Wehrpflicht, Dienstpflicht, Bundeswehr: Der GI nennt eine Zahl
Die aktuelle Debatte über eine Wiedereinführung der Wehrpflicht und/oder ein Dienstpflicht für staatliche Dienste wird oft genug auf Basis von (politischen) Vorlieben geführt. Deshalb ein Faktenhinweis: Bundeswehr-Generalinspekteur Eberhard Zorn hat, wenn ich das richtig sehe erstmals, eine konkrete Zahl genannt, wie sich ein verpflichtendes Dienstjahr für alle jungen Menschen für die Bundeswehr auswirken würde – und es sind vermutlich weniger Soldat*innen als meist erwartet.
Zorn äußerte sich dazu in einem Interview der Welt (Link aus bekannten Gründen nicht; ohnehin hinter Paywall) am (heutigen) Donnerstag. Dabei verwies er darauf, dass für die Bundeswehr Massenstreitkräfte mit einer Wehrpflicht für einen ganzen Jahrgang sowohl aus strukturellen als auch aus finanziellen Gründen nicht (mehr) machbar seien. Aus militärischer Sicht wäre ein Jahr Dienstzeit sowohl für Männer als auch für Frauen sinnvoll – aber:
Wenn also politisch entschieden würde – was ich derzeit nicht sehe – , dass es wieder einen Pflichtdienst geben soll, dann sollte dieser nicht nur für die Bundeswehr gelten, sondern für alle sozialen Dienste in der Zivilgesellschaft. Ich könnte dabei jährlich 10.000 junge Menschen
gewinnbringend in unser System integrieren.
Nun bleibt die genannte Zahl von 10.000 weit hinter dem zurück, was die Streitkräfte an personellem Zuwachs erhoffen. Die bis zum Ende des Jahrzehnts geplante – und schon für die bisherigen Zusagen an die NATO nötige – Zahl von 203.000 Soldatinnen und Soldaten einschließlich der Reservisten wird seit Jahren und auch aktuell bei weitem unterboten.
Und natürlich stellt sich die Frage, ob der ganze für Wehrpflichtige erforderliche – und ja abgeschaffte – Verwaltungsapparat dafür wieder aufgebaut werden sollte. Das rückt die Debatte ein wenig in die nötige Perspektive.
Übrigens hat auch der neue Verteidigungsminister Boris Pistorius keineswegs, wie es am (heutigen) Donnerstag in manchen Meldungen heißt, eine Initiative für eine allgemeine Dienstpflicht gestartet. Zwar hatte er recht kurz nach seinem Amtsantritt im Januar in einem Interview die Aussetzung der Wehrpflicht vor gut einem Jahrzehnt als Fehler bezeichnet. Aber dass sie schlicht wieder eingeführt werden könnte oder sollte, sieht auch Pistorius nicht – und vor einer neuen Verpflichtung für junge Menschen sei die politische Debatte nötig.
Zur Erinnerung seine Aussage dazu am Rande des NATO-Verteidigungsministertreffens am (gestrigen) Mittwoch in Brüssel:
Die andere Position, wenig überraschend, kommt vom Präsidenten des Reservistenverbandes. Patrick Sensburg verfocht in einem Interview der Neuen Osnabrücker Zeitung* eine Wehrpflicht für einen deutlich massiveren Aufwuchs:
Realistisch betrachtet, benötige man, um die Bundesrepublik zu verteidigen, eine aktive Truppe von 350 000 Soldaten und etwa 1,2 Millionen Reservisten. Derzeit habe Deutschland aber nicht einmal 200.000 Soldaten und 30.000 Reservisten, die regelmäßig übten. Der Präsident des Reservistenverbands sagte: „Es wird ohne Wehrpflicht meiner Meinung nach also nicht gehen. Deshalb brauchen wir die Wiedereinführung der Wehrpflicht in Deutschland.“
(Ein Hinweis bzw. eine Bitte: Mir ist schon klar, wie stark dieses Thema auch emotional belegt ist – und deshalb würde ich bei Kommentierung möglichst um Sachlichkeit bitten.)
*Deutsche Verlagswebseiten werden hier i.d.R. nicht verlinkt; in diesem Fall handelt es sich um die Pressemitteilung des Blattes
(Archivbild: Janine Schmitz/photothek.de)
Man sollte den jungen Menschen doch den Karneval gönnen. Denn ob in einem Jahr diese Debatte noch so geführt wird wie jetzt ?
Im März 24 möchte Wladimir Putin im Amt bestätigt werden, schlimmstenfalls mit indirekter Hilfe von Xi Jing Pin, nach meiner Einschätzung.
Sollte also die russische Armee es bis Februar 24 schaffen Brückenköpfe westlich des Dnepr zu bilden, vermute ich, daß potenziell taugliche Menschen in Deutschland notfalls auch im Huhn – oder Frosch Kostüm zur Musterung „gebeten“ werden.
Als Historiker schaue ich mit großem Staunen auf die laufende Debatte und die von „Oberbundesbedenkenträgern“, einschließlich jenen mit vier Sternen, vorgebrachten Scheinargumente. Die Vereinigten Staaten von Amerika, mithin eine Demokratie, hatten im Sommer 1939 eine Heeresstärke von rund 200.000 Mann. Im Sommer 1945, also sechs Jahre später, hatte die US-Army ca. acht Millionen Mann unter Waffen bzw. im Training. Nicht als Kanonenfutter, sondern an den damaligen Maßstäben gemessen in der höchst technisierten Armee des Planeten. Der Blick in die Ukraine bestätigt mir eine Erfahrung, die ich als Staffelführer Gefechtsstandsstaffel 1 der 5. PzDiv. 1996 machen durfte: Der Durchschnitt der wehrpflichtigen Mannschaftssoldaten hat eine deutliche höhere (technische) Ausbildung als der Rekrut einer Berufsarmee. Aus bestimmten Umständen heraus bekam ich im Morgengrauen vor dem Beginn einer Divisonsrahmenübung 25 Mann Verstärkung aus anderen Bataillonen der Division auf den Hof gestellt. Alle W12er, 3. oder 4. Dienstquartal. Keiner mit Fernmeldeausbildung der Bundeswehr, aber alle mit abgeschlossener ziviler technischer Handwerks- oder Industrieausbildung. Innerhalb weniger Stunden bis Tage waren die Männer einer sehr wertvolle Unterstützung und am Ende der Woche haben die ganz viele Aufgaben beim Aufbau des Divisionsgefechststandes völlig selbstständig übernommen. So haben die Ukrainer ihre Drohnen-Einheiten aufgestellt. Eine Mischung aus Nerds, Schraubern und erfahrenen Soldaten für die Schulung in der Zielerkennung. AN ALLE ÜBERHEBLICHEN KOMMISSKÖPPE: Wehrpflichtige sind keine dummen Rekruten, sondern allermeistens gut ausgebildete junge Menschen, die bei einem klaren und SINNHAFTEN AUFTRAG eine wertvolle Ergänzung in einem Team mit Berufssoldaten, Zeitsoldaten und Reservisten sind. Die technischen Ansprüche in Militär und Wirtschaft sind gleichermaßen gestiegen und niemand soll behaupten, die Bundeswehr sei technologisch der Industrie zu weit voraus, um deren Qualifikationen nicht einsetzen zu können…. Mein Eindruck ist, dass weite Teile der Generalität nicht in der Lage sind, die Zeitenwende im Kopf zu verarbeiten. Vielleicht sollte man – wie 1807 ff. – einfach weite Teile der vorzeitig betagten Herren in den wohlverdienten Ruhestand schicken. Mit einem goldenen Handschlag im doppelten Sinne. Und dann braucht man den politischen Willen und die Tatkraft fähiger Offiziere und Beamter. Wenn der Bürger eines Staates der geborene Verteidiger desselben ist, dann ist es Aufgabe und Pflicht der Armee, die Talente und Fähigkeiten dieser wertvollen Bürger optimal einzusetzen. Das muss in der Demokratie angestrebt werden, denn es wird ganz menschlich immer noch genug schief gehen…
Man bräuchte nicht „nur“ die Strukturen von vor der Abschaffung der Wehrpflicht, sondern ca. das Doppelte, da es keinen Grund mehr gibt Frauen davon auszunehmen. Das halte Ich für nicht machbar innerhalb der nächsten 20 Jahre, zumal es noch genug andere Baustellen gibt.
Hallo zusammen,
Anstatt eine Debatte über eine mögliche Rückkehr zur Wehrpflicht zu führen, um den Personalmangel in der Bundeswehr zu versuchen zu beheben, sollten wir uns lieber bemühen, die Berufe in der Bundeswehr wieder attraktiv zu machen und die bereits vorhandenen Rekruten an die Bundeswehr zu binden. Denn das ist doch der Grund, dass heute wieder über die Wehrpflicht gesprochen wird: die Unterbesetzung der Deutsche Armee.
Ausserdem sind die Baustellen in der Bundeswehr Legion, gibt es nun keine wichtigere Themen als die Wehrpflicht?
Für mich sieht diese Debatte über die Wehrpflicht eher nach einem abgenutzten Pflaster aus, als eine echte Behandlung für den Patienten. Schade.
Wir sollten uns freimachen von der Vergangenheit.
Eine Dienstpflicht produziert Jahr für Jahr Reservisten, die DEU einteilen könnte, wenn man will. Will man ? Wo und wie mit Sinn versehen ?
Dann muss man aber auch für ein gerne gesehenes Gewehr sorgen, welches UvDL nicht mehr wollte, – Haltung ?
Und man sollte für einen Haushalt sorgen, der die Wehrpflichtigen ernst nimmt und die ganze Bundeswehr …
Ich glaube, das alles will man nicht – und lässt die Balten allein. – Wollen wir alle im Bösen erwachen ?
Grundsätzlich bin ich persönlich für eine geschlechterübergreifende, allgemeine Dienstpflicht ab dem 18. Lebensjahr, in der jede(r) Jugendliche wählen kann/muss, wo sie abgeleistet werden soll. Jedoch darf sie insbesondere in den Streitkräften nicht zum überwiegend sinnlosen, X-monatigen Gammeldienst degenieren, wie es zuletzt der Fall war. Hier gälte es, zuerst ein sinnvolles Gesamtkonzept inkl. oben angeführter Punkte (KWEA?) zu entwickeln, bevor man jetzt eine Debatte führt – so könnte man auch von der emotionalen auf die Sachebene wechseln.
Finde ich persönlich sehr stark dass der GI himself Wind aus dieser blöden Debatte nimmt.
Der GI äußert sich bezüglich der Unterbringung der potenziell 10000 Soldaten zu Recht zurückhaltend. Betrachtet man die Entwicklung seit Abschaffung der Wehrpflicht, stellt man folgende Punkte zu diesem Thema fest:
1. In einer Stube alter Art waren 8-10 (teilweise mehr) Soldaten untergebracht. In einem Zimmer neuer Art, sind es derer 2.
2. Es ist eine große Herausforderung diverse Geschlechter räumlich voneinander zu trennen und ihnen gleichzeitig ausreichend Raum zur vollen Entfaltung zu gestatten.
3. Der geregelte Dienst, inklusive der Arbeitszeiterfassung, führt zu einem ungleich größeren
üPersonalaufwand, um die Ausbildungs- und Lerninhalte durchhaltefähig an den Stationen durchzuführen, ohne übermäßig Mehrarbeit aufzubauen. Auch hier werden Büroräume dringend benötigt. Idealerweise in räumlicher Nähe zu den Unterkünften, Stichwort Überwachen der Nachtruhe.
Dieser kleine Auszug verdeutlicht, warum der GI zunächst auf fehlende Kapazitäten im Bereich der Gebäude verweist und damit nur einen Punkt ansprechen mag, der für sich genommen einem klassischen Totschlagargument entspricht.
@sakrileg
Wenn der heutige Durchschnitts-Azubi 20 Jahre alt ist (zum Teil mit, oft aber ohne Abitur – wozu auch?) und das erste eigene Kind so mit ca. 30 Jahren das Lebensglück der Eltern bereichert, dann mache ich mir überhaupt keine Sorgen wegen einer „Verzögerung“ beim Start ins richtige Leben durch einen allgemeinen Gesellschaftsdienst.
@all
Gut finde ich, dass hier bisher keiner die falsche Hoffnung geweckt hat, man könne mit diesem Dienst Defizite in der Erziehung ausgleichen (Schule der Nation). Zur Erziehung eines Kindes bedarf es nämlich der Hilfe des gesamten Dorfes, so lautet eine afrikanische Weisheit. Und das von Anfang an.
Was ein solcher Dienst natürlich bieten könnte (nicht nur in der Bundeswehr, auch an Stellen wo FSJ, etc. heute schon angeboten werden) wäre eine Zeit der Orientierung. Auch Respekt und Wertschätzung solcher Dienste könnte der Tendenz von „Ich zuerst und nur Ich“ etwas entgegenwirken (siehe Angriff auf Rettungskräfte, nicht nur in der Silvesternacht).
Ich denke, viele junge Menschen (hat die eigentlich jemand mal gefragt in der derzeitigen Diskussion?) würden das vielleicht auch als Chance verstehen. Viele junge (auch ältere) freiwillige Helfer waren in den letzten Jahren da im Einsatz, wo die Profis und der Staat letztendlich überfordert waren: Flüchtlingskrise ab 2015, Corona-Pandemie, Naturkatastrophen wie im Ahrtal, Ukrainische Flüchtlinge, usw, usw.
Die Frage sollte also lauten: Wie muss unser Staat sich neu organisieren um mit diesen Herausforderungen besser klar zu kommen? Welche Reserven (personell, materiell, ideell) brauchen wir dafür? Spezialisten der Bundeswehr, die Telefondienste erledigen oder Testungen vornehmen, sind seit Beginn des Krieges in der Ukraine nicht mehr verfügbar. Vergleichbare Ausgaben (Helfende Hände) können aber kurz ausgebildete Freiwillige, die in einem verbindlichen und verlässlichen System eingesetzt werden, viel besser erledigen, auch über viele Wochen hinweg.
Wenn ich mir dann heute anschaue, dass Bund, Länder und Kommunen nicht weiter sind als 2015, dann sehe ich dort keinerlei Zeichen einer Zeitenwende. Ein Schlag ins Gesicht aller, die sich insbesondere an der Basis für unseren Staat und unsere Gesellschaft einsetzen.
Zum Schluss noch der Hinweis, dass Herr Wörner mal in einem Interview (vor ca. vier Jahrzehnten!) geantwortet hat, dass er es nicht so gut findet, dass nur 50 Prozent eines Jahrgangs gezogen werden. Also schlagen wir uns mit der Problematik der Wehrgerechtigkeit schon ziemlich lange rum. Und die Norweger ziehen jedes Jahr ein paar Tausend junge qualifizierte Menschen zum Wehrdienst ein – und der Rest kann gut damit leben und beruhigt einschlafen. Nur hier in Deutschland wird die Olympiade der Ausreden und Verantwortungslosigkeit ausgerufen. Das treibt mir die ZORNesröte ins Gesicht!
Ein freudiges „Mit“ bei zahlreichen Kommentatoren.
Dieser GI wird gar nichts reformieren, Wer mehr Personal durch späteres Aufstehen generieren möchte, hat die Zeichen der Zeit nicht verstanden. Zumal man (diese ganze Generation an GenStOffz) sich ja nicht plötzlich eingestehen lassen will, dass das meiste der sog. einsatzbezogenen Planungen Blödsinn war und ist, und der Realität nicht standhält. Die Messlatte ist immer noch: der Bund stellt Streitkräfte zur Verteidigung auf. Dazu gehört Heimatschutz, Bewachung, Logistik…. alles das haben Generationen von Wehrpflichtigen hervorragend gemacht. Warum das im 21 . Jahrhundert anders sein sollte, verstehe ich nicht. Warum konnten W 12/15 etc. bestens Kasernen bewachen, obwohl man heute „Spezialisten des Systems Infanterie“ dafür bräuchte? Umdenken ist gefragt, viele Foristen betonen etwa zurecht dass eine Wehrverwaltung heute nicht mehr mit Karteikärtchen arbeiten müsste.
Und weil man die Debatte scheut, wird schnell irgendeine Konvention zitiert, was im Fall der analogen Anwendung Schweden und Finnland unterstellt, europäisches Recht zu brechen. Schließlich gibt es ja dort die Wehrpflicht…..
Wer etwas erreichen will, findet Wege, wer etwas nicht erreichen will, findet Gründe.
Wer die Wehrpflicht reaktivieren will, findet einen Weg, wohlwissend, dass er/sie/es auf Widerstand stoßen wird. Die politischen Mehrheiten im Bundestag müssen die Politiker der Koalition, ganz vorn der IBUK „organisieren“, getriggert und beraten von -ganz vorn- dem GI. Aber wenn der schon zweifelt, dann kann man diesen Prozeß bereits hier beenden. Denn wenn die Beratung nicht 100% auf den Punkt ist, dann wird es auch mit der Organisastion der pol. Mehrheit schwer!
Schade.
Nurmal so: 1988 Tagessatz Gefreiter WDL’er 11 DM. Essenssatz 5 DM/Tag plus EPA. Unterbringung in komfortabler 8’er Unterkunft mit Dusche und Klo auf dem Flur. Arbeitszeit 8-12h Tag, Arbeitsbeginn 08.00 nur für verwöhnte Muttersohne wie wir wissen. Für einen echten deutschen Krieger beginnt der Tag um 05.30. Schicke Arbeitsbekleidung in oliv. Kein Anspruch auf ALG 1, Minimalbeitrag für die Rente. Da freut man sich doch dem Dienst fürs Vaterland. 35 Jahre später: 12 € Mindestlohn, Arbeitszeit-, Arbeitsschutz-, Jugendschutzgesetze. Na das wird spannend.
@Harald: Welchen Teil meinen Sie? Zitat? Eine Prise Sarkasmus…
@Der Realist:
„….Engagement des Einzelnen für die Gesellschaft ging und geht.“
Seit wann gäbe es eine Grundgesetzliche Pflicht seine Arbeitskraft für 1(? Warum nur 1?) Jahr in den Dienst der Gesellschaft zu stellen?
Welche Nachbarländer haben so etwas?
Wenn schon die Europäische Menschenrechtskonvention nicht zieht, schonmal jemand gefragt wo rund 750000 junge Menschen diesen Pflichtdienst machen sollen? In privatwirtschaftlichen Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen? Oder nur staatlichen/gemeinnützigen? Was sagen solche Organisationen dazu? meines Eissens sind die gar nicht begeistert vom Pflichtdienstjahr. Ich meine mich sogar zu erinnern, dass teilweise mehr junge Leute ein freiwilliges soziales Jahr machen wollen als es Plätze gibt. Was soll dann diese Phantomdiskussion?
Auch was mit ökologisch? Bäume pflanzen oder noch besser Bau von Windkraftanlagen? Feuerwehr und THW sind wohl gesetzt. (Feuerwehr wird zb im öffentlichen Dienst manchmal zur Vorraussetzung zur Einstellung zb für Schulhausmeister)
Eine überalterte Gesellschaft ist keine Naturkatastrophe.
wenn ich die Kommentare pro Dienstpflicht lese, dann oft mit dem Argument, wir benötigen mehr Personal für Deutschland.
Dabei wird offenbar bewusst verdrängt, dass Deutschland zu zu zwei Bündnissen gehört.
1. NATO und 2. EU und entsprechend ein Feind sich nicht mit Deutschland, sondern dem jeweiligen Bündnis anlegt. Dazu kommen dann noch Taiwan, Japan, Südkorea und Australien aus dem Pazifikraum, die unterstützen würden.
Welchen Unterschied macht denn da noch eine Dienstpflicht in Deutschland in Friedenszeiten. Das Geld stecke ich lieber in Fachkräfte und Technik der Berufsarmee.
Was aktuell fehlt ist ein Plan, wie man reagiert, wenn Tag X kommt. Aber stand heute sehe ich die LV im Bündnisrahmen und ohne GWDL.
Ich möchte mal daran erinnern, dass, wenn bei uns die Landesverteidigung akut wird, schon einiges bei der Bündnisverteidigung schief gelaufen ist. Ein Bündnis wird normalerweise an den Außengrenzen verteidigt. Wie lang ist denn unsere Landesgrenze zu Russland? Wir kämpfen ja hoffentlich nicht alleine. Ein Taschenrechner könnte auch helfen. Sowohl die europäischen NATO-Staaten ohne Türkei als auch die EU-Staaten haben mehr Soldaten und ungefähr drei Mal soviel Bevölkerung wie Russland. Und die Performance der Russen in der Ukraine ist auch nicht gerade berauschend. Wovor haben wir Angst? Wir kriegen die PS nur nicht auf die Straße.
Und bevor hier die Wehrpflicht, in welcher Form auch immer, wieder aktiviert wird, muss der Bevölkerung klar gemacht werden, dass es unsere Art zu leben, nicht umsonst gibt. Da müssen Gesetze geändert werden und da muss sich die Einstellung gegenüber dem Militär und dem Dienst an der Gesellschaft ändern. Und da ist die Politik gefordert. Die Zeit für Beschwichtigungen ist vorbei.
Der Worte sind genug gewechselt, ich will endlich Taten sehen!
Putin fragt nicht, ob uns eine Wehrpflicht gefällt oder nicht. Er zählt seine Soldaten , dann unsere und rechnet sich seine Chancen aus.
Eine 180.000 Mann Bundeswehr schreckt nicht ab.
Es ist auch nicht stets gesichert, dass die USA ( wieder Trump?) oder Frankreich ( Le Pen ?) oder die Türkei ( Erdogan) die Verteidigung für uns übernehmen würden, NATO-Mitgliedschaft hin oder her.
Wehr-/Dienstpflicht (in Stärke 10.000) im Sinne der Streitkräfte
1) Wenn der GI aktuell sagt, dass wir 10.000 Wehrpflichtige in „unser System“ integrieren können, gehe ich davon aus das er dies unter den aktuellen Rahmenbedingungen unserer Streitkräfte meint. Soll heißen wir können dort endlich wieder Msch einplanen wo sie gebraucht werden.
Z.B. müssen im ZSanDst die Ärzte einses SanRgt das Feldlazerett (Role 2) mit aufbauen und das dauert einige Stunden, davor noch Abbau (auch ein paar Stunden), Marsch (noch ein paar Stunden) und dann kommen schon neue Verwundetet, achja geschlafen haben sie da auch noch nicht und Sichtfähigkeit nur eingeschränkt. Hier können wir Wehrpflichtige sicherlich gut gebrauchen.
Wir könnten zurzeit aufgrund der Dienstgraddichte sicherlich einige Bataillionsstäbe und Kompanienführungsgruppen personell aufstellen nur dann ohne die jenigen die „die Arbeit“ machen und mit 10.000 Männer und Frauen zusätzlich könnte man rein rechnerisch 10 Btl aufstellen. Nur mal um Zahlen einzuordnen.
2) Das Argument das wir der Jugend bzw. der jungen Generation etwas aufbürden finde ich ebenfalls nicht schlüssig. Es gab, gibt und wird immer Bevölkerungsgruppen geben die irgdendwelche Einsschnitte ertragen müssen. Ich sag nur mal Rentenalter, Höhe der Rente, mehr Krankenkassenzusatzbeiträge, keine Empfehlung für Gymnasium ;-) usw..
Das ist nicht schön, ich kann den Unmut auch verstehen aber irgendwas ist halt immer….., man kann es nicht allen recht machen.
3) Die Wehrpflicht zur Nachwuchsgewinnung. Wer den Streitkräften beitreten will der tut dies auch ohne Wehrpflicht und der bleibt auch und bricht nicht nach ein paar Tagen ab, wenn man mal früh aufstehen muss, Punkt. Das gilt übrigens für alle Berufe da muss man endlich auch mal Klartext reden (in der Politik) und es nutzt auch keine Attraktivitätsoffensive. Ich ergreife einen Beruf weil ich ihn machen will und wenn ich feststelle das ist nichts für mich gehe ich halt wieder. Damit muss man aus leben.
Eine Wehr-/Dienstpflicht bietet sicherlich eine zusätzliche Möglichkeit Nachwuchs zu generieren, auch im zivilen Umfeld. Und dann haben nicht staatliche Organisationen halt auch mal Pech wenn keine „Dienstpflichtigen“ zur Verfügung stehen. Gerade unsere liberalen wollen doch immer alles ohne den Staat machen, Wie das unter der Prämisse Gewinn zu erwirtschaften funktioniert sieht man ja.
4) Nach meinem Kenntnisstand und ich bitte mich hier gern zu berichtigen, können ohne Wehrpflicht Reservisten jederzeit ihre Wehrübung beenden, das gilt sowohl in der Truppe und bei den Heimatschutzkräften (HSchKr). Das bedeutet ohne Wehrpflicht braucht niemand, bis auf die Berufssoldaten die mit der besonderen Altersgrenz in Pension gehen, zurzeit einer Einberufung folge zu leisten! Ein Aufwuchs in den HSchKr und den nicht aktiven Truppenteilen kann somit ohne Wehrpflicht gar nicht erfolgen. Es sei den man begnügt sich mit lebensälteren Kameraden im Alter zw. 56 und 62, Wieviel Personal kommt den noch nach, wenn unsere 2 1/2 Divisionen aufgeraucht sind, und wer bildet den Ersatz dann noch aus? Ohne Wehr-/Dienstpflicht, wo ja auch ein gewisser quantitativer Umfang an Reservisten geschaffen wird, von Qualität im Sinne von mil. Fertigkeiten abgesehen, werden wir unser Land und auch verbündetet bei einem längen Konflikt nicht verteidigen können.
Am Ende liegt die Entscheidung bei der Politik, wenn eine Dienstpflicht gewollt ist, dann ist die Politik auch dafür verantwortlich wie diese Dienstpflicht ausgestaltet wird. Für die Streitkräftet bedeutet das, das wir uns wie immer an die Lage anpassen, wie auch immer. Und wie die Dienstpflicht am Ende im Zivilen ausgestaltet wird kann uns erst mal egal sein. Unser Auftrag ist es u.a. Deutschland (und seine Verbündeten) zu verteidigen. Unter den aktuellen Rahmenbedingungen halte ich das für mehr als fraglich.
Das ist meine persönliche Meinung und ich hab auch nicht die Weisheit mit Löffeln gefressen!!! Rein vom Gefühl her und auch aufgrund meine „Sozialen Blase“ liege ich vielleicht auch gar nicht so falsch.
Das Rational hinter dieser Diskussion kann ich nachvollziehen. Meine dringende Empfehlung ist jedoch, die Bundeswehr erst mal so auszurüsten und auszustatten damit sie auch einsatzbereit ist. Volle Depots mit Muniton und Ersatzteile inklusive. Jetzt noch Strukturen für einen Grundwehrdienst zu etablieren, macht den Boden des Fasses noch größer welches eh schon keinen Boden mehr hat. Wieviele Baustellen und Strukturänderungen verträgt die Bundeswehr noch?
@Ruhrpottpatriot: Sie haben offenbar den erklärenden Absatz am Ende der Auflistung übersehen, da wird das Prinzip erklärt. Eine Änderung dieser dort genannten und sehr grundlegenden Aspekte ist völlig unrealistisch, deshalb handelt es sich hierbei auch nicht um eine gleichgewichtete Meinung von vielen, sondern die maßgebliche. Es wird hier keine Änderung – erst recht nicht auf EU-Ebene – geben, denn das widerspräche den Kernideen moderner freiheitlich-demokratischer Staaten. Man kann das als nettes theoretisches Spiel mal durchdeklinieren, sprich: über Deichhilfe hinausdenken, aber im Sinne einer realistischen Abschätzung wäre das nur Zeitverschwendung. Eine allgemeine Dienstpflicht wird nicht kommen, da Zwangsarbeit. Glauben Sie es oder nicht, das wird nichts ändern. Sie werden es so oder so sehen. Die Dienstpflichtdebatten sind tote Pferde, die Rechtslage ist eindeutig.
@Maynard @Dominik
Natürlich kann darauf verweisen, dass im schlimmsten Falle es die anderen schon richten werden (USA, EU, NATO, usw.). Hat ja auch in Corona-Zeiten super geklappt, oder nicht? Erst alle für Deutschland und dann jeder für sich… Diese Denke ist naiv, um nicht zu sagen gefährlich für unsere Gesellschaft. Zumindest das sollten doch alle nach den letzten Krisenjahren kapiert haben.
Ich warte übrigens immer noch auf eine offizielle Verlautbarung, dass die 10 Jahre Vorwarnzeit jetzt vorbei sind und wir nicht mehr von Freunden umzingelt sind. Eine Rede zur „Zeitenwende“ hat da bei vielen Entscheidungsträgern bisher anscheinend NULL Reaktion hervorgerufen. Übrigens heißt es ja auch, dass Staaten Interessen haben, keine Freunde. Mit meinem polnischen Nachbarn komme ich zum Beispiel super aus. Unsere Bundesregierung hat mit dem polnischen Nachbarn da leider ein ganz anderes Verhältnis.
Reden Sie mal mit Leuten die bei Feuerwehr, THW, DRK, etc. tätig sind. Wir sind da leider nicht so toll aufgestellt wie sich das viele wünschen. Krise beginnt und endet ja nicht mit dem kurzen Besuch der Presse. Am Montagmorgen müssen die ehrenamtlichen Helfer außerdem wieder ihrer regulären Arbeit nachgehen.
Alternativ viele Aufgaben im Heimatschutz über ein Konstrukt wie die Nationalgarde in den USA abdecken.
Modell „zwei Tage im Monat (ein Wochenende), zwei Wochen im Jahr“. Und/oder das Freistellungsthema für die Reservisten analog Feuerwehr/KatS regeln, d.h. der Arbeitgeber (auch der private) muss für RDL freistellen. der private AG bekommt seine Personalkosten auf Antrag erstattet.
@windlicht
Insbesondere ihre Ausführungen möchte ich sehr unterstreichen.
Es fehlt meiner Beobachtung nach überall an einer klaren Idee des Gefechts und daraus resultierenden, von gesundem Menschenverstand geleiteten Entscheidungen, wie man den aktuellen und zukünftigen sicherheitspolitischen Herausforderungen am effektivsten begegnen kann und sollte. Der aufgeblähte Verwaltungsapparat mit seinem riesigen Wasserkopf und daraus resultierender Verantwortungsdiffusion erscheint mir wenig geeignet, hier die richtigen Maßnahmen in angemessener Zeit initiieren bzw. im Weiteren umsetzen zu können.
Wehrpflicht…oder Dienstpflicht….egal wie man es nennt. Ich denke es ist einfach nicht so schnell machbar 10.000 oder 20.000 (m/w/d) zu bekommen und auch das diese Personen den Dienst durchhalten. Abgesehen davon, wenn es einer Pflicht nachkommen würde, so sehe ich das .es kommt dann die erste Person an, die dagegen klagt. Und dann geht’s los…mit der Welle, die nicht in die „Pflicht “ will . Grundsätzlich ist ein Dienst für die Allgemeinheit, wie man es nennen sollte sinnvoll. Daher ,.egal ob Bw , THW, Fw….etc. Junge Menschen sollten sich einbringen und auch bewusst da drüber werden, dass sie ein Teil dieser Gesellschaft sind und dieses mit „Ihrem Dienst “ für die Gesellschaft leisten. Es diskutiert ja auch keiner darüber , dass es zu einer Feuerwehrpflicht kommt, wenn es nicht genügend Freiwillige in einem Ort gibt. Jeder sollte wenn möglich selbst entscheiden, wohin er geht. Leider ist da die Bundeswehr nicht ganz so attraktiv,…egal ob 0800 Programm und Gleitzeit etc. Es ist so, dass man eigentlich keine Vorteile hat, bei der Bw für 1-2 Jahre zu gedient zu haben .Ganz zu schweigen dann von der „Wehr/Dienst-Pflicht“
@Hohenstaufen: Die Polen rüsten mit Blick nach Osten auf. Zumindest diese Streitmacht sollten wir auf unseren Zettel schreiben.
Soweit ich sehe hat noch keiner meine Frage beantwortet. Daher anhand diese Beispieles gerne nochmal: Wodurch sind solche Rechenbeispiele gerechtfertigt?
Krieg ist eben nicht kleines 1×1. Das stehen keinen Kolonnen und Reihen wie anno 1870 gegeneinander und lassen die Musketen krachen, bis keiner mehr steht. Auch wenn mancherorts die Menschenwellen wieder in Mode sind.
Die üblichen westlichen Gegner setzen in der Regel auf Masse, daher muss unser Heil in der Klasse liegen. Eine voll ausgestattete und aufmunitionierte Bundeswehr im NATO-Bündnis. mit mindestens halbwegs mitziehenden Verbündeten – das ist doch selbst im derzeitigen Zustand ein mehr als ernstzunehmender Kontrahent. Russland schafft es aktuell kaum zum Dnipro, wie soll es dann Polen schlagen geschweige denn bis zur Elbe vordringen?
Die Frage der Wehrpflicht stellt sich nicht, solange die aktuelle Bundeswehr nicht in der Lage ist ihre Pflichten zu erfüllen!
Woran macht denn der GI die Zahl 10000 fest. Warum geht nicht mehr – fehlende Ausbildungsmöglichkeiten oder fehlende Ausrüstungsmöglichkeiten ? Das ist schon ein Armutszeugnis !
Es scheint wirklich so zu sein, dass sich alle drehen und wenden, neue Notwendigkeiten zu akzeptieren …
Das man 10000 junge Menschen nur gewinnbringend in die momentane BW einbringen kann liegt wohl einfach daran, das die Räumlichkeiten und Strukturen nicht mehr vorhanden sind.
Jetzt mal ganz naiv von mir, nur mal als Denkanstoß:
Warum geht die BW nicht zur Ausbildung vor Ort in die Kommunen ? Warum wird z.B. für die körperliche Leistungsfähigkeit nicht auf zivile Infrastruktur zurück gegriffen und bei weniger sensiblen Ausbildungsinhalten (Sport, Recht, Leben im Felde, etc.) auf private Firmen zugegangen ? Alles was mit Waffen, Taktik etc. zu tun hat, wird dann von der BW ausgebildet, in den Kasernen und Übungsplätzen.
Das man also zu einer arbeitsteiligen Ausbildung übergeht, mögliches Stichwort könnte auch ein angepasstes Subsidiaritätsprinzip sein.
Es geht mir jetzt nicht darum ein Geschäftsfeld für extremistische Contactor-Firmen zu eröffnen, grade bei den deutschen Sicherheitsdienstleistern sind die Beschäftigten doch aber durch vorangegangene Dienstverhältnisse bekannt ? EU Ausschreibungen wären hier also nicht das Mittel der Wahl, würde ich meinen.
Die Crux ist, dass wir nicht einmal, wenn wir angegriffen würden – mal gesetzt den schlimmsten, anzunehmenden Fall – die Möglichkeit haben, angemessen durch Aktivierung der Wehrfähigen Bevölkerung zu reagieren. Wurde weiter oben schon gesagt. Wenn die ausgebildeten Berufs- und Zeitsoldaten und die freiwilligen Wehrdienst Leistenden dann am Ende mit ihrem Latein sind. Dann müssten wir das mit den Fähnchen machen. Und zwar den weißen!
Die Fähigkeit zum Aufwuchs wurde sukzessive (und bewusst!) aufgegeben und müsste erst über Jahre wieder aufgebaut werden. Inklusive Kreiswehrersatzämter, wobei die in der Tat bei den Gesundheitsämtern angesiedelt werden könnten, denn dann haben die im erneuten Pandemiefall wenigstens ausreichend Personal, um dann anfallende Arbeiten zu verrichten – was ja nicht der Fall wäre.
Ausbildungskonzeptionell wäre das Schweizer Modell gar nicht so blöd, es muss ja nicht gleich die Milizstruktur komplett kritiklos übernommen werden, dafür hat unser Land auch schlicht eine zu prekäre Historie. Die Dienstpflicht für alle sehe ich aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht. Zumal auch das Zwangsarbeitsverbot aus unserer Historie heraus erheblich mehr wiegt, als die fraglos gegebene, soziale Nützlichkeit eines solchen Dienstes.
Das Brett, welches man hier bohren müsste, ist aber eines, was zu dick ist, um binnen einer Legislaturperiode gemanaged zu werden. Das ist ein Generationsprojekt, vermutlich wird das aber erst dann begriffen werden, wenn die Bomben fliegen und wir eine direkte Konfrontation mit Russland oder – schlimmer noch – China haben.
Und nein, entgegen neulich wieder mal kursierender Latrinenparolen aus dem Dunstkreis der Falun-Gong-Bewegung/Epoch Times, statten die Chinesen ihre Soldaten nicht freundlicherweise mit explosiven Helmen aus, die ferngezündet werden können. Wäre auch reichlich bekloppt, wenn man als Militär das Risiko einginge, dass ein Feind das System einfach hackt und den Not-Ausschalter für die Truppen drückt.
@ Dominik
Man findet immer Gründe gegen etwas…
Aktuell haben die folgenden Länder Wehrpflicht und wir können in Anbetracht der aktuellen Lage wohl davon ausgehen, dass weitere darüber nachdenken:
Schweden, Finnland, Norwegen, Dänemark, Griechenland, Estland, Östrereich.
Ich bin mir auch sicher, dass es in Deutschland unter den Parteien und auch im Bundestag keine Mehrheit für eine Wehrpflicht geben wird, aber für eine allgemeine Dienstpflicht schon. Und da gibt es riesige Bandbreite von gesellschaftlich sinnvollen Tätigkeiten.
Aber diese Dienstpflicht muss fair gestaltet werden, nicht wie damals die Wehrpflicht.
@MrDiversity sagt: 16.02.2023 um 20:28 Uhr
„Und die Norweger ziehen jedes Jahr ein paar Tausend junge qualifizierte Menschen zum Wehrdienst ein – und der Rest kann gut damit leben und beruhigt einschlafen. Nur hier in Deutschland wird die Olympiade der Ausreden und Verantwortungslosigkeit ausgerufen. Das treibt mir die ZORNesröte ins Gesicht!“
Das muss es aber nicht. Dafür bekommen die norwegischen Wehrpflichtigen auch großzügige Vorteile bei der beruflichen Bildung, gerade bei Studienplätzen vor ihren Jahrgangsmitbewerbern. Und da meckert keiner und es gibt genug Freiwillige.
Das versuchen Sie mal in unserer von Neidkultur geprägten Ich-Gesellschaft. Das dauert keine fünf Minuten, und der/die Erste hat Klage beim nächsten Verwaltungsgericht eingereicht wegen Ungleichbehandlung etc..
Und wie ich bereits gestern schrieb, bekommt die Bundeswehr noch nicht mal die Umsetzung der derzeit gültigen Strategie der Reserve von 2019 hin. Und dann soll das mit Wehrpflichtigen funktionieren? Nie im Leben, das einzige, was das BMVg hinbekommt, sind potemkinsche Dörfer aus Papier zu falten.
Die militärische Führung erscheint regelrecht gelähmt. Auch hier dreht sich die Debatte um tausende Details… Ein gutes Beispiel für brachliegende Potentiale ist der Einsatz von handelsüblichen Drohnen. Kommt im Denken der Bundeswehr offenbar nicht vor, wäre aber ein perfektes Beispiel für Reservedienst im 21. Jahrhundert. Im 19. Jahrhundert wurden bei der Mobilmachung von Trainkolonnen (= heute Nachschub-Btl) in vielen Fällen Pferde, Fuhrwerke und Kutscher gemeinsam einberufen. Warum soll es nicht klappen, heute „drohnenkundiges Personal für Drohne, handelsüblich“ aus ehemaligen Soldaten für solche nichtaktiven Einheiten zu gewinnen? Bringen ihre Drohnen für die Erstaufstellung einfach mit, werden geschult, sammeln Erfahrungen, dann wird die Sache nach und nach weiterentwickelt. Und gerade für Sicherungsaufgaben im Heimatschutz bzw. im Rückwärtigen Raum würde man sich im Falle LV/BV über jeden Nerd und Schrauber und begeisterten Drohnenflieger freuen, der das Lagebild verdichten hilft… bei jeder Heimatschutzkompanie könnte als Sofortmaßnahme umgehend ein Drohnenzug mit handelsüblichem Gerät aufgestellt werden. Mobilmachungsbeorderung für Personal und Gerät. Aber es fehlt im Bendlerblock wohl jegliche Phantasie dazu… und auch der Wille, Reservedienst über eine Wehrpflicht wieder zur Pflicht zu machen und damit den Reservisten gegenüber dem Arbeitgeber in eine bessere Position zu bringen, damit die Leute auch kommen können.
[quote]Mr. Alex sagt:
16.02.2023 um 22:41 Uhr
Wehr-/Dienstpflicht (in Stärke 10.000) im Sinne der Streitkräfte[/quote]
Und der Rest muss dann zwangsweise ins Altenheim oder zehn Jahre zum Katastrophenschutz?
[quote]Nur So sagt:
17.02.2023 um 9:21 Uhr
Junge Menschen sollten sich einbringen und auch bewusst da drüber werden, dass sie ein Teil dieser Gesellschaft sind und dieses mit „Ihrem Dienst “ für die Gesellschaft leisten.[/quote]
Sieht man ja am ‚Generationenvertrag‘ oder den massiven Einschränkungen die der Jugend zu Corona auferlegt wurden (munkelte man da nicht kürzlich von 25% weniger Lebenseinkommen), oder der Klimakdebatte (‚letzte‘ Generation) wie gut das funktioniert. Gesellschaft klar, aber halt am Ende nicht einseitig zu Lasten oder über den Kopf hinweg eines Teils der Gesellschaft.
[quote]Pham Nuwen sagt:
17.02.2023 um 9:45 Uhr
Die Frage der Wehrpflicht stellt sich nicht, solange die aktuelle Bundeswehr nicht in der Lage ist ihre Pflichten zu erfüllen![/quote]
..so lange nicht, solange der verfassungsrechtliche Rahmen, wie auch der gesellschaftliche Rahmen der ist, der er aktuell ist.
Bitte die Polemik zu verzeihen, aber das klingt einfach unausgegoren. Die Debatte ist m.M.n. noch weit weg von irgendeinem Ergebnis.
(@Hausherr: Wenn das zu platt ist, bitte einfach nicht durchwinken, aber ich erschrecke dann leider doch ob des Verständnisses von freiheitlicher Demokratie das ich hier in einige Beiträge – nicht unbedingt die zitierten – hineininterpretiere.)
Wir habe es im Bereich Wehr- bzw. Dienstpflicht mit einem klassischen Trilemma aus – sinnvolle Mindestdienstzeit, Heeresgröße/Zahl an Zivildienstpoosten und (Wehr/Dienst-)Gerechtigkeit zu tun.
Es ist offensichtlich, wenn man sich mit realistischen Zahlen beschäftigt, dass dieses Trielemma nicht lösbar ist. Ich persönlich finde es verwunderlich, wenn diese Diskussion losgetreten wird, insbesondere, wenn es eigentlich nur um einige tausend Posten bei der BW geht. Das ist eine intellektuelle Fehlleistung.
Sind wir als deutscher Staat/Gesellschft unfähig, diese über Freiwillige zu lösen? Was sind denn die Gründe, warum Posten nicht besetzt werden können?
@ metallkopf Ich kann mich nicht erinnern das der letzte Durchgang Wehrpflicht der eingezogen wurde das Alter von 50 schon überschritten hatte. Die letzten Wehrpflichtigen sind heute um die 30 , also warum sollten sie im V-Fall nicht eingezogen werden können . Genau so die Jahrgänge davor . Und warum sollten hier Bomben fliegen aus Russland oder China bitte ? Sie scheinen ja besonders ergiebige Quellen zu haben im Kreml .
@roblfr: Der Generationenvertrag ist beidseitig, stellen doch die vorhergehenden Generationen mit ihren Steuern die Mittel zur Verfügung, die eine flächendeckende Infrastruktur und ein zusammenhängendes Bildungsangebot erst ermöglichen.
Es gab mehrfach den Hinweis, dass Zwangsarbeit verboten sei. Stimmt, dennoch setzt sich der Gesetzgeber häufig daüber hinweg, formuliert dies aber dann als Pflicht, nicht als Zwang. Deichpflicht, Feuerwehrpflicht wenn vor Ort nicht ausreichend Freiwillige etc. Damit wäre qua aktueller Umsetzung an anderer Stelle die Pflicht für ein Dienstjahr durchaus herleitbar. Zumal Art 2 (2) GG das Recht auf körperliche Unversehrtheit definiert – und diese wird im Zweifelsfall für die Masse der Bevölkerung mit Waffengewalt verteidigt werden müssen, siehe aktuell Ukraine. Daraus kann man durchaus die Frage ableiten, ob eine Güterabwägung erfolgen muss in dem Sinne „Dienstpflicht = höhere Qualifikation bei der Verteidigung = geringere Versehrheit“ vs. „Mobilisierung von Grünschnäblen im Verteidigungsfall und kein Eingriff in Persönlichkeitsrechte“. Diese Abwägung muss letztlich die Politik treffen.
Ich für meinen Teil halte eine umfassende Dienstpflicht für sinnvoll. Salopp formuliert: wer Zeit für ein Jahr Work-and-Travel in Australien hat, der kann nicht behaupten, dass nicht ein Jahr für ein Dienst an der Gesellschaft vorhanden gewesen wäre. Das ist dann eindeutig die „Ich-Kultur“. Wie auch zuvor müsste es eine Wahl zwischen Dienst an der Waffe und Zivildienst (Feuerwehr, THW, Rotes Kreuz, soziale Arbeit in verschiedensten Ausprägungen etc) geben, ggfs. auch in einer neu zu schaffenden Nationalgarde, und mindestens 80% eines Jahrgangs eingezogen werden. Ja, eine große Aufgabe für die Gesellschaft, aber eine, die Grundlagen für späteres Engagement in vielen Teilen der Bevölkerung legen kann.
@Ulenspiegel
Mit dem Instrument Dein-Jahr-Für-Deuschland hat man doch bereits eine Blaupause. Ggf. sollte man dann aber auch tatsächlich die sechs Monate voll machen (dabei ggf. zwei Wochen Urlaub).
Die Zahl 10.000 Soldaten durch Wehrpflicht ist eine Lachnummer, ist nur von der Struktur und nicht vom Auftrag her gedacht. Wie so oft bei den heutigen Offizieren. Eigentlich ein Denkfehler, den vielleicht ein junger Leutnant in seiner ersten Verwendung als Zugführer machen würde. Etwa 2003 saß ich beruflich an dem Thema Objektschutzkarteien, Personalansatz und verfügbare Kräfte der Bundeswehr. Hintergrund war der Irrsinn, das nach dem 11. September 2001 Besatzungen von Minenjagdbooten der Marine u.a. in Ramstein als Objektschutzverstärkung für US – Liegenschaften im Einsatz waren. Daraus entstand eine Schriftliche Frage an die Bundesregierung gemäß der Geschäftsordnung des Bundestages und anschließend war das auch mal Thema im Verteidigungsausschuss. Die nach Aussage BMVg benötigte Größenordung für militärische Sicherungskräfte lag damals bei MINDESTENS 35.000-50.000 MANN. Ohne Wehrpflicht oder eine über Jahrzehnte aufgebaute Nationalgarde einfach nicht zu schaffen… In die Gegenwart übertragen müsste man vielleicht sogar über die LV/BV Einplanung von geeigneten Dienstpflichtigen für „Sicherungs- und Unterstützungsaufgaben“ bei der Bundespolizei nachdenken, wie früher bei Bundesgrenzschutz, Gendarmerie Nationale und Carabinieri. Politische Gestaltung bedeutet, dass Strukturen dem Auftrag angepasst werden müssen, wenn der Auftrag nicht geändert werden kann: LV/BV
@LLFm:
Stimmt, die Reserve hatte ich vergessen. Die gibt’s ja auch noch. Aber auch die müsste man mit Masse wieder neu anlernen, weil aus meinem Jahrgang keiner, der nicht privat eine Beorderung angestrebt hatte, auch nur ansatzweise beübt wurde. Jedenfalls kenne ich da niemanden, der zu einer Wehrübung herangezogen wurde, ohne dass er das selbst betrieben hätte.
Und nein, ich habe keine Ohren im Kreml. Aber der Satz war ja auch nicht darauf gemünzt, dass das konkret bald stattfindet, sondern darauf, dass wenn es stattfinden sollte, erst das den eigentlich nötigen Umdenkprozess in der Breite der Politik und Bevölkerung anstößt. Und das wäre dann doch büschen spät, ne?
@ roblfr
Wie gesagt, für die Ausgestaltung einer Dienstpflicht ist die Politik verantwortlich und es gibt sicherlich noch mehr Möglichkeiten im zivilen Umfeld (siehe Flying-Tiger, heute 14:40Uhr)
Außerdem muss man ja nicht so vorgehen wie in der Vergangenheit, bezüglich Ihres Beispiels von zehn Jahren im Katastrophenschutz.
Der Zeitraum der Dienstpflicht muss/sollte schon für alle gleich sein.
Und zum Thema „Quote“ sei folgendes gesagt:
Es gab und wird nie für alle ein gerechtes System geben, irgendwer wird sich immer benachteiligt fühlen/ immer benachteiligt sein.
Da brauchen Sie sich nur mal mit der dt. Militärgeschichte zum Thema Wehrpflicht befassen.
Dazu kommen noch Berufsgruppen die von Amtswegen keinen Wehrdienst leisten mussten/müssen, denn die tun ja in der Regel schon etwas für die Gesellschaft. Weiterhin könnten Menschen aus einer Dienstpflicht rausfallen die einen Beruf mit medizinischen Hintergrund erlernen z.B. in der Krankenpflege oder die Arzt werden wollen, jedenfalls in den Bereichen der Daseinsvorsorge (sag man das so?). Wäre vielleicht ein Denkanstoß.
Trennung.
Im Grunde macht der Staat ein „Angebot Dienstpflicht“ bei THW, (freiwillige) Feuerwehr, Bw usw. ,usw. (und wer ein freiwilliges Soziales Jahr o.ä. machen will wird hier auch mit abgeholt) beim Bund, bei den Ländern o. sozialen/gemeinnützigen Organisationen. Da kann sich jeder dort einbringen wo er/sie denkt dass man am besten aufgehoben ist. Notfalls noch ein KDV Antrag dann fallen die Streitkräfte (SK) halt raus und fertig ist die Laube, um das mal salopp auszudrücken.
Und ansonsten werden Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen gesondert betrachtet und wer zu spät kommt muss das nehmen was übrig bleibt. Ist ja im richtigen Leben auch so, auch wenn heutzutage behauptet wird, dass jeder alles kann, soll und darf und niemand benachteiligt werden soll. Das ist und bleibt Wunschdenken.
Man könnte eine Dienstpflicht auch als Chance betrachten, nicht nur für die SK. Vielleicht entstehen daraus ja auch für die anderen Bereiche neue Fachkräfte. Zum Vorteil aller.
Als Hinweis für alle, die eine Dienstpflicht (in welchem Umfang und Art auch immer) befürworten:
Mit einer Dienstpflicht werden demographische Probleme nur verlagert und zwar kassiert die Bundeswehr und andere Träger (Pflegeheime etc.) nun junge Menschen, dafür werden aber anderen „Bedarfsträgern“ diese jungen Menschen genommen (für die Dauer der Dienstpflicht).
Beispiel von Bedarfsträgern:
freie Wirtschaft (Metallbauer, Heizungsmonteuere, Handel), öffentliche Verwaltung, Studium (zum Beispiel Lehramt, Ingenieure).
Wenn also bspw. im Jahr 2026 auf einmal für junge Menschen eine Dienstpflicht eingeführt wird mit 10.000 Stellen für Bundeswehr und (ausgedachte Zahl) 60.000 Stellen für andere Träger, so nimmt man 70.000 junge Menschen aus dem Bewerberpool/Ausbildungspool/Arbeitspool im Jahr 2026.
Die 70.000 kommen zwar 2027 wieder aus der Dienstpflicht hinein in den Pool, aber der neue Jahrgang mit 70.000 Stellen in 2027 wird wieder in die Dienstpflicht verlagert.
Bei einer Einführung einer Dienstpflicht wird man in dem Einführungsjahr also eine große Lücke reißen von dann (Beispielzahl) 70.000 Stellen.
Wer kann das wollen beim aktuellen Personalmangel in ALLEN Bereichen in Deutschland?
Wo wirklich jahrelang geltende Öffnungszeiten verändert werden, weil kein Personal vorhanden ist.
Es macht auch keinen Unterschied, ob man dann diese 70.000 langsam einführt, also mit 20.000 anfängt und jedes Jahr mehr „einzieht“.
Mal abgesehen von der Frage der Gerechtigkeit und der Verfassung, bringt das trotzdem die Probleme mit sich, dass eben eine gewisse Zahl an Personen dem „Markt“ an Arbeitskräften entzogen wird.
Warum?
Weil die Bundeswehr unbedingt Leute benötigt?
Dann soll sie bessere Bedingungen schaffen.
Rein militärisch benötigen wir keine Wehrpflicht, dafür müsste man die Dienstpflicht enorm verlängern auf 2 Jahre Minimum.
Denn mal ganz logisch betrachtet:
Wenn ich es schaffe, einen jungen Menschen in Friedenszeiten bei Einhaltung aller Vorschriften in 3-6 Monaten auszubilden und in den nächsten Monaten diese Ausbildungsinhalte mit „Expertise“ und täglicher Arbeit fülle, dann schaffe ich das in Kriegszeiten auch in einer viel kürzeren Zeit.
Die Ukraine zeigt das ja gerade hervorragend wie schnell Ausbildung sein kann.
DANN allerdings muss ich nur Ausbildungskapazitäten schaffen für den Kriegsfall und muss nicht in Friedenszeiten diese jungen Menschen ausbilden.
Denn das mache ich dann ja die nächsten Jahrzehnte jedes Jahr und im 11. Jahr nach der Ausbildung haben die ehemaligen „Rekruten“ ihren Ausbildungsinhalt fast komplett vergessen oder eben der Ausbildungsinhalt ist nicht mehr aktuell (anderes System dann in der Bundeswehr als das erlernte System)
Die Zeit zwischen Kriegszeit und Ausbildungsende (im Kriegsfall) müssen die vorhandenen Kräfte eben durchhalten, bis die „Verstärkung“ da ist.
Es ergibt also keinen Sinn für eine Wehrpflicht/Dienstpflicht, außer, dass dadurch einige gutes Geld verdienen können….
Stephan G. Humer sagt:
16.02.2023 um 11:27 Uhr
Das Gute an der Dienstpflichtdebatte ist, daß man sie getrost abhaken kann, siehe dazu bspw. eine Aussage des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages: „Die Einführung einer allgemeinen Dienstpflicht in Deutschland – sei es durch einfaches (Bundes-)Gesetz oder durch eine Verfassungsänderung (z.B. Schaffung eines Art. 12b GG) – würde gleichermaßen gegen das Verbot der Zwangsarbeit nach Art. 4 Abs. 2 EMRK verstoßen.“
@Stephan G. Humer
vielen Dank für den interessanten Link, allerdings schreibt der wissenschaftliche Dienst in dem gleichen Dokument auch unter den Punkten (Folgeseite)
2.2. dass es nur dann verstoßen würde, wenn es KEINE Ausnahmetatbestände gäbe (die dürfen wir wohl aber unterstellen)
und konkretisiert unter
2.2.1 „Insbesondere der Wehr- und der Wehrersatzdienst stellen ausdrücklich keine Zwangsarbeit dar“.
Insofern ist eine voreilige Verabschiedung von einem (wie auch immer genannten) Dienst nicht nötig.
(War jetzt mein erster Kommentar, ich möchte aber dem Hausherrn und allen hier aktiven Schreibern danken, denn der Blog eröffnet mir als Laien viele interessante Perspektiven)
Neben der im Hinblick auf eine allgemeine Dienstpflicht zu führenden Diskussion möchte ich den Bogen noch weiter spannen: Wie Frau Baerbock gerade bei ihrem Dienstgang nach Finnland gelernt hat, bemisst sich die Verteidigungsfähigkeit eines Landes nicht nur an der Anzahl bewaffneter Kräfte. Vielmehr geht es auch um strukturelle Fragen wie z.B. die Organisation des Zivil- und Katastrophenschutz (schönes Beispiel für bundesdeutsch-föderales kleines Karo), Schutzraumbau, Milizen bzw. Terretorialstreitkräfte usw. Es wäre doch den Schweiß des Edlen wert, hier eine sachliche Diskussion in Gang zu bringen.
Der größte Feind aller Erweiterungspläne für unsere Bundeswehr ist die Demographie. Den Prognosen zu Folge, die deutlich zuverlässiger als Wahlprognosen sind, wird Deutschland seine Bevölkerung bis etwa zum Jahr 2060 ungefähr halten können. Aber nur wenn wir weiter fleißig Flüchtlinge bzw Migranten aufnehmen. Danach geht es trotzdem bergab. Schon jetzt wäre unsere Wirtschaft ohne die Arbeitsmigranten aus Osteuropa aufgeschmissen. Wir halten uns damit auf Kosten jener EU-Mitgliedsstaaten über Wasser, deren Wirtschaft massiv unter dem „Brain-Drain“ leidet.
Die Bundeswehr muss um Nachwuchs mit der zivilen Verwaltung und einer Wirtschaft konkurrieren, die bessere Arbeitsbedingungen, bessere Bezahlung und (bzw. oder) risikolosere Arbeitsplätze bietet. Die Wirtschaftsunternehmen tun das nicht aus Großzügigkeit sondern weil sie um ihr Überleben kämpfen.
Ich sehe vor diesem Hintergrund keinen Weg wie man eine Berufsarmee mit auch nur 180000 Mann in Zukunft dauerhaft stabil realisieren will.
Eine Dienstpflicht ist keine Lösung, sie bietet aber zumindest eine Option darauf, dass man im V-fall auf einen größeren Pool an Menschen mit militärischen Grundkenntnissen zurückgreifen kann. Aus diesem Grund unterstütze ich die Idee.
Aber um tatsächlich auf 200000+ Soldaten zu kommen, die schnell mobilisierbar sind, gibt es nur drei Wege. Beide sind aktuell, das weiss ich auch, unbeliebt.
A) Die Bundeswehr wird, wie die französische Armee, um eine Fremdenlegion erweitert. Was angesichts der Menge an „Fremden“, die zu uns kommen, kein Problem sein sollte, wenn man ihnen mit dem Eintritt auch z. B. die Einbürgerung anbietet.
B) Wäre der Weg, den auch die USA und Russland gehen. Also das Anheuern von Söldnern. Das wäre aber schon eine teure Notmaßnahme.
C) Wir erkennen an, dass alle potentiellen Gegner Deutschlands dasselbe Demographie Problem haben. Auch die werden in den kommenden 2-3 Jahrzehnten einen immer weiter schrumpfenden Anteil an wehrtüchtigen Bürgern in ihren Bevölkerungen haben. Wir verzichten auf eine Vergrößerung der Truppe und überlegen uns, wie wir den Schrumpfungsprozess mit entsprechender struktureller und technischer Modernisierung der Streitkräfte ausgleichen.
Dazu gehört dann auch, dass wir uns von völlig realitätsfernen Projekten wie einem „Führungsanspruch in Europa“ trennen. Dazu gehört dann auch, dass wir zu der Einsicht kommen, dass wir eben nicht mehr sofort „HIER“ schreien, wenn Soldaten für EU oder UN-Missionen gesucht werden, und das wir auch nicht jeden Quatsch mitmachen, den man sich bei der NATO ausdenkt.
Ich füchte allerdings, dass C aktuell die am wenigsten realistische Option ist. Dafür ist noch zu viel Beton in zu vielen Köpfen.
@Windlicht sagt: 17.02.2023 um 16:40 Uhr
„Hintergrund war der Irrsinn, das nach dem 11. September 2001 Besatzungen von Minenjagdbooten der Marine u.a. in Ramstein als Objektschutzverstärkung für US – Liegenschaften im Einsatz waren.“
An dieser Situation war die BuReg selber Schuld. Es war der Bündnisfall festgestellt, aber der nächste Schritt wurde nicht gegangen. Der hätte es ermöglicht, die damals noch vorhandenen 6 Heimatschutzbrigaden einzuberufen. Dann hätte man die von Ihnen genannte Stärke einsatzbereit gehabt. So blieb nur Freiwilligkeit über, und die von Ihnen als „Irrsinn“ beschriebene Lösung des Problems.
Im Prinzip war alles da. Aber es ist müßig, über verschüttete Milch zu diskutieren. Die Bw braucht eine zukunftsfähige Lösung, die als erstes mit Material und Geld hinterlegt werden muss.
@robert h: Da geht einiges durcheinander. Wehrpflicht und Zivildienst sind nicht mit einer allgemeinen Dienstpflicht gleichzusetzen. Eine Dienstpflicht ist – wenn überhaupt – nur als „unechte“ Allgemeinverpflichtung denkbar, mit sehr (!) individualistischer Benefits-Ausprägung (Gehalt, freie Jobwahl, etc.) und kurzer (!) Zeitdauer. Komplett ausgeschlossen ist eine Ausdehnung der bisherigen „Bürgerpflichten“, siehe zu diesen Punkten abschließend https://verfassungsblog.de/von-diensten-und-pflichten/
Damit ist eine allgemeine Dienstpflicht vom Tisch. Die Idee der „Schule der Gesellschaft“ ist letztlich völlig unhaltbar.
Daß ein Zwangsdienst politisch derzeit – und zum Glück in absehbarer Zukunft – unmöglich und auch maximal unklug ist, dürfte sich von selbst verstehen. Wenn ein modernes, reiches, wissensorientiertes Land wie Deutschland keine andere Lösung als Zwang zu bieten hätte, wäre das sehr schwach. Das gilt für eine Dienstpflicht, aber im Übrigen auch für eine Wehrpflicht.
@Herr Kunde volle Zustimmung
Herr Schumer war so nett das Gutachten zu verlinken, aber es wird gerne nur das zitiert, was einem passt. Vielleicht mal Punkt 2.2.1 bis zum letzten Satz lesen und auch die Sätze, dass zumutbare Pflichtdienste sich nur auf relativ kurze Zeiträume beziehen und daher mäßig belastend sind. 1 Jahr ist nicht mehr kurz, sondern schlicht und ergreifend Zwangsarbeit.
Wie dann eines der höchsten Rechtsgüter in der EU, die europäische Menschenrechtskonvention schlicht ignoriert wird von einigen hier, finde ich doch recht bedenklich.
soviel zum juristischen.
zum praktischen bezüglich VW wurde hier ja schon einiges geschrieben. Nicht aufbahmefähig, keine Kasernen, keine Ausrüstung usw usf. Gibt schlicht wichtigere Bausstellen in der BW.
Aber eben auch was hier auch schon angeklungen ist, es gibt keinen Bedarf bei den sozialen Diensten für 750000 Langzeitpraktikanten für simple Hilfsdienste, nur weil manche hier gerne „die Jugend von heute“ (respektlose Böllerwerfer, Klimakleber, FFF etc) abstrafen will. Wie gesagt es gibt mehr FSJ Willige als Stellen.
PS: Was soll das eigentlich kosten? Das müsste bei einem halbwegs vernünftigen Gehalt schon weit über 10 Mrd Euro kosten. Bei Mindestlohn eher 20-25 Mrd. Euro pro Jahr.
Ich bin mir abgesehen von den anderen Bedenken die ich habe, bei manchen Kommentatoren auch nicht sicher, ob dort Bewusstsein für die Lage bei anderen Organisationen vorhanden ist.
Beispiel THW. Ich bin dort letztes Jahr eingetreten. Zusammen mit ca 20 anderen in der Grundausbildung. Der Ortsverband platzt salopp gesagt schon aus allen Nähten. Wenn da neben Freiwilligen auch noch Dienstpflichtige hinzu kommen, bräuchten wir zb einen zweiten technischen Zug. Damit einhergehend mehr Fahrzeuge und mehr Platz. Wir haben davon jetzt schon zuwenig. Mehr Ausbilder, mithin auch mehr Fortbildungen für potentielle Prüfer. Usw usf.
Kurz gesagt: Die Ressourcen um eine Menge Dienstpflichtige aufzunehmen fehlen nicht nur bei der Bundeswehr. Das würde vmt deutlich mehr kosten als wir uns hier so denken.
Wir müssen das Ganze mal neu denken. Innovativ sein. Agil sein.
Schluss mit Buzzwords.
Entweder wir generieren ganz schnell mehr Bewerbende aus Interessierten. Oder wir machen das ganz schnell mit einer allgemeinen Dienstpflicht. Oder wir stellen FWDL auf den nicht zu besetzenden Dienstposten der FwFD oder UffzFD ein.
Irgendwas muss passieren. Schnell.
@ Tom Cruise
Ich sage jetzt nur drei Sätze zu Ihren Ausführungen :-)
Durch Abitur nach 12 Jahren, wenn man es möchte und eine Regelstudiendauer für den Bachelor von 3 Jahren, bzw. dem Master von 4 Jahren in sehr vielen Studiengängen sind die Leute 1 bis 2 Jahre eher fertig, als zu meiner Zeit. Viele Leute mit Ausbildungsberufen studieren später berufsbegleitend und „verlieren auch keine Zeit“. Die Wirtschaft verliert also gar nichts bei einer allgemeinen Dienstpflicht, sondern bekommt die Arbeitskräfte im gleichen Alter wie früher.
@SanDino:
„..vermute ich, daß potenziell taugliche Menschen in Deutschland notfalls auch im Huhn – oder Frosch Kostüm zur Musterung „gebeten“ werden.“
echt jetzt? Warum sollte das passieren? hört sich nach Anti Waffenlieferungs Propaganda der Friedensbewegten an, nach dem Motto „Der Kanzler schickt bald Kampfflugzeuge und danach Bodentruppen.“
@Der Realist
„@Dominik
Man findet immer Gründe gegen etwas…“
schlimm wenn man das einfach mal realistisch betrachtet, sowohl juristisch, finanzpolitisch und strukturell.
Wenn die Politik das wirklich beschließen sollte, würde ich nie wieder wählen gehen (und wahrscheinlich auswandern).