“ beschrieben.
@ Boots On the Ground:
„Nur baut man keine verarbeitende Industrie über Nacht auf, das braucht Zeit und erfordert – bei fehlendem Maschinenbausektor – auch Importe, und die sind teuer.“
Erstens: Rußland fängt ja nicht bei 0 an, so lange wird das also nicht dauern. Und zweitens spricht es schon für eine gewaltige westliche Hybris, wenn man ernsthaft glaubt, brauchbare Maschinen kommen ausschließlich aus Deutschland.
Haben Sie sich schon einmal überlegt, daß China, der unmittelbare Nachbar Rußlands auch nicht mehr hinterm Wald wohnt? Die ganzen Gimmicks, auf die wir hier im Westen so stolz sind – EiPhones, Steuergeräte für den Automobilbau, moderne Funktionskleidung – das alles wird in China produziert.
Glauben Sie allen Ernstes, die Chinesen hätten in all den Jahren nicht gelernt, die dafür notwendigen Maschinen abzukupfern? Und die liefern sicher nur zu gern an Rußland.
Das ganze hat für China nur Vorteile: Westliche Firmen werden aus dem Markt gedrängt und durch chinesische ersetzt. Und mit Rußland ist auch eher eine ausgeglichene Handelsbilanz machbar als mit den notorisch überschuldeten Amerikanern.
Eine kleine Anekdote am Rande: Als China für seine Staatsairline in großem Stil Boing bestellte, wurde der chinesische Präsident gefragt, warum man ausgerechnet beim politischen Konkurrenten kaufe. Die Antwort war sinngemäß: „Wir sitzen auf so vielen US-Dollars. Die Flugzeuge waren das einzig brauchbare, was wir hätten in den USA kaufen können, um die Handelsbilanz auch nur ansatzweise auszugleichen.“
Dieses Problem wird man mit Rußland nicht haben: Fertigprodukte und Produktionsmaschinen an Rußland. dringend benötigte Rohstoffe und Halbzeuge gehen an China. Und verrechnet wird je nach Verhandlung in Yuan oder Rubel. No $ , no cry.
„Die Importe und Exporte Deutschlands sind übrigens 2014 trotz Sanktionen so hoch wie noch nie zuvor…“
Ja, und dieser Umstand ist makroökonomischer Wahnsinn im negativsten Sinne, wie u.a. Griechenland, Spanien und Portugal gerade leidvoll erfahren – Stichwort Handelsbilanzungleichgewicht. Das näher zu erläutern würde den Rahmen von AG aber definitiv sprengen. Falls es Sie interessiert: Der Blog „flsssbeck-economics“ ist ein guter Startpunkt für weitergehende Recherche.
„und die US-Wirtschaft wächst ebenfalls…“
Wie gesagt: flassbeck-economics
„Und die BRICS werden – von Verlautbarungen abgesehen – gar nichts tun.“
Sie tun schon. Chinesische Kredite an Rußland zum Beispiel oder Lieferung sanktionierter Lebensmittel (womit man indirekt die westlichen Sanktionen aushebelt und die russischen unterstützt)…
„In der Tradition der Blockfreien halten sie nämlich die Prinzipien von Nichteinmischung, nationaler Souveränität und territorialer Integrität hoch,…“
… was man dem einen oder anderen westlichen Hegemon auch gern empfehlen möchte…
„… die eines ihrer Mitglieder grade eklatant verletzte.“
Sie sollten auch mal BRICS-Medien lesen (gibt es auch auf Englisch), da wird genau dieser Umstand nämlich gaaanz anders gesehen als hierzulande.
„Die BRICS wollten auch mal eine Entwicklungsbank als Alternative zu Weltbank und IMF und eine neue Leitwährung für den “Global South” gründen – auch davon ist bisher nichts gelesen…“
Was mich nicht wirklich wundert: In unseren Qualitätsmedien finden Sie so etwas nur noch als Dreizeiler unter Vermischtes.
Tatsächlich wurde diese Entwicklungsbank bereits letzten Sommer gegründet (Ich glaube, in Brasilien), mit über einer Billion $ Einlagen (Von genau dieser Reise kam Putin übrigens an dem Tag zurück, als MH17 abgeschossen wurde.). Und das bisherige strunzdumme Verhalten des Westens und das kontraproduktive Regime des IWF weltweit hat darüber hinaus noch etliche Nationen mehr auf den Gedanken gebracht, daß eine Mitgliedschaft dort gar nicht so blöd wäre (wodurch im Übrigen auch die Einlagen stiegen).
