Deutsche Truppenpräsenz in Litauen: Der Stolperdraht scheint nicht mehr genug
Seit fünf Jahren ist die Bundeswehr in Litauen präsent. Eine von Deutschland geführte NATO-Battlegroup soll als Stolperdraht signalisieren, dass ein russischer Angriff auf das baltische Land ein Angriff auf die ganze Allianz wäre. Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine stellt sich für das Bündnis die Frage: Muss es im Baltikum künftig more than a tripwire geben, mehr als die bisherige vorgeschobene Präsenz?
Im Wäldchen südlich von Jonava wartet der Charlie-Zug bereits seit dem Vorabend auf den Feind. Der könnte an dieser Stelle nach Norden vorstoßen, auf die Landebahn, die einstmals zur sowjetischen Luftwaffenbasis Jonava gehörte. Die Nacht haben die Panzergrenadiere auf ihren Marder-Schützenpanzern oder im Wald verbracht. Fröstelnd, denn ausgerechnet auf dem Marder, der wegen eines Schadens zur Instandsetzung musste, waren alle Schlafsäcke verstaut. Aber der Feind kommt nicht, er greift im Nachbarabschnitt die norwegischen Einheiten an, weil das Gelände dort für ihn günstiger ist.
Ein weitgehend ereignisloser erster Kampftag für die Panzergrenadiere der 1. Battle Coy, der 1. Kampfkompanie der NATO-Battlegroup in Litauen, in der Übung Iron Wolf in der vergangenen Woche. So ähnlich ging es der enhanced Forward Presence (eFP), der vorgeschobenen Präsenz der Allianz in dem baltischen Land, weitgehend in den vergangenen fünf Jahren.
Seit dem offiziellen Start der Battlegroup in Litauen im Februar 2017 rotierten Truppen aus Deutschland und anderen europäischen Ländern im Sechs-Monats-Rhythmus nach Litauen, jeweils mit ihrer ganzen Ausrüstung und den schweren Waffen wie Panzern und Schützenpanzern. Die Mission war vor allem ein Übungseinsatz, sowohl für die halbjährliche Verlegung des Geräts als auch für die Kampfbereitschaft der aus Deutschen, Niederländern, Norwegern, Tschechen und Belgiern zusammengesetzten Truppe. Den Einsatz hatte das Bündnis 2016 beschlossen, als sichtbares Zeichen der Unterstützung für Balten und Polen an der NATO-Nordostflanke. Der Rückhalt der anderen NATO-Staaten sollte faktisch als Stolperdraht bei einem vor allem von den Balten befürchtetes russischen Übergreifen auf diese Länder verhindern.
Seit dem 24. Februar, seit dem russischen Angriff auf die Ukraine, ist auch für dieses verstärkte Bataillon an der NATO-Nordostflanke alles anders geworden. Die Präsenz der Allianz in den Staaten, die an der Grenze zu Russland und seinem Verbündeten Belarus liegen, steht auf einmal im Fokus der deutschen wie der internationalen Politik. 286 Besucher aus Deutschland, aber auch aus Partnerstaaten zählte der deutsche Oberstleutnant Daniel Andrä, seit Februar dieses Jahres Kommandeur der eFP-Battlegroup, in den vergangenen Wochen. Ein mehrfaches dessen, was sonst pro Jahr in dem entlegenen Standort Rukla westlich der litauischen Hauptstadt Vilnius vorbeischaut.
Denn auch dem Rest der NATO wird bewusst, was die baltischen Staaten aus ihrer langen Geschichte mit Russland und der Sowjetunion schon seit Jahren warnend vorbringen: Eine russische Aggression würde sich als erstes auf diese Länder richten, die bis zum Ende der Sowjetunion zu deren Machtbereich gehörten. Die Regierung in Vilnius dringt deshalb, wie auch die Nachbarn in Estland und Lettland, auf einen Ausbau, eine Aufstockung der NATO-Präsenz in dieser Region. Es reiche längst nicht mehr, ein verstärktes Bataillon als Stolperdraht dort zu stationieren, der einen eventuellen russischen Angriff auf ein baltisches Land zum Angriff auf die ganze NATO machen würde.
Eine Battlegroup wird sicherlich nicht den Feind stoppen können, sagt der litauische Oberst Mindaugas Petkevičius, Kommandeur der litauischen Iron Wolf-Brigade, der die NATO-Kampftruppe unterstellt ist, im Gespräch mit Augen geradeaus!. Wie seine politische und militärische Führung wünscht sich der Offizier den Übergang vom Stolperdraht zu einer Forward Defense, zu einer vorgeschobenen Verteidigung an der Nahtstelle zwischen der Allianz und Russland. Für eine glaubhafte Abschreckung allerdings, warnt der Armeeoffizier, wären nicht nur mehr Soldaten aus den anderen NATO-Ländern nötig. Sondern auch ganz andere Fähigkeiten wie eine effektive Luftverteidigung.
Die Balten, die seit langem auf eine Aufstockung der Bündnispräsenz in ihren Ländern ebenso wie auf moderne Luftverteidigungssyteme dringen, könnten beim bevorstehenden NATO-Gipfel in Madrid im Juni zumindest politisch einen Erfolg erringen. Eine Festlegung der Allianz auf eine Brigadestruktur statt verstärkter Bataillone und damit eine Erhöhung um mehrere tausend Soldaten im Baltikum und in Polen scheint erreichbar: Deployment of an allied brigade-sized unit and air defence capabilities would substantially reinforce the deterrence against Russia, sagt der stellvertretende litauische Verteidigungsminister Margiris Abukevičius.
Dabei wäre dann auch Deutschland gefordert, mit der Führung der Battlegroup jetzt und der bereits gegebenen Zusage auch künftiger Unterstützung der erste Ansprechpartner für Litauen. Doch für die Bundeswehr wird sich schlicht die Frage stellen: Was können die deutschen Streitkräfte – neben den anderen Verpflichtungen in der NATO, zum Beispiel der NATO-Speerspitze im kommenden Jahr – noch zusätzlich leisten?
Dabei geht es auch, aber längst nicht nur um die Frage, wie viel Kampftruppe mit schwerem Gerät die Bundeswehr in Marsch setzen kann. Denn schon dieser Einsatz in Bataillonsstärke zeigt einige der Lücken, mit denen die Bundeswehr leben muss.
Eine davon versucht Oberleutnant Christian (Nachname soll nicht genannt werden) zu stopfen. Der Luftwaffenmann ist Zugführer des einzigen einsetzbaren Leichten Flugabwehrsystems (LeFlaSys), über das die deutschen Streitkräfte verfügen. Mit ihren Ozelots, leicht gepanzerten so genannten Waffenträgern auf Basis eines Wiesel-Fahrzeugs, sollen sie mobil den Schutz der Battlegroup vor Angriffen aus der Luft sicherstellen: Angebunden an ein Radarfahrzeug, feuert das System Stinger-Flugabwehrraketen ab, wie sie auch als schultergestützte Waffen eingesetzt werden können.
