SPD-Parteitag findet Kompromiss zur Wehrpflicht: Viel grünes Licht für Pistorius (m. Wortlaut)
Die SPD hat sich auf eine Marschrichtung für das künftige Wehrdienstmodell und eine mögliche Wehrpflicht festgelegt – dabei aber zugleich eine sehr interpretationsfreudige Formel für verpflichtende Einberufungen gefunden. Auf dem Parteitag der Sozialdemokraten in Berlin an diesem Wochenende handelten, praktisch federführend für die gegensätzlichen Strömungen in der Partei, der Juso-Vorsitzende Philipp Türmer und Verteidigungsminister Boris Pistorius einen Kompromiss aus, der dann die Zustimmung der Delegierten fand.
Der Wortlaut des verabschiedeten Beschlusses vom (gestrigen) Samstagabend nach Parteiangaben:
Die SPD bekennt sich zu einem Neuen Wehrdienst, der auf Freiwilligkeit beruht und sich am schwedischen Wehrdienstmodell orientiert. Mittels einer Steigerung der Attraktivität des Wehrdienstes wollen wir den notwendigen Aufwuchs der Reserve und der Bundeswehr insgesamt erreichen. Die Bundeswehr muss eine Personalstärke von mindestens 60.000 zusätzlichen Soldatinnen und Soldaten und 200.000 Reservistinnen und Reservisten erreichen. Vor dem Hintergrund der sicherheitspolitischen Lage und der berechtigten Erwartungen unserer Verbündeten benötigen wir eine ausreichende Personalausstattung der Bundeswehr. Wir müssen reagieren können, wenn die sicherheitspolitische Lage oder die Bedarfe der Bundeswehr dies erfordern.
Wir wollen keine aktivierbare gesetzliche Möglichkeit zur Heranziehung Wehrpflichtiger, bevor nicht alle Maßnahmen zur freiwilligen Steigerung ausgeschöpft sind. Maßnahmen zur Musterung, Erfassung und Wehrüberwachung wehrpflichtiger junger Männer wollen wir ermöglichen.
Auch wenn – wie oft in der innenpolitischen Debatte – die Orientierung am schwedischen Wehrdienstmodell erwähnt wird, ohne dass den meisten dessen verpflichtender Charakter bewusst ist: Mit der Festlegung Wir müssen reagieren können, wenn die sicherheitspolitische Lage oder die Bedarfe der Bundeswehr dies erfordern hat die Parteitagsmehrheit der kleineren Regierungspartei dem Verteidigungsminister die nötige Freiheit gegeben, die administrativen Schritte zur Vorbereitung einer Wehrpflicht einzubringen und gesetzlich festzulegen.
Das gleiche gilt für die Zustimmung zur – dann offensichtlich verpflichtenden – Musterung, Erfassung und Wehrüberwachung wehrpflichtiger junger Männer: Damit kann Pistorius unter den Gegebenheiten der aktuellen (Grund)Gesetzeslage agieren, ohne dass eine Debatte und Kompromisssuche für einen eventuellen Pflichtdienst auch für Frauen vorgeschaltet werden müsste.
Unscharf bleibt der Beschluss dann jedoch mit der Formulierung Wir wollen keine aktivierbare gesetzliche Möglichkeit zur Heranziehung Wehrpflichtiger, bevor nicht alle Maßnahmen zur freiwilligen Steigerung ausgeschöpft sind – denn wer legt fest, wann alle Maßnahmen ausgeschöpft sind? Wenn jeder Freiwillige mit einem Feldwebelsold einsteigt, um eine willkürliche Schwelle zu nennen?
Allerdings: diese Unschärfe dürfte ein Profi wie Pistorius für sich zu nutzen wissen. Er wird schon definitiv erklären können, dass alle Maßnahmen zur freiwilligen Steigerung ausgeschöpft seien.
(Foto Pistorius auf dem Parteitag – Florian Gärtner/phototek.de)
@TW
„alle Maßnahmen“ bedeutet: „alle sinnvollen Maßnahmen“, d.h. man erwartet natürlich ein Attraktivitätsprogramm, das aber nicht überzogen sein muß sondern sich natürlich an grundlegenden dienstlichen Belangen orientiert. Eine heimatnahe Verwendung bereits in der AGA, z.B. ist grundsätzlich attraktiv.
Das Geschwurbel der SPD ist nicht auszuhalten und gefährdet unser aller Sicherheit! Möge Pistorius die Kraft finden um den letzten Frevler den Spiegel vorzuhalten.
