Intervention vom BMZ-Staatssekretär: „Deutschland sollte interventionsfähig sein“
Die Forderung, Deutschland müsse sich in seinem Umfeld bis hin nach Afrika auch militärisch mehr engagieren und auch zu Interventionen bereit sein, ist in der politischen Debatte hier nicht unbedingt ungewöhnlich. Jetzt kommt sie allerdings von einer Seite, von der es bislang so nicht zu erwarten war: Unter der Überschrift Deutschland sollte interventionsfähig sein hat sich der Staatssekretär im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ), Martin Jäger, in einem Gastbeitrag in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung recht eindeutig zu Wort gemeldet.
In seinem Gastbeitrag (Update: jetzt auf der FAZ-Seite online, Link aus bekannten Gründen nicht) begründet Jäger die Forderung, Deutschland und Europa sollten aus eigener Kraft interventionsfähig werden, mit dem zunehmenden Rückzug der USA aus internationalen militärischen Einsätzen zur Krisenbewältigung und Stabilisierung. Den Europäern falle jetzt die Aufgabe zu, an ihrer Südostflanke und im Mittelmeer Ordnung zu organisieren: Resignativer Pazifismus hat darauf keine Antwort. Auch mit der Anrufung von wirtschaftlicher Stärke und soft power ist es nicht getan. Die Bundesrepublik muss ihr Verhältnis zur Intervention überdenken.
Deshalb wäre es ein Fehler, die Bundeswehr von der Einsatzstreitkraft zur Heimatschutzarmee zurückzubauen, warnte der Staatssekretär. Deutschland müsse zu militärischen Interventionen im Zusammengehen mit den anderen Europäern, vor allem mit Frankreich, bereit sein: Wer in Berlin zögert, sollte bedenken: Auch der Verzicht auf eine Intervention hat Konsequenzen. Das lehrt in tragischer Weise das Beispiel Syrien.
Konkret nannte Jäger als mögliche Aktivität eine Beteiligung an der von Frankreich geführten (und von Deutschland zwar politisch, aber nicht militärisch unterstützten) Spezialkräfte-Aktion zur Terrorbekämpfung Takuba im Sahel oder die – von der Bundesregierung nur eingeschränkt vorgesehene – Begleitung von Bundeswehr-Ausbildern in Gefechte der Auszubildenden. Völkerrecht und Grundgesetz lassen mehr Raum, als wir nutzen, argumentierte der BMZ-Staatssekretär.
Es fehlt uns nicht an militärischen Fähigkeiten, politischer Wille zählt, schrieb Jäger. Das dürfte vor allem für einen seiner Vorschläge gelten, der weniger mit den zuvor angesprochenen Interventionen zu tun hat, sondern schon auf eine andere Dimension hindeutet: Deutschland liefert Partnern wie der Ukraine Milan-Lenkwaffen zur Selbstverteidigung.
Nun scheint es etwas ungewöhnlich, dass eine solche Wortmeldung nicht aus den Reihen der Politik oder, von Seiten der Bundesregierung, aus dem Auswärtigen Amt oder dem Verteidigungsministerium kommt. Aber eine Erklärung dafür liefert vielleicht ein Blick in Jägers Biographie: Der Berufsdiplomat war in seiner Laufbahn unter anderem Pressesprecher des damaligen Außenministers (und heutigen Bundespräsidenten) Frank-Walter Steinmeier. Und deutscher Botschafter in Afghanistan.
(Archivbild: Jäger mit der Vorstandssprecherin der Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit, Tanja Gönner, im Juli 2019 bei der GIZ-Bilanzpressekonferenz in Berlin – Thomas Imo/photothek.net)
@Sebastian
„Und Mut braucht man leider mittlerweile auch für solch ein Statement.“
Das entspricht nicht meiner Beobachtung. In der Minderheitsposition – und nur dazu braucht man Mut bzw. Zivilcourage- befindet man inzwischen wenn man sich für die „Nichtintervention“ einsetzt. Von den „Grünen“ bis zur CSU gibt es keine Interventionshemmnisse. Wieso braucht es „Mut“ für eine Mehrheitsposition?
„Ein Bundespräsident ist nach dem Shitstorm für ähnliche Aussagen schonmal zurück getreten.“
– Dieses Ereignis liegt inzwischen schon mehr als 10 Jahre und einige Interventionseinsätze der Bundeswehr zurück. Passt daher nicht ganz als zeitgemäßes Argument, insbesondere auch weil der damalige Bundespräsident nicht wirklich heftig angegangen wurde und völlig überraschend zurücktrat.
– In der „Welt“ stand damals, Zitat: „…Horst Köhler unerwartet verkündete, er werde als Staatsoberhaupt zurücktreten – „mit sofortiger Wirkung“. Es folgte eine recht dürre Erklärung…“ Zitatende.
@Pete:
Den Zusammenbruch der Sowjetunion und die friedliche Wende und Wiedervereinigung Deutschlands. Ohne nukleare Abschreckung und Westbindung wäre das nicht möglich gewesen.
Richtig. Deshalb sprach ich ja auch davon, dass neben der Fähigkeit auch der Wille zur Intervention von Bedeutung ist. Seestreitkräfte beispielsweise müssen mitunter gar nicht auslaufen, um dem Gegner die Seeherrschaft zu verweigern und sein eigenes Handeln zu beeinflussen. Die bloße Existenz wirkt somit bereits. Man bezeichnet das dann auch als „Präsenzflotte“.
Ich dachte zwar eher an Abschreckung vor einer aggressiven Beeinträchtigung von Interessen, aber dass Sie wenig überraschend genau diese Interpretation gewählt haben, zeigt ganz anschaulich, wie Ihr Denken so funktioniert. It takes one to know one…
@Metallkopf
„…Das ist eine stramme Behauptung. Haben Sie dafür Belege?