Wir sind gerade die shooting stars, merkt der Oberleutnant ironisch an. Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine sagte die deutsche Verteidigungsministerin Christine Lambrecht den Litauern eine schnelle Verstärkung der eFP-Kampfgruppe an und schickte auch die LeFlaSys-Truppe ins Baltikum, zusammen mit der ohnehin eingeplanten Verstärkung zum Beispiel mit Panzerhaubitzen.
Doch Ende Juli wird der Oberleutnant mit seinen Ozelots wieder abziehen: Seine mobile Flugabwehr ist auch für die deutsche NATO-Speerspitze eingeplant, die ab Januar kommenden Jahres die schnelle Eingreiftruppe der Allianz stellt. Ein weiteres System dieser Art hat die Bundeswehr nicht.
Den gravierendsten Mangel der deutschen Landstreitkräfte erleben die Soldatinnen und Soldaten allerdings in der täglichen Zusammenarbeit mit den anderen Nationen in der NATO-Battlegroup: Bei der technischen Ausstattung mit Funkgeräten und – verbindungen sind die Deutschen das schwächste Glied in der Kette. Schon seit Jahren ist das Problem bekannt, getan hat sich bislang wenig. Wie vor Jahrzehnten funkt das Heer überwiegend mit unverschlüsselten, analogen Geräten. Während die Verbündeten auch in dieser Mission längst auf moderne digitale und verschlüsselte Systeme umgestellt haben.
Das hat Folgen für den gemeinsamen Einsatz im Bündnis, schon in Übungen wie Iron Wolf. Wo der Bataillonsgefechtsstand aufgebaut wird, entscheidet nicht die takische Planung – sondern die Technik, denn ohne Funkanbindung ist die Kommandozentrale wertlos. Die Anbindung aber muss mit der veralteten deutschen Funktechnik hergestellt werden, vielleicht noch mit zusätzlichen Relais. Die müssen dann nicht nur irgendwo technisch sinnvoll aufgestellt werden – sondern auch vor feindlichem Angriff geschützt sein.
Und während die Kompanien langwierig über unverschlüsselten Sprechfunk ihre Standorte nach oben melden und von der Führung der Battlegroup ihre Befehle erhalten, drücken Niederländer, Norweger oder Tschechen in ihren Kompaniegefechtsständen auf einen Knopf und übermitteln gesichert per Datenfunk die notwendigen Informationen an ihre Truppe.
Im Gefechtsstand der (deutschen) gemischten Aufklärungskompanie sitzt derweil ein Soldat vor einer Batterie von Funkgeräten für verschiedene Funkkreise. Was über Datenfunk eingeht, wird von einem Soldaten vorgelesen und von einem weiteren in einen anderen Laptop eingegeben, zur Weitermeldung an die Operationszentrale. Drehstuhlschnittstelle heißt das bei der Bundeswehr.
Inzwischen, warnte der deutsche Heeresinspekteur Alfons Mais, sei die Zusammenarbeit der Bundeswehr mit ihren NATO-Partnern in solchen Missionen kaum noch möglich. Das gilt schon für Übungen. Von einem echten Gefecht sprach der Generalleutnant da noch nicht einmal.
Doch die echte Auseinandersetzung, davon sind die Balten überzeugt, kann jederzeit Realität werden. Der Krieg in der Ukraine, sagt der litauische Brigadekommandeur Petkevičius, sei eigentlich nur die Verzögerung, die uns die Zeit gibt, dass wir uns auf einen Angriff vorbereiten.
Das wird natürlich auch den deutschen Soldatinnen und Soldaten in Litauen bewusst. In den vergangenen Monaten haben sie einen Schleudergang der Gefühle erlebt. Vom empfundenen Truppenübungsplatzaufenthalt zur Schwelle des Dritten Weltkriegs, so beschreibt Truppenpsychologie Patrick Hattenberg die Wechsel in der Empfindung der Truppe seit dem russischen Angriff.
Hattenberg ist der erste Psychologe, der in die eFP-Battlegroup in Litauen geschickt wurde. Das war auch ein Zeichen dafür, dass schon zum Start der neuen Rotation im Februar, bereits vor Beginn des Krieges in der Ukraine, eine neue Situation absehbar war. Zuvor hatte es in der eFP-Mission, im Unterschied zu den normalen Auslandseinsätzen der Bundeswehr, keinen Truppenpsychologen gegeben.
Nach dem 24. Februar war Hattenberg – ein Zivilangestellter der Bundeswehr, für diese Mission im Rang eines Majors – ein gefragter Ansprechpartner für die Soldatinnen und Soldaten, die mit einer gefühlt völlig neuen Lage umgehen mussten. Das Hauptproblem, sagt der 29-jährige, waren dabei zunächst die besorgten Anfragen der Familie aus der Heimat.
Sagt denen, dass ihr nicht im Krieg seid, riet der Psychologe. Die Soldatinnen und Soldaten, das ist Hattenberg klar, müssen sich allerdings auch selbst erst an die neue Situation gewöhnen. Auch wenn sie mit dem Bewusstsein aufträten Das ist das, wofür ich ausgebildet bin – der mentale Wechsel von der Missionsarmee zur Einsatzarmee wird Zeit brauchen.
(Foto oben: Befehlsausgabe der NATO-Battlegroup in der Übung Iron Wolf in Rukla, Litauen im Mai 2022; Foto Mitte: Ein Ozelot des Leichten Flugabwehrsystems; Foto unten: Der Zugführer des Leichten Flugabwehrsystems am Funkgerät)
Wenn man sich dann klar macht das die IBUK die Chance die Geparden zurück zukaufen und mit Veteranen neu aufzustellen leichtfertig von der Hand gegeben hat fühle ich nur noch Wut.
Eines macht der Bericht des Hausherrn mal wieder sehr deutlich, das es bei der Bw nicht nur um fehlendes Großgerät geht. Was nutzt einem das, wenn es an den Führungsmitteln und damit Führungsfähigkeit nicht nur mangelt, sondern schlicht für internationale Einsätze nicht vorhanden ist.
„Drehstuhlschnittstelle“ – tolles Wort für „hier spielt Not gegen Elend“.
Auch vor H. waren bereits TrPsych bei eFP im Einsatz. Allerdings nur temporär, heißt meist nur für wenige Wochen. Mit H. hat die Bw die dauerhafte truppenpsychologische Einsatzbegleitung bei eFP begonnen.
Vielen Dank für diesen erschreckenden Bericht. Hoffentlich wird Ihre gute Arbeit auch im Verteidigungsministerium gelesen und gewürdigt.