Und auch wenn der Aufbau einer neuen Weltleitwährung Zeit kosten wird (zumal man sich nicht wie in Bretton Woods für eine bereits existierende Währung entschieden hat, sondern die ursprüngliche Idee von John Maynard Keynes verfolgt, eine völlig neue, neutrale, nicht an Nationalstaaten gebundene Währung zu schaffen), sieht man doch erste, nicht zu unterschätzende Ansätze für einen Übergang:
So gibt es zum Beispiel hier in Frankfurt/Main seit dem letzten Jahr eine Clearingstelle für Yuan/Renmimbi, die auch nichts anderes zum Ziel hat, als die chinesische Währung zu einer weiteren Großwährung, zumindest im Handel, aufzubauen und den Dollar dort allmählich abzulösen. Öl und Gas wird zwischen China und Rußland ohnehin über Yuan und Rubel abgerechnet und anders als im Irak oder in Lybien, dürfte es den USA schwer fallen, dies zu unterbinden.
Auch zwischen dem Iran und Rußland wird mittlerweile nicht mehr in Dollar gehandelt, und trotzdem wurde der Iran bisher noch nicht im Namen von Demokratie und Menschenrechten zwangsbefreit. Es ist also eigentlich nur eine Frage der Zeit, wann andere Länder ebenfalls einmal über Alternativen nachdenken…
@mikemolto, csthor
1. lassen sie 50 amerikanische Berater beratend ins ukrainische Gefechtsfeld fliegen und schon haben Sie defacto NATO vs. Rus.
2. Vielleicht bin ich zu pessimistisch aber im Kalten Krieg haben fast alle 3. Weltkriegs-Szenarien genau so begonnen. Erst ein kleiner Zusammenstoß, der dann teilweise unbeabsichtigt eskaliert ist.
3. die russische Reaktion haben Sie ja noch gar nicht einbezogen.
Das, was McCain in München gemacht hat und das, was diese ungehobelte Nuland von sich gegeben haben, zeigt ihren wahren Charakter: Egomanisch, arrogant, oberflächlich und primitiv. Die Worte von McCain waren eine absolute Unverschämtheit. @csThor hat recht: diese Leute haben alle Vorurteile gegenüber den USA bestätigt und verstärken den Verdacht, dass die USA ihr Great-Game ohne Rücksicht auf die Europäer und die Zukunft meiner Kinder leichtfertig spielen. Dabei sollten die Republikaner erst mal ihre kriminelle Vergangenheit bezüglich der Irak-Invasion 2003 aufarbeiten.
@ st.marc
„csThor hat recht: diese Leute haben alle Vorurteile gegenüber den USA bestätigt und verstärken den Verdacht, dass die USA ihr Great-Game ohne Rücksicht auf die Europäer und die Zukunft meiner Kinder leichtfertig spielen“
na klar… immer der perfide yankee und sein notorischer imperialismus.
wer ist in diesem konflikt noch mal der agressor?
wer die unterstützunng von selbstverteidigung gegen einen völkisch-nationalistischen angreifer mit revisionistischer aganda für „eskalation“ hält ist tatsächlich endgültig in münchen angekommen.
allerdings anno 1938
@StMarc:
Sorry, selten so gelacht! Da sind Sie schon auf dem richtigen Weg und dann biegen Sie trotzdem noch falsch ab…
„Ich weiß, dass historische Analogien immer hinken. Aber was ist mit der Kubakrise? Ukraine = Hinterhof, wie damals Kuba.“
Ja, richtig! Bravo! Und wie hat die USA gleich auf die Stationierung von russischen Raketen dort reagiert?
„Die Aggression gegen die Ukraine wäre dann mit dem Angriff auf die Schweinebucht, der ja auch von Irregulären durchgeführt wurde, gleichzusetzen.“
Och nö, daneben.
Kommt Ihnen denn nicht einmal ansatzweise der Gedanke, daß die Separatisten, die da von der ATO in der Ukraine beschossen wurden, schon in Slawjansk, Donezk oder Lugansk gewohnt haben, während der Haufen verkrachter ExilKubaner in der Schweinebucht erst von den USA auf der Insel abgesetzt wurden, „um die Revolution in die Knie zu zwingen“?
Die einzige Analogie, die man da finden kann, ist die Tatsache, daß sowohl die Separatisten, als auch die Möchtegern-Contras jeweils aus dem Nachbarland unterstützt wurden.
Ist jetzt echt nicht gegen Sie, sorry, aber ich finde es schon etwas bedenklich, wie selbst intelligente Menschen durch gezielte PR trotzdem auch noch von so offensichtlichen Zusammenhängen abgebracht werden können.
@wacaffe
Ich will mich nicht streiten: die Rolle des Aggressors ist in der Tat mit Russland klar vergeben. Richtig ist auch, dass die Obama-Administration in den letzten Jahren sehr bedachtvoll vorgegangen ist (und dabei vielleicht auch Fehler gemacht hat).
Das Handeln der Republikanischen Administration, unter anderem auch das aggressive Unterdrucksetzen der Deutschen in Bezug auf den gewünschten NATO-Beitritt der Ukraine und von Georgien vor einigen Jahren, vom Angriffskrieg im Irak nicht zu reden, wollen Sie doch nicht abstreiten? Ich halte wie oben gesagt, nicht das 38’er Szenario für passend, sondern die Kubakrise. Da wären wir jetzt gerade beim Schweinebuchtszenario.
