Intervention vom BMZ-Staatssekretär: „Deutschland sollte interventionsfähig sein“

Die Forderung, Deutschland müsse sich in seinem Umfeld bis hin nach Afrika auch militärisch mehr engagieren und auch zu Interventionen bereit sein, ist in der politischen Debatte hier nicht unbedingt ungewöhnlich. Jetzt kommt sie allerdings von einer Seite, von der es bislang so nicht zu erwarten war: Unter der Überschrift Deutschland sollte interventionsfähig sein hat sich der Staatssekretär im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ), Martin Jäger, in einem Gastbeitrag in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung recht eindeutig zu Wort gemeldet.

In seinem Gastbeitrag (Update: jetzt auf der FAZ-Seite online, Link aus bekannten Gründen nicht) begründet Jäger die Forderung, Deutschland und Europa sollten aus eigener Kraft interventionsfähig werden, mit dem zunehmenden Rückzug der USA aus internationalen militärischen Einsätzen zur Krisenbewältigung und Stabilisierung. Den Europäern falle jetzt die Aufgabe zu, an ihrer Südostflanke und im Mittelmeer Ordnung zu organisieren: Resignativer Pazifismus hat darauf keine Antwort. Auch mit der Anrufung von wirtschaftlicher Stärke und soft power ist es nicht getan. Die Bundesrepublik muss ihr Verhältnis zur Intervention überdenken.

Deshalb wäre es ein Fehler, die Bundeswehr von der Einsatzstreitkraft zur Heimatschutzarmee zurückzubauen, warnte der Staatssekretär. Deutschland müsse zu militärischen Interventionen im Zusammengehen mit den anderen Europäern, vor allem mit Frankreich, bereit sein: Wer in Berlin zögert, sollte bedenken: Auch der Verzicht auf eine Intervention hat Konsequenzen. Das lehrt in tragischer Weise das Beispiel Syrien.

Konkret nannte Jäger als mögliche Aktivität eine Beteiligung an der von Frankreich geführten (und von Deutschland zwar politisch, aber nicht militärisch unterstützten) Spezialkräfte-Aktion zur Terrorbekämpfung Takuba im Sahel oder die – von der Bundesregierung nur eingeschränkt vorgesehene – Begleitung von Bundeswehr-Ausbildern in Gefechte der Auszubildenden. Völkerrecht und Grundgesetz lassen mehr Raum, als wir nutzen, argumentierte der BMZ-Staatssekretär.

Es fehlt uns nicht an militärischen Fähigkeiten, politischer Wille zählt, schrieb Jäger. Das dürfte vor allem für einen seiner Vorschläge gelten, der weniger mit den zuvor angesprochenen Interventionen zu tun hat, sondern schon auf eine andere Dimension hindeutet: Deutschland liefert Partnern wie der Ukraine Milan-Lenkwaffen zur Selbstverteidigung.

Nun scheint es etwas ungewöhnlich, dass eine solche Wortmeldung nicht aus den Reihen der Politik oder, von Seiten der Bundesregierung, aus dem Auswärtigen Amt oder dem Verteidigungsministerium kommt. Aber eine Erklärung dafür liefert vielleicht ein Blick in Jägers Biographie: Der Berufsdiplomat war in seiner Laufbahn unter anderem Pressesprecher des damaligen Außenministers (und heutigen Bundespräsidenten) Frank-Walter Steinmeier. Und deutscher Botschafter in Afghanistan.

(Archivbild: Jäger mit der Vorstandssprecherin der Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit, Tanja Gönner, im Juli 2019 bei der GIZ-Bilanzpressekonferenz in Berlin – Thomas Imo/photothek.net)