In einem solchen akuten Kriegsszenario in dem wir uns befinden sollte es dem viert reichsten Land der Erde wohl möglich sein innerhalb von sehr wenigen Wochen Funkausrüstung zu beschaffen (einfach kaufen!)
Gleiches sollte eigentlich für die Flugabwehr gelten!
Bedeutet Forward Defence dann auch die ständige Stationierung von Material vor Ort?
Alles andere wäre ja nicht wirklich zweckmäßig oder gibt es da weiterhin Bedenken wegen der NATO-Russland-Grundakte, obwohl eine Brigade unterhalb der dort erwähnten „larger formations“ liegen würde?
Wäre ja wichtig für die gesamte Planung der Bw.
Denn bisher wird in Friedensgrundstrukturen für die Bedarfe gedacht. Wenn diese die Anforderungen an Kaltstartfähigkeit erfüllen sollen, dann funktioniert das nicht so wirklich.
Bei dem Bericht krampft sich einem der Magen zusammen. Wenn wir jetzt die Gelegenheit nicht nutzen, die Bundeswehr in Bezug auf Gerät und Fähigkeiten in die Spur zu bekommen, vergehen wieder Jahrzehnte.
Mitte März gab es einen Artikel im Handelsblatt, in dem Christian Mölling, Forschungsdirektor der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) die Reformierung des Beschaffungsamtes für unrealistisch hielt und stattdessen die Aufstellung einer neuen Agentur proklamierte, die sich in einem ersten Schritt um die Verwendung des Sondervermögens kümmern solle. Dagegen dürften sich aus politischen Gründen (Beschaffungsamt als wichtiger Arbeitgeber in Koblenz, Rheinland-Pfalz, beide SPD) enorme Widerstände aufbauen. Ein Versuch ist es wert. Ein Beschaffungsamt in Divisionsstärke, das Veruntreuung in Millionenhöhe verhindert und dabei Kosten in Milliardenhöhe verursacht, können wir uns einfach nicht mehr leisten.
Ungedienter sagt: 17.05.2022 um 19:34 Uhr
Hallo Ungedienter, ich hoffe nur, der Nick ist nicht wirklich das Programm. Lassen wir doch bitte den Gepard in der Gruft — der rettet diesen Krieg nicht. Bitte so wie ich machen — ein kühles Bierchen nehmen und das Gemüt kühlen. Schreibt ein Gedienter, 1987-1997, als OLt ausgeschieden und mein Nick ist Programm und ich bin dann mit meinen 57 Jahren Ihr Veteran?!
Danke, VG, NG.
Alle Schlafsäcke waren auf einem Marder? Dann möchte ich mal wissen, was statt dessen an den dafür vorgesehen Plätzen in den Staukästen verstaut war. Oder will mich gerade jemand rollen?
Danke für die gute Recherche.
Ich bin erstaunt, dass mit GL Mais auch ein Inspekteur das Problem (im BMVg nennt man das Handlungsfeld, klingt viel positiver) offen anspricht. Aber Kommunikation fliegt nicht, schwimmt nicht und schießt nicht. Damit hatte es in Zeiten knappen Geldes (und damit in den letzten 30 Jahren) für die Inspekteure keine Priorität. Ich kenne dazu noch Aussagen „das machen wir über AutoFü“, auch wenn jede AutoFü-Leitung 8-10 fach verplant war. Macht ja nichts. Betrifft mich jetzt gerade nicht.
Vielleicht bewirken ja jetzt die Recherchen von TW, die Aussagen des InspH und die 100 Mrd eine Änderung. Wird aber dauern. Gibt es nämlich nicht bei AMAZON und die Industrie kann nicht hexen.
Aber man könnte ja mal anfangen.
Wieder mal ein gutes Beispiel wo es aktuell nicht rund läuft…
man ist aktuell einfach mindestens 5 Jahre zu spät…
die Bundeswehr sollte jetzt in der Lage seine eine Brigade zusätzlich zur VJTF2023 ins Baltikum zu verlegen…
und das voll ausgerüstet mit modernem Funk, mit Flugabwehr und mit Artillerie…
aber der Zug ist abgefahren…
die aktuellen Prozesse angefangen beim zu niedrigen EPL14 über das sich weiter verzögernde Sondervermögen (von dem ja vieles abhängt)… bis hin zu den lahmendem beschaffungsprozessen…. Verspricht wenig Hoffnung auf zeitnahe Besserung!
wir brauchen das Sondervermögen JETZT und nicht in 5 Monaten.
Wir brauchen die 2% vom BIP zeitnahe und Planbar in dieser Legislaturperiode!
Wir brauchen die fehlenden Systeme von der Stange … Aufträge JETZT erteilen…
JETZT marktverfügbare Systeme für Digitalfunk und Führungssystem beschaffen
JETZT Flugabwehr (Diehl würde sich freuen)
JETZT mehr Artillerie und mehr von allem (Puma, Boxer, Munition)
die Mühlen mahlen so unfassbar langsam… obwohl viele Lösungen so offensichtlich sind
selbst wenn jetzt alles direkt durchgewunken wird dauert alles noch Jahre bis Besserung Eintritt
Was haben wir uns über die Russen mit ihren Baofengs lustig gemacht…
Eigentlich sollte man ja auch im Vorzimmer der Ministerin realisiert haben was unverschlüsselte Kommunikation für die Stäbe bedeutet… die Ukrainer machen es vor wie man Kommandeure neutralisiert und den Feind führungslos macht.
Vielleicht sollte der ein oder andere Battalionskommandeur beim nächsten Besuch der Ministerin, ihr einfach Mal ins Gesicht sagen…… ohne moderne Führungsmittel krepiere ich auf dem Schlachtfeld.
Bei solchen Aussagen wie vom InspH könnt ich nur noch kotzen . Wer seit 13 Jahren im Generalsrang ist , davon die letzten Jahre Insp des Heeres ist auf jeden Fall mit schuld an dem Zustand . Er ist für die personelle und materielle Einsatzbereitschaft des Heeres verantwortlich. Das sollte den Herren vielleicht mal gesagt werden
[Leute, bei aller Kritik – wir arbeiten schon noch am Umgangston… T.W.]
Ja, das mit dem Funkgeräte-Drama ist schon ärgerlich und — dramatisch…!