Den Zusammenbruch der Sowjetunion und die friedliche Wende und Wiedervereinigung Deutschlands. Ohne nukleare Abschreckung und Westbindung wäre das nicht möglich gewesen…“
– Ich hatte auf Ihren Kommentar zur „Interventionsfähigkeit“ geantwortet. Das Beispiel des Zusammenbruchs der Sowjetunion hat absolut NICHTS damit zu tun. Dieser war eben nicht einer „Interventionsfähigkeit“ der NATO geschuldet, sondern der glaubwürdigen Abschreckung in Verbindung mit der Bereitschaft zum Dialog. (Harmel) Das ist in meinen Augen exakt das Gegenteil von dem was die NATO heute macht.
– Die Strategie der Abschreckung zielt dezidiert NICHT auf Interventionsfähigkeit ab, sondern auf eine glaubwürdige Verteidigung.
„…Ich dachte zwar eher an Abschreckung vor einer aggressiven Beeinträchtigung von Interessen, aber dass Sie wenig überraschend genau diese Interpretation gewählt haben, zeigt ganz anschaulich, wie Ihr Denken so funktioniert. It takes one to know one…“
Ich weiß beim besten Willen nicht, was Sie damit inhaltlich aussagen wollen.
Waren Frankreichs Interventionen in Nordafrka ein Erfolg oder der Beginn des Chaos in Libyen? Letztlich die Destabilisierung im Mittelmeer und der EU durch die Bootsflüchtlinge. Welche Intervention der letzten Jahre war überhaupt ein Erfolg? Evtl. die Krimbesetzung? In der Ost-Ukraine waren die Russen schon weniger erfolgreich. Evtl. war China im „Süd-Chinesischem-Meer“ erfolgreich?
Ohne Schusswechsel. Wie die Russen auf der Krim. Aber welcher Waffengang brachte wirklich Erfolg?
@Hoffnungslos: Sehr gut erkannt, wo gab es erfolgreiche Ansätze zum Regime Change?
Ich denke aber, darauf will Jäger gar nicht hinaus.
@Hoffnungslos:
Der Kampf gegen den IS – an dem sich Deutschland erst zögerlich und halbgar beteiligte. Auch damals versteckte man sich sehr lange hinter dem GG.
Weil hier das Thema Abschreckung durch Interventionswilligkeit & Interventionsfähigkeit aufgegriffen wird.
Wir erinnern uns zum Beispiel nur mal an den Kosovokrieg.
Da hat Milosevic sich nun nicht abhalten lassen von der Interventionswilligkeit & Interventionsfähigkeit der NATO. (nach Desert Storm im Irak war die Interventionswilligkeit bewiesen).
Radko Mladic hat sich auch nicht einschüchtern lassen und es kam zur Operation Deliberate Force (Bosnienluftangriff von NATO + UN)
Hussein hat sich nicht einschüchtern lassen durch Operation Desert Strike und Operation Desert Fox (am Ende kam Irakkrieg 2003)
Ich glaube diese Abschreckungswirkung (Interventionsfähigkeit) wird maßlos überschätzt.
Wichtig bei Interventionen ist der lange Atem (zur Not auch Jahrzehnte die Intervention durchzuziehen) und ich weiß nicht, ob Demokratien diesen überhaupt haben. Prinzipbedingt wegen Wahlen.
Militärische Intervention und vorgegebenes Ziel müssen übereinstimmen. Politiker, die außer humanitärem genderklima-Sprech nichts realistisches auf Effekt in Zeit und Raum liefern und regierungsquerschnittlich keinen vernetzten Ansatz organisieren können, werden mit militärischem Eingreifen nichts wirklich bewirken.
Da stellt sich z.B. die Frage, ob ein heutiger BuKa die Rolle als nächsthöherer IBuK aktiver ausgestalten sollte und dazu die Richtlinienkompetenz einsetzt. Um sich das am Ende aber im Parlament wieder zerpflücken zu lassen . . .
@FriedrichderZwote: Zustimmung!
Ein Pariah-State wie z. B Nazideutschland beruht ja auf politischen Realitäten und Strukturen der Macht.
Eine einfache Intervention ändert da nichts an lang anhaltenden Einstellungen der Eliten, der Bevölkerung und zugrundeliegenden, sich autopoitetisch erhaltende Systeme und Narrative.
Wie lange hat es gedauert bis der Michel sich von den Narrativen vom“ Versailler Diktat“ und den antisemitischen Verschwörungstheorien verabschiedet hat. Wie würden Erzählweisen durch das Trauma Napoleonischer Besatzung geprägt und unterfüttert? Hat er das bis Heute gesamtgesellschaftlich betrachtet, wenn man „Der Flügel“ betrachtet?
45 Jahre bis 1990 zum 2+4 Vertrag, bis dahin eine allgegenwärtige USA auf allen Ebenen der Herrschaft und Macht bis hin zur Erziehung wie vor allem im Zaum halten der verbitterten weiteren Siegermächte.
Auf MeNa übertragen werden die Menschen dort Intervention im Prinzip nach dem Kolonialtrauma verabscheuen wie der Teufel das Weihwasser. Sowohl im Irak wie Afghanistan blicken einfache Menschen auf Weltkulturerbe an Tempeln und Ruinen antiker Besatzer mit dem Wissen, irgendwann sind sie weg. (Peter Scholl Latour RIP lässt grüßen)
Wer einfach mal Interveniert im Sinne von „bis Weihnachten sind wir wieder zu Hause“ ala Kaiser Wilhelm „should have his head examined“ (Senator John McCain RIP lässt grüßen)
Ich glaube nicht. Unterschätzt hatten die Bosnischen Serben wohl eher den konkreten Interventionswillen der NATO ihnen gegenüber. Desert Storm war in dieser Hinsicht kaum ein Präzedenzfall, denn in Bosnien gibt es bekanntlich eher Oliven- als Erdöl.
