Bundestag billigt Auslandseinsätze – Irak-Mission nur mit Regierungsmehrheit

Fürs Archiv: Der Bundestag hat am (gestrigen) Donnerstag die neuen Mandate für fünf der Auslandseinsätze der Bundeswehr gebilligt, die die Bundesregierung erst vor gut zwei Wochen auf den Weg gebracht hatte: Den ausgeweiteten Einsatz in Afghanistan, die Beteiligung an UN-Missionen im Sudan und Südsudan, den NATO-Überwachungseinsatz im Mittelmeer – und ein neu zugeschnittenes Mandat für den Kampf gegen ISIS mit ausgeweiteter Ausbildungsmission im Irak.

Gerade die neue Irak-Mission ist auffällig: Es ist (wenn ich nicht was übersehen habe), der einzige Auslandseinsatz der Bundeswehr, für den es keine einzige Stimme von Abgeordneten aus der Opposition gibt (siehe Grafik oben). Ausschließlich mit den Stimmen der Parlamentarier der Regierungskoalition aus Union und SPD, und da noch nicht mal einstimmig, wurde das Mandat verabschiedet.

Das zwar nicht zwingend absehbar. Zwar hatten schon bei den ersten beiden, noch getrennten Mandaten für die Unterstützung der Anti-ISIS-Koalition und der Ausbildungsmission im Nordirak im November 2016 die Linksfraktion und die Grünen dagegen gestimmt, damals die beiden einzigen Oppositionsparteien. Bei der rein technischen Verlängerung der Mandate im Dezember vergangenen Jahres hatte aber die FDP als wieder hinzugekommene Fraktion sowohl der Anti-ISIS-Mission als auch dem Irak-Mandat zugestimmt.

Der neue Einsatz, bei dem künftig auch Soldaten der irakischen Zentralregierung unterstützt und ausgebildet werden sollen, ist aus verschiedenen Gründen umstritten: Insbesondere die Grünen kritisieren, dass die internationale Koalition nicht wie NATO, EU oder UN ein System kollektiver Sicherheit sei, das nach dem Grundgesetz Voraussetzung für einen Auslandseinsatz ist. Aber unter den Abgeordneten herrscht offensichtlich auch Unbehagen über die noch sehr unklaren Details dieser Mission. Nicht ohne Grund gilt dieses Mandat ja auch nur für sieben Monate und nicht wie üblich für ein Jahr.

Die Übersicht über die gebilligten Mandate:

Afghanistan – Resolute Support Mission
Die deutsche Beteiligung an der NATO-geführten Mission am Hindukusch wird von bislang maximal 980 Soldatinnen und Soldaten auf bis zu 1.300 aufgestockt. Grund dafür ist die geplante Ausweitung der Beratung und Unterstützung afghanischer Streitkräfte, die mehr als bisher auch außerhalb der Kommandozentralen stattfinden soll. Dafür werden vor allem mehr Soldaten zum Schutz der Berater benötigt. Außerdem ist quasi eine Rückkehr nach Kundus vorgesehen: Die nordafghanische Stadt wird im neuen Mandatstext ausdrücklich wieder als Tätigkeitsort für die Bundeswehr genannt.
(Das neue Mandat in BT-Drucksache 19/1094. Dazu gibt es einen gesonderten Eintrag. Das Abstimmungsergebnis: 447 Ja-Stimmen, 180 Ablehnungen, 16 Enthaltungen)

Anti-ISIS-Koalition – Ausbildung im Irak und Aufklärungsflüge über Syrien und dem Irak
Das bisherige Mandat für die Ausbildung der kurdischen Peshmerga für den Kampf gegen ISIS und das Mandat für die Aufklärungsflüge deutscher Tornados werden zusammengelegt. Größte Veränderung ist die künftig geplante Ausbildung auch von Soldaten der irakischen Zentralregierung in Bagdad; also eine Ausweitung auf den ganzen Irak. Die Mission der Aufklärungsflugzeuge und der Luftbetankung für Kampfjets der Anti-ISIS-Koalition bleibt dagegen praktisch unverändert. Die Personalobergrenze ist mit 800 Soldatinnen und Soldaten geringer als die bisherige Gesamtzahl beider Mandate; das hängt vor allem damit zusammen, dass die bisher auch enthaltene Option für den Geleitschutz des französischen Flugzeugträgers Charles de Gaulle im Anti-ISIS-Einsatz aus dem Mandat herausgenommen wird.
(Das neue Mandat in BT-Drucksache 19/1093. Mehr Details dazu hier. Das Abstimmungsergebnis: 359 Ja-Stimmen, 218 Nein-Stimmen, 79 Enthaltungen)

NATO-Überwachung im Mittelmeer  Sea Guardian
An dieser Operation zur Überwachung und Bekämpfung terroristischer Aktivitäten im Mittelmeer ist die Deutsche Marine immer nur punktuell beteiligt, in der Regel mit Schiffen, die im Transit zu anderen Einsätzen unterwegs sind. Der Bundestag hatte die Beteiligung an dieser Nachfolgemission der früheren Operation Active Endeavour erstmals  am 29. September 2016 gebilligt. Nach Angaben des Verteidigungsministeriums haben im vergangenen Jahr Schiffe der Deutschen Marine an 230 Tagen diese Mission unterstützt.
(Das neue Mandat in BT-Drucksache 19/1097. Das Abstimmungsergebnis: 436 Abgeordnete stimmten zu, 197 dagegen, sechs enthielten sich)

UN-Mission im Südsudan UNMISS
Die Bundeswehr beteiligt sich daran derteit mit rund 15 Soldaten
(Das neue Mandat in BT-Drucksache 19/1095. Das Abstimmungsergebnis: 578 Ja-Stimmen, 59 Nein, vier Enthaltungen)

UN-Mission in Darfur/Sudan UNAMID
An diesem Einsatz in der sudanesischen Unruheprovinz beteiligt sich die Bundeswehr mit drei bis fünf Soldaten, meist technische Experten.
(Das neue Mandat in BT-Drucksache 19/1096. Das Abstimmungsergebnis: 580 Ja, 57 Nein, vier Enthaltungen)