Ich möchte nicht zu sehr off-topic werden sondern eine Erfahrung weitergeben: Anno 1992 im Studium an der Bundeswehr-Uni gab es eine Gastvorlesung eines Abteilungsleiters aus dem Beschaffungsamt in Koblenz, Thema Kostenerstattung, danach Fragestellungen im kleinen Kreis. Mich hat es schon immer gewurmt und gewundert warum wir diese ur-ur-alten sinnlosen Tieffliegerradare im Regiment rumschleppten, 30 Jahre alt auf 30 Jahre alten Lkws, mit unsynchronisiertem Getriebe usw… Die Antwort: Das Material, welches vorhanden ist, wird instand gehalten und „darf“ (muss) benutzt werden. Neues Material zu beschaffen würde/könnte in Richtung „Aufrüstung“ verstanden und interpretiert werden — und das IST BÖSE! Also wurden wir gezwungen, mit diesen ur-alt Klamotten rumzugurken…
Meine Hoffnung war, dass es mit der Zeitenwende 1989/90 danach in der Bundeswehr Schluss wäre, und wir auf eine „vernünftige Linie“ kommen könnten. Also verfügbares Gerät beschaffen, eine sinnvolle Zeitlang nutzen und dann durch Neues ersetzen, so machen wir alle dieses privat auch mit unseren Pkws, oder zumindest die meisten von uns… Eine Zeitlang sah das auch a bisserl so aus, in den 90ern. Aber irgendwann wurde wieder „die Kurve nicht gekriegt“ und das Ergebnis sehen wir heute: Jahrzehntelanges Warten auf Goldrandlösungen, die dann in minimalen Stückzahlen kommen und wiederum bis zum Sanktnimmerleinstag genutzt werden müssen, oder solche Dramen wie Sea King, Lynx und Ch-53. Oder eben die Funkgeräte…
Die Leute, die das als „BÖSE“ empfanden waren zumindest damals auch der Meinung, man dürfe uns einfach so „Soldaten sind Mörder“ zurufen…
Die Moral von der Geschicht‘: Es ist politisch so gewollt.
Danke, VG, NG.
Umgangston hin oder her: Wenn der Inspekteur feststellt dass Befehle vom Turm hin und her gerufen werden müssen weil die Niederländer in einem Panzer aus deutscher Produktion über gesicherten Digitalfunk verfügen, die Deutschen im gleichen Modell aber nicht, beschreibt er nicht nur ein „Handlungsfeld“, sondern systemisches Versagen in der Rüstung und im Heer. Von seiner eigenen Verantwortung und der vieler anderen Akteure ganz zu schweigen.
„Dieses haltet den Dieb“ täuscht niemanden mehr. Verantwortung ist unteilbar.
Es ist beschämend, dass man jahraus und jahrein immer über das gleiche „Handlungsfeld“ spricht, ohne wesentliche Änderungen zu erzielen. Wie lange fehlen die Funkgeräte jetzt schon, fünfzehn Jahre? Und wieso verrennt man sich schon wieder in einer nationalen Lösung, die noch in den Sternen steht bzw. wartet offenbar auf die himmlische Eingebung Tactical Edge Networking irgendwann in den 2030ern?
Es bleibt dabei: Das einzig wirklich interoperable Bataillon des Heeres dürfte 414 sein, da die NLD mit mitleidigem Blick für eine Austattung mit digitalen Funkgeräten, zumindest in den KPz, gesorgt haben…
Herzlichen Dank @T.W. für den gut verfassten Artikel.
Auch wenn er leider eine Realität beschreibt, welche hier seit Jahren offen thematisiert wird, scheint es doch immer wieder notwendig zu sein alle zehn Finger in die Wunden zu legen. Ein paar weitere Klicks durch das tolle Archiv dieses Blogs offenbaren ja schnell das wahre Ausmaß des Defizits. Eisberg und Wasserlinie.
Es ist ein langer Weg von einem Stolperdraht bis zu einer glaubwürdigen Verteidigungslinie. Von „Abschreckung“ ganz zu schweigen.
Wenn nun die NATO Ostflanke noch um eine Nordflanke erweitert werden sollte, werden die NRF-, und eFP- Excellisten in den Planungsstäben sicher nicht kleiner.
Die materielle und personelle Hypothek, mit welcher diese Planungsstäbe die NATO-Bedarfsträger seit Jahren versuchen zu beruhigen, wird dann vielleicht nicht mehr aufrecht zu erhalten sein.
Fazit: Der Offenbarungseid ist auch bei jeder Insolvenz der erste Schritt zur Besserung.
@ Gepard65
Nun steht in ziemlich jeden Beitrag von Ihnen, dass man den Gepard besser den Hühnern geben solle. Was nun mich – und andere Foristen sicher auch – interessiert: wo sehen denn Sie die Lösung für unsere schimmernde Armee ohne Dach? Abzug vom Gefechtsfeld? Aktentasche überm Kopf oder …. ? Bin gespannt! Tieffliegerabwehr aller Truppen vergessen wir mal gleich!
> In einem solchen akuten Kriegsszenario in dem wir uns befinden sollte es dem viert reichsten Land
> der Erde wohl möglich sein innerhalb von sehr wenigen Wochen Funkausrüstung zu beschaffen
Mehrere zehntausend grosse und hundertausende kleine Funkgeräte kauft man nicht mal eben in ein paar Wochen. Aber bestellen, das kann man, sofort, an einem Tag, mit einem Handgriff.
Nur, das ist nicht gewollt. Was seit der Zeitenwende-Rede passiert ist? Fast nix. Das was man sofort bestellen könnte wurde nicht bestellt. Das was man sofort instantsetzen könnte wurde nicht instantgesetzt. Was sofort lieferbar war wurde nicht geliefert.
Stattdessen liefert man in die Ukraine Kleinstgerätschaften antiker Herkunft in Stückzahlen die bestenfalls ein Battalion in winzigen Nieschen ertüchtigen anstatt der Ukraine als Armee weiterzuhelfen.
Selbst finanziell überschaubare offensichtliche Lücken werden nach wie vor nicht geschlossen sondern totdiskutiert. Hier geht es nicht um einen Jagdhund den man zur Jagd tragen muß sondern einen Rollmops einer Konservendose ohne Dosenöffner.
@LLFm am 17.05.22 um 21:58: Inhaltlich stimme ich diesem Foristen voll zu und deshalb sollte die Wortwahl seinen Beitrag nicht relativieren.
Die gesamte Admiralität/Generalität hat doch die spinnerten Vorgaben der politischen Leitungen nicht nur immer brav mitgemacht sondern uns Skeptikern „in der Schlammzone“ sogar wider besseren Wissens als Verbesserungen / Trendwenden verkaufen wollen. Hauptsache die eigene Karriere und der nächste Stern waren nicht gefährdet.
Aus meinen letzten 20 Jahren bei der Marine kenne ich keinen Admiral, der wegen der unhaltbaren Zustände im BMVg mal richtig „auf den Tisch gehauen“ und seinen Rücktritt eingereicht hätte, und ich kannte sie fast alle auch persönlich.
Dazu über Jahre immer wieder „80%-Lösungen“ gefordert, wenn Auftrag und Mittel mal wieder nicht übereinstimmten und Kritik an den desolaten Zuständen in fast allen Bereichen als „Querulantentum“ abgestempelt.
Erst im Ruhestand haben diese hochbezahlten Pensionäre dann Tacheles geredet, wenn man sie vor eine Kamera gebeten hat.
