Haenel von Vergabe des neuen Sturmgewehrs ausgeschlossen (Update)

Die Thüringer Firma C.G.Haenel, die als Lieferant des neuen Sturmgewehrs der Bundeswehr ausgewählt worden war, soll vom Vergabeverfahren für die neue Standardwaffe der Streitkräfte ausgeschlossen werden. Grund dafür sind mögliche Patentrechtsverletzungen, wie das Verteidigungsministerium Abgeordneten von Verteidigungs- und Haushaltsausschuss mitteilte. Eine offizielle Bestätigung lehnte das Ministerium zunächst ab.

Über die – nicht völlig unerwartete – Entscheidung hatte am (heutigen) Montagabend zuvor unter anderem die Deutsche Presse-Agentur berichtet. Mit einem Ausschluss von Haenel aus der Vergabe bleiben damit zwei Gewehre des Konkurrenten Heckler&Koch im Verfahren; ob die jetzige Entscheidung automatisch mit einem Zuschlag für das Oberndorfer Unternehmen verbunden ist, blieb zunächst unklar.

Die Vergabe eines neuen Sturmgewehrs für die Bundeswehr war im April 2017  ausgeschrieben worden, nachdem die damalige Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen nach Berichten zu Problemen mit dem G36 von Heckler&Koch auf die Beschaffung eines neuen Gewehrs gedrungen hatte. Im September 2020 hatte die Vergabestelle des Bundesamtes für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) den Maschinenkarabiner 556 (MK556) von Haenel als künftige Standardwaffe ausgewählt; ein entscheidendes Kriterium war dabei die höchste Wirtschaftlichkeit aller Angebote.

Allerdings wurde das Verfahren bereits im Oktober vergangenen Jahres wieder gestoppt: Der unterlegene Konkurrent Heckler&Koch hatte bemängelt, bei der Waffe von Haenel werde eines seiner Patente verletzt; dazu ist auch eine Klage von Heckler&Koch beim Landgericht Düsseldorf anhängig. Das Verteidigungsministerium beauftragte daraufhin einen Patentanwalt mit der Bewertung des Sachverhalts.

Hintergrund ist dabei nicht nur die mögliche Verletzung des so genannten Over-the-Beach-Patents von Heckler&Koch, sondern auch eine weitere mögliche Verletzung eines Patents der US-Firma Magpul bei den Magazinen der Waffe von Haenel. Bei der Entscheidung, Haenel aus dem Verfahren auszuschließen, sollen beide Patente eine Rolle gespielt haben.

Das Unternehmen aus Suhl in Thüringen hatte bereits Anfang Februar unter Berufung auf eine eigene vergaberechtliche Prüfung durch eine Anwaltskanzlei die Vorwürfe in beiden Fällen zurückgewiesen. Die von Haenel beim MK556 genutzte technische Vorkehrung für die Schussbereitschaft nach Auftauchen aus dem Wasser (Over the beach) entspricht allerdings dem absoluten Stand der Technik, der bereits seit Jahrzehnten in verschiedenen Gewehren internationaler Hersteller zu finden ist, argumentierte das Unternehmen. Eine Patentverletzung scheidet hier aus.

Auch eine mögliche Patentverletzung beim Magazin habe keine Bedeutung für das Vergabeverfahren, erklärte Haenel: Das Unternehmen hat an keiner Stelle das zur Begutachtung freigebene Magazin zum Gegenstand des Angebots gemacht. Es ist daher nicht ersichtlich, inwieweit eine behauptete Patenverletzung Auswirkung haben sollte.

Ein Ausschluss vom Vergabeverfahren, so das Fazit von Haenel, sei damit unzulässig. Das deutet darauf hin, dass die Entscheidung von Vergabekammer beim BAAINBw und Ministerium vermutlich vor Gericht angefochten werden wird.

Neben dem MK556 von Haenel lagen der Vergabestelle bei der Vergabeentscheidung im vergangenen Jahr die beiden Sturmgewehre HK416 und HK433 von Heckler&Koch vor; bei einem Ausschluss von Haenel stehen also formal nur diese beiden Waffen zur Auswahl. Ob BAAINBw und Ministerium allerdings dann tatsächlich ohne neues Verfahren die Entscheidung treffen können, ist wohl eine juristische Frage.

(Foto: MK556 – Werksfoto Haenel)