Wehrpflicht, Dienstpflicht, Bundeswehr: Der GI nennt eine Zahl
Die aktuelle Debatte über eine Wiedereinführung der Wehrpflicht und/oder ein Dienstpflicht für staatliche Dienste wird oft genug auf Basis von (politischen) Vorlieben geführt. Deshalb ein Faktenhinweis: Bundeswehr-Generalinspekteur Eberhard Zorn hat, wenn ich das richtig sehe erstmals, eine konkrete Zahl genannt, wie sich ein verpflichtendes Dienstjahr für alle jungen Menschen für die Bundeswehr auswirken würde – und es sind vermutlich weniger Soldat*innen als meist erwartet.
Zorn äußerte sich dazu in einem Interview der Welt (Link aus bekannten Gründen nicht; ohnehin hinter Paywall) am (heutigen) Donnerstag. Dabei verwies er darauf, dass für die Bundeswehr Massenstreitkräfte mit einer Wehrpflicht für einen ganzen Jahrgang sowohl aus strukturellen als auch aus finanziellen Gründen nicht (mehr) machbar seien. Aus militärischer Sicht wäre ein Jahr Dienstzeit sowohl für Männer als auch für Frauen sinnvoll – aber:
Wenn also politisch entschieden würde – was ich derzeit nicht sehe – , dass es wieder einen Pflichtdienst geben soll, dann sollte dieser nicht nur für die Bundeswehr gelten, sondern für alle sozialen Dienste in der Zivilgesellschaft. Ich könnte dabei jährlich 10.000 junge Menschen
gewinnbringend in unser System integrieren.
Nun bleibt die genannte Zahl von 10.000 weit hinter dem zurück, was die Streitkräfte an personellem Zuwachs erhoffen. Die bis zum Ende des Jahrzehnts geplante – und schon für die bisherigen Zusagen an die NATO nötige – Zahl von 203.000 Soldatinnen und Soldaten einschließlich der Reservisten wird seit Jahren und auch aktuell bei weitem unterboten.
Und natürlich stellt sich die Frage, ob der ganze für Wehrpflichtige erforderliche – und ja abgeschaffte – Verwaltungsapparat dafür wieder aufgebaut werden sollte. Das rückt die Debatte ein wenig in die nötige Perspektive.
Übrigens hat auch der neue Verteidigungsminister Boris Pistorius keineswegs, wie es am (heutigen) Donnerstag in manchen Meldungen heißt, eine Initiative für eine allgemeine Dienstpflicht gestartet. Zwar hatte er recht kurz nach seinem Amtsantritt im Januar in einem Interview die Aussetzung der Wehrpflicht vor gut einem Jahrzehnt als Fehler bezeichnet. Aber dass sie schlicht wieder eingeführt werden könnte oder sollte, sieht auch Pistorius nicht – und vor einer neuen Verpflichtung für junge Menschen sei die politische Debatte nötig.
Zur Erinnerung seine Aussage dazu am Rande des NATO-Verteidigungsministertreffens am (gestrigen) Mittwoch in Brüssel:
Die andere Position, wenig überraschend, kommt vom Präsidenten des Reservistenverbandes. Patrick Sensburg verfocht in einem Interview der Neuen Osnabrücker Zeitung* eine Wehrpflicht für einen deutlich massiveren Aufwuchs:
Realistisch betrachtet, benötige man, um die Bundesrepublik zu verteidigen, eine aktive Truppe von 350 000 Soldaten und etwa 1,2 Millionen Reservisten. Derzeit habe Deutschland aber nicht einmal 200.000 Soldaten und 30.000 Reservisten, die regelmäßig übten. Der Präsident des Reservistenverbands sagte: „Es wird ohne Wehrpflicht meiner Meinung nach also nicht gehen. Deshalb brauchen wir die Wiedereinführung der Wehrpflicht in Deutschland.“
(Ein Hinweis bzw. eine Bitte: Mir ist schon klar, wie stark dieses Thema auch emotional belegt ist – und deshalb würde ich bei Kommentierung möglichst um Sachlichkeit bitten.)
*Deutsche Verlagswebseiten werden hier i.d.R. nicht verlinkt; in diesem Fall handelt es sich um die Pressemitteilung des Blattes
(Archivbild: Janine Schmitz/photothek.de)
Musterung könnte ja nur bei Willen zum Dienst in der BW zum tragen kommen.
Davon ab, ich wäre interessiert in einer grundgesetzkonforme Begründung für ein Dienstjahr?
„Also wir bezahlen soziale Dienstleistungen einfach scheiße, bei gleichzeitig Schichtdienst und miesen Arbeitsbedingungen. Also lasst uns eine Dienstpflicht für junge Menschen machen, die man noch schlechter bezahlen kann.“
Zusätzlich zu Schuldenberg, maroder Infrastruktur, Klimakollaps – alles „Hinterlassenschaften“ für die junge Generation plus jetzt noch Dienstpflicht.
Im Rentnerland Deutschland mit Sicherheit die beste Option.*sarc off*
Die eigentlichen 10000 „Wehrpflichtigen“ für die BW klingen nach Schnupperjahr für junge Erwachsene. Kann man doch auch einfach so machen oder?
Tja, wo soll man da anfangen? Aber auch die Bundeswehr und später die „erste“ Wehrpflicht wurden dereinst aus der Taufe gehoben. Man muß es nur wirklich wollen.
Das ist doch mal ne Hausnummer, mit der man rechnen und überdies auch diskutieren kann. Dienstgerechtigkeit sollte da auch berücksichtigt werden, sodass ein wie auch immer geartetes System alle Menschen eines Jahrgangs berücksichtigt.
Wir reden da von 700.000 -800.000 Menschen pro Jahr. So groß müsste das System aufgebaut werden, um eine (Dienst-) Gerechtigkeit zu erreichen…
Das Gute an der Dienstpflichtdebatte ist, daß man sie getrost abhaken kann, siehe dazu bspw. eine Aussage des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages: „Die Einführung einer allgemeinen Dienstpflicht in Deutschland – sei es durch einfaches (Bundes-)Gesetz oder durch eine Verfassungsänderung (z.B. Schaffung eines Art. 12b GG) – würde gleichermaßen gegen das Verbot der Zwangsarbeit nach Art. 4 Abs. 2 EMRK verstoßen.“
[Lässt sich bestimmt relativ einfach finden, aber als Service gegenüber anderen Leser*innen haben Sie vielleicht den Link dazu? T.W.]
Wir haben doch jetzt schon ca. 8000 FWDL. Die sind doch in der „Behandlung“ mit GWDL zu vergleichen. Mich wundert da, dass man nur 10.000 GWDL handlen können sollte.
Die Ansicht des GI scheint zu sein, salopp ausgedrückt, dass GWDL „nicht viel bringen“ und daher nur begrenzt gewinnbringend eingesetzt werden können. Hängt das vielleicht mit der Einsatzdenke der letzten 20 Jahre zusammen? In Auslandseinsätze haben wir GWDL nicht geschickt, das war auch richtig so. Aber im Falle der Landesverteidigung sind sie doch unentbehrlich. Ein Aufbau entsprechender Verbände wäre also schon gewinnbringend für die LV.
Man kann nur 10,000 Leute „gewinnbringend“ ins System integrieren? Das ist doch aber nicht die Aufgabe.
Es sollten ..sagen wir 100.000 im Jahr (grund-)ausgebildet werden und wahrscheinlich die gleiche Menge zu Wehrübungen einberufen werden. Dass man daraus vielleicht 10.000 gewinnbringend in die „normalen Abläufe“ integrieren oder aber für eine Längerverpflichtung gewinnen kann, steht auf einem anderen Blatt.
Konzepte, was man da ausbildet und wie, sollte man sich doch wohl in Polen oder Finnland oder auch aktuell in der Ukraine abgucken können. Da brauchen wir auch nicht das Rad neu erfinden oder 20 Jahre planen.
Ja, kostet Geld. Aber nach Anlauf scheint es (mit Blick auf die Kosten die in Wikipedia für z.B. Finnlands Militärhaushalt genannt werden) jetzt nicht exorbitant zu sein. Man muss es halt nur sinnvoll gestalten. Und wenn man die Grundi und ein wenig Spezialausbildung durch hat, vielleicht noch ein paar Übungen mit existierenden Reservisten, kann man die Leute sicher auch deutlich schneller als nach 10 Monaten wieder ins normale Leben entlassen (mit der Auflage alle X Jahre eine ein oder mehrwöchige Wehrübung zu machen).
Die Leute brauchen da nicht 10-12 Monate sinnlos rumhängen. Vielleicht kann man bis zu einem gewissen Grad auch bestehende Reservisten als Ausbilder für bestimmte Gebiete mit heranziehen. Eine Reserveübung kann die Ausbildung von Inhalt X für neue Reservisten sein. Etc. PP. Bitte mal etwas flexibler denken. Das werden in der Regel keine Patriot Bediener, Panzerfahrer oder sonstwas. Wenn da einige dabei sind, die mehr wollen oder können (die junge Generation lernt Drohen sicher schnell) – gern. Kann man sich was für überlegen. Aber die Masse der Ausbildung sollte doch wohl sicher Landesverteidigung an einfach zu bedienenden Infanterie-, Fahrzeug- und Flugabwehrsystemen üben, dazu Umgang mit Kommunikation und natürlich grundsätzliches militärisches Verhalten. LKW Fahrer und Staplerfahrer kann man sicher auch ein paar „auf Halde“ ausbilden. Logistik scheint ja ein echter Pferdefuß im Krieg zu sein.
Lange Reder kurzer Sinn: Wenn man will, geht das alles. Sicher nicht von heute auf morgen, aber das ist kein Hexenwerk. „Nicht mehr als 10.000 gewinnbringend zu verwenden“ ist jedoch definitiv falsch gedacht.
Nun ja, der GI bleibt sich treu, die Wehrpflicht hat er bereits bei Dienstantritt für nicht zielführend erachtet.
Allerdings erwarte ich ‚mal eine realistische Einschätzung bzgl. des Personalbedarfs bei LV/BV:
– Aufwuchsfähigkeit / Befüllung nicht-aktive TrT (Mat fehlt da ja ebenfalls)
– Feldersatz (ca. 5% Verluste je Kampftag)
– Wach- und Sicherungsaufgaben (z.B. auch KRITIS)
– Hand- und Spanndienste (z.B. im Bereich Logistik und med. Versorgung)
Sorry, hier der Link: https://www.bundestag.de/resource/blob/435758/a480927ce006d1454b4e076f65d881d6/WD-2-083-16-pdf-data.pdf
@Martin: Das stimmt nicht. GWDL waren zum Beispiel in Italien und den Niederlanden.
Was ich für wichtig halte :
Von den 10.000 werden sich sicherlich einige weiter verpflichten.
So meine Erfahrung aus den 90ern.
Und wenn es 2.500 pro Jahr sind, dann hat man schon nach 4 Jahren 10.000 Soldatinnen und Soldaten mehr.
Gerade die Ukrainer sollten ein gutes Beispiel dafür sein, dass man auch nach kurzer Zeit der Ausbildung einen wichtigen Beitrag leisten kann.
Der GI hat doch ganz deutlich gesagt, das er keine Wehrpflicht/Dienstpflicht will. Die Zahl von 10.000 entspricht doch den heutigen FWDL, die dann ja entfallen würden, sollte eine Dienstpflicht eingeführt werden. da braucht man über weitere Details nicht diskutieren.
Weiterwurschteln wie bisher, Herr General!
@Dominik
„Also lasst uns eine Dienstpflicht für junge Menschen machen, die man noch schlechter bezahlen kann.“
Das war ja zu Zeiten der Wehrpflicht auch nicht anders, die Wehrdienstverweigerer bekamen sogar etwas mehr als die Soldaten, weil sie andere Vergünstigungen nicht hatten. Mein erster Wehrsold als Wehrpflichtiger 1986 betrug 220,00 DM und eine freie Bahnfahrkarte für die Heimfahrten. Das war auch damals nur etwas mehr als Nix.
Ich würde der Argumentation von @ Dominik folgen. Insbesonder das die Immer wieder vorgebrachten Pflegedienstleistungen heutzutage mit nichten nur noch von karitativen Organisationen betrieben werden, sondern vielfach von Gewinnorientierten Untenehmen. Insbesondere da dabei nicht mal Mindestlohn gezahlt wird.
Die in Artikel 12 GG und Artikel 4 EMRK genannten Ausnahmen für eine neu einzuführende Dienstplicht als normal Bürgerpflicht zu definieren dürften sportlich ausfallen. Zumal nur Leute darüber entscheiden die es nicht mehr betrifft und zu 50 % auch nicht im Sinne des Wehrdiensts jemals betroffen hat.
Art 12 (2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.
Art4 EMRK
(2) Niemand darf gezwungen werden, Zwangs- oder Pflichtarbeit zu verrichten.
(3) Als “Zwangs- oder Pflichtarbeit” im Sinne dieses Artikels gilt nicht:
d) jede Arbeit oder Dienstleistung, die zu den normalen Bürgerpflichten gehört.
Wenn zudem nicht der ganze Jahrgang herangezogen wird, sind wir schnell wieder beim Thema Wehrgerechtigkeit.
Das sind halt alles Nebelkerzen, weil die Debatte politisch nicht gewollt ist. Natürlich kann die Bundeswehr nicht sofort eine große Zahl Wehrpflichtige einziehen und ausbilden. Es müssten die früheren Strukturen wieder aufgebaut werden, aufgegebene Kasernen wieder übernommen werden, massiv Ausrüstung beschafft werden, was sicherlich zehn Jahre dauern könnte. Aber wenn man wollte, ginge es. Und hätte man direkt 2014 umgesteuert, wäre man wahrscheinlich größtenteils fertig…
@Herr Humer:
Danke, damit hat sich das wohl erledigt.
@Martin:
8000 FWDL gegenüber Wunsch 10000 Wehrdienstleistende. Danke für diesen klugen Gedanken des ins Verhältnis setzen.
Das schreit ja nach einer Dienstpflicht, die der Europäischen Menschenrechtskonvention nicht entspricht. Populismus in Reinform.
Davon ab: durch wen bzw. in welchem Status werden die im Grundbetrieb ausgelagerten Tätigkeiten (z.B. bei HIL, Industrieinstandsetzung und Logistikdienstleistern) bei LV/BV abgebildet?
Geht der Mechaniker von KMW dann als Zivilist nach Ost-Polen? Freiwillig?
@Nurso sagt: 16.02.2023 um 11:43 Uhr
„@Martin: Das stimmt nicht. GWDL waren zum Beispiel in Italien und den Niederlanden.“
Ja, weil das Bw-Standorte waren, Portugal gab es auch noch. @Martin spricht doch ganz deutlich von Auslandseinsätzen, also UN-Missionen etc.. Und da waren die Wehrpflichtigen außen vor.
„Von den 10.000 werden sich sicherlich einige weiter verpflichten.
Und wenn es 2.500 pro Jahr sind, dann hat man schon nach 4 Jahren 10.000 Soldatinnen und Soldaten mehr.“
Das ist doch reines Wunschdenken Ihrerseits. Wieso funktioniert das dann bei den FWDL nicht in dieser Größenordnung? Die sind in ähnlicher Anzahl da, und das auch noch freiwillig, wie die Bezeichnung schon sagt.
@Pio-Fritz:
ich hatte auch nur rund 230 Euro plus Entfernungspauschale und Übungstagegelder….lächerlich… . Eigentlich sollten auch Elternverbände dagegen Sturm laufen, weil man ein extra Jahr finanziell abhängiges Kind aufgebrummt bekommt.
PS: So viel verdiene ich jetzt pro 1 1/2 Stunde…
Der GI war beim „24. Kropper Aschermittwoch“ des Taktischen Luftwaffengeschwaders 51 „Immelmann“.
Ich zitiere aus seiner Ansprache, veröffentlicht in der hiesigen lokalen Presse.
…Käme heute die Wehrpflicht oder eher eine allgemeine Dienstpflicht, die Bundeswehr könnte adhoc maximal 8000 bis 10.000 Soldatinnen und Soldaten in die Truppe aufnehmen….
…die Wehrpflicht der alten Zeit, zuletzt sechs Monate für Männer, sei gar nicht mehr hilfreich: „Wenn, dann nur für ein Jahr, und für Männer und Frauen gleichermaßen“,…„
…Die allgemeine Dienstpflicht könnte uns gesellschaftspolitisch helfen.“ Für eine solche Dienstpflicht sehe er aber keine politische Mehrheit im Bundestag…
…Die Bundeswehr habe seit der Abschaffung der Kreiswehrersatzämter gar keine Struktur mehr, um binnen kurzer Zeit mehr als 10.000 Soldaten aufzunehmen. Dafür fehle es zum Beispiel an Kasernen, sagte Zorn: „Wir brauchen aber sieben Jahre für ein ganz normales Unterkunftsgebäude.“
Also die Kernaussagen:
Keine politische Mehrheit und unfrastruktuell nicht umsetzbar.
Somit erledigt sich die Diskussion über dieses Thema objektiv schon nach einer Minute.
Auf Basis welcher Kalkulationen kommen solche Zahlen zustande?
Deutschland „alleine“ in einer Art luftleerem Raum? Gegen wen? Sind das noch Kalter Krieg oder gar Weltkriegs-Metriken, die hier zum Einsatz kommen?
Bevor neuer Wein in die maroden Schläuche gepumpt wird, sollten die besser erstmal geflickt werden …
@Dominik
Ich muß leider nachfragen. Fürs Verständnis: Wen zitieren sie denn da?
Der GI möchte wohl absolut seinen Minister missverstehen. Herr Pistorius hat nicht nur gesagt, dass man g r ü n d l i c h über eine Wehrpflicht/Dienstpflicht debattieren muss, sondern es müssen auch die Fähigkeiten neu erlernt werden, die man vor 30 Jahren konnte, back to the Future.
Das geht aber nicht mit 200000 geschweige denn 183000 Soldatinnen und Soldaten. Platt und plump mit der Zahl 10000 zu „argumentieren“ ist dem Ernst des Themas in keinster Weise angemessen und des führenden Generals unwürdig.
Wer sich so klar gegen seinen Minister positioniert, sollte sich fragen ob er noch der richtige Mann am richtigen Platz ist, oder aber dann auch schlüssig darstellen können , wo die dringend gebrauchten Soldatinnen und Soldaten herkommen.
Ralf Gabriel sagt:
Der GI und der Präsident des Reservistenbandes reden von unterschiedlichen Dingen:
Der eine davon, wie viele Wehrdienstleistende man zum Stopfen der personellen Lücken bei der Bundeswehr im Friedensbetrieb nutzen könnte, der andere wie viele Reservisten man für die Landesverteidigung im Ernstfall bräuchte.
@Ralf Gabriel “
Aber die Masse der Ausbildung sollte doch wohl sicher Landesverteidigung an einfach zu bedienenden Infanterie-, Fahrzeug- und Flugabwehrsystemen üben, dazu Umgang mit Kommunikation und natürlich grundsätzliches militärisches Verhalten. „..
Das sehe ich nicht so, weil diese Systeme eben nicht so einfach zu „bedienen“ sind. Gerade bei Fahrzeugen und insbesondere Luftabwehr. Ich bin aber fest davon überzeugt, dass man die Reservisten in jedem Fall brauchen wird, vorrangig für Wach- und Sicherungsaufgaben. Die kaputtgesparte Polizei ist dazu nicht in der Lage, hinzu kommt dort die Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, da ist genug zu tun. Andere Kräfte stehen dafür nicht zur Verfügung, wer realistisch genug auf die zahlreichen Akteure blickt, die im Falle einer Fortsetzung der Aggression Moskaus hier in Deutschland etwas unternehmen können und womöglich noch zentral gesteuert werden, da kann einem nur schlecht werden. Neben den Sympathisanten, auch aus der Politik, kommt eine kritische Infrastruktur, bei deren Resilienz schon kleinste Ursachen zum Totalausfall führen. Siehe den Anschlag auf 2 Kabelschächte der Bahn mit Stillstand des gesamten Betriebs in Norddeutschland oder der Ausfall der Lufthansa gestern nach eben einem Kabelschaden. Hier sehe ich viel größere Herausforderungen, die deutlich mehr als 10.000 zusätzliche Soldaten erfordern, daher kann ich mir nicht vorstellen, dass dafür bei gleichzeitiger Bündnisverteidigung die derzeitigen Kräfte der Bundeswehr reichen. Der Aufbau einer schnell verfügbaren Milizarmee, die mit Waffen daheim nach Schweizer Vorbild, regional aufgestellt ihre Aufgaben kennt und ausführen kann, wäre meine Lösung. Doch die bewaffnete Miliz mit den Waffen daheim ist unrealistisch, nachdem die amtierende Innenministerin schon keine Gelegenheit auslässt, um legale und rechtmäßige Waffenbesitzer wie Jäger, Sportschützen und andere zu gängeln, sollen „Kriegswaffen“ schnell in die Hände von „Reservisten“ gelangen können? Womöglich noch gegen Moskau? (sarc !)
Aber ohne Vertrauen in Menschen und Strukturen kann nun mal nicht eine einzige Organisation arbeiten, der Einsatz der Bundeswehr im Inneren ist daher mehr von ideologischen Grabenkämpfen geprägt, als alle anderen Politikfelder. Ich bin mir sicher, auch dieses Problem ist lösbar, nur es gibt derzeit keinen politischen Willen dazu. So wird die Debatte über die Wehrpflicht weiter schmoren…
[Ah, danke für die Gelegenheit, diesen Hinweis loszuwerden: Wer jetzt versucht, das Thema zu missbrauchen für seine Hobbies wie „Innenministerin gängelt beim Waffenrecht gesetzestreue Bürger!“, nimmt sich damit gleich hier aus der Debatte. T.W.]
Ich nehme stark an, dass für den Fall dass sich eine ernsthafte politische Debatte pro Reaktivierung der Wehrpflicht entwickeln sollte (was ich persönlich nicht erwarte), Herr Zorn zeitnah einen neu überdachten, vom ursprünglichen Statement abweichenden Standpunkt vertreten würde. Weswegen, wie teilweise angemerkt, der erneute Vollzug einer jahrzehntelang durchgeführten und lediglich ausgesetzten Praxis plötzlich verfassungswidrig sein sollte, erschließt sich mir allerdings nicht.
[Wir wollen doch nicht, dass hier Missverständnisse um sich greifen. So weit ich sehe, hat niemand behauptet, dass der erneute Vollzug verfassungswidrig wäre. Wir differenzieren hier gerne in der Argumentation. T.W.]
GI und Truppe wehren sich natürlich mit Händen und Füßen gegen ein Wiederinkraftsetzen der Wehrpflicht zu Friedenszeiten. Für die ohnehin personell überlastet Truppe, bedeutete dies kurzfristig ein Kollaps. Das ist jedoch äußerst kurzfristig gedacht.
Man ist gedanklich immer noch nicht im Szenario der Landes- und Bündnisverteidigung angekommen. Was will man dann mit einem Heer, das in die Allianzarena passt, erreichen?
Es ist zwingend erforderlich jetzt die nötigen Strukturen zu schaffen, um im Falle der Landes- und Bündnisverteidigung die Aufwuchsfähigkeit und Feldersatz sicherzustellen.
Was in der Diskussion ein wenig untergeht ist folgender Aspekt: Die Wehrpflicht wird tritt mit Feststellung des Spannungs- oder Verteidigungsfalles durch den Bundestag sofort wieder in Kraft, § 2 WPflG. In diesem Falle könnte die Bundeswehr mit ihrem weisen GI derzeit allerdings nur mit den Schultern zucken:
-Es gibt keine Wehrerfassung, man würde die Wehrpflichtigen zunächst nicht ohne weiteres ausfindig machen können,
-Es gibt keine Infrastruktur zur Musterung (KWEA),
-Es gibt keine ausreichende Bekleidung und PersAusrüstung um Wehrpflichtige auszustatten,
-Es gibt keine ausreichenden personellen Kapazitäten in und an Einheiten, die Grundausbildung durchführen, wo soll das Personal für diese neu aufzustellenden Einheiten hergezaubert werden, wenn die Kampfkompanien tatsächlich irgendwo an der Peripherie des Bündnisses im Kampf stehen?
-Es gibt nicht genügend Handwaffen, um die Wehrpflichtigen auszustatten. Wie viele G36, G3 schlummern wohl geölt und gefettet in den Depots, nachdem man schon Probleme hatte für die Peshmerga ein Paket zusammenzupacken?
-Es gibt nicht genügend Großgerät, um es durch Wehrpflichtige zu bemannen,
-Es gibt nicht genügend Munition, damit jeder Wehrpflichtige auch nur eine volle persönliche Kampfbeladung bekäme.
Zusammenfassend: Die Wehrpflicht ist neben den vielen anderen plakativen Beispielen, wie der Ersatzteilversorgung, der Abkehr vom „dynamischen Verfügbarkeitsmanagment“ beim Großgerät = Auffüllung des Bestands auf 100%, Anschaffung einer für den Verteidigungsfall zwingend erforderlichen Materialreserve, Nachbestellung von abgegebenem Gerät, der Beschaffung von Munition usw. nur ein weiteres Beispiel dafür, dass von einer „Zeitenwende“ Richtung LV/BV überhaupt keine Spur sein kann, weil diese die Politik zu unpopulären und daher unbequemen Entscheidungen zwänge.
Was der GI zum Ausdruck bringt, ist nichts anderes, als dass er entweder die wesentliche Lageänderung nicht erkannt hat, oder jedenfalls nicht bereit ist, seine berufliche Karriere dafür aufs Spiel setzen zu wollen diese auszusprechen.
Ich fände es gut, wenn es eine gestaffelte Dienstpflicht gäbe:
– Mit 20 Jahren
– Mit 40 Jahren
– Mit 60 Jahren (oder zum Renteneintritt)
(natürlich +/- 2 oder mehr Jahren)
Dann würde jede(r) dem Land mehrfach dienen. Die Dauer und die Art des Dienstes wäre dann vom Alter abhängig, denn es ist klar, dass jemand im vollen Berufs- und Familienleben nicht ein Jahr verschwinden oder dass man mit 60+ noch als kostenlose Pflegekraft arbeiten kann.
Dadurch wären die meisten, die für eine Dienstpflicht plädieren, auch von ihr selber betroffen.
Aber wir können uns beruhigt zurücklehnen: In einem Land, in dem es keine Corona-Impfpflicht wegen Papiermangels und kein allgemeines Tempolimit auf den Autobahnen wegen fehlender Schilder gibt, wird man keine Infrastruktur zur Erfassung, Verwaltung und Musterung* aufbauen können.
Also: Alles eine Phantomdebatte!
* Da es sich um einen Pflichtdienst handelt, muss *jede(r)* auf die entsprechende Eignung untersucht werden.
Ach, das Thema aus der Mottenkiste – mal wieder.
Also wir ziehen 10.000 junge Menschen jährlich. Dazu bedarf es natürlich eines gigantischen bürokratischen Apparats (natürlich besetzt mit nicht mehr tauglichen Ü50ern). Diesen 10000 Wehrpflichtigen kann die BW dann nicht einmal ein Gewehr stellen. Okay, verschimmelte Lochkoppel lassen sich vielleicht noch irgendwo finden. Weste? Braucht die “verweichlichte” Jugend doch nicht! Fahrzeuge? Ihr habt doch gesunde Beine! Militärischer Einsatzwert also nahe Null aber dafür wieder viele Versorgungsposten geschaffen.
Ich denke bei den immer wieder aufkeimenden Wehrpflichtdebatten geht es eigentlich darum dass sich da eine bestimmte Generation von einer “Jugend” bedroht fühlt. Die „gute“ alte Wehrpflicht soll die „Bengel“ halt mal gefälligst auf Linie bringen.
Letztlich soll niemand die alten Strukturen und Denkmuster in Frage stellen. Denn dann könnte ja raus kommen, dass das Problem vielleicht ganz wo anders liegt?
Wie viele der Schreibstuben Jobs werden eigentlich gar nicht mehr gebraucht weil sie sich deutlich einfacher durch den Computer erledigen lassen?
Wieviele Behörden und Ministerien sabotieren aktiv die Digitalisierung weil sie sonst nicht mehr ihr Budget und Personalkörper rechtfertigen können?
Was ist nochmal der größte Haushaltsposten der BW und verantwortlich für die erschreckend niedrige Investitionsrate im Vergleich zu anderen Nationen?
Die Wehrpflicht einzuführen, für nur 10.000 zusätzliche Soldaten halte ich für fragewürdig. Wenn es eine neue Wehrpflicht oder allgemeine Dienstpflicht geben soll, dann müssen mindestens 30.000 Wehrpflichtige gezogen werden. Ich vermute sogar mehr, weil 30.000 hatten wir zuletzt bei der Wehrpflicht bis 2011, dies aber nur Männer. Bei einer Dienstpflicht mit Frauen und Männern müssten eher 60.000 pro Jahr gezogen werden, damit die Wehrgerechtigkeit noch einigermaßen erhalten bleibt.
Wir dürfen nicht vergessen, um auf nur 30.000 männliche Soldaten zu kommen war zuletzt bei der Wehrplicht nur Soldaten mit T 1 und T 2 gezogen worden und vor allem wurden astronomische Zahlen von Wehrpflichtigern ausgemustert. D.h. die Wehrgerechtigkeit wurde vorgegaukelt, in dem die meisten Wehrpflichtigen ausgemustert wurden oder T 3 und schlechter bekamen. Durch Änderungen der Tauglichkeitskriterien wurde die Wehrgerechtigkeit herbeigemogelt. Denn plötzlich bestanden ganze Jahrgänge überwiegend aus Invaliden, damit das Verhältnis zwischen gezogenen und nicht gezogenen Soldaten mit T 1 und T 2 nicht die Verfassungswidrigkeit wegen Ungleichbehandung herbeiführte.
Und wenn wir nur 10.000 Soldaten zusätzlich als Wehrpflichtige ziehen, dann müssen wir wieder ganz massiv be der Tauglichkeit manipulieren. Und halte es auch der Jugend nicht zumutbar, daß 745.000 junge Männer und Frauen pro Jahrgang gemustert werden, wenn davon nur 10.000 genommen werden.
Deshalb sollte erst mal die Mindeststärke oder Zielstärke der BW bestimmt werden und dann versucht werden, ob diese Zahlen mit der Wehrpflicht erreicht werden können. Die Weizäckerkommisson hat bei einer ganz anderen Sicherheitslage 240.000 Soldaten als Bundeswehrgröße vorgeschlagen. Bis zur Abschaffung der Wehrpflicht hatten wir 220.000 Soldaten. Wollten wir wirklich ersthaft Rußland abschrecken konventionell, gerade wenn die USA wegen China ausfallen könnten, dann müssten wir zur BW-Stärke der Einheit mit 370.000 Soldaten und 9 Divisionen zurück kehren und dafür – bei einer einjährigen Wehr- oder Dienstpflicht – 190.000 Wehrpflichtige pro Jahr einziehen. Aber soviel Rückrat traue ich unseren Politikern nicht zu.
Wenn wir wirklich die BW stärken wollen und Rußland abschrecken wollen, dann brauchen wir 220.000 – 240.000 Soldaten als BW-Stärke mindestens.. Und lieber mehr Rekruten ausbilden, auch wenn diese dann vielleicht nur als Jäger leichte Einheiten stellen können, und dafü´r 6 – 9 Monate Wehrdienst einführen, als ein Jahr oder mehr, dafür aber relativ wenige Wehrpflichtige tatsächlich einziehen.
Naja wenn wir an Wehrpflicht denken, dann haben wir schnell ein Wehrersatzwesen (Kreiswehrersatzamt) vor Augen was in den 50’er Jahren geschaffen wurde und bis 2011 eigentlich nie grundsätzlich überarbeitet/modernisiert wurde.
in 2025 oder 2030 könnte man das weitgehend digital machen über die Meldebehörden mit digitalem Marker an die Steuernummer z.b.
da bekommt man dann zum 17. Geburtstag Post mit der Information über die Erfassung. Da ist dann ein QR Code drauf mit dem man online seine Daten abgleichen kann bzw. gleich Anträge hochladen kann… Wehrdienst/Ersatzdienst/Zivildienst ect. Musterung könnte man Deutschlandweit in 15 bis 20 Zentren durchführen. Muss man halt einen Tag Mal unterwegs sein…. wenn etwa 50% eines Jahrganges gemustert würden wären das 400.000 Untersuchungen pro Jahr, bei 20 Zentren 20.000 im Jahr oder knapp unter 100 am Tag bei 5 Tage Woche und ohne Feiertags betrieb. Da setzt man 10 bis 12 Ärzte hin macht jeder 10 Untersuchungen am Tag….. mustert man 100% des Jahrgangs sind es halt 20 am Tag…. ich hab den Doc im KWEA damals keine 10 Minuten gesehen.
Klar müsste man dann wieder Kasernen für 200.000 Rekruten bauen…. könnte man aber auch entsprechend vorbereiten.
Über die Begründung mach ich mir keine Sorgen, wenn politischer Wille vorhanden ist. Findet man einen Weg das umzusetzen und Rechtssicher auszuformolieren.
@Prio Fritz
Sie sollten einfach zu recherchierende Fakten nicht so einfach raushauen.
Zu ihrem Wehrsold von 1986, bei freier Verpflegung wohlgemerkt:
https://www.bgbl.de/xaver/bgbl/start.xav?start=//*%5B@attr_id=%27bgbl186s2550.pdf%27%5D#__bgbl__%2F%2F*%5B%40attr_id%3D%27bgbl186s2550.pdf%27%5D__1676546071226
1986 war 1986. Wir haben 2023. Dieses haben wir früher auch so gemacht und hat uns nicht geschadet ist ein „Argument“ der Besitzstandswahrer und Fortschrittsverweigerer. Wollen wir wieder anfangen rothaarige Frauen zu verbrennen? Haben wir im Mittelalter auch gemacht.
@Nurso
„Von den 10.000 werden sich sicherlich einige weiter verpflichten.
So meine Erfahrung aus den 90ern.“
Wenn Sie mal aufs Datum schauen, sehen Sie das wir 30 Jahre weiter sind (ok die Bw nicht, anders lässt sich diese Debatte nicht erklären). Die Bw hat etliche Programme zur Nachwuchsgewinnung. Scheinen nicht fruchtbar zu sein.
@Ralf Gabriel
„Es sollten ..sagen wir 100.000 im Jahr (grund-)ausgebildet werden und wahrscheinlich die gleiche Menge zu Wehrübungen einberufen werden.“
Ja. Und die marode Infrastruktur und die fehlenden Lehrer werde dann von den überflüssigen Stabas gewuppt.
„Konzepte, was man da ausbildet und wie, sollte man sich doch wohl in Polen oder Finnland oder auch aktuell in der Ukraine abgucken können. Da brauchen wir auch nicht das Rad neu erfinden oder 20 Jahre planen.“
Richtig!? Das umsatzstärkste EU Land sollte sich da was abgucken. Eigene Vorgehensweisen kann man hier nicht mehr. Dafür Bürokratie und immer wieder Geld fordern. Mit Geld kann man aber 2 Dinge nicht kaufen: Zeit und Hirn!
Es scheint schwer zu verstehen zu sein, das wir Kriege nicht mit Menschenmassen gewinnen. Die Wehrdienstleistenden die immer wieder gefordert werden, wären nichts anderes als die in Russland eingesetzten Gefangenen. Kanonenfutter fürs Sperrfeuer. Das wissen die geforderten Wehrdienstleistenden heutzutage auch.
Es werden Waffen entwickelt, die Menschenmassen überflüssig machen. Leider ist die Bw nicht in der Lage sie auch adäquat zu schulen und einzusetzen. Siehe Debatte Ausfall 18 Pumas.
Überflüssige Strukturen abbauen, Bürokratie abbauen, Know How aufbauen und vor allem mal auf normierte Prozesse/Produkte zurückgreifen wäre ein Anfang. Die Bw ist leider ein König darin Prozesse die sie nicht versteht zu verkomplizieren. Ach nee, sie lässt verkomplizieren(Berater). Die Bw kann nur Forderungen stellen (FFF). Die Bw hat genügend Menschen und auch Geld. Wird beides nur ineffizient eingesetzt. Dann Wehrdienst fordern, für die eigenen Unzulänglichkeiten, ist einfach nur arm!
Naja irgendwie muss man ja Staba werden., und Bürokratie ist immer gut /Sarc
Klimawandel, Wehrpflicht, Flüchtlingskrise…..alles seit Jahrzehnten bekannt. Als Bevölkerung haben wir Politikerinnen und Politiker gewählt, diese Probleme zu lösen. Diese sind nur leider immer im Wahlkampf bzw. damit beschäftigt, den genehmen Parteisoldaten ein Pöstchen zu verschaffen. Wie oft wollen wir das noch durchkauen?
Fachkräftemangel pah, nein Quasselkopp-Überschuss
Da die Wehrpflicht ausgesetzt, aber nicht aufgehoben ist, was aktuell faktisch keinen Unterschied macht, sehe ich rechtlich für eine Dienstpflicht neben der Wehrpflicht kein Problem.
Was bei der Diskussion beachtet werden sollte ist, dass die Wehrpflicht wahrscheinlich zu einer größeren Kohäsion der Gesellschaft und der Streitkräfte führen wird. Eine Idee, die für Gneisenau wesentliche Ursache für deren Einführung war. Es geht um die Übernahme von Verantwortung.
Die ins Feld geführten finanziellen und anderen Hindernisse halte ich für vorgeschoben. Sie sind alle lösbar und beruhen auf einer überholten Sichtweise auf die Realität und auf die Zukunft. Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Die Ukraine macht es vor und wir sollten uns davon etwas abschneiden und die Latte für uns deutlich höher hängen.
Der Bundesverteidigungsminister scheint das erkannt zu haben und geht mit einem offensiven Verhalten voran, was man von einigen führenden Militärs nicht behaupten kann.
@Stephan G. Humer:
Leider scheint der wissenschaftliche Dienst des Bundestages sich hier (unüblicherweise) vergriffen zu haben. Der Dienst erwähnt zwar Art. 4 Abs. 3 c) EMRK, den Ausnahmetatbestand für Wehr- und Ersatzdienst und stellt fest, dass eine Wehrpflicht eben keine Zwangsarbeit ist (gleiches für den Ersatzdienst der sich vom Wehrdienst ableitet).
Leider wird auf Art. 4 Abs. 3 d) EMRK nur mit einem Satz eingegangen und die „üblichen Bürgerpflichten“ auf Deichhilfe, Feuerlöschpflicht, o.ä. reduziert. Was genau nun „normal“ und „üblich“ ist, wird nicht weiter erwähnt und dass die Definition der „üblichen Bürgerpflichten“ diskussionswürdig sind und sich die Einordnung mit den Ansichten einer Gesellschaft entwickeln, wird gar nicht erst erwähnt — eine verpasste Chance. Ebenso wird genau eine Meinung zitiert die die Argumentation des Dienstes unterstützt. Die ist zwar im Epping/Hillgruber, also mitnichten die Meinung eines Außenseiters; trotzdem ist es erst einmal EINE Meinung.
In sofern sind diese sieben Seiten des wissenschaftlichen Dienstes sicherlich ein Beitrag in der Debatte, aber mitnichten ein Totschlagargument gegen eine Dienstpflicht.
Die Wehrpflicht ist grundgesetzkonform weil es sich nicht um eine Pflicht zu Arbeitsleistung (Zwangsarbeit) sondern um eine Pflicht auf Befähigung zur Selbst- / Gesellschaftsverteidigung (Notwehr / Nothilfe) handelt.
Und so hart es für, die Betreuten als auch, die Betriebswirte im medizinischen Bereich ist, die tägliche Grundversorgung ist keine akute Nothilfe!
Der grundgesetzwiedrige Teil der jetzigen Wehrpflicht ist das Frauen davon ausgenommen sind. War damals Ok weil anderes gesellschaftliches Frauenbild, aber das Frauenbild haben die Feministinnen die letzten Jahrzehnte erfolgreich geändert. Also mit gehangen mit gefangen das hier ist NICHT das Schlaraffenland.
Auch ist eine Wehrpflichtigenarmee perse die Definition von Massenheer, der Ausrüstungsumfang des Einzeln ist dabei nicht das Kriterium, ob 4mio voll ausgerüstete Grenadiere (stand 2022) oder 4mio voll ausgerüstete Jäger (stand 1960) Massenheer ist Massenheer.
Deckungsgleich mit einem Qualitätsheer ist dabei die Entlohnung der Pflicht. Das Qualitätsheer wird dabei klassisch in Gold entlohnte (Handwerksordnung für Söldner) während die Wehrpflicht normalerweise mit Wahlrecht/Staatsbürgerschaft entlohnt wird (Wahlrechte in der griechischen Polis, Starship Troopers).
Qualitätsheer bedeutet halt Mechanisierungsgrad und Automatisierungsgrad = komplexe Waffensysteme, welche auch bei Verlusten im Kampf stabil nachproduziert werden können (rohstoffreiche Länder).
Massenheer setzt auf leicht zu produzierende Waffen auf welche die reguläre Wirtschaft schnell umgestellt werden kann und kosten effizient Menschen welcher durch konstante Fortpflanzung zur Verfügung stehen (rohstoffarme Länder, Agrastaaten)
Beides zusammen erhalten Sie nur wen die jeweilige Gesellschaft in ein Kastensystem einteilen und kastenüberschreitende Lebensmodelle unterbinden (z.B. WH40k Tau).
Oder sie die besseren Waffen in der Gesellschaft, auf Basis von Genmanipulation, züchten.
Es ist doch nun wirklich nicht so schwer, einfach Mal mehr lesen als Clausewitz und Micky Maus.
Das Thema „Wehrpflicht“ ermüdet so unendlich.
Für eine Wehrpflicht kann es nur sicherheitspolitische Gründe geben. Bis 1989/1990 war die Wehrpflicht rechtlich und tatsächlich plausibel.
Als reine Personalmaßnahme, um junge Menschen unfreiwillig zu Y-Tours zu locken, ist sie unzulässig.
Oder wir führen zusätzlich ein verpflichtendes Jahr im Mittelstand, bei der Polizei……. ein.
Wenn überhaupt kann es nur eine universelle Dienstpflicht in Deutschland geben. Alles andere ist rechtlich, tatsächlich und militärisch unsinnig.
Also bevor wieder alle Befürworter und Gegner wieder in der eigenen thematischen und nationalen Suppe schwimmen, wie wäre es mit einer ehrlichen Diskussion von Zweck und Mittel, bevor wir wieder ins Kleinklein gehen wie viele Waschmaschinen man nun verbeamten müsste, damit das klappt. Bis heute gibt es keinen wirklich breiten politischen Konsens, was die Bundeswehr sein und können soll, abgesehen von Nato-Zielgrößen (die ja auch ein Stück weit eine bequeme Externalisierung der Debatte darstellen). Es gibt auch wenig politische Bereitschaft, andere wichtige Stellschrauben anzufassen. Dafür sprießen ständig neue äh Ideen ins Kraut. Das heißt nichts Gutes für eine mögliche Wehrpflicht-Debatte. Und ich habe auch noch keine fundierte Bewertung verschiedener Vorbilder bzw Modelle in der Nato gesehen, die wirklich berücksichtigen wo wir stehen wollen. Irgendwie sind wir immer noch im polit-emotionalen Reiz-Reaktions-Modus. Vor dem Hintergrund würde ich die Debatte jetzt mal ganz weit zurückstellen, mindestens bis wir standardmäßig fünfjährige Haushalte, funktionierende Beschaffung, ein politisch breit getragenes und umfassendes strategisches Konzept für Landes- und Bündnis Verteidigung, eine brummende Rüstungsproduktion und, ganz wichtig, einen echten Konsens haben, dass man Waffen nicht nur alibihalber auf den Hof stellt, sondern dass sie wirken (=töten) sollen.
Keine Überraschung. Der GI ist Produkt und Repräsentant der Generation Generalstabsoffiziere, die in den letzten 25 Jahren die Bundeswehr zerschlagen haben.
Weshalb glaubt jemand, diese Offiziere sind im Stande eine Wende einzuleiten?
@Left Blank sagt: 16.02.2023 um 13:37 Uhr
„Sie sollten einfach zu recherchierende Fakten nicht so einfach raushauen.
Zu ihrem Wehrsold von 1986, bei freier Verpflegung wohlgemerkt:…“
Vielen Dank für den Link und Ihre Mühe, die Sie sich gemacht haben. Ihnen ist aber schon aufgefallen, dass das Gesetzblatt aus dem Dezember 1986 ist und die Sätze beinhaltet, die ab dem 01.01.1987 und 01..06.1989 gelten sollen?
Ansonsten ein absoluter Nebenaspekt, der nur verdeutlicht, dass die Wehrpflicht schon immer schlecht bezahlt war.
Mir scheint, das ganze Konzept Dienstpflicht wird etwas zu oberflächlich betrachtet. Eine Dienstpflicht für alle, würde, selbst wenn wir sie auf junge Menschen begrenzen (ist das rechtlich überhaupt haltbar, Stichwort Altersdiskriminierung?) schon allein dazu führen, dass diese Menschen allesamt ca ein Jahr später ins Berufsleben kommen. Also ein Jahr mehr Lehrermangel, um nur ein Beispiel zu nennen. Frauen würden vmt später Kinder bekommen, die Alterspyramide sich verschieben. Abhängig von der Umsetzung und der Gerechtigkeit bei der Einziehung birgt das einiges an sozialem Sprengstoff und wird unsere Gesellschaft deutlich stärker verändern, als man sich das momentan vorstellt.
Diesen Schritt also ausgiebig zu diskutieren, ist mMn unabdingbar. Dass die Bundeswehr mehr SoldatInnen braucht ist da aus meiner Sicht ein ziemlich nachrangig Punkt/Argument
Ich habe so den Eindruck, diese Wehrpflicht-Diskussion wird von unserer Regierung als Nebelkerze missbraucht und auch nicht ernsthaft vorangetrieben.
Die aktuellen Probleme der Bundeswehr werden durch eine Einführung einer Wehrpflicht nicht gelöst. Natürlich brauchen wir eine starke Reserve, die im Moment nicht vorhanden ist, gerade für LV/BV. Es gibt die Konzeption der Reserve und eine quasi Wehrüberwachung für ausgeschiedene Zeitsoldaten.
Das theoretische Gerüst ist da, es muss „nur“ noch mit Leben gefüllt werden. Und da fehlt es eben an Gerät, Material, Infrastruktur – alles die Themen, die wir hier schon seit Jahren immer wieder durchdiskutieren und an denen sich bis heute nichts wirklich verbessert hat. Weder bei der Vollausstattung für die aktive Truppe und schon gar nicht für die Reservisten.
Das Personal kommt schon von alleine, wenn der Laden richtig gut läuft. Dafür bräuchte es auch weniger Krampf und mehr Kampf, sprich, weniger Bürokratie und mehr ursprüngliche soldatische Tätigkeiten.
Ich bin wirklich verwundert, wie weit das Thema LV/BV aus den Augen unserer politischen aber auch militärischen Führung verschwunden ist. Wir haben in unmittelbarer Nähe einen potenziellen Gegner, der seine expansiven Ambitionen seit 2014 klar zeigt.
Unsere Reaktion – neues Weißbuch (2016) und Verteidigungsbereitschaft bis 2032 herstellen. Quasi 18 Jahre nach der Aggression. Seit einem Jahr Krieg in der Ukraine mit massiven Verlust von Menschen und Material, bei dem möglicherweise wieder einmal „Masse vor Klasse“ gewinnt. Zwischenzeitlich werden bei uns die Materialbestände weiter abgegeben ohne umgehend in die Nachbeschaffung zu gehen. Und die einzige Möglichkeit im LV schnell aufzuwachsen sind Kaderverbände und massenhaft Reservisten, bzw. gediente Bürger. Das der Weg bis dahin steinig und teuer ist, ist klar. Aber deswegen darf man ihn nicht gleich aufgeben. Aber wenn die neue Kaserne den neusten Baustandards entsprechen muss, Wärmepumpenheizung und Solardach, während der Grundausbildung die EU-Arbeitszeitverordnung gilt etc., dann ist uns nicht zu helfen.
Das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland kennt eher Grundrechte als Grundpflichten. Mithin wird das Verhältnis der Bürgerinnen und Bürger im und zum Staat geregelt durch Rechte. Deutschland kennt keine Wahlpflicht, keine Pflicht Blut zu spenden. Steuerpflicht und allgemeine Schulpflicht sowie die Pflicht des Zeugen vor Gericht zu erscheinen ist begründbar und übereugen. Das Verhältnis der Bürgerinnen und Bürger zum und im Staat ist freiheitlich; das bedeutet auch, das zunächst das Gebot der Freiwilligkeit und Subsitiarität vorrangig sind.
Die Diskusionen um die Einführung weitergehendenr staatsbürgerlicher Pflichten, nämlich gesetzlich geboten, einen unbestimmten allgemeinen Dienst zu verrichten, kommen und gehen. Welches Staatsziel soll damit verfolgt werden? Vor vielen Jahren habe ich das Thema für mich abgeschlossen. Neue und zusätzliche Argumente und Aspekte, die mich in meiner abschließnden Meinung noch einmal zum Nachdenken brächten sind mir nicht bekannt. Gerne gebe ich aber zu, dass ich bei einer (derzeit nicht absehbarern) Mehrheit für ein solches Gesetz, gerne der Präsident dieser Mammutbundes(ober)behörde wäre; egal bei welchem Ministerium dies Bundesoberbehörde angesiedelt wäre. Ich erlaube mir deshalb eine kleine Leselektüre aus dem Jahr 1995 hier einzustellen. http://justitia-et-pax.de/ju-eng/publikationen/gerechtigkeit_und_frieden/guf_070.php
Mit Blick auf die Wehrpflicht erlaube ich mir darauf aufmerksam zu machen, dass sich der Dienst als Soldat, egal ob aus Pflicht, Freiwillig oder gar Beruf, mit anderen Diensten nicht vergleichen läßt. Ein Soldat ist von Anfang an Kombattant. Das unterscheidet ihn von allen anderen Diensten. Mithin kan er, aus meiner Überzeugung, auch nicht aus einer Vielzahl „anderer gesetzlicher Dienstpflichten“ frei gewählt werden – er würde gleichsam nivelliert werden.
Das gültige Wehrpflichtgesetz setzt mit Blick auf § 2 die Wehrpflich (Erfassen, Mustern, Einberufen) unter den Vorbehalt, dass dieses erst mit der Ausrufung des Spannungs- und Verteidigungsfalles GG 115a Abs 1. ermöglich wird. Bis zu diesem Zeitpunkt gibt es auch kein Wehrersatzwesen. Vielleicht zu spät, um zu erfassen, zu mustern und tauglich zu befinden und dann einzuberufen. Mit scheint es dringend geboten zu sein, im Wege der einfach gesetzlichen Neuregelung hier anders zu verfahren. Nicht ohne Grund wird, mit Blick auf das Aussetzen der allgemeinen Wehrpflicht (in Friedenszeiten), gerne gesagt: „Wer rechtlich aussetzt schafft faktisch ab“.
Ich hoffe mich zu täuschen.
Ich finde die Idee einer allgemeinen Dienstpflicht für alle Geschlechter richtig und auch zeitgemäß.
Was nicht wieder passieren darf, ist aber eine allgemeine Wehrpflicht und eine nötige Verweigerung Derjenigen, die nicht zur Bundeswehr möchten. Das sollte jeder selbst entscheiden dürfen.
Was auch nicht sein sollte, sind die damaligen Ausnahmen für den 3. oder 4. Sohn einer Familie, weil es einfach jeglicher Logik entbehrt, dass dann im Kriegsfall nur ein Teil der Familie adäquat ausgebildet wurde…
Es gibt genug sinnvolle Aufgaben innerhalb unserer Gesellschaft, so dass für jede/jeden eine passende Stelle dabei sein sollte. Ob innerhalb der Bundeswehr, oder außerhalb spielt kaum eine Rolle, weil es um das Engagement des Einzelnen für die Gesellschaft ging und geht.
In anderen Ländern um uns herum ist es ganz normal, ein Jahr der Gesellschaft zur Verfügung zu stellen. Davon profitieren am Ende alle.
Man könnte sich etwa die Modelle unserer skandinavischen und baltischen Nachbarn genauer anschauen, da gäbe sicherlich gute Ideen.
Eine Musterung könnte über die Gesundheitsämter, welche ja sowieso aufwachsen sollen, abgewickelt werden.
@Left Blank
[Richtig!? Das umsatzstärkste EU Land sollte sich da was abgucken. Eigene Vorgehensweisen kann man hier nicht mehr. Dafür Bürokratie und immer wieder Geld fordern. Mit Geld kann man aber 2 Dinge nicht kaufen: Zeit und Hirn!] Ich bin nicht sicher, ob Sie da jetzt zustimmen oder nicht. Wenn Sie meinen, wir brauchen da nicht gucken, weil wir das schon selbst besser wissen, wäre ich eher skeptisch. Ich halte das was die Ukrainer gerade machen für maximal pragmatisch und einen oder zwei Blicke wert.
[Es scheint schwer zu verstehen zu sein, das wir Kriege nicht mit Menschenmassen gewinnen. Die Wehrdienstleistenden die immer wieder gefordert werden, wären nichts anderes als die in Russland eingesetzten Gefangenen. Kanonenfutter fürs Sperrfeuer. Das wissen die geforderten Wehrdienstleistenden heutzutage auch.]
Wenn dem so wäre, bräuchte ja auch die Ukraine keine Mobilmachung und könnte das alles mit 200.000 Mann wuppen. Können Sie aber offenbar nicht. Von daher wäre ich bezüglich der Schätzungen für den Bedarf an Leuten skeptisch.
[Es werden Waffen entwickelt, die Menschenmassen überflüssig machen. Leider ist die Bw nicht in der Lage sie auch adäquat zu schulen und einzusetzen. Siehe Debatte Ausfall 18 Pumas.]
Ich bin auch skeptisch bezüglich Kleinstmengen hoch komplexer Systeme, die von Superexperten bedient angeblich alles regeln. Das mag alles klappen, wenn man als Übermacht gut geplant und gut vorbereitet in ein kleines Land einmarschiert. Bei größeren Konflikten, braucht man am Ende doch wieder eine große Menge Menschen und Material. Auch die Ukrainer brauchen eine „boots on the ground“. Und davon nicht wenige.
Wenn also das Bedrohungsszenario wirklich Russland ist. Und selbst nach einem Kriegsende in der Ukraine auch bleibt, wird man um eine ernsthafte Landes-/ und Bündnisverteidigung, die auch mit Manpower unterlegt ist, nicht herumkommen. Ich sehe jedoch auch dass man daran Zweifel haben kann.. Habe ich selbst. Wenn man sich ansieht, wie schwer sich die Russen in der Ukraine tun, kann man schon Zweifel daran haben, dass die in den nächsten 20-30 Jahren eine ernsthafte Gefahr für die kombinierten Europäischen Streitkräfte sind. Selbst in ihrem derzeitigen desolaten Zustand.
Aber das wird derzeit ja nicht wirklich thematisiert.
@Left Blank : „Es scheint schwer zu verstehen zu sein, das wir Kriege nicht mit Menschenmassen gewinnen. Die Wehrdienstleistenden die immer wieder gefordert werden, wären nichts anderes als die in Russland eingesetzten Gefangenen. Kanonenfutter fürs Sperrfeuer. “
Das ist arg unterkomplex.
Selbstverständlich wird die Bw keine Wehrdienstleistenden mit der ATN „Kanonenfutter“ ausbilden bzw. einsetzen. Das war übrigens auch schon vor 1990 (und da gab es W15) nicht die Leitlinie. Es braucht in einem intensiven Konfliktszenario ziemlich viel Manpower (um das neudeutsch auszudrücken), erst einmal um überhaupt die mechanisierten Kräfte (und die Drohnen und all den anderen heißen Scheiß) da hinzubringen, wo man sie braucht. Und um sie dort zu versorgen. Um Gerät zu reparieren. Rund um die Uhr. Um all das zu bewachen. Um für den unwahrscheinlichen Fall, dass sich da vorne jemand ein Bein bricht oder sich sonstwie wehtut, einen Ersatz zu schicken, den man vorher bitte ausgebildet hat. Und so weiter und so fort.
Haben wir heute alles nicht in der Bw (was eh nichts macht, denn wir haben ja auch keine mechanisierten Verbände mehr, die zu mehr als dem „Stellen von Bildern“ befähigt wären).
Und deswegen hätten wir ein ernstes Problem, wenn etwa die Schweiz in Baden einmarschieren würde. Ich fürchte, das ist jetzt kein Witz.
Wenn wir tatsächlich LV (von BV nicht zu reden) können wollen, führt an mindestens W12 kein Weg vorbei. Soviel Geld, um mit einer reinen Berufsarmee LV/BV nicht nur auf PowerPoint zu können, werden wir nie haben. Nicht ohne Grund geben die USA Unsummen für die Landstreitkräfte aus … es sind nicht nur die berühmten Flugzeughämmer für $ 1500 und die Flugzeugträger, ICBMs – auch die Army, Marine Corps und National Guard kosten RICHTIG viel Geld.
Über die Zahl die Herr Sensburg in die Runde geworfen hat lässt sich sicherlich streiten, worüber sich aber in meinen Augen nicht streiten lässt ist, dass nach erfolgtem „Kaltstart“ (über den will ich mich an der Stelle nicht auslassen weil nicht Thema, kann sich aber auch jeder ne eigene Meinung drüber bilden…) nichts nachkommt – nichts nachkommen kann – denn woher solls kommen?
Wenn nicht gerade Liechtenstein einfällt wird man irgendwann an den Punkt kommen wo das erste Aufgebot abgekämpft ist. Wen will man dann schicken?
Es freut mich, dass der Hausherr die Aussage des GI hervorhebt – der sich in meinen Augen die Frage gefallen lassen muss, was denn seine Antworten auf Herausforderungen der LV/BV sind – so es nicht reine Lippenbekenntnisse sind…
Die Rahmenrichtlinien zur Gesamtverteidigung (von 1989) sollen ja überarbeitet werden, mglw. finden sich dann darin Aufgaben und Tätigkeiten für zum Dienst Heranzuziehende.
Daneben gibt es auch noch die Konzeption zur zivilen Verteidigung (von 2016).
Davon ab konnte man zur Zeit der Wehrpflicht dieser auch mit einem Dienst im THW nachkommen (ich glaube, 10 Jahre Dienstpflicht).
So unglaublich fasziniert ich davon bin, dass Warhammer 40K hier auftaucht, desto unglaublich ermüdender ist leider die Thematik als solche. Es gibt – neben den ganzen nicht existierenden Kasernen, dem nicht vorhandenen Material und den nicht zur Verfügung stehenden Ausbilder*innen – auch keinen politischen Willen und keinen gesellschaftlichen Konsens, die volkswirtschaftlichen Kosten zu schultern. Allein diese seriös zu berechnen ist … ein spannendes Unterfangen mit all den Querfinanzierungen und indirekten Kosten (mal die juristische Seite außer Acht gelassen). Die mir bekannten Szenarien sind alle „incomplete“, d.h. noch nicht einmal auf Arbeitspapier-Niveau oder Tischvorlage. Und das liegt neben der fehlenden Zielzahl auch an dem nicht vorherrschenden Konsens aller zu involvierenden staatlichen Stellen in der Entscheidungsfindung bzw. der Klärung wer alles Ausnahmetatbestände hat.
Es gibt ja gute Gründe, dass man das Thema auf eine europäische Ebene verschieben möchte. Und dann sind wir bei einer Mischung aus Arbeitsteilung zwischen den europäischen Staaten bzw. bei einem Landsknecht-System wie Münkler das beschrieben hat. Aber dass der GI blockt, das verwundert nicht. Und seitens der Politik ist es die beste Nebelkerze in der jetzigen Situation.
Ich bin sehr verwundert, wie sich unser GI hier äußert. Wir haben in Deutschland eine fundamental veränderte Sicherheitslage. Nicht nur, weil in Europa nach dem Ende des 2. Weltkrieges das erste Mal ein Angriffskrieg geführt wird, um das eigene Staatsgebiet zu vergrößern und die Ansprüche Russlands unmittelbare Bündnispflichten berühren. Sondern auch, weil es alles Andere als dauerhaft gesichert ist, dass die USA den Schutz Europas auch zukünftig noch im vorhandenen Umfang als Kernaufgabe betrachten.
Kanzler Scholz hat daher das zweifellos ambitionierte Ziel ausgegeben, eine „leistungsfähige, hochmoderne, fortschrittliche Bundeswehr, die uns zuverlässig schützt“ zu schaffen. Diesen Anspruch scheint – endlich – auch ein Verteidigungsminister mit Format verinnerlicht zu haben.
Insoweit darf von unserem GI doch wohl erwartet werden, dass er gut durchdachte und abgestimmte Vorschläge unterbreitet, wie
1. eine Bundeswehr aussehen müsste, die dem formulierten politischen Anspruch gerecht wird,
2. wie das klar formulierte politische Ziel in unterschiedlichen Szenarien erreicht werden könnte und
3. wie das unter Einbeziehung der Wiedereinführung der Wehrpflicht / einer allgemeinen Dienstpflicht praktisch umzusetzen wäre.
Was ganz bestimmt Niemand braucht und absolut verzichtbar, überflüssig und deplatziert ist, sind Hinweise an die politische Führung und die ihm unterstellte Truppe, was aus strukturellen und finanziellen Gründen derzeitig alles NICHT machbar ist. Der GI hat die Aufgabe, die Planung, die Führung sowie die Strategie der Bundeswehr zu entwickeln und zu vertreten. Und diese Planung und Strategie kann doch in der derzeitigen Sicherheitslage nicht in der Feststellung enden, dass in das bestehende System allenfalls 10.000 junge Menschen integriert werden könnten. Was für ein Armutszeugnis und was für eine grandiose Fehlleistung!
BW und Soziale Einrichtungen – die heute oft gewinnorientierte Grossunternehmen sind, haben es schlicht verpennt ordentliche Jobs zu schaffen. Das soll jetzt ein Zwangsdienst ausgleichen. 10.000 Werhrdienstleistende sind 1-1,5% eines Jahrgangs! Wehrgerechtigkeit? Manche träumen davon die T1 Elite für die BW, das Kroppzeug – 690.000 ab ins Altenheim. Zu welchem Stundenlohn 3 €? Statt Qualität in der Pflege, Billiglöhner zur Gewinnmaximierung. Für die Soldaten hier, das 1 Jährige oder Hausexamen, gibt es in der Pflege nicht mehr. Man geht in der Pflege davon aus (auch in den Erziehungsberufen) das 1 Jahr Ausbildung nicht für eine sinnvolle Tätigkeit ausreichen. Wie lang sollte der Dienst noch mal dauern? Huch ein Jahr. Also Reservedienst fürs Altenheim? Was machen wir mit den 100.000 WDL’ern? Mali, Afghanistan, Syrien, Irak? Oder haben wir zwei Bundeswehren? Eine fürs Vaterland und eine zum sterben im Auslandseinsatz. Setzen wir früher an, wer soll wo, mit was, von wem, eingezogen und ausgebildet werden? Ich weiss, viele blöde Fragen, wenn es noch nicht mal Material für Reservisten gibt. Auch ja, hinter jedem WDL’er steht einer beim Besoldungamt, Kreiswehresatzamt, Kleiderkammer, Inst., Ausbildung … also schafft und bezahlt man nicht 100k Soldaten, sondern nochmal 100k andere Stellen. Und das ist dann die Stelle an der man dem Bürger erklärt das kein Geld mehr für Schulen, Infrastruktur, die Bahn, Wohnungen etc. da ist.
Deutschland muss sich fragen, ob es Streitkräfte haben will, welche effektiv, kaltstart- und duchhaltefähig das Territorium mit seiner Bevölkerung verteidigen. Wenn diese Frage mit ja beantwortet wird, dann kommen wir um die Wehrpflicht nicht herum. Allein dadurch, dass kein Territorialheer ( mehr ) vorhanden ist, werden Grenzen aufgezeigt. Dieses Territorialheer, seinerzeit vornehmlich bestehend aus Reservisten, hat dem Feldheer den Rücken freigehalten. Letzte Woche wurde an der Fürungsakademie ( FüAkBw ) eine dreistellige Zahl an Heimatschutzkompanien kommuniziert, welche benötigt wird, um militärische kritische Infrastruktur im Spannungsfall zu sichern. Mangels dieser Reserve muss jetzt die Truppe diese Aufgabe selbst übernehmen und steht somit für den Kernauftrag nur bedingt zur Verfügung. Wir brauchen also eine gut ausgebildete Reserve, welche soldatische Grundfertigkeiten beherrscht, Sicherungsaufgaben übernehmen kann und dazu kaltstart- und durchhaltefähig ist. Grundlage hierfür ist die Wehrpflicht.