Was aber als gegeben vorausgesetzt werden kann: Wer schon gar nicht zur Intervention fähig ist, kann sich die Frage nach der Glaubwürdigkeit seiner Interventionsabsichten glatt sparen!
Derartige Abschreckung hat was mit Glaubwürdigkeit zu tun. Die ist eben schnell verspielt, wenn man ständig rote Linien in den Sand zieht und dann nichts macht, wenn diese überschritten werden. Und ist auch nach einmaliger Intervention nicht notwendig universell vorhanden.
Ob eine Intervention nun so vorteilhaft ist, kann dahingestellt bleiben. Der Einsatz militärischer Mittel ist letztlich vom Standpunkt der Maximierung von Handel und Wohlstand nie wirklich „vorteilhaft“, aber eben leider manchmal dennoch notwendig, wenn man seine eigenen Werte und sicherheitspolitischen Interessen ernst nimmt, vor allem aber gegenüber jenen, die sich an internationale Abmachungen selbst nicht halten.
Eine terroristische Gruppierung wie den IS in Syrien und Irak ohne Intervention einfach zu tolerieren, hätte auch einen Preis getragen. Ebenso, wie auch die Intervention ihren Preis gehabt hat.
Wer keine Interventionsfähigkeit besitzt, ist im Zweifel gezwungen, immer den Preis des Nichtstuns bezahlen, wenn Verhandlungen scheitern und andere handeln.
@Metallkopf:
Sie haben hier geschrieben, dass eine Abschreckung allein durch das Vorhandensein der:
– Interventionsfähigkeit (Interventionsfähige Streitkräfte) UND
– Interventionswilligkeit (den Willen auch diese Streitkräfte einzusetzen)
vorhanden ist und deshalb schon der Gegner still hält.
Ich bin der Meinung, dass diese Abschreckung maßlos (wirklich stark übertrieben) überschätzt wird.
Die Beispiele von Milosevic, Mladic, Hussein sind doch hervorragend um meinen Standpunkt zu untermauern. Weitere Beispiele sind noch in Zentralafrika, Südafrika und Südostasien zu finden.
Den Anführern von „Schurkenstaaten“ (meine Definition), die es eben mit Menschenrechten, Umweltschutz, Pressefreiheit und Demokratie nicht so genau nehmen ist es fast schon egal ob irgendwo ein Staat existiert, der sie „wegintervenieren“ könnte (Streitkräfte) und „wegintervenieren“ wollen würde (Wille zum Einsatz).
Eben weil diese Interventionsstaaten fast ausnahmslos Demokratien sind und die Intervention bei fast allen Schurkenstaaten auch richtig blutig enden (oder enden könnten), haben diese Anführer keine Angst.
Deshalb kann ein Herr Jäger groß was fordern, aber das schreckt trotzdem nicht ab und verhindert auch keine Greueltaten.
Beispiele gibt es in den letzten 20-30 Jahren zur Genüge, die die These der Abschreckung entkräften.
Wenn man es Ernst meinen würde mit Interventionswilligkeit, muss man zuerst einen gesellschaftlichen Konsens finden für welche Werte man sich einsetzten will.
Und dann muss man sich auch für diese Werte einsetzen, auf jeder Ebene und jederzeit.
Ja okay, hat man schon mit UN-Menschenrechtscharta etc. aber das ist das Papier leider nicht wert, weil permanent missachtet oder umgedeutet.
Dann muss man diese Schablone auch im normalen Wirtschaftsleben (mit dem Ausland) verwenden – da wird die Wirtschaft aber groß etwas dagegen haben (und der Konsument).
Also keine Papiertiger, sondern
– konsequente Handelsbeschränkungen bei bestimmten Rohstoffpartnern (z. B. Rohöl Saudi-Arabien),
– Kündigung der Sponsorverträge von Fußballvereinen mit Staaten, welche die Menschenrechte missachten (Qatar – Bayern München)
– Boykott von Produkten aus Staaten in denen ganze Bevölkerungsgruppen interniert werden und wo die Pressefreiheit mit Füßen getreten wird (China)
– Handelsbeschränkungen bei Staaten, die den Umweltschutz mit Füßen treten (endlose Liste – angefangen mit Brasilien)
und so weiter
Alles andere ist unehrlich und erkennt auch der Wähler und auch der Soldat.
Ich glaube die Mehrheit der Soldaten würde nämlich keinen „harten“ Interventionseinsatz der Bundeswehr mittragen. (mit hohen dreistelligen Toten pro Jahr)
Im Gegensatz zur Landesverteidigung, dort würde nur eine kleine Minderheit den Einsatz nicht mittragen.
Das ist der große Unterschied zwischen politischem Willen und auch tatsächlichem Willen.
Am Ende muss nämlich der Soldat (Bürger) auch diesen Einsatz mittragen.
Und genau DAS wissen auch die „Schurkenstaaten“.
(Hier in Deutschland kommt man im schlimmsten Fall in den Knast oder wird unehrenhaft entlassen bei Verweigerung Auslandseinsatz – dort kommt man ins Arbeitslager oder wird erschossen oder die Familie in Sippenhaft genommen)
Im Kern geht es im Artikel von Herrn Jäger und der Diskussion hier j auch nicht um Interventionen, sondern um das Verständnis, dass in gewissen Situationen Gewaltanwendung notwendig ist. Deswegen muss man nicht jeden regime change für richtig halten. Aber schon dieser Grundgedanke findet ja keinen Konsens (siehe Drohnendebatte).
Die (pseudo-)rechtlichen Diskussionen verdecken allzuoft nur dieses fehlende Grundverständnis von Konflikten.