Diese Bundeswehr / Marine wird erst nach schmerzlichen Erfahrungen aus echten Kampfsituationen wieder einsatzfähig werden und dann nur mit Führungspersonal, dem das Überleben seiner Untergebenen wichtiger ist als die nächste Beförderung.
Ich hoffe, mein Ton geht redaktionell klar.
Bei der nächsten Recherche dann mal bitte eine Technologie-Stufe höher gehen. Bei SatCom ist das Drama ähnlich dramatisch. Bei der letzten VJTF konnte der Brigadegefechtsstand nicht aufgelockert werden, da es für die verschiedenen Einheiten nicht genug SatCom Anlagen gab. Den ohne SAP läuft heute ja so gar nichts mehr und die Anbindung der entsprechenden System geht nun mal nicht per iPhone Hotspot.
Was das Generals-Bashing angeht, so muss man natürlich feststellen das jeder der heute 2-3 Sterne hat am Zustand der BW mit verantwortlich ist…aber immerhin haben jetzt die Traute diesen Zustand anzusprechen!
@LLFm, die Frage ist sicher berechtigt. Spannend wäre aber auch was die Betroffenen in den letzten Jahren intern getan haben. Hat man immer nur 2 Stück Butterkuchen bestellt im Wissen das der Haushalt nicht mehr hergeben wird oder hat man die nötigen 3 Torten bestellt aber nur die 2 Stücke Butterkuchen bewilligt bekommen?
@Wait&C, wovon wollen sie die, jetzt eigentlich nötigen, Aufträge bezahlen? Einen Haushalt 2022 gibt es noch nicht und wann das Sondervermögen kommt ist unklar. In so einer Lage erteilt man nur schwer Aufträge.
@Wiegold: Wieso war ihr Besuch in Litauen so ein „Staatsgeheimnis“? Sie haben es später auf Twitter gelüftet, mit der Danksagung, aber sonst haben Sie doch Auslandsreisen als solche mitgeteilt und nicht nur Abwesenheit wegen Recherche angekündigt?
Der alte Artikel in AG zu den fehlenden Funkgeräten ist 5 1/2 Jahre alt! In 5 1/2 Jahren hat es die BW offensichtlich nicht mal geschafft die angekündigten 50 Panzer mit modernen Funkgeräten auszustatten und einzusetzen.
Es rächt sich offensichtlich, daß die BW sich nicht mit der Wehrmacht bzw der Militärgeschichte vor 1955 groß beschäftigt. Denn jeder der sich mit Militärgeschichte ein bisschen auskennt, weiß, daß die Erfolge der deutschen Panzerwaffe im Westfeldzug gegen Frankreich im Wesentlichen auf den deutschen Funkgeräten beruhten und auf Benzinkanistern. Die französischen Char B1 Panzer waren von den deutschen Panzern, außer im Nahkampf, nicht zu bezwingen, weil sie viel stärker gepanzert und bewaffnet waren, als die deutschen Panzer III und IV. Die französischen Superpanzer hatten aber zwei schwere Nachteile, sie konnten nur mit Tankwagen betankt werden(nicht mit Kanistern, wie bei den deutschen), aber die Tankwagen waren nicht geländegängig, so daß die Superpanzer oft wegen Spritmangel liegen blieben und die meisten Char B1 hatten keine Funkgeräte eingebaut bzw. wenn haben diese oft schlecht funktioniert, so daß die Franzosen Melder zwischen ihren Panzer hin-und herschicken mussten, wie jetzt die BW faktisch 82 Jahre später! Die deutschen Panzer waren dagegen alle mit Funk ausgerüstet und konnten deshalb immer koordiniert eingesetzt und geführt werden.
[Äh, nee, habe kein Geheimnis draus gemacht, aber diesmal nicht vorher angekündigt, wohin es geht… Ist doch auch mal gut, wenn ich einfach irgendwo bin, ohne genaue vorherige Zielangabe ;-) T.W.]
Hallo,
der Kommentar zu iPhone Hotspot und SAP zeigt, dass bei dem Thema Kommunikation etwas zu kurz gesprungen wird.
In einer modernen (Industrie) – Welt stellt man eine stabile verschlüsselten IP-Netz Infrastruktur zur Verfügung. Das muss über mehrere Methoden wie bzw. Langwelle, KW, UWK; WLAN, GSM, LTE, G5, KA Band für Satelliten-Kommunikation – z.b Starlink, Bluetooth usw. und Reichweiten und Vermaschung erflogen (Empfänger ist auch Sender und Relay) Über dieses Netz wird dann der Zugang zu Sprachkommunikation / Chat / (Micro – ) Services (SAP, live Lagebild usw.) zur Verfügung gestellt. Innerhalb dieses Netz Layers wird über ein Zero Trust Modell dann der Zugriff nochmals abgesichert. (Policy Enforcement Points, Multi Faktor Biometric . Authentification usw). So ein Netz ist, wenn gut ausgelegt, sehr robust und verwandelt nicht jeden Kommunikationsstelle in ein elektronischen Leuchtfeuer, wenn eine automatisiert intelligent Auswahl der Übertragung (Reichweite und Methode sowie Nutzung des nächsten Relais) erfolgt.
Zusammenfasst bedeutet die Einführung einer moderne Kommunikationsplattform schon eine mittelgroße Revolution und ist sehr komplex.
PS. In einer solchen Welt ist der Zugriff auf SAP über eine App wirklich kein Thema. Ich würde allerdings dann kein Handy Nehmen. Das Ding ist schon sehr gesprächig (Ton / GPS / Nutzerverhalten).
„Mehrere zehntausend grosse und hundertausende kleine Funkgeräte kauft man nicht mal eben in ein paar Wochen. Aber bestellen, das kann man, sofort, an einem Tag, mit einem Handgriff.“
Bestellen kann man sicher, am günstigsten sicher direkt aus China.
Aber wenn man der Kommunikation vertrauen will – und genau darum geht es ja, muss man den Produktionsprozess überwachen und verifizieren können, dass keine Hintertüren eingebaut sind.
Das heißt es braucht eigentlich keine Neuentwicklung, wie wohl sinnigerweise angedacht, denn verschlüsselte Kommunikation ist ein gelöstes Problem. Es gibt bewährte Lösungen. Es geht nur darum, welche Hersteller die jetzt bald liefern können, kann man vertrauen. Das ist keine triviale Frage, aber es ist eben vor allen Dingen eine, die schon längst hätte gestellt werden müssen.
Langfristig kann man ja gerne etwas eigenes tolles (teures) entwickeln, aber wenn jetzt die Panzer unverschlüsselt kommunizieren müssen, dann muss dafür jetzt eine Lösung her, denn die Partner weigern sich zurecht das hinzunehmen. Das ist einfach grob fahrlässig. Jedes Smartphone würde mehr Sicherheit bieten.