Wenn aber ein amerikanischer Senator die deutsche Bundeskanzlerin mit Neville Chamberlain gleichsetzt, ist das mehr als niederträchtig und charakterlos. Frau Merkel hat bewusst gesagt, dass sie nicht über die Territorien anderer Staaten verhandelt.
Ansonsten freue ich mich über sachliche Diskussionen.
@ wacaffe
„na klar… immer der perfide yankee und sein notorischer imperialismus.“
Sorry, aber einerseits beklagt sich gefühlt halb Amerika, daß der Westen den „information war“ mit Rußland verliert und gleichzeitig unterfüttert man mit derartiger Bierzelt-Haudraufrhetorik jedes auch noch so krude, absurde und dämliche Vorurteil eben dieser Russland-Versteher auch noch in aller Öffentlichkeit. Da beißt sich der stilistische Hund aber gewaltig in den eigenen Schwanz.
@ st. marc
man könnte aber aus perspektive der restukraine ,nicht ohne rechtfertigung, die gegenwärtige deutsche positiin als „niederträchtig und charakterlos “ bezeichnen.
genau das hat graham, stellvertretend für die ukraine und die osteuropäer die es denken aus gründen der ungünstige machtrelation zu deutschland aber nicht sagen können, ausgesprochen.
das umso mehr als das gesamt hiesige sicherhitsestablishment die osteuropäer in den letzten jahren immer als latent unzurechnungsfähige russlandparanoiker diskreditieren wollte
wer hat in den letzten zehn jahren denn die korrekte einschätzung russlands gehabt? die wandel durch handel crew in der wilhelmstraße oder die balten.
da wäre imho ein bisschen mehr demut angebracht.
@wacaffe
Ja, gegenüber den Osteuropäern gebe ich Ihnen Recht. Ich habe die Position „wir sind nur noch von Freunden umgeben“ auch immer als geschichtsvergessen gehalten, genauso, dass die Zeiten der Panzerkeile in der Lüneburger Heide vorbei wären.
Trotzdem sollte man sich fragen, ob die Waffenlieferungsstrategie wirklich zuende gedacht ist. Wie Frau Merkel sagte: beim Mauerbau ist der Westen auch nicht in Ostberlin einmarschiert und den Ungarn konnte 1956 leider auch keiner helfen.
@StMarc
Ja, Russland wäre nicht auf diese Art an die Krim gekommen wenn sie Atomwaffen gehabt hätten. Nun ist die Ukraine nicht in unserem Bündnis und muss es selbst regeln wie sie mit ihren innerstaatlichen Problemen umgeht, was Putin angeht, muss die Weltgemeinschaft reagieren (wie auch immer). Es ist nicht alleinige Aufgabe der NATO und es geht nur auf diplomatischem Weg.
@ foxy 13:36
Richtig, der Westen hat ja auch alle notwendigen Zweigwerke der Industrie in China aufgebaut, sie brauchen nur noch, statt ins chin. Inland zu liefern, gegen Energielieferung zB, zu exportieren….
Fuer einige Leser hier hoffentlich augenoeffnende Darstellung,
BZ!
@Foxy
Die Exilkubaner waren aber doch wohl Kubaner – oder? Das von Ihnen hinzugefügte Adjektiv „verkracht“ lässt den Verdacht manipulativer Rhetorik aufkommen.
Schön übrigens, dass Sie gegen PR gefeit sind.
Aber sowohl die Schweinebuchtinvasion als auch die russische Invasion (oder meinetwegen massive militärische Unterstützung der Separatisten mit Menschen und Material) sind völkerrechtswidrig und verletzen damit (von der gewaltsamen Annektion der Krim ganz abgesehen) die – vor allem auch von der Sowjetunion geförderte – Ordnung auf die die letzten Friedensjahrzehnte aufbauen. Da beist die Maus keinen Faden ab.
@StMarc
Es war doch schon zu Beginn der Krise klar, dass man Deutschland mit diesen unpassenden WWII-Analogien in Sachen Rußland/Ukraine – bis hin zu dieser seltsamen Sichtweise Janzenjuks in Sachen Auschwitzbefreiung – unter einen ganz besonderen pschychologischen Druck setzen wollte. Nun kommt also nach der Auschwitz-Keule auch noch die Chamberlain-Keule in bester leading-from-behind-psyops-Manier daher geflogen.
Putin – und das haben er und Lavrow ja nun mehrmals deutschlich gemacht – sieht aber die ganze Entwicklung in Europa nicht aus der prä-WWII-, sondern aus der post-WWII-Perspektive und da ist in der Tat – aufgrund des Engagements der USA in Sachen NATO-Beitritts von Ukraine, Georgien, Moldavien etc sowie des ABM/Global-Strike-ConOps – die Analogie zur Kubakrise viel zutreffender, allein schon deswgen, weil es 1938 eben noch keine Nuklearwaffen und Ballistische Raketen gab.