Auch nach dem Kampf gegen den IS gab es hierüber keine ehrliche Diskussion, sondern weiterhin die Hoffnung es gäbe eine Arbeitsteilung in der Deutschland sich stets auf soft power begrenzen kann.
Oder der Herr Jäger versucht uns schonend mitzuteilen, dass die Zeiten des Rosinenpickens in der internationalen Zusammenarbeit unter den Demokratien sich gen Ende neigt…
@Memoria sagt:
„Im Kern geht es im Artikel von Herrn Jäger und der Diskussion hier j auch nicht um Interventionen, sondern um das Verständnis, dass in gewissen Situationen Gewaltanwendung notwendig ist.“
Die große Frage ist eben, wer ist es, ganz konkret, der Gewaltanwendung nach welchen Prinzipien legitimiert?
Nach dem nach wie vor gültigen Völkerrecht ist dies die UN-Charta. Der so genannte Westen – eigentlich gibt es ja keinen einheitlichen „Westen“ mehr – will sich diesem Völkerrecht nicht mehr „beugen“, er möchte selbst entscheiden was „gut“ und „böse“ ist und zwar nicht auf der Grundlage von allgemein gültigen Prinzipien, sondern auf Grund der willkürlichen Einsortierung von „guten“ und „bösen“ Staaten. Saudi- Arabien darf z.B. morden ohne Sanktionen zu erhalten, andere Staaten, wie z.B. Weißrussland, dürfen nicht einmal ähnliche Sanktionen gegen Demonstranten verfügen wie dies Frankreich oder auch zunehmend Deutschland wie selbstverständlich macht.
Wer glaubt, es würde um eine „Wertedebatte“ gehen, der glaubt auch an den Weihnachtsmann. Es geht schlicht und ergreifend um die Ausübung von Macht, um nichts Anderes, sowohl bei Russland wie auch bei der EU, wie auch bei den USA, wie auch bei China. „Gut und Böse“ ist nur ein Narrativ der jeweiligen Machtzentren um für ihre jeweilige Position die eigene Bevölkerung zu gewinnen. Wir müssen langsam erwachsen werden wenn wir den Frieden erhalten wollen.
@Tom Cruise:
Das ist eine fehlerhafte Interpretation meiner Aussagen. Es ist möglich, dass Gegner abgeschreckt werden, aber nicht zwingend. Das ist es bei menschlichem Verhalten nie. Manche Leute wollen einfach nur die Welt brennen sehen und denken nicht rational oder verkalkulieren sich schlicht und ergreifend. Denen kann man dann im Zweifel nur mit tatsächlicher Intervention begegnen.
Es bleibt aber dabei: Wer schon nicht kann, braucht gar nicht erst zu wollen. Und auch wer in der Regel nicht will, sollte trotzdem können, sollte einem das Handeln aufgezwungen werden. Interessenpolitik ist immer Realpolitik, selten Wünsch-Dir-Was.
@Sailor (06.09. um 21:14 Uhr), @Der Realist (07.09. um 09:02 Uhr) und @Metallkopf (08.09. um 09:08 Uhr u. 15:45 Uhr, 09.09. um 12:00 Uhr, 10.09. um 08:23 Uhr): Die relativ ausgewogenen und überwiegend sachlichen Bewertungen des Themas erscheinen im Zusammenhang doch recht plausibel.
Deutschland ist exportorientiert und auf Platz 2 gleich hinter Exportweltmeister China (Stand 2019). Von sicheren Seewegen und einer stabilen Weltgemeinschaft hängen der Export und somit auch Deutschlands wirtschaftliche Stabilität, unsere Arbeitsplätze und die Steuereinnahmen ab. Internationale Krisen und Konflikte beeinflussen somit indirekt und direkt unsere vitalen wirtschaftlichen und sicherheitspolitischen Interessen.
Deutschland ist als Wirtschaftsmacht stärkstes Mitglied in Europa und in der EU, zweitstärkstes in der NATO und viertstärkstes in der Weltgemeinschaft:
Aus sehr viel (wirtschaftlicher) Macht erwächst auch sehr viel (sicherheitspolitische) Verantwortung.
Bei einer Wirtschaftsmacht im Kontext EU und NATO gehören LV/ BV und nennen wir es „Interventionsfähigkeit“ zu den Selbstverständlichkeiten. Jedoch mit den Fähigkeiten der Bundeswehr und seinen zu geringen Verteidigungsausgaben (anderes Thema) wird Deutschland seiner sicherheitspolitischen Verantwortung in Europa, EU, NATO und Weltgemeinschaft, seinen Verpflichtungen und seiner Vorbildfunktion als diese o.g. Wirtschaftsmacht nicht gerecht. Eine wirklich glaubwürdige Interventionsfähigkeit fehlt Deutschland. Diese gibts genauso wie Diplomatie (mit Zugeständnissen/ Kompromissen) und Sanktionen (mit Gegenmaßnahmen und entsprechenden Effekten auf die eigene Wirtschaft) nicht zum Nulltarif. Und daran wird auch der Traum von zwei zahnlosen, logistischen Unterstützungsschiffen (Joint-Support-Ship/ JSS) und Küstenkampfbooten nichts ändern (aber es sind zumindest wahrnehmbare, erste Schritte in die richtige Richtung).
Die erforderlichen Investitionen, die Betriebskosten und gewiss auch Risiken, um eine glaubwürdige Interventionsfähigkeit bereitzustellen, überlässt Deutschland großzügig seinen internationalen Partnern, wie z.B. USA, Großbritannien, Frankreich, Italien, Spanien und die Niederlande mit ihren Flugzeugträgern, Hubschrauberträgern und Landungsschiffen. Davon zu profitieren ohne sich angemessen zu beteiligen ist weder fair und vorbildlich noch verantwortungsvoll.