Zynisch betrachtet ist die Weitergabe von Verschlußsachen über das öffentliche Mobilfunknetz ja schon eine hochverschlüsselte Kommunikation, zumindestens im Vergleich zu dem Standard der Masse unserer Truppenfunkgeräte. Wie angreifbar man sich mit solchen Gurkenlösungen macht, dass zeigt der Krieg in der Ukraine aktuell. Erschreckend ist, dass dieses Thema bereits seit Jahrzehnten bekannt ist und bei den Verantwortlichen in den Beschaffungsvorhaben stehen sollte.
War man dank dieser Mängel bisher „lediglich“ nicht mehr interoperabel bei internationalen Übungen, so gefährdet man aktuell damit Leib und Leben unserer Soldaten und die Glaubwürdigkeit unserer militärischen Abschreckung gegenüber Russland.
Im Vergleich zu unseren Verbündeten, die mit deutlich weniger Mitteln in kritischen Bereichen deutlich besser aufgestellt kommt Deutschland hier wohl ziemlich unfähig rüber.
Auch noch einmal herzlichen Dank @T.W. für den Artikel.
Er beschreibt sehr gut, wie sich die Situation bei eFP in Litauen gestaltet.
In Anbetracht der Diskussion über Material und Personal für weitere deutsche Beteiligungen im NATO-Rahmen ist der aktuelle Ansatz der Briten mit dem Konzept Joint Expeditionary Force (JEF) sehr interessant.
Gut zu wissen wäre es zudem, wie sich sich die litauische Seite das Zusammenwirken von eigenen Kräften (inbegriffen die von Deutschland geführten Battlegroup in Rukla) , NATO-Eingreiftruppe und Einheiten aus bilateralen Verbindungen (JEF) denken mag. Diese Frage stellt sich nicht nur für Litauen, sondern auch für die übrigen baltischen Staaten und womöglich auch für Finnland demnächst.
Ja, ja – die Funksysteme.
Da freut sich der Fernmeldeoffizier in mir. Leider ist da ncihts Neues dran, kein Problem das nicht schon seit langem bekannt wäre.
Teil des Dramas ist nicht nur die Technik sondern auch die Struktur. So habe ich mal Bauklötze gestaunt als mir bei der Wehrübung in einem LogBtl. (seinerzeit der NRF zugeteilt) gezeigt wurde wie die Gräteausstattung des Fm-Zuges der 1./ aussahe, bzw. laut STAN aussehen sollte. Gemäß dieser war für den Btl.Gefechtsstand ein FFOBZB ausreichend und auch die Menge an Kabeln war – nun sagen wir mal – überschaubar.
Parallel sollte das Bataillon aber, zusammen mit der Schwestereinheit, einem Inst-Btl. die logisitsche und instandhalterische Unterstützung für einen nicht näher benannten Großverband sicherstellen können.
Mit einer Kommunikationstechnologie die schon veraltet und unzureichend war als ich geboren wurde.
Den Truppenübungsplatzaufenthalt nebst Gefechtsstandübung bei der jeder der Herrn S-Offiziere ein Telefon haben wollte haben wir dann dank Schwarzmaterial und GGG (geborgt, gebettelt, geschickt akquiriert) irgendwie darstellen können. Lustig war das zwar – aber auf eine wirklich unschöne Art.
Das war so gegen 2008 – ich hatte echt gehofft es hätte sich was verbessert.
[Jaja, diese FFOBZB. Haben wir ja alle ein Problem mit, vor allem, weil die meisten nicht wissen dürften, was das sein könnte… T.W.]
Ich werde immer fassungsloser, wenn ich lese, wie katastrophal schlecht – anders kann ich es nicht bezeichnen – zumindest teilweise die Ausrüstung unserer Streitkräfte ist!! In den letzten Jahren schon sagte ich – die Lacher auf meiner Seite – dass wir vor Putin keine Angst haben müssen – die ersten russischen Panzer, die in Frankfurt/Oder oder in Görlitz rüber wollen, krachen auf unseren maroden Brücken gleich ein…. *Ironie off*
Ernsthaft jetzt: WOFÜR haben unsere verantwortlichen Politiker in den letzten Jahrzehnten eigentlich ihre Diäten erhalten??? Was haben die gemacht???
Soviel politische Naivität, wie beim Zustand unserer Bundeswehr jetzt zutage tritt, ist unverantwortlich – eigentlich müssten die früher Handelnden vor Gericht gestellt werden!
@all
Ein interessanter und zutreffender Bericht, der nur leider die militärische desolate Lage korrekt beschreibt, die politische Lage aber ausklammert und sich manche Foristen über die Mängel weidlich auslassen.
Wie sieht das Marketing oder auch Öffenlichkeitsarbeit, Präsenz in der Öffentlichkeit usw, usw.der Bundeswehr aus?? Wer etwas verkaufen will, muss überzeugen, ergo wer Sicherheit verkaufen will muss noch mehr überzeugen gegen eine Vielzahl unterschiedlicher Ansprüche.
Wir haben eine Palamentsarmee, jede einzelne Abgeordnete, jeder einzelne Abgeordnete muss überzeugt werden.
Jeder , wirklich jeder hier kann seinen Beitrag zur Besserung leisten in dem er seinen örtlichen Bundestagsabgeorneten permanent mit diesem wichtigen sicherheitspolitischen Thema im wahrsten Sinne des Wortes „auf den Sack“ geht. Das ist hochkomplex und wahnsinnig anstrengend. Im Nachbarwahlkreis des verstorbenen MdB Thomas Oppermann und MdB Jürgen Trittin gab es sehr wohl solche Diskussionen.
In solchen Diskussionen muss man allerdings auf weiteren Gebieten ausgezeichnet vorbereitet sein, sonst fliegt einem das eigene Anliegen um die Ohren!
Also viel Spaß bei der Diskussion mit dem örtlichen MdB.
Zielführender geht’s nicht.
Herzlichen Dank an den Hausherrn für den hervorragenden Bericht. Genau so sollte solide, belastbare journalistische Arbeit aussehen.
@TW: haben Sie natürlich recht – mein Fehler. Im Sinne der Lesbarkeit wäre es besser gewesen Kurbeltelefon oder Feldfernsprecher zu schreiben.
Aus langer leidvoller Erfahrung: Das begrenzte Interesse der Politik und die Dysfunktionalität der Beschaffungsvorgänge waren zwar ungünstige Rahmenbedingungen für die technische Führungsfähigkeit. Zuallerst lag es aber an Gleichgültigkeit operativer Führer gegenüber diesem „Spezialistenkram“ – trotz offensichtlicher Relevanz für die Einsatzfähigkeit ihrer Waffensysteme bei allem jenseits statischer Auslands-Kriseneinsätzen. Jahrzehnte, in denen man mit anderen Qualitäten Karriere machte, haben blinde Flächen beim Führungspersonal nachhaltig eingebrannt. Beispiel, wie sie zahlreich selbst erlebt habe: Ein operativer Zweisterner nimmt sich bei der TSK-internen (Vor-) Abstimmung zur Priorisierung Beschaffungsprojekten nicht eines einzigen der ihm ans Herz gelegten IT-Projekte an, um die dann nach oben/außen zu vertreten. Zutiefst selbst schuld schon auf der militärischen Seite!