Hmmm schade dass man die Chance hat liegen lassen eine geschlechterunabhängige Dienstpflicht auf den Weg zu bringen. Davon würden wir alle profitieren.
Zu meiner Zeit haben viele Zivildienstleistende in der zivilen Versorgung unterstützt. Die könnte auch heute wieder Unterstützung brauchen.
Zeit ist eine flüchtige Angelegenheit. Im Vergleich zur letzten aktiven Zeit der Wehrpflicht, ist nun der demographische Umbruch da. Der Arbeitgebermarkt ist schon vor einigen Jahren zum Arbeitnehmermarkt gekippt. Heute ist nicht mehr die Frage, ob jemand in Arbeit kommt, sondern ob es genügend Fachkräfte für all die offenen Stellen gibt …
D.h. ob man sich einen Gefallen täte, aus irgeindeiner Art „Gerechtigkeitkeitsempfinden“ ganze Jahrgänge in die Pflicht zu nehmen, darf stark bezweifelt werden.
Beim Schwedischen Modell werden circa 10 Prozent für den Wehrdienst mobilisiert (~nur so viel, wie wirklich sinnvoll gebraucht werden können). „Zivildienst“ heißt dort, dass Menschen mit passendem Berufen (von Feuerwehr bis Energieversorger) im V-Fall verpflichtet sind, ihre Kenntnisse bei der Landesverteidigung einzubringen. Das wird auch geübt und gilt selbst für Ausländer. Auch da sollte genau hingeschaut werden – geht doch die Wirtschaft von bis zu einer halben Million Menschen aus, die zur Wohlstandsvewahrung pro Jahr in Deutschland einwandern sollen.
Das ist jetzt für Deutschland wahrscheinlich erstmal viel zu pragmatisch. Aber so mancher Anlauf beginnt ja erst mit Tippelschritten.
Ich hoffe dieser Beitrag ist nicht zu sehr OT.
RBB Forum von heute Mittag.
„Kraftakt Aufrüstung: Was die Nato von Deutschland und Europa erwartet“
Sandra Schwarte im Forum mit Henning Otte, Dietmar Bartsch, Heinrich Brauß und
Sabine Fischer.
Das Forum ist als Podcast verfügbar (Ich hoffe der Link geht in Ordnung).
https://www.inforadio.de/podcast/feeds/debatte/debatte.html
Leider ist die Verteilung der Debattengäste, wie eigentlich immer beim RBB, nicht ausgewogen. Anstelle von Herrn Bauß wäre mir Herr Kujat lieber gewesen.
@Fritzsche Roni, eine Reaktivierung der Wehrpflicht wie sie im Grundgesetz steht ist aber der schnellste und einfachste Weg, weil Kanzlermehrheit im Bundestag reicht.
Wehrpflicht für alle erfordert schon eine Änderung des Grundgesetzes und eine allgemeine Dienstpflicht für alle muß erst einmal so ausgestaltet werden das die auch gerichtsfest mit Blick auf die EMRK ist.
Man kann nur hoffen, dass das kindische Kaschperletheather mit Pickelhauben-Einmarsch das letzte Aufgebot von Stegner/Mützenich waren, und dass die SPD ihre Russlandpolitik tatsächlich anfängt aufzuarbeiten.
Andernfalls sehe ich schwarz.
Pistorius sah angepisst aus, aber wenn dieser Zirkus unter den Teppich gekehrt wird ohne ihn offen anzusprechen, wird es nicht besser mit der SPD.
Nico, 29.06.2025, 11:35 Uhr:“Das Geschwurbel der SPD ist nicht auszuhalten…“
Volle Zustimmung, vor allem sind da soviel Unschärfen drin, dass ein geschickter Argumentierer nahezu alles daraus machen kann. Bloß nicht festlegen.
Das Problem daran ist, dass jetzt zeitlich befristet Ruhe ist. Spätestens, wenn der Minister aber die Karte Wehrpflicht zieht, sind wieder ganz viele enttäuscht und die Diskussion geht von vorne los.
Und immer wieder das gleiche Thema „Steigerung der Attraktivität“, aber wie?
1) Noch mehr Geld? Und wie erklärt man dies dem StFw, der 20 Jahre und X Einsätze Erfahrung hat? Bekommt der auch mehr, um „den Abstand zu wahren“?
2) Standortsicherheit möglichst heimatnah? Und wer besetzt die DP „jwd“, wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen und kaum jemand hin möchte?