@ Foxy – Ihr Engagement in allen Ehren, aber die makroökonomischen Auswirkungen auf Volkswirtschaften durch Veränderungen des Außenhandels kann man nicht einfach semantisch erfassen. Man braucht hier modelltheoretische Argumentationsstrukturen.
Was auf monetärer Ebene passiert, wird durch das Mundell-Fleming-Modell erklärt: Hier sehen wir, dass eine Abwertung der Währung (induziert durch Abwanderung der Investoren wegen mangelhaften Vertrauen z.B. wegen den auferlegten Sanktionen) zu einem erhöhten Angebot an innländischer Währung und somit fallenden Zins führt. Unter Gültigkeit der Marshall Lerner Bedingung würde damit die Wettbewerbsfähigkeit von Russland zunehmen und die Exporte würden ansteigen.
Nun hat Russland zusätzlich das Problem, dass sie von einem Primärgut abhängig sind (Dutch disease). Russland hat es hier versäumt notwendige Investitionen zu tätigen um die Stückkosten zu reduzieren. Durch den Verfall des Ölpreises kann Russland somit im Export nicht mehr die ausländischen Devisen rein holen, welche dazu notwendig wären um die nun notwendigen Importe zu finanzieren und einen weitere Abwertung der eigenen Währung zu stoppen. Der Teufelskreis aus notwendigen Importen + abwertende Währung, führt irgendwann zu einer Zahlungsbilanzkrise.
Natürlich entsteht durch den hohen Importpreis ein Anreiz im Innland eigene Güter herzustellen. Jedoch wird es einben Grund gegeben haben, warum Russland diese Güter bisher importierte und nicht selbst herstellte. Wahrscheinlich fehlen die komparativen Vorteile bzw. das notwendige know how muss erst mal gebildet werden. Bis es zu dieser strukturellen Anpassung der Wirtschaft kommt, können mehrere Jahrzehnte vergehen, in denen die konkurierenden Volkswirtschaften ihren Vorsprung vergrößern. Bei der jetzigen Innovationsfeindichkeit steht jedoch zu befürchten, dass Russland diese strukturelle Anpassung nicht erreichen wird, sondern sich in eine Abwärtsspirale begibt.
Letztlich werden aber die aktuellen Probleme das Land schneller einholen als sich Lösungen implementieren lassen. Offensichtlich versteht die russische Führung nicht, dass man ein Land, welches sich dem Außenhandel geöffnet hat, nicht einfach so von der Außenwelt kappen kann, ohne dabei seine Lebensader zu durchschneiden. Die alten Betonköpfe schwelgen offensichtlich immernoch in alter Sowjetromantik. Militär alleine macht ein Land nicht mächtig. In einer globalisierten Welt korrespondiert Macht direkt mit der wirtschaftlichen Kraft und Innovationsfähigkeit. Genau diese Karte spielt gerade Merkel. Wir werden sehen, welche der beiden Waffen die Stärkere im 21. Jh ist.
@Bang50
Letzter Absatz: große Zustimmung – thats the point!
@wacaffe
„wer die unterstützunng von selbstverteidigung gegen einen völkisch-nationalistischen angreifer mit revisionistischer aganda für “eskalation” hält ist tatsächlich endgültig in
münchen angekommen.“
allerdings anno 1938
made my day – but – wie geht es weiter ?
Was mir Sorge bereitet:
Eine glaubwürdige Abschreckung ist mit der deutschen Gesellschaft (inkl.mancher Soldaten) nicht mehr zu stemmen
Die Karte der Ökonomie – das wäre eine Wiederholung des Cold War – der wurde auch letztendlich über das „Kapital“ beendet. Jedoch gemeinsam mit einer glaubhaften Abschreckung – Doch dies wissen auch die Betonköpfe und werden sich daher vielleicht beeilen…..
“wer die unterstützunng von selbstverteidigung gegen einen völkisch-nationalistischen angreifer mit revisionistischer aganda“
Das Problem ist, daß man der ukrainischen Seite dieselbe Gesinnung wesentlich besser nachsagen könnte.
Nun ja, das Land, das makro- und mikroökonomisch zZt. „im internationalen Wettbewerb“ auf den Fluplatten liegt ist aber nicht Rußland, sondern die Ukraine und daran wird sich in den nächsten Jahren trotz ggflls. massiver Waffenlieferungen und finanzieller Hilfe ganz bestimmt nichts ändern, denn die Ukraine kann – trotz massiver westlicher Hilfe – auf Dauer keine war-economy durchhalten.
Andererseits hat Rußland noch immer „Reserven“ und was die vermeintliche politische und ökonomische Isolation anbelangt, da habe ich doch erhebliche Zweifel – Stichwort BRICS und Co. Auch monetär gibt es für Rußland noch einige Optionen, wie zum Beispiel Barter Clearing etc.