Die Bundeswehr war seit dem Ende der Ost-West-Konfrontation in einer undankbaren Lage: Zum einen war politische Vorgabe, nach dem Ende des kalten Krieges die Friedensdividende auszuschütten – heißt für die Bundeswehr: sparen.
Zum anderen sollte die Bundeswehr von einer 500.000/1,2 Mio.-Mann-Armee für die Panzerschlacht in Deutschland umgewandelt werden für eine Interventionsarmee in aller Welt. Dafür mußte (müßte) sich die Bundeswehr komplett neu erfinden – und das kostet.
Nach meiner Wahrnehmung galt in den letzten Jahrzehnten in jeder Partei: Friedensdividende vor Umrüstung.
Scholz hat das Verdienst, mit seiner 100 Milliarden-Rede – übrigens sind die 2% viel wichtiger als die Einmalsumme – die Idee der Friedensdividende abgeräumt zu haben. Völlig unklar ist allerdings, wie die Bundeswehr in Zukunft aussehen soll. Das macht verantwortliches Geldausgeben nicht einfacher.
Zugegeben – gute Kommunikationsinfrastruktur ist in jedem Szenario nötig.
Falls die Rückschau erlaubt sein sollte, so gab es doch erst im September 21 die Meldung, die Bw wolle für 600 Mio € Retro-Funkgeräte aus dem Jahr 82 über den französischen Rüstungskonzern Thales Deutschland beschaffen… Ist das noch aktuell und wie steht man heute dazu ?
[Jaja, diese FFOBZB. Haben wir ja alle ein Problem mit, vor allem, weil die meisten nicht wissen dürften, was das sein könnte… T.W.]
Made my day! ;-)
(Okay, googeln hilft auch hier und der gute alte Acker-Schnacker war gemeint…).
@saarnebel
Inkompetenz ist doch nicht strafbar oder? oder wollen Sie anklagen wegen Wehrzersetzung (oder wie das mal hieß)?
Jetzt weiß ich im übrigen warum ich vor knapp 20 Jahren keinen Bock mehr hatte auf BW, obwohl ich ein Angebot als OA bekommen hatte. Dummerweise hatte das Kreiswehrersatzamt mich aus Versehen eingezogen trotz OA Bewerbung. Meine ersten Monate hatten mich direkt geläutert, dann hatte ich keine Lust mehr als das Angebot kam, schlimmster Amtsschimmel, ich hab eigentlich die ganze Zeit gebettelt irgendwas vernünftiges machen zu dürfen….
Als Vorschlag:
Kann man sich bei den Systemen nicht irgendwie an Nachbarländer ranhängen, die es drauf haben mit digital und so? Also „liebe Niederländer, was habt ihr da schönes und wo können wir das bestellen?“
Danke an @T.W. Ein sorgfältige Recherche, eine zutreffende Analyse.
Mir scheint, dass dies gehaltvoller ist, als manche Dienstaufsichtreise der politische Leitung/militärischen Führung.
Beschämend ist, dass wieder von jahrelang bekannten Mängelnd die Rede ist, viele wirklich treffend durch @T.W. herausgearbeitet.
Führungsfähigkeit im Heer, seit Jahren bekannt, bewegt hat sich wenig, oh, doch ein zusätzlicher B6, seit Februar 2020 Chief Digital Officer für landbasierte Operationen im Kommando Heer. Was dieser macht, bleibt im Dunkeln, medial nette Auftritte eines auf jugendlich getrimmten Generals lösen halt keine Probleme. Der Insp H schwimmt in diesem Fahrwasser, immer mal für eine mediale Schlagzeile gut. Wenn er nur halb so viel Energie aufbringen würde, um seinen ‚Laden‘ mal gründlich durchzupusten oder auch nach seiner eigenen Verantwortung zu fragen. Na kennen wir, Schuld sind immer die anderen. Wie lange wird es dauern, bis wir nicht nur von Kriegstüchtigkeit im Heer reden, sondern auch mal das Spitzenpersonal sich dieser Verantwortung stellt. Ich ahne schon, gähn und zu subjektiv, doch es muß noch einmal raus, schauen wir uns vergleichbares Personal in Niederlanden, Norwegen, Israel, USA an. Ich finde in Deutschland fehlt der Mut, bei Spitzenkräften der Bundeswehr und auch des BMVg, die auszusortieren, die es wie man im Feldheer sagt, „es einfach nicht bringen“ oder auch „Schwatzen und Schönreden war gestern“!
Ach ja, was ist eigentlich mit all denen, welche die Beschaffungsorganisation in diesen Zustand gebracht haben, welche persönlich an Verschwendungen und Fehlplanungen einen großen, gar den großen Anteil trugen? Namen wurden in anderen Fäden schon genug genannt. Mag @T.W. auch nicht so hier. Okay! Doch das wäre auch mal eine Recherche der Presse/der Medien wert. Ergebnis ahne ich schon, alle gefördert, befördert und lukrative Dienstposten, oder noch schlimmer, nun Projektbeauftragte BMVg zur Neuordnung……Wenn die Lage nicht so bitterernst wäre, könnte man manchmal an eine Komödie denken, oder an „Verstehen Sie Spaß?“ Ob Frau Lambrecht sich wohl für das alles interessiert? Sicher gibt es andere wichtige Termine.
@all: Als ein Unbedarfter: Kann man sich für die EFP Battlegroup aus multinationalem Verband nicht die entsprechende Funkausstattung bei den beteiligten Partnern leihen/leasen, etc.?
Ich weiß – ich weiß – das wird als eine sehr naive Frage eingestuft werden. Aber wenn man schon auf internationale Kampftruppen setzt, sollte man konsequenterweise auch die Harmonisierung/Abstimmung der technischen Systeme bei der Aufstellung mit einplanen. Schließlich gibt es ja jetzt bereits ein paar Jahre Erfahrung mit dieser Konstellation.
@Dominik: Genau das wird als „einsatzbedingter Sofortbedarf“ und ähnliche Schnellbeschaffungen ja schon lange getan. Um mit den anderen NATO Truppen in Afghanistan funken zu können wurden einige wenige PRC-117G und andere Funkgeräte aus den USA gekauft. Was dazu führte, daß so eine Fernmeldestaffel dann mit doppeltem Funkgeräteaufbau jonglieren musste. Einmal das moderne für die NATO Partner und dann die Kalter Krieg Museumsstücke der Bundeswehr um mit den eigenen Soldaten funken zu können. Alles nichts neues und lange bekannt, aber die Mängel abzustellen ist offenbar unmöglich. Die breite Beschaffung von software defined radios für die Bundeswehr ist bisher genauso erfolgreich wie alle anderen Vorhaben der öffentlichen Hand in Deutschland die letzten Jahrzehnte. Zum Beispiel das vergleichbare Projekt TETRA als digitalen BOS Funk zur EXPO2000 einzuführen.
Wenn die Waffensysteme fehlen, dann ist die Politik schuld. Wenn die Einsatzfähigkeit nicht gegeben ist, dann ist die militärische Führung schuld.
Oder versteht sich die militärische Führung so ganz grundlegend als gar nicht zuständig dafür? Zu beschäftigt mit der Organisation von dog and pony shows?
Hmm, wo habe ich das in letzter Zeit schon einmal gehört?
Ich will der deutschen Generalität nichts böses (sie ist vermutlich besser als ihr Ruf), aber manche Herren sollten sich vielleicht schon einmal fragen welche unrühmlichen Vergleiche sich da in letzter Zeit ziehen lassen und wie es eigentlich soweit kommen konnte. Der Etat ist da sicher ein wesentlicher Punkt, aber Einsatzbereitschaft fängt im Kopf an und der Etat war in den letzten Jahren eben auch nicht gerade klein im internationalen Vergleich.
An der bald tausende Kilometer langen EU-Aussengrenze zum Reich der Bösen geht es nicht um ein paar zusätzliche Sicherheitskräfte.
Wir reden davon den schon zu Friedenszeiten über 400.000 Mann starken russischen Truppen jede Chance auf einen Vormarsch zu nehmen. Ob jetzt neben 6000 lettischen Soldaten noch 1200 deutsche Soldaten stehen macht exakt NIX aus.
Die Ukrainer haben gezeigt wie das geht, Umfangreiche Komplexe Verteidigungsanlagen, jahrelang geplante Defensivmaßnahmen, dauerhaft stationierte Vollprofis in Divisionsstärke.
Nur: Das wird nicht kommen. Denn dazu wären „Maßnahmen“ notwendig.
„Maßnahmen“? Meine Güte! Letztens ist mir einer begegnet, der sprach sogar von „Handlungen“! Im Zusammenhang mit „Personen“! Man denke: „Personen“! Und „Handlungen“! Dagegen ist „Maßnahmen“ ja glatt harmlos. Das geht so nicht.
Ein Vorteil hat der Mangel an Fernmeldegerät, da können wir unsere Stärke, Auftragstaktik voll ausspielen 😎
Dank T.W. für diese Reportage.
In ihrem aktuellen Ausrüstungszustand scheint unsere Bundeswehr aber auch eine Rolle als „Stolperdraht“ nicht erfüllen zu können. Selbst gegen einen so inkompetenten Sauhaufen, wie ihn die russische Armee aktuell darstellt wäre die Bezeichnung „Kanonenfutter“ wohl die passendere Bezeichnung. Aber so lange die russische Armee in Sachen Baltikum nicht ‚ernst macht‘ und, wenn die Einschätzungen der Briten zutreffen, wird die russische Armee im Baltikum auch in den nächsten 10 – 20 jahren nicht ‚ernst machen‘ können, dann haben wir vielleicht noch die nötige Zeit dafür zu sorgen, dass sich unsere Bundeswehr im Ernstfall nicht völlig blamiert. Man soll ja die Hoffnung nicht aufgeben.
Es ist viel schlimmer. Die beschriebene „Drehstuhlschnittstelle“ hatte ich schon einigen Jahren bei einer Dienstreise zu eFP BG irritiert bewundert.
Der Grund der Reise: angeblich würde vom DEU Ktgt eFP BG ein topmodernes Lageinformationssystem eines europäischen Herstellers während einer Übung (glaube auch Iron Wulf) benutzt, die die bruchfreie Interoperabilität mit den Partnern vor Ort gewährleiste. Ein modernes Märchen.
Gesehen habe ich im Gefechtsstand die beschriebene Batterie aus Funkgeräten, die ein Oberleutnant bändigte. Daneben den obligatorischen Aufsteller mit Korkplatte, die darauf gepinnte Papierkarte und die aufgespannte „Elefantenhaut“ zum drauf rummalen, dazu Klebchen, Fähnchen, Zettelchen.
Ein Feldwebel organisierte (von „führen“ konnte kaum die Rede sein) aus den rauschigen Funksprüchen die Lage analog auf der folierten Papierkarte.
Dahinter saß die eigentlichen Drehstuhlschnittstelle: ein Mannschafter an einem Tischchen vor einem Laptop, den er von den Litauern ausgeliehen bekommen hatte und auf dem litauschen Laptop lief das topmoderne Lageinformationssystem. Warum? Der arme deutsche Mannschafter digitalisierte für den Gesamtlage im litauischen Brigadestab den ganzen Tag die mühsam organisierte analoge deutsche Papierlage zurück in die interoperable Softwarewelt der Litauer. Sonst hätte es wohl keinen digitalen deutschen Beitrag zum interoperablen Gesamtlagebild gegeben. Peinlich… allein der Zeitverzug und Übertragungsfehleranfälligkeit.
Aber halt auch irgendwie normal bei den Deutschen! Angezweifelt hat das so richtig keiner. Und es macht auch für besuchenden Laien im deutschen Gefechtsstand den gewaltigen Eindruck militärischer Geschäftigkeit und Hektik, wenn so einer seinen Kopf in diesen Gefechtsstand steckte.. miefige Enge, Rauschen und Knacken der Funkgeräte, Stimmenwirrwarr, Stressgesichter.. am Ende ein TPz in dem einer was mit FüInfoSysH machte… ahhhh hier wird „Krieg geführt“, „Prima: weiter so!!“
Habe auch den litauischen Brigadegefechtsstand besucht. Vier aufgeräumte große miteinander verbundene Zelte, Platz, Ruhe, wenig Hektik, ordentliche Arbeitstische mit neuen Laptops, das digitale Lagebild in groß von Beamern an die Wand geworfen und geschultes Personal, dass das topmoderne Lageinformationssystem bediente. Ein ziemlicher Gegenentwurf zum deutschen Vorgehen.
Führungsfähigkeit ist im Einsatz das A+O!
Die Funktechnik war zu meiner aktiven Zeit schon fragwürdig. Vielleicht versucht man wieder im Heeresamt oder in der Beschaffung das Kommunikationsgerät der Zukunft zu entwickeln statt etwas marktgängiges einfach zu kaufen. Dann haben eben die Holländer das gleich Gerät, so what!.
Der Inspekteur hat es erkannt und angesprochen. Ich vermisse jedoch den Willen etwas schnell zu verändern und unsere Truppe zumindest auf den heutigen technischen Stand zu bringen.