Allein die Existenz, spätestens jedoch die Verlegung und Präsenz dieser Schiffe weitab der Küste in internationalen Gewässern vor einem Krisengebiet erscheinen im Einklang mit internationalem Recht und sind ein (medial) deutlich wahrnehmbares Statement. Präsenz und selbstbewusstes Auftreten sind keine Nötigung oder Erpressung und sind weit entfernt von einer Ankündigung oder einer tatsächlichen Intervention. Und nur mit einer Präsenz vor Ort kann in vielen Fällen eine schnelle und wirksame Intervention überhaupt erst ermöglicht werden (einen Interventionswillen vorausgesetzt). Auch die Einhaltung/ Durchsetzung internationalen Rechts auf Seewegen und in Seegebieten wird durch entsprechende Präsenz ermöglicht.
Die Beweisführung oder Widerlegung der These, dass sich Konflikte, insbesondere außerhalb der eigenen Grenzen (EU/ NATO), alleine durch Existenz und Präsenz interventionsfähiger Mittel von Anfang an abwenden oder beenden lassen, erscheinen müßig, esoterisch und auch weniger relevant. Kann funktionieren, muss aber nicht.
Ein Interventionswille wird gewiss ausgiebig international (UN/ NATO/ EU) unter Berücksichtigung aller Stimmen, Faktoren und Risiken erörtert, schließlich abgestimmt und mehrheitlich entschieden, so dass die Wahrscheinlichkeit einer Intervention im Ergebnis äußerst gering sein dürfte. Und außerhalb von LV/ BV ist eine Teilnahme der jeweiligen Nationen freiwillig.
Interventionsfähigkeit und Abschreckung der NATO hat bislang 71 Jahre funktioniert und den Mitgliedsländern und insbesondere Deutschland innerhalb der NATO-Grenzen den Frieden gesichert. Ohne eine Interventionsfähigkeit der NATO wären die Jugoslawienkriege (außerhalb der NATO-Grenzen) noch länger und noch blutiger geworden. Dies bestätigt die Notwendigkeit einer Interventionsfähigkeit. Auch der Interventionswille wurde in den Jugoslawienkriegen (wenn auch spät) bewiesen.
Die EU kann sich im Rahmen ihrer Souveränität bei der Durchsetzung eigener sicherheitspolitischer Interessen angesichts zunehmend deutlicherer Interessenkonflikte nicht mehr uneingeschränkt auf Großbritannien (Brexit) und die USA (Trump) verlassen. In der EU verfügt nur noch Frankreich über den einen (nennenswerten) Flugzeugträger mit modernen Kampfflugzeugen. Regelmäßige Werftaufenthalte und Ausbildung lassen nur wenig Spielraum für Einsätze. Das ist ein Armutszeugnis für die EU. Deutschland hat sich in über 71 Jahren als besonnener und im internationalen Krisenmanagement aktiver Rechtsstaat bewiesen. Die internationalen Partner in EU, Europa, NATO und Weltgemeinschaft erwarten von Deutschland zurecht einen deutlich höheren Beitrag und die Übernahme von deutlich mehr sicherheitspolitischer Verantwortung (dazu zählen auch Risiken). Der Aufbau einer glaubwürdigen, über o.g. Wünsche deutlich hinausgehende und der o.g. Wirtschaftsmacht entsprechenden Interventionsfähigkeit wäre ein deutliches Zeichen. Deutschland verspielt hier meines Erachtens seine Glaubwürdigkeit. Und ohne Glaubwürdigkeit verkümmert auch Diplomatie irgendwann zu einem stumpfen Schwert und bleibt wirkungslos.
@Pete:
Bei Takuba und EUTM (das sind ja die Vorschläge von Herrn Jäger) besteht eine saubere völkerrechtliche Grundlage.
Trotzdem behauptet ä die Bundesregierung allgemein verfassungsrechtliche Probleme zu haben.
Das ist für mich der interessantere Punkt.
@Memoria
„@Pete:
Bei Takuba und EUTM (das sind ja die Vorschläge von Herrn Jäger) besteht eine saubere völkerrechtliche Grundlage.“
Ich habe den ganzen Artikel bei FAZ-online gelesen. Die Vorschläge von Herrn Jäger gehen schon über das hinaus, was Sie oben schreiben. Es heißt dort beispielsweise: „… In der näheren und weiteren Nachbarschaft Europas muss Ordnung herrschen, und diese Ordnung sollte eine europäische sein…“
Nun kann man nicht automatisch erwarten, dass beispielsweise Länder wie Russland, die Türkei oder der Iran, um nur einige zu nennen, diesem Anspruch auf eine Dominanz Europas – auch in deren eigener „näheren und weiteren Nachbarschaft “ – uneingeschränkt zustimmen würden.
Es würde jetzt zuweit führen auf den gesamten Text einzugehen auch weil für mich persönlich die konkrete Zielsetzung des Autors nicht wirklich klar und stimmig ist. Daher könnte man unterschiedliche Textbausteine des Autors herausgreifen, und darin unterschiedliche Zielsetzungen hinein interpretieren.
Unter dem Strich: Ich weiß nicht, was er wirklich wofür will, außer dass er mehr Interventionsfähigkeit für Deutschland fordert.
@Memoria: Tja und jetzt sind wir bei der Auslegung von GG Artikel 87.
Wie weit kann ich da gehen? DAESH ist ein völkermordendes salafistisches Kollektiv wo allein die Nothilfe nach § 32 StGB geboten sein kann und ganz klar war, dass deren Ideologie und einschlägige Aussagen ganz klar Muslime in der ganzen Welt zum bewaffneten Kampf gegen deren Regierungen aufrief. Demnach deren bizarre Auslegung des Dschihad als Mittel gegen den Bestand des GG als Verfassung der BRD. Demnach auch Art 87.
Mir sind jetzt nicht die spezifischen Entitäten parat, gegen welche Takuba und Barkhane gerichtet sind (Bitte um Darlegung), aber ob da 87 greift kann ich als Nichtjurist und konservativer Leser von 87 nicht sagen.
Inwiefern gehen von den militärisch bekämpfen Zielen der genannten Operationen eine direkte und unmittelbare Gefahr für das bestehen der BRD aus?
Wenn nein brauchen wir zur Unterstützung eines Mandates als Rechtsgrundlage für den Einsatz der Bundeswehr ein Mandat der EU, NATO oder gar des UN Sicherheitsrat.
Bitte EUTM und Takuba/Barkhane nicht in einen Topf werfen, höflichst.
P. S: Ich bin auf ihrer Seite, aber das GG basiert auf der deutschen Erfahrung in Europa und die ist so echt wie die Französische. Es gibt Gründe für diese Hürden zur Anwendung der Streitkräfte als Mittel der Politik.
@AoR:
Nein, es geht um Artikel 24 GG und wie unterschiedlich dieser durch die selbe Bundesregierung ausgelegt wird.
In Syrien sehr weit, weil politisch opportun und in Mali sehr eng, da politisch opportun.
Ich wiederhole mich.
@Pete:
Keine Sorge, ich habe auch den ganzen Artikel gelesen und beziehe mich auf die Forderungen am Ende.
Ich sehe in dem Artikel auch verschiedene Unschärfen.
Trotzdem legt er den Finger in die richtige Wunde:
Warum beteiligt sich Deutschland nicht an kinetischen Aktionen, die die selbe Bundesregierung logistisch und nichtkinetisch in verschiedenen Ländern (Irak, Syrien, Mali, früher Afghanistan) unterstützt.
Hans sagt:
10.09.2020 um 9:38 Uhr
+1
@Pete:
Das erwartet doch auch gar niemand. Aber gerade die drei genannten intervenieren ja gern militärisch, um ihre eigenen Interessen durchzusetzen. Teilweise offensichtlich wider das Völkerrecht und die Interessen ihrer Verbündeten und Nachbarn!
Es ist ganz und gar unverständlich, wie man nun die Feststellung kritisiert, dass auch Deutschland Interessen hat, die man – wohl auch gegen solche Akteure wie Russland, Iran und Türkei – regional durchzusetzen in der Lage sein müsste, will man nicht immerzu nur zugucken, wie andere Staaten militärisch einfach Fakten schaffen, weil sie eben glauben, ihnen bietet ohnehin keiner Paroli.
Das einzige, was beispielsweise den Iran langfristig davon abhält, die Straße von Hormuz dichtzumachen und dort fleißig Tanker zu versenken, ist die Drohung mit internationaler (oder meinethalben auch einseitiger) militärischer Intervention durch entsprechend interessenmotivierte Nationen. Die Golfanrainer, die selbstverständlich gern ihr Öl weiter verkaufen wollen, die Abnehmer, die gern Öl aus der Region beziehen wollen, allen voran die USA natürlich, aber auch die EU.
Selbst Japan, das sich lange Zeit nach dem 2. Weltkrieg – durchaus zurecht und aufgrund des traumatischen Erlebens der nuklearen Bombardierung von Hiroshima und Nagasaki – auf eine strikt defensive Sicherheits- und Verteidigungspolitik beschränkt hat, ist inzwischen durch zunehmendes nordkoreanisches Säbelrasseln und eine immer offensivere Rohstoffpolitik der Volksrepublik China schon seit 2011 im Prozess, die Rolle der Selbstverteidigungsstreitkräfte auch auf eine stärkere Interventionsfähigkeit hin betrachtet zu verändern, mit den ganz eigenen kritischen Stimmen, die dies mit Blick auf die japanische Verfassung als problematisch betrachten. Die Doktrin des „Kaketsuke Keigo“ (grob übersetzbar mit „Herbeieilen zur bewaffneten Unterstützung“) ist jedenfalls seit 2016 Bestandteil der japanischen Verteidigungspolitik.
@Memoria
„Warum beteiligt sich Deutschland nicht an kinetischen Aktionen, die die selbe Bundesregierung logistisch und nichtkinetisch in verschiedenen Ländern (Irak, Syrien, Mali, früher Afghanistan) unterstützt.“
– Da gebe ich Ihnen Recht. Das ist verlogen. Die logistische Unterstützung eines solchen Einsatzes ist ethisch auf der selben Ebene angesiedelt wie die unmittelbare Kampfbeteiligung.
– Ich selbst bin allerdings der Überzeugung, dass die von Ihnen oben genannten Interventionen („Irak, Syrien, Mali, früher Afghanistan“) alle nicht der Stabilität in den angrenzenden Regionen gedient haben, sondern nur neue Instabilität generiert haben. DAESH wäre ohne die Intervention der USA im Irak niemals entstanden und auch das derzeitige Chaos in Lybien ist einer Intervention des „Westens“ geschuldet.
Unter dem Strich:
1. Die übergeordnete Frage ist die, ob die seit dem Ende des Kalten Krieges zunehmende militärische Interventionsbereitschaft des Westens irgendetwas Positives bewirkt hat. Gemessen an den konkreten Ergebnissen zweifle ich daran.
2. Es ist noch nicht lange her, dass die jetzige Regierung eine Verschiebung der Priorität auf LV/BV gelegt hat. Nun wieder eine Kursänderung? Die Bundeswehr braucht für einen längeren Zeitraum auch einmal strategische Klarheit in der Zielsetzung der politischen Führung, um Auswahl des Personals, Ausrüstung und Ausbildung zielgerichtet und stringent vorantreiben zu können. Ich sehe die jetzige Bundeswehr als ein Sammelsurium an Einzelfähigkeiten, aber keine kompakte und zielgerichtet ausgerüstete und ausgebildete Truppe.
Vor dem obigen Hintergrund stelle ich mir die Frage, ob diese Initiative eines Staatssekretärs aus einem anderen Ressort nicht noch mehr Unruhe in der Bundeswehr generiert und insgesamt wenig hilfreich ist. Ich knüpfe damit an, an die Aussage von von @T.W. in diesem Artikel“…Jetzt kommt sie allerdings von einer Seite, von der es bislang so nicht zu erwarten war…“
@Memoria: Das sehe ich aber vehement diametral. Das Gutachten des WDdBT sagt deutlich, dass GG 24 NICHT als Begründung für Einsatz Nord Irak angegeben werden darf und entfällt daher als Rechtsgrundlage.
Der WDdB erklärt zudem, dass GG 87 als erweiterter Verteidigungsbegriff angewendet werden könnte, auch in Verbindung mit Nothilfe StGB.
Und hier lamentiere ich die GESAMTE Opposition, welche ihre Arbeit nicht macht, da ja jedes Kind sieht, die brauchen dringend Ausbildungunterstützung. Dennoch brauchen wir Rechtssicherheit.
Und ich gehe einen Schritt weiter. Jäger möchte, dass die BW kinetische und nicht nur als Ausbilder interventionsfähig ist. Und ich glaube nicht, dass das jemals über GG 87 Satz 2 einzutüten wäre. Das geht nur über GG 24.
Also mal Butter bei de Fische: Besser eingespielte Mandatskultur innerhalb der EU und interventionsfähige BW.
Und am Rande: Ein Mandat zum Angriffskrieg wäre immer noch ein Angriffskrieg und als solcher zu bewerten. Interventionen sind historisch betrachtet meist Angriffskriege….
@AoR:
Die Sichtweise des WD des Bundestages ist eine Sichtweise.
Die Bundesregierung hat sich dafür entschieden den Art. 24 GG im Irak und später in Syrien sehr weit auszulegen (=Verfassungspraxis).
Daher ist es dann eben schon interessant, wenn den Behauptungen man könne bei Takuba nicht mitmachen so einfach Glauben geschenkt wird.
Es ist im Kern kein rechtliches Problem, sondern ein politisches Problem. Das wird aber allzuoft unwidersprochen verschleiert.
Mehr Klarheit bei den Rechtsgrundlagen wäre sicherlich wünschenswert, aber dann hätte man als GroKo ja keine bequeme Ausrede mehr – selbst wenn diese durch das eigene Handeln längst falsifiziert ist.
@Memoria: Zustimmung. Ich denke nur, wenn der WDdB so argumentiert besteht immer die Gefahr, dass ein Mandat kassiert wird, vor allem wenn es politische Gegner gibt.
Zeigte der gesamte politische Betrieb etwas mehr Respekt vor dem GG, so hätten wir eine Mandatskultur EU etabliert. SiPo Profilierung wäre weniger per Nebelkertzen und nur noch per Ergebnisse möglich:
„Nein, Mali/Sahel noch intensiver zu bearbeiten übelastet unsere Kapazitäten zum einen. Zum Anderen muss man in der Region sehr viel grundlegendere Reformen begünstigen. Wir wollen nicht per unendlicher Geschichte an Symptomen doktorn wo die Krankheit politisch zu besiegen wäre…. Kämen wir da irgendwie zusammen liebes Paris, dann kommen wir mit aller Kraft.“
@AoR:
Die Gefahr besteht nicht, wie die Mandate zeigen.
Es ist auch kein Problem des nicht können (oder dürfen), sondern nicht wollen.
Wirkliche Gegenvorschläge zur Sahelzone gibt es von Deutschland auch nicht.
Aber bei der nächsten Anfrage versteckt man sich bestimmt wieder hinter dem GG. Obwohl man es bisher auch machte, wenn der außenpolitische Druck zu groß wird (OEF, OIR).
@Memoria
„Aber bei der nächsten Anfrage versteckt man sich bestimmt wieder hinter dem GG.“
Ich glaube die Väter/Mütter des GG haben so genannte Interventionseinsätze – damals richtigerweise als Angriffskriege verstanden- durch das GG ausschließen wollen. Es waren kluge und lebens- bzw. kriegserfahrene Menschen, die einen richtigen Krieg selbst erlebt hatten, im Gegensatz zu den heutigen „Internethelden“, und die damals daher wußten wovon sie sprachen wenn sie das Wort „Krieg“ in den Mund nahmen.
Das GG ist die einzig vernünftige Richtlinie für uns Deutschen wenn es um Krieg und Frieden geht. Leider wird es heute immer häufiger in Frage gestellt und zwar von denjenigen, die – im Gegensatz zu den Vätern und Müttern des GG- null Ahnung von einem echten Krieg haben. Alles reine und wortgewaltige „Internethelden“.
Krieg ist kein Hollywoodfilm, Krieg ist eine riesengroße Sche….Vielleicht sollte der Ein oder Andere das auch in Deutschland rechtzeitig realisieren bevor es zu spät ist. Das „Kasperletheater“ in den so genannten „Stabilitätseinsätzen“ hat nichts mit Krieg zu tun, sondern ist nur das „Verprügeln“ von erheblich schwächeren Gegener durch erheblich Stärkere. Dazu benötigt man keine Helden.
Interessanter Rückblick auf die Intervention in Afghanistan von der Deutschen Welle.
Dabei kommt auch der Abgeordnete und Oberst a.D. Roderich Kiesewetter zu Wort:
Die oberste militärische Führung habe die Regierung vor allem zwischen 2002 und 2009 falsch beraten. „Das bedeutete, dass unsere Soldaten falsch ausgestattet waren und viel zu restriktive Einsatzregeln hatten.“
https://www.dw.com/de/nach-9-11-hat-deutschland-in-afghanistan-versagt/a-54778876
Was lernen wir daraus für Mali?
@Pete:
Habe mich gerade gefragt, ob ich darauf überhaupt antworten soll, falls Sie mich mit „Internethelden“ meinen.
Die Diskussion zu den Müttern und Vätern des GG hatten wir auch schon öfter, scheint ja aber immer emotionaler bei Ihnen zu werden.
Es geht konkret um Einsätze der EU, europäischer Partner und teilweise der VN (z.B. Wunsch der VN, dass Deutschland sich an der MTF (Kampftruppe) von MINUSMA beteiligt).
Das ist weder völker- noch verfassungsrechtlich ein Angriffskrieg.
Und nochmal: Man muss nicht jedes fragwürdige militärische Abenteuer mitmachen, aber das phasenweise Nichtwollen einer Beteiligung mit dem GG zu begründen und in anderen – rechtlich vergleichbaren Fällen – teilzunehmen, ist aus meiner Sicht auch nicht im Sinne der Väter und Mütter des GG, da es ein unwürdiger Umgang mit der Verfassung ist.
Das ist mein Punkt.
Ihre Einordnung der Stabilisierungseinsätze zeugt übrigens auch von wenig Verständnis für den teilweise kriegerischen Charakter dieser Einsätze. Auch ne Art Internetheld-Argumentation…
@Memoria
„…teilzunehmen, ist aus meiner Sicht auch nicht im Sinne der Väter und Mütter des GG, da es ein unwürdiger Umgang mit der Verfassung ist. Das ist mein Punkt….“
Da widerspreche ich Ihnen ausdrücklich. Wer die Geschichte des Aufbaus der Bundeswehr studiert hat und die Originalquellen hierzu gelesen hat, der kann eine solche Interpretation zum Verteidigungsauftrag der Bundeswehr bei den „Vätern und Müttern des GG“ schlicht nirgendwo finden.
Zustimmen tue ich Ihnen dahingehend, dass die Politik längst das Grundgesetz hätte ändern müsssen und den Text des GG mit den realen Einsätzen der Bundeswehr hätte synchronisieren müssen.
„Das bedeutete, dass unsere Soldaten falsch ausgestattet waren und viel zu restriktive Einsatzregeln hatten.“….
Dieses, von Ihnen als Beispiel genannte, Zitat von Oberst a.D. Roderich Kiesewetter ist ein schönes Beispiel für die mangelnde Selbsterkenntnis und Lernbereitschaft der „Interventionisten“ bei gescheiterten Interventionseinsätzen. Anstatt zu der nüchternen Erkenntnis zu kommen – die gibt es ja inzwischen selbst in den USA- dass der Afghanistan-Einsatz als solcher von Anfang an falsch war und in seiner Zielsetzung gescheitert ist, beklagt er „viel zu restriktive Einsatzregeln“.
Das mit den „Internethelden“ habe ich nicht persönlich gemeint. Es ist einfach eine Beobachtung von mir, dass heute leichtfertig von „Krieg“ und „kinetisch“ geschrieben wird, während der Begriff „Kriegsverhinderung“ in den Debatten zunehmend in den Hintergrund gerät. Ganz so als sei „Krieg“ immer unvermeidlich. Da waren wir 1945 deutlich weiter als heute. Und wer sich die Erlaubnis gibt, ein wenig abseits vom Mainstream zu lesen kann diese Ansicht auch bei einem ehemaligen Büroleiter von Willy Brandt (Albrecht Müller, SPD) und einem ehemaligen Staatssekretär im BMVg (Willy Wimmer, CDU) widerfinden:
https://www.nachdenkseiten.de/?p=64846
Und um den Zusammenhang von „Interventionseinsätzen“ und einem symetrischen Krieg mit einem ebenbürtigen Gegner herzustellen, weise ich darauf hin, dass jeder militärische Einsatz FÜR die Interessen der USA/EU auch immer ein Einsatz GEGEN die Interessen einer anderen Macht ist. Nicht umsonst werden ja die Interventionseinsätze dort geführt, wo die Interessen der großen Mächte aufeinanderprallen.
Mehr Nachdenken und Reflektieren bei dem sehr ernsten Thema „Krieg und Frieden“ würde ich mir von allen Verantwortlichen in Politik und Militär wünschen, bevor große strategische Fragen auf Twitter und Facebook leichtfertig beantwortet werden. Das war der Kontext in dem ich den Begriff „Internethelden“ verstanden hatte. Und in diesen Kontext sortiere ich auch den Artikel des Staatsekretärs Jäger ein. Das war er schreibt ist wenig klar und in meinen Augen für eine so hohe Position wie der eines Staatssekretärs nicht hinreichend durchdacht, also oberflächlich.
@Pete:
Es ist verstanden, dass sie der Ansicht sind, dass sich Deutschland wo immer möglich raushalten sollte und sie leiten das von den Überlegungen des Parlamentarischen Rates ab.
Ihr erneuter Einwand oben zeigt mir, dass sie irgendwie nicht verstehen wollen, dass dies gar nicht mein Punkt war. Die Verfassungspraxis hat sich weiterentwickelt und man kann politisch diese Dinge so oder so bewerten.
Das andauernde Argumentieren mit dem Grundgesetz stört mich, da es von beiden Seiten die Debatte blockiert.
Man kann auch ohne Bezug auf Väter und Mütter des GG und angeblichen Problemen bei der Auslegung des GG durch die BReg sachlich diskutieren.
Diese Debatte fehlt weiter, stattdessen bleibt die Diskussion um unsere Sicherheit viel zu oft in Scheindebatten hängen.