Zahlen zur Einsatzbereitschaft von Bundeswehr-Waffensystemen: Bisher offen, jetzt geheim (m. Nachtrag)
Von 128 Eurofightern 39 einsatzbereit, von 72 CH-53-Transporthubschraubern nur 16: Solche Zahlen, die in Deutschland wie international Aufmerksamkeit erregten, veröffentlichte das Verteidigungsministerium im vergangenen Jahr in seinem regelmäßigen Bericht zur Materiallage der Hauptwaffensysteme der Bundeswehr. Die öffentliche Debatte fiel nicht gut aus für die Streitkräfte, und das Ministerium hat Vorsorge getroffen, dass sich das nicht wiederholen wird: Der aktuelle Bericht zur Materiallage, im vergangenen Jahr offen zugänglich, ist nun als Geheim eingestuft und darf selbst von Bundestagsabgeordneten nur in der Geheimschutzstelle des Parlaments eingesehen werden.
Nach offizieller Darstellung des Ministeriums hat diese Einstufung nichts mit der peinlichen Debatte der vergangenen Jahre zu tun. Die Version in diesem Jahr sei viel umfangreicher und lasse nunmehr so konkrete Rückschlüsse auf die aktuellen Fähigkeiten der Bundeswehr zu, dass eine Kenntnisnahme durch Unbefugte die Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland schädigen würde, schrieb Generalinspekteur Eberhard Zorn am (heutigen) Montag in gleich lautenden Briefen an den Verteidigungs- und den Haushaltsausschuss des Bundestages.
Aus Zorns Schreiben:
Dieser Bericht setzt diese Unterrichtungen fort und erweitert ihren Umfang um fünf Hauptwaffensysteme des militärischen Organisationsbereiches Cyber- und Informationsraum, um weitere acht Systeme mit besonderer Relevanz für die Very High Readiness Joint Task Force (VJTF) und um eine gesonderte Betrachtung neu zugelaufener Waffensysteme.
Der Bericht für das Jahr 2018 ist im Vergleich zu den vergangenen vier Jahren umfangreicher und detaillierter. In der Gesamtschau lässt er nunmehr so konkrete Rückschlüsse auf die aktuellen