Fazit: Der ökonomische und militärische Atem des Westens mag auf lange Sicht den russischen übertreffen, der Atem Rußlands wird aber den westlich-ukrainischen in Sachen Donbass ökonomisch und militärisch kurz-und mittelfristig übertreffen, was in der Konsequenz dann zu dem richtigen Satz führt: es gibt keine militärische Lösung.
@ mwk – Nur dieses Mal im Zeitraffer, weil die Betonköpfe eben nicht begreifen, dass ihre Situation aus zwei Gründen nicht mit der Sowjetunion vergleichbar ist:
1. Wir leben in einer globalisierten Welt mit enormen Innovationsdruck und weitgehender Spezialisierung. Russland alleine kann schlicht nicht mithalten und wird immer weiter an Wettbewerbsfähigkeit verlieren.
2. Die Struktur der sowjetischen Volkswirtschaft war darauf ausgelegt, als seperater Wirtschaftsraum zu funktionieren. Die heutige russiche Wirtschaft hängt mit ihrer Güternachfrage zu einem Großteil an der westlichen Welt. Dazu braucht es Devisen, welche Russland nur immer schwieriger aufbringen kann.
@klabautermann
sehe ich ähnlich.
Frage: Sie schreiben auch „es gibt keine militärische Lösung.“
Glauben Sie, dass das Herr Putin genauso sieht ?
Zitat klabautermann: „Fazit: Der ökonomische und militärische Atem des Westens mag auf lange Sicht den russischen übertreffen, der Atem Rußlands wird aber den westlich-ukrainischen in Sachen Donbass ökonomisch und militärisch kurz-und mittelfristig übertreffen, was in der Konsequenz dann zu dem richtigen Satz führt: es gibt keine militärische Lösung.“
Eben, daher darf man sich die Frage stellen, ob Merkel die Ukraine nicht schon längst abgeschrieben hat und es nur noch darum geht, ein Übergreifen auf Polen etc.. zu verhindern.
P.s Wird BRICS weiter liefern, wenn die Gläubiger ihr Abschreibungsrisiko höher einschätzen als der zu erwartende Gewinn? Auf Rechnung zechen geht auch nur so lange, wie der Wirt an die Zahlungsfähigkeit glaubt.
@Bang50
deswegen spielt der Zeitfaktor eine grosse Rolle – das weiß auch Herr Putin – wie man an seiner Politik leicht sehen kann.
@ csThor | 09. Februar 2015 – 12:56 : “ … Ich bin Zyniker …“
Na, da gibt es doch ein Schmankerl für Sie. Der Spiegel schreibt am 7.2. unter dem Titel „Putins Einladung [zum 9.5.] bringt Merkel in Bedrängnis: … Er wundere sich, dass Polen einen Tag des Sieges ausrichten wolle, obwohl es doch keinerlei Siege errungen habe, sagte der Chef der Kreml-Verwaltung, Sergej Iwanow“.
@mwk
Ich denke schon, dass Putin eine Verhandlungslösung einer militärischen vorzieht.
Der Satz, „es gibt keine militärische Lösung“ muß natürlich ergänzt werden durch „für Kiew“. Frau „F… the EU“ und G.Soros haben sich schlicht und einfach verzockt.
Also cut the losses, blame the crazy Putin, bash the cowardice Germans and start from scratch in Ukraine.
@Elahan:
1.) Die Bundeswehr in Form bringen. Dazu auch Mittel aus anderen Ressorts umlagern und Gesetze an die Realität anpassen.
2.) Die Geheimdienste angemessen ausstatten. Dazu auch Mittel aus anderen Ressorts umlagern und Gesetze an die Realität anpassen.
3.) Wenn man als Bettler zu Verhandlungen fährt, wird man von einem Putin auch wie ein Hausierer behandelt. Wenn man vorher noch demonstrativ alle vorhandenen Druckmittel ausschließt, dann ist das idiotisch. Wenn man noch dazu auf jede neue Maskirowka hereinfällt, insbesondere auf sture Wiederholungen desselben durchsichtigen Manövers, dann sollte man den Job Leuten überlassen, die nicht ganz so dämlich sind.
4.) Wer die bedrohten Osteuropäer aus den Verhandlungen ausschließt und denen dann auch noch öffentlich andeutet, man wisse mehr über deren Region als sie selbst, der hat, mit Verlaub, nicht mehr alle Latten am Zaun und ist aus der Außenpolitik sofort abzuziehen!
Wenn Putin NATO und EU an unserer Ostgrenze spalten kann, dann nicht, weil er genial wäre, sondern weil unsere diplomatischen Einsteins in Berlin ihm schon den Keil ins Holz gehauen haben.
Zu den Sanktionen: Die wirken, aber sie wirken nicht so, wie das manche glauben.
Die westlichen Sanktionen gelten ausdrücklich weder Putin noch der russischen Wirtschaft. Man sanktioniert stattdessen Oligarchen und diverse Leute, die eh nie in den Westen reisen würden. Man liefert offiziell keine Waffen mehr an Rußland, was dort keinen schert. Und man kauft keine Waffen mehr aus Rußland, was auch keinen schert.
Was die russische Wirtschaft in den Abgrund reißt, sind nicht die westlichen Sanktionen, sondern Putins Antwort darauf:
– Ein Einfuhrstopp für westliche Lebensmittel und diverse andere Produkte.
– Die für Putin typische Umgangsweise mit seinen Nachbarn aus der Eurasischen Handelsunion, also willkürliche Einfuhrverbote, illegale Zölle und andere Vertragsbrüche nach Tageslaune.
– Eine ganze Reihe von Raubzügen, mit denen er sich das das Eigentum an gutlaufenden Firmen gesichert hat.
– Die Tatsache, daß seit 2014 selbst loyale Oligarchen nicht mehr vor seinen Raubzügen sicher sind und jederzeit im Gefängnis landen können.
– Die grassierende Korruption.
– Die im letzten Jahr unübersehbar gewordene Umstellung des ganzen Landes auf eine gleichgeschaltete zentralistisch dirigierte Kriegswirtschaft.
– Die Gewohnheit, Öl- und Gaspreise als Waffe einzusetzen, was zusammen mit einem stark gesunkenen Preisniveau seinem Öl- und Gasgeschäft den Boden unter den Füßen wegzieht.
– Die Verblödung der politischen Kaste, die sich auf die gesamte Gesellschaft auswirkt, zum Beispiel durch die massive Abwanderung der Intelligenz ins Ausland.
Wäre Putin nicht Putin, hätten die Sanktionen so gut wie keine Wirkung auf die russische Wirtschaft. Und so sollte das auch sein. Von Anfang an wurde bei jeder Sanktionsdebatte betont, man wolle auf keinen Fall die russische Wirtschaft oder Putin selbst treffen. Stattdessen sollte der Zirkel um ihn herum chirurgisch bearbeitet werden.
Man kann diese Sanktionsmethodik getrost als gescheitert betrachten.
Sie sollte die russische Wirtschaft schonen. Irrelevant, wie man sieht, und wird auch nicht mehr angestrebt.
Sie sollte eine Verhaltensänderung motivieren. Wird nicht passieren, solange nicht die russische Fähigkeit zur Kriegsführung betroffen ist.
Sie sollte andere abschrecken, dem russischen Beispiel zu folgen, formuliert als „Aufrechterhaltung des Rechtes“. Da käme in nächster Zeit nur Iran als Kandidat in Frage. Und der arbeitet erstens geschickt über die Hisbollah und hat zweitens auch die angebliche „nukleare Option der Sanktionen“, den Ausschluß aus Swift, schon ganz wunderbar überstanden.
Zu den Verhandlungen:
Rußland fordert direkte Verhandlungen mit den russischen Truppen, die diese sofort ablehnen.
Der Westen fordert mit Rußland gemeinsam einen Waffenstillstand, den Kiew unter deutschem Druck einhält, um sofort unter russisches Artilleriefeuer zu kommen, welches man wegen des Waffenstillstandes nicht beantworten darf.
Mögliche Reaktionen auf die russische Invasion werden verschoben, weil Rußland ja Verhandlungswille signalisiert hat.
Werden verhandelt wird, wird zeitgleich eine russische Bodenoffensive gestartet.
Das ganze hat sich jetzt mehrfach wiederholt.
Der Waffenstillstand nach Minsk war dabei ein besonderes Kabinettstückchen, denn dort wurde eine demilitarisierte Pufferzone verabredet. Während sich die Ukrainer aus dieser Zone zurückgezogen haben, sind die Russen sofort in die frei gewordenen Flächen eingerückt und haben dann das Artilleriefeuer auf die neuen ukrainische Linien wieder aufgenommen.
Die Verhandlungen hatten allesamt nichts mit friedlichen Lösungen zu tun. Es waren taktische militärische Manöver, die nahtlos in die sonstige russische Kriegsführung integriert waren. Merkel und Steinmeier haben sich sehenden Auges in das russische Waffenarsenal eingliedern und als Waffe mißbrauchen lassen.
Fassen wir zusammen:
– Sanktionen broken by design.
– Verhandlungen kontraproduktiv.
– Alle Optionen, die Sanktionen und oder Verhandlungen mit Sinn füllen könnten, mit Bausch und Bogen abgelehnt.
Vielleicht wäre es an der Zeit, ein paar Fehler zu korrigieren?
Was der Aufstand in der Ostukraine mit Unterstützung Russlands erreichen will, ist eigentlich ziemlich klar: Es wird ein Landkorridor zur Krim benötigt, weil sonst die Versorgung der Enklave enorm schwierig ist.
Das heißt Russland wird erst dann Ruhe geben, wenn dieses Kriegsziel durch eine entsprechende Eroberung von Gebieten mit anschließenden Waffenstillstand erreicht ist.
Ich kenne aus der Geschichte keinen Waffenstillstand, wo zuvor militärisch eroberte Gebiete wieder zurückgegeben worden sind (wenn man vom Ende des II. WK mit dem anschließenden Sektoren in Berlin mal absieht).
Also die Russen sollen noch 750 Mrd Dollar Währungsreserven haben, aus den vorhergehenden Rohstoffexporten. So schnell wird ihnen das Geld nicht ausgehen in diesem Konflikt. Die Oligarchen werden sich nicht gegen Putin stellen – Chodorkowski lässt grüßen.
Eine andere Frage ist allerdings, wie die wirtschafliche Situation nach diesem Konflikt für Russland ausschauen wird. Die Ukraine kann auf Wirtschafts- und Aufbauhilfe des Westens rechnen und die Ostukraine auf die Hilfe Russlands ?
Die Ukraine kann ohne die östlichen Gebiete und den südlichen Land-Korridor zur Krim als Staat überleben. Sie verliert zwar die Industriegebiete im Osten, aber die sind eh nicht weltmarktfähig. Diese industriellen Zentren müssen nach dem Konflikt erstmal mit viel Geld wieder aufgebaut werden. Woher soll dies kommen ? Vom Westen oder von Russland ? Durch die Sperrung der Rentenzahlungen in den östlichen Gebieten, setzt sowieso schon eine Bevölkerungsflucht Richtung Westen ein.
Für mich wird es nach einem Waffenstillstand mit Demarkationslinie eine wirtschaftliche Entwicklung wie in Westdeutschland (BRD) und der DDR geben. Die Ostukraine wird wirtschaftlich verlieren, die Bevölkerung die nicht von Russland abhängig werden will, emigriert in die Westukraine und die östlichen Provincen bleiben totes Kriegsgebiet, wenn Russland nicht gewaltig Aufbauhilfe leisten wird und dies wird wahscheinlich nicht geschehen. Eine entvölkerte Zone von der russischen Grenze bis zur Krim, dem russischen „Mallorca“ wird als Transitstrecke übrigbleiben.
@Bang50: Danke für Details und Zustimmung zu allen Punkten, Mundell-Fleming hatte ich zwar erst vor wenigen Wochen angeschaut, aber in der Hinterhand hatte ich das nicht.
Zustimmung bis auf die versäumte Diversifizierung: Das ist zumindest teilweise bewusst geschehen. Eine diversifizierte Wirtschaft mit einem (notwendigerweise) starken privaten Sektor führt mittelfristig zur Entstehung von autonomen wirtschaftlichen und sozialen Gruppen, die politische Forderungen an den Staaten stellen, insb. nach stärkerer politischer Teilhabe. Also ergreift man keine Gegenmaßnahmen gegen die Dutch Disease, sondern baut eine Wirtschaftsordnung mit starken öffentlichen Sektor und einem von Oligarchen kontrollierten privaten Sektor mit eingeschränktem Wettbewerb und geringer Innovationsfähigkeit, aber politischer Stabilität – solange der Ölpreis hoch ist, um das zu finanzieren.
@ csThor | 09. Februar 2015 – 12:56
Ich danke Ihnen für Ihren erfrischenden Debattenbeitrag,dessen sachlichen Realismus ich gerne bemerkte.
@wacaffe | 09. Februar 2015 – 13:59
Ich mochte und mag McCain schon immer,auch obgrund seiner Rhetorik,dennoch hat sein Präsident unsere Kanzlerin belehrt,es gebe nur sicherheitspolitische Partner,die sich aufgrund gemeinsamer Interessen (temporär) zusammentun,aber keine Freunde.Das war bitte nicht umgekehrt.
Abgesehen davon,dass die Worte McCains,so wie gesagt,Besatzersprech waren,sind sie sachlich falsch adressiert.Deutschland löst das gemeinsam mit Frankreich,wenn man Deutschland lässt.Insofern sich McCain an seinen Präsidenten und an den Russlands halten sollte,bevor er von Deutschland eine Rolle zu spielen abverlangt,mit der gerade er und seine Fraktion Deutschland nicht mal im Ansatz besetzen würde.
@StMarc |14:33:
Wenn Sie sich einmal etwas näher mit der Zusammensetzung dieser Exil-Kubaner befassen, werden Sie feststellen, daß die Bezeichnung „verkracht“ der Realität nicht so ferne ist.
Ich weiß nicht, ob ich gegen PR gefeit bin, aber aus meiner DDR-Vergangenheit habe ich mir immerhin die Erkenntnis gerettet, daß jede Medaille 2 Seiten hat. Wir hatten nämlich auch Westfernsehen und konnten daher unmittelbar den Vergleich anstellen zwischen der gesendeten und der erlebten Wirklichkeit. Und ob Sie es glauben oder nicht, ob Aktuelle Kamera oder Tagesschau – die Trefferquote war in beiden Formaten lausig. Und so hat man gelernt, beides zur Kenntnis zu nehmen und dann die am logischsten erscheinende Variante anzunehmen. Das kam dann der Wahrheit sogar meist ziemlich nahe.
Abgesehen davon war Marketing einer meiner Studienschwerpunkte (PR gehörte da auch dazu) und glauben Sie mir, es ist völlig egal, ob man Menschen überteuerte VWs, Fracking als ökologisch oder den Russen als Aggressor verkaufen will – es ist alles eine Frage der Technik. Positive oder negative Überhöhung, je nachdem. Suggestive Wortwahl. Und Wiederholung, Wiederholung, Wiederholung… Und dagegen hilft nur logisches Denken, Denken, Denken… und die Medaille auch mal rumzudrehen.
PS: Egon Bahr sagte im Fernsehinterview eine Woche nach der Besetzung der Krim, auf die Frage was man jetzt noch für die Krim tun könne: „nichts mehr“. Die Krim ist verloren und deutete die Folgen wie sie sich jetzt in der Ostukraine abzeichnen bereits an.
Die Spanier haben heute erst gestöhnt das die jetzigen Sanktionen schon zu teuer seien. Wenn Merkel härtere Sanktionen haben will, dürften die anderen Entschädigungen verlangen. Die EU Kassen sind dafür zu angespannt. Da bleibt den Falken nur Waffenlieferungen als Eskalationsdrohung und deren Umsetzung natürlich. Vermutlich wird man an Putin bestimmte Forderungen stellen, ansonsten werden Waffen geliefert. Das wird sehr bald anfangen.
Selbst Pro Kiew Medien berichten schon von schweren Problemen wegen der Enormen Abwertung der Ukr Währung. Kiew braucht ein Ende der Kämpfe dringender als Putin das braucht. Diese Karte spielt der Kreml halt aus. Waffen (Luftwaffe) mit denen man die Seps schnell schlagen kann, können dort nicht eingesetzt werden. Ähnliches und stärkeres wie Humvees oder Tows haben die Ukrainer jetzt schon, trotzdem sind die am Verlieren. Größere Drohnen sind wegen den GPS oder Funkjammern nicht einsetzbar. Großes Moralischen Effekt bei der Kriegsmüden Ukr Gesellschaft ist auch nicht zu rechnen. Man hat nix in der Hand, was Putin Militärisch ins Schwitzen bringt. Ob die Wirtschaftlichen Effekte bei den doch begrenzten Sanktionen und der Leidensfähigen Bevölkerung so wirken ist mehr als Fraglich. Westliche Investoren haben ihre Investitionen an den Abschwung angepasst, aber nicht gestrichen. Real haben sich auch die Sanktionen anders entwickelt als die Politiker und ihre Berater geglaubt hatten. Die Lügenpresse hat da auch Märchen ohne Ende gebracht.
Beim Landzugang zu Krim wird es ja nicht bleiben, weil die auch gleich die Odessa Oblast mitnehmen werden. Vor allem wegen der Gas Pipeline in die EU.
Die EU will vorläufig die bereits angedachten weiteren Sanktionen gegen Russland nicht verhängen. Eine sehr kluge Entscheidung, die den recht begrenzten Handlungsspielraum ein wenig erhöht. Das Zeigen der Folterinstrumente ist meist sehr viel wirkungsvoller als ihre Anwendung.
@KeLaBe
Na ja, diese um eine Woche geschobenen Sanktiönchen werden Putin eh‘ nicht den Schweiß auf die Stirn treiben.
On a personal note: Folterinstrumente zeigen ist ja wohl Androhung von Folter ? Tse, tse ;-)
@foxy
Ja, es geht um eine differenzierte Betrachtung – daher das Beispiel „Kubakrise“. Übrigens erscheinen mir die Separatisten auch eher wie die Landsknechte des 30jährigen Krieges.
Bei aller Differenzierung: die Annektion der Krim war völkerrechtswidrig.
Ich denke noch daran, wieviel Wert Polen und die Sowjetunion auf die Annerkennung der Oder-Neiße-Linie durch die Bundesrepublik gelegt haben. Diese Anerkennung durch die Regierung Brandt und völkerrechtliche Vereinbarungen, wie die Schlussakte von Helsinki, waren Lehren aus zwei Weltkriegen und ein Schlüssel für den Frieden. Das hat Putin alles mit der Annektion der Krim über den Haufen geworfen. Auch das gehört zu einer differenzierten Betrachtung.
@Benedikt – Sie wissen, dass der Begriff „Lügenpresse“ gerade das Unwort des Jahres 2014 war? Und zwar gerade wegen seiner ursprünglichen Verwendung durch die Nazis in den dreißiger Jahren gegen die freie und demokratische Presse in der Weimarer Republik????
@KeLaBe
Sehe ich absolut auch so. Es geht auch darum, eine angemessene und schlüssige Strategie zu fahren. Das setzt sich am Ende durch. Das mit Schwäche oder Appaesement gleichzusetzen ist frech.