3) Bevorzugung bei der Förderung / Beförderung? Da „freut“ sich oben besagter StFw, der 20 Jahre und X Einsätze Erfahrung hat, bestimmt ganz sehr.
Sicher ist, dass die Akzeptanz von all diesen Attarktivitätsmaßnahmen nicht befohlen werden kann. Man muss es erklären, um alle „mitzunehmen“. Ich bin gespannt, wie der IBUK das hinbekommen möchte.
Die SPD hat sich ihrem beliebtesten Politiker letztendlich nicht in den Weg gestellt. Die Zeitenwende fällt ihr schwer. Es waren aber nicht die Alteingesessenen sondern die Jugendorganisation, die den intensiven Diskurs über die Wehrpflicht erzwungen hat. Vielleicht betrachtet man das mal so: Die SPD hat als Organisation die Diskussion mit ihrer Jugend zugelassen, geführt und einen Weg nach vorne beschrieben und beschlossen. Das könnte auch ein Vorbild für Organisationen unterschiedlichster Art sein. Weiter gedacht könnte da sogar eine Art Generationenvertrag dabei herauskommen….
Der Minister kann das neue Wehrpflichtgesetz jetzt auf den Weg bringen.
Eine eventuelle Grundgesetz änderung des Artikels 12a kann dann später erfolgen. In der Aktuellen Legeslaturperiode wohl nicht machbar, da linke generell gegen Wehrpflicht und Bundeswehr und auf die AfD will man nicht angewiesen sein.
Dafür wird man dann zukünftig etwa 20% des männlichen Geburtsjahrgangs davon überzeugen müssen zu Dienen.
Heidi könnte ja mal mit einem Antrag zur Grundgesetzänderung zeigen ob die Linke für echte Gleichberechtigung ist.
@Alle
Was kann man von einer SPD erwarten, die von Wahl zu Wahl niedrigere Zustimmungswerte eingefahren hat und deren Tendenz seit der letzten Wahl fallend ist?
Während die Kritiker dieser Politik bei AfD, BSW und Linken an Zustimmung gewinnen.
Da ist es auch nicht hilfreich, wenn die kleinste GroKo, die wir je hatten, derweil ihre Wahlversprechen auf Gebieten bricht, die die Geldbeutel der Bürger direkt betreffen.
Mehr Geld für die Bundeswehr bei steigenden Belastungen für die Bürger, dass kommt nicht gut an.
Eine Wehrpflicht selbst wenn man sie als Freiwilligendienst mit „verpflichtenden Elementen“ verpackt, wird auf doppelten Widerstand treffen. Zum einen natürlich von denen, die nur wegen der „verpflichtenden Elemente“ eingezogen werden und von der Wirtschaft, der die Arbeitskräfte fehlen.
Es wird auch nichts nützen, mit großem medialen Aufwand, die Russen als Bedrohung aufzubauschen. In der Zeit des kalten Krieges mag das gestimmt haben aber heute glaubt das keiner mehr.
Zumindest werden die jetzigen hohen Ausgaben für die Ukraine in den nächsten Jahren deutlich kleiner, sobald die Ukraine kapituliert hat. Demilitarisierung, keine EU Mitgliedschaft und keine NATO Mitgliedschaft, da bleibt nur noch die Beteiligung am Wiederaufbau. Aber mit Wiederaufbau haben wir ja bis dahin hoffentlich Erfahrung, wenn man bedenkt was bei uns so alles marode ist.
[Ihre Meinung ist Ihre Meinung, direkte russische Propaganda lassen wir hier einfach. T.W.]
Vielleicht weiß jemand mehr?
Mich würde interessieren, ob es beim Generalinspekteur oder wo auch immer, Überlegungen und Planungen gibt, die Streitkräfte ab einem gewissen Zeitpunkt, (wieder) mit Aufgaben des Wehrersatzwesens zu versehen. Wenn nicht jetzt, wann dann soll dafür geplant werden?
@ORR sagt:
29.06.2025 um 16:01 Uhr
Das konnten die IBUK der letzten 10 Jahre nicht und auch der aktuelle wird es nicht glaubhaft (!) können.
Dazu haben „die Alten“ zu viele vollmundige Versprechen gehört… die dann nicht eingehalten wurden.
Ein Beispiel ist ja der letzte Entwurf des BBVAngG, der ja auch für die Soldaten gilt und nur noch eine Farce war…
Wie die neue Regierung hier weiter verfahren wird… vollkommen offen…
Zu erwarten sind neue Zahlentricks und Schläge ins Gesicht des Bestandspersonals…
So wird man bestimmt nicht erfolgreich „mitnehmen“…
[Es soll Leute geben, die noch nie von einem „BBVAngG“ gehört haben. Die sollte man vielleicht auch mitnehmen? T.W.]
@ ORR: „Man muss es erklären, um alle „mitzunehmen“.“
Stimmt. Leider ist das bisher zu wenig erfolgt. Warum? Weil das BMVg seit über einem Jahr an einem Konzept arbeitet und null vorwärts kommt. Ohne Idee, ohne Konzept keine KomStrategie. War es nicht der Generalinspekteur, der in Interviews noch immer auf Freiwilligkeit (Spiegel) setzte oder gar äußerte, dass es keinen militärischen Bedarf bzw. Ableitung (FAS) gäbe? Sowas kommt von sowas.
Angesichts dieser sicherheitspolitischen Realitätsverweigerung der breiten Funktionärsschicht der SPD sind alle Kommentare hier dazu eigentlich Energieverschwendung… Erich Honnecker hat einst gesagt: „Den Sozialismus in seinem Lauf, den Halten weder Ochs noch Esel auf.“ Sinngemäß wieder aktuell…
Im Grunde gut formuliert. Wird nicht viele Wähler kosten bzw. diese zu anderen Parteien treiben.
Im Grunde beantwortet das leider nicht die Frage ob eine wie immer geartete Form eines „Pfichtteils“ in einem neuen Gesetz mit der aktuellen Regierungsmehrheit denn höchstinstanzlich sicher Bestand hätte.
Oder ob dazu eine 2/3 Mehrheit erforderlich wäre, da Grundgesetzgedanken angetastet werden.
Im ersteren Fall alles kein Problem.
In letztetem Fall gibt es ein Problem, genau zu einem Zeitpunkt der ungeschickter nicht sein könnte…
Immerhin: Ein solches urteil wird die aktuelle Regierung alleine vom zeitlichen Ablauf her nicht mehr erleben.
Ich bin sicher das wissen die auch…
Man ist das wieder ein rumgeschwubbel. Teile der SPD scheinen immer noch unter chronischer Realitätsverweigerung zu leiden.
Auch diese ganze Debatte um eine allgemeine Dienstpflicht für Männer und Frauen macht uns einfach nur handlungsunfähig.
Warum kann man jetzt nicht einfach wieder eine Wehrpflicht einführen, ganz ohne Grundgesetzänderung und sonstigem Klimbims. Die Strukturen dafür müssen sowieso erst wieder aufwachsen. Da hat man parallel ausreichend Zeit sich zu überlegen ob man eine allgemeine Dienstpflicht oder einen Wehrdienst auch für Frauen einführen möchte. Aber bitte erstmal ins Handeln kommen und nicht weiter alles fahrlässig verzögern!
@SPD:
Das ist, liebe alte Tante, an Brimborium kaum noch zu überbieten. Die Verfassungsrechtslage ist eindeutig. Das Grundgesetz und auch das Wehrpflichtgesetz sieht die Möglichkeit zur Heranziehung für den Verteidigungsfall schlicht schon vor. Gut, für die Aktivierung der allgemeinen Wehrpflicht müsste das Wehrpflichtgesetz geändert werden, aber das größere Problem ist ja die Erfassung, Musterung und Wehrüberwachung. Und das wird ja gerade ermöglicht.
Maximales Rumeiern… Und selbst das führt bei einigen Genossen zu Verkleidungszwang, weil sie befürchten, dass jetzt die Gesellschaft durchmilitarisiert wird? Was machen diese Leute eigentlich, wenn die Russen bzw. Weißrussen tatsächlich im Baltikum angreifen? Wahrscheinlich gründen die dann erstmal einen weiteren Arbeitskreis „Frieden in unserer Zeit!“
@Windlicht: O.K. Ihre Meinung ist Ihre Meinung… Geht es denn nicht etwas weniger „rechts“? Ihr Kommentar erinnert mich stark an Adenauers SPD-Bashing der 1950er Jahre „Alle Wege führen nach Moskau“. Ich meine, ein ganz wenig sollte „man“ die Realität jenseits von Ideologie schon zur Kenntnis nehmen.
@ ORR 29.06.2025 um 16:01 Uhr
> Man muss es erklären, um alle „mitzunehmen“. Ich bin gespannt, wie der IBUK das hinbekommen möchte.
Ja, man sollte immer alles möglichst genau erklären. Aber „alle mitnehmen“ ist ein hoher Anspruch, der sich kaum realisiert. Deswegen ist „alle mitnehmen“ eine Floskel, die auch schon ein wenig schräg ist, denn fast immer gibt es andere Interessen, Meinungen, oder wie auch immer begründeter Widerstand.
Der Vorgang des Erklärens ist so wichtig, ja unabdingbar, hat aber auch eine Reichweite, die an Vernunft, Wille und Fähigkeiten scheitern kann.
Und da unterschiedliche Menschen mit unterschiedlichen Positionen unterschiedlich erklären, kommt man mit Erklärungen selten um eine Auseinandersetzung in der Sache herum.
Immerhin tut sich mal langsam etwas. Zwar 11 Jahre zu spät, aber es geht in die richtige Richtung.
Warum versteifen sich eigentlich alle auf eine Grundgesetzänderung für eine geschlechterunabhängige Wehrpflicht? Man kann durch Rechtsauslegung insbesonder aufgrund der heutig deutlich anderen Auffassung von Gleichberechtigung beide Geschlechter mit dem alten Artikel aus dem Grundgesetz verpflichtend einziehen ohne den Wortlaut zu ändern. Das wird zwar mit Sicherheit zu Klagen führen, die man mit einer fundierten Begründung aber sicherlich gewinnen kann. Und bis das entschieden ist sind sowieso dringend benötigte Fakten geschaffen.
Schlammstapfer sagt:
29.06.2025 um 17:36 Uhr
„[….]Zumindest werden die jetzigen hohen Ausgaben für die Ukraine in den nächsten Jahren deutlich kleiner, sobald die Ukraine kapituliert hat. Demilitarisierung, keine EU Mitgliedschaft und keine NATO Mitgliedschaft, da bleibt nur noch die Beteiligung am Wiederaufbau. Aber mit Wiederaufbau haben wir ja bis dahin hoffentlich Erfahrung, wenn man bedenkt was bei uns so alles marode ist.“
Von allem anderen mal abgesehen: wenn die Ukraine fällt werden die Ausgaben für uns ungleich höher. Zum einen was Rüstung angeht, zum anderen will niemand hier ehrlich wissen welche Kosten die dann auf uns zukommende Flüchtlingsbewegung auslösen würde.
Putin wir uns jeden über die Grenze lassen / schieben den er findet. Er weiß wie sehr das unsere Gesellschaft belastet und nicht umsonst reitet die 5. Kolonne hier in Deutschland so sehr auf dem Migrationsthema rum.
Davon ab: wenn die Ukraine kapituliert und sich demilitarisiert – was glauben Sie wie lange es dauert bis auch in Lwiw die russische Flagge weht? Oder ein russlandtreues Regime in Kiew sitzt und russische Truppe dazu „einlädt“ im ganzen Land Stützpunkte zu unterhalten.
Egal wie: fällt die Ukraine wird es für unverhältnismäßig teurer als jetzt.
@DD, die Argumentation würde ich gern sehen das Artikel 12a GG auf einmal geschlechtsneutral sein soll wegen Gleichberechtigung.
Natürlich ist insbesondere mit dem Selbstbestimmungsgesetz die Frage nach dem Geschlecht einer Person sehr schwammig geworden. Auf der anderen Seite wird man dort nicht ohne Hintergedanken verankert habe das eine Änderung von Mann zu Frau oder divers in den letzten 2 Monaten vor Feststellung des Spannungs- oder Verteidigungsfalls einen nicht von der Wehrpflicht befreit.
@DD sagt:
30.06.2025 um 9:57 Uhr
…Warum versteifen sich eigentlich alle auf eine Grundgesetzänderung für eine geschlechterunabhängige Wehrpflicht? Man kann durch Rechtsauslegung insbesonder aufgrund der heutig deutlich anderen Auffassung von Gleichberechtigung beide Geschlechter mit dem alten Artikel aus dem Grundgesetz verpflichtend einziehen ohne den Wortlaut zu ändern…
NEIN, GEHT NICHT!!!
Versuchen sie Mal das ff. umzudeuten oder neu zu interpretieren.
(1) Männer können vom vollendeten achtzehnten Lebensjahr an zum Dienst in den Streitkräften, im Bundesgrenzschutz oder in einem Zivilschutzverband verpflichtet werden.
Nur der Absatz 4 des Artikels 12a nennt Frauen und erlaubt es sie in einer einzigen Spezifisch genannten Funktion einzusetzen.
(4) Kann im Verteidigungsfalle der Bedarf an zivilen Dienstleistungen im zivilen Sanitäts- und Heilwesen sowie in der ortsfesten militärischen Lazarettorganisation nicht auf freiwilliger Grundlage gedeckt werden, so können Frauen vom vollendeten achtzehnten bis zum vollendeten fünfundfünfzigsten Lebensjahr durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes zu derartigen Dienstleistungen herangezogen werden. Sie dürfen auf keinen Fall zum Dienst mit der Waffe verpflichtet werden.
Auch da gilt der Wortlaut der Verfassung. viel Spass beim neu interpretieren…
[blockquote][Es soll Leute geben, die noch nie von einem „BBVAngG“ gehört haben. Die sollte man vielleicht auch mitnehmen? T.W.][/blockquote]
= Gesetz zur Sicherstellung einer amtsangemessenen Bundesbesoldung und -versorgung (Bundesbesoldungs- und -versorgungsangemessenheitsgesetz – BBVAngG)
Also genau den Part, den ein gewisser Hausherr hier doch immer mal wieder dezent aus der ein oder anderen Diskussion raus genommen hat…
[Wenn damit gemeint sein sollte, dass ich darauf hinweise, wenn etwas OT ist: ja. Ansonsten etwas merkwürdig, wenn jetzt so getan wird, als würde ich brutal die Debatten über verarmte Beamte unterdrücken… T.W.]
@DD sagt:
30.06.2025 um 9:57 Uhr
„Art 12a GG
(1) Männer können vom vollendeten achtzehnten Lebensjahr an zum Dienst in den Streitkräften, im Bundesgrenzschutz oder in einem Zivilschutzverband verpflichtet werden….“
Hier gibt es keinen rechtlichen Raum für eine „Auslegung“ ! Frauen/Diverse sind keine Männer.
Deshalb werden Frauen/Diverse keinen verpflichtenden Wehrdienst leisten, solange dies im GG nicht geändert wird.
Und niemand in Politik oder Bundeswehr würde diesen vorsätzlichen Rechtsbruch begehen.
@[Es soll Leute geben, die noch nie von einem „BBVAngG“ gehört haben. Die sollte man vielleicht auch mitnehmen? T.W.]
Asche auf mein Haupt…
https://dip.bundestag.de/vorgang/gesetz-zur-sicherstellung-einer-amtsangemessenen-bundesbesoldung-und-versorgung-bundesbesoldungs-und/317494
@Heiko Kania: Interessant bis amüsant, dass Sie eine von Helmut Schmidt und seinem Teil der SPD, an genau dieser mittleren Funktionärsebene der SPD nach Ablehnung des NATO – Doppelbeschlusses geäußerte Kritik, als „rechts“ einordnen und mich in eine üble Ecke der Adenauerschen Kalten Krieger einordnen wollen. Schon damals gab es parteiintern Kritik an jenen, die Besuche in Ost-Berlin statt in Munster, Fürstenfeldbruck, Wilhelmhaven oder Schwarzenborn machten… Schmidt, Leber, Apel waren die großen SPD Verteidigungsminister mit dem Ziel der historisch leistungsfähigsten Bundeswehr und einem Modernisierungsschub ohne Gleichen. Aus diesem Geist stammt das NATO-Motto, das in jeder Kaserne zu lesen war: Wachsamkeit ist der Preis der Freiheit… Wenn DAS in Ihren Augen RECHTS ist, dann sind sie wohl Abonnenent des Neuen Deutschland? (Sorry an den Hausherren für die leichte Pöbelei…)
[Und damit beenden wir dann auch die persönliche Auseinandersetzung bitte. T.W.]
@DD
Was genau an dem Satz „Sie [Frauen] dürfen auf keinen Fall zum Dienst mit der Waffe verpflichtet werden.“ möchten Sie kreativ auslegen?
Nein – an der GG-Änderung führt im Zweifel kein Weg vorbei, wenn man die Wehrpflicht für alle will.
Aber solange wir noch nicht einmal mehr die Kapazitäten haben, auch nur einen BRUCHTEIL der männlichen dienstpflichtigen Bevölkerung zu erfassen, auszubilden, auszurüsten und dann in Übung zu halten, ist es müßig auch noch die andere Hälfte der Bevölkerung dazuzuholen. Das befriedigt vielleicht ein „Gerechtigkeitsempfinden“ aber hilft ansonsten nicht wirklich.
Gut, wenn es irgendwann kommt – aber für meine Begriffe ist das ein Schattenfechten, was die dringend nötige Wiedereinführung sinnlos hinauszögert (und das vielleicht auch soll).
@all
Sind die konkreten Forderungen an die NATO-Partner bereits verschriftlicht worden ? Im Raum stehen ja die 260 k PAX aktiv + 200 k PAX Res für zusätzliche 6-7 Brig (welcher Typ ?). Wurde da ein Haken dran gemacht, was ist der Zeithorizont ? ‚habe in der Presse etwas von 2035 gelesen …
Welche anderen Fähigkeiten muß DEU ausbauen bzw. neu aufstellen ?
@Schlammstapfer
„Zumindest werden die jetzigen hohen Ausgaben für die Ukraine in den nächsten Jahren deutlich kleiner, sobald die Ukraine kapituliert hat. Demilitarisierung, keine EU Mitgliedschaft und keine NATO Mitgliedschaft, da bleibt nur noch die Beteiligung am Wiederaufbau.“
Selten so einen kalten Zynismus gelesen.
Die menschlichen Folgen, wenn ein imperialistisches Gewaltregime einen Staat gegen den Willen seiner Bevölkerung vernichtet, sollten wir vielleicht nicht außer Acht lassen. Sicher würde Russland nach einem Diktatfrieden eine wehrlose Ukraine besetzen (Analogien zur sog. Sudetenkrise und die nachträgliche Besetzung der CSSR sind rein zufällig). Millionen würden flüchten, unliebsame Ukrainer würden deportiert und misshandelt. Eine triumphierende, wiederaufgerüstete russische Armee würde an der NATO-Grenze aufmaschieren. In vielen Ländern Europas hätte ein Teil der Bevölkerung den Glauben an die Freiheit verloren. Ein Festtag für alle rechten/linken Kollaborateure und Quislinge in Europa.
@TW: Es geht hier um historische Wahrheit, nicht um etwas „Persönliches“. Der Spruch von Erich Honecker (sic!) „Den Sozialismus in seinem Lauf hält weder Ochs noch Esel auf.“ hat weder etwas mit Helmut Schmidt noch der Nachrüstungsdebatte zu schaffen. Er wurde am 14. August 1989 von Honecker in Erfurt bei der Vorstellung des neuen „DDR“ 32-bit-Speicherchips gesagt. Ihn hier in Bezug zur Gegenwart so deplatziert zu verwenden, ist Geschichtsklitterung.
[So, ham wa’s damit erschöpfend geklärt und können diesen Teil der Debatte beenden? T.W.]
2035 erst? Und die Russen kommen 2029? Also doch nicht so wichtig. Und wenn ich mir die Jusos anhöre, muß ich an die FDJ denken. Wie verbohrt kann man eigentlich sein?
Das hier die üblichen Reflexe greifen, will ich auch für meinen Teil nicht ausschließen, aber das übliche SPD-Bashing und die gepflegte Juso-Verachtung ist hier fehl am Platz. Dafür, dass in der SPD inkl Fraktion doch noch einige zu finden sind, die Willy Brandt nur zur Hälfte verstanden haben, und dann auch noch falsch, und dafür, dass in der CDU inkl. Fraktion noch so einige von der deutschen Sparschweinmentalität heimgesuchte Schuldenbremsen-Taliban herumlaufen, sind wir seit Jahresbeginn recht gut vorangekommen. Der Kompromiss zwischen den Jusos und Pistorius ist eigentlich eine politische Spitzenleistung in Sachen taktischer Unterstützungsgenese. Die Jusos zahlen dafür einen hohen Preis, denn Wehrdienst ist bei JungwählerInnen ziemlich umstritten, um es vorsichtig auszudrücken. Pistorius aber hat sein Ticket gezogen, der Parteitag hat die Tür zum Wehrdienst weit genug aufgemacht, dass die Regierung durchschlüpfen kann, wenn sie mag.
Allerdings scheinen überkommene Bilder in Sachen Wehrdienst die Debatte zu bestimmen. Es wird, es sollte keine Wiederauflage Bundeswehr 1988 geben, als junge Männer ca. 1 1/2 Jahre Vollzeit am Stück in überall im Land herumstehenden militärische Liegenschaften verbrachten, und während dieser Zeit das Gros der aktiven Truppe bildeten. Es werden gerne diese Bilder beschworen, auch und gerade, um zu unterstreichen, was alles nicht geht: Es würde an Kasernen, Ausbildungspersonal, individueller Ausrüstung, an Schiessbahnen und Schießgewehren fehlen. Da sollte der eine oder die andere aus der Politik mal durch Polen, das Baltikum und Finnland reisen, um sich inspirieren zu lassen, wie niedrigschwellig und in dezentralen, temporären Strukturen Landesverteidigung von allen für alle angeboten werden kann. 2 Wochen am Stück, 2 Tage pro Monat jedes Jahr, ggf. im Biwak, heimatnah und mit Fokus auf Wach- und Sicherungsaufgaben, wäre ein Modell, mit der zügig und nachhaltig Heimatschutzkräfte als strategische Handlungsreserven für die Drehscheibe Deutschland geschaffen werden könnten. Vorteile für Rente, Krankenversicherung, individuelle Qualifikationsmassnahmen wären ganz gut, dann könnte es sein, dass tatsächlich viele Slots schon von Freiwilligen besetzt werden, bevor gezogen werden muss. Quick impact ist aber wohl nicht, BedenkenträgerInnen sind ja zuhauf institutionalisiert, und die wollen auch ihr Brot verdienen, und so geht die Zeit ins Land, während die Skandinavier und Balten sich wundern oder darüber kaputtlachen, was aus Deutschland geworden ist. Siehe Post/Faden von/mit dem SWE Militärattaché.
Was Deutschland braucht ist ein Kulturwandel. Erstens muss die Bundeswehr, aber auch alle anderen Einrichtungen die (dem Schutze) unserer Gesellschaft dienen (Polizei, Feuerwehr, Rettungsdienste aber auch Lehrer) wieder grundsätzlich mit Respekt behandelt werden. Es ist schwierig, als Bundeswehr und Parlamentsarmee eine erfolgreiche „Arbeitgebermarke“ aufzubauen, während im Parlament und den Medien negativ über diese „Marke“ gesprochen wird. Hier hat ein Wandel begonnen, der fortgesetzt werden muss.
Die SPD hat hier noch Schwierigkeiten sich klar dazu zu bekennen.
Dem Staat zu dienen, sollte als Privileg empfunden werden, dazu muss man sich mit dem Staat und der Nation auch identifizieren. Auch Pflichten erstmal als negativ zu sehen, spricht für einen erforderlichen Wandel der generellen Auffassung wie ein Land und eine Gesellschaft funktionieren. Hier ist noch viel Arbeit zu leisten. Zweitens muss sich in der Bundeswehr einiges verbessern, damit die aktiven Soldaten in und nach Ihrer Dienstzeit auch selbstverständlich als „Markenbotschafter“ auftreten und nicht als „Markenkritiker oder gar Markenfeind“.
@J10
Jeder der selbst den alten Wehrdienst erlebt hat wird nicht umhinkönnen die von Ihnen angesprochenen „überkommenen Bilder“ vor Augen zu haben wenn über die Wiedereinführung der Wehrpflicht diskutiert wird. Über meinen 1999/2000 abgeleisteten W10 kann ich rückblickend nur sagen das mehr als die Hälfte davon verschwendete Lebenszeit war, mit der Folge das ich mir geschworen habe meinen eigenen Kindern einen solchen Schwachsinn wenn irgend möglich zu ersparen.
Die von Ihnen genannten Beispiele wie es besser gehen könnte finden meine ausdrückliche Unterstützung, ich habe aber Zweifel ob wir in Deutschland zu so grundsätzlichen Reformen in der Lage sind.
12 oder 15 Monate allgemeine Dienstverpflichtung für alle (m/w).
Die BW ist Teil des Menüs der Pflichten.
Wenn zu wenige zum Bund wollen, können genug verpflichtet werden.
Dann kann die BW mit eigenen wachsenden Möglichkeiten klein anfangen und zunehmend jedes Jahr mehr einziehen.
Wer will, findet eine Lösung.
Wir brauchen keine explizite WehrPFLICHT für Frauen.
Die Wehrpflicht für Männer und der freiwillige Dienst von Frauen in der BW steht schon im GG.
Eine mögliche Dienstverpflichtung für alle (m/w) in Krisenzeiten steht auch heute schon im GG.
Es reicht ein allgemeines Dienstjahr für alle:
BW
Feuerwehr
Rettungsdienst
Krankenhäuser
Pflegeheime
THW
Zivilschutz
was noch???
Bei diesen Diensten an unserer Gesellschaft fehlt es hinten und vorne.
Da kann sich jeder als Wunsch 2 Felder raussuchen was er will, ohne Recht auf Erfüllung.
Und wer sich nicht entscheiden kann, oder wenn irgendwo etwas fehlt, wird eingeteilt.
Die Politik muss nur endlich das Rückgrat haben, das notwendige einzubringen und den Shitstorm zu ertragen.
Das wird allerdings höchste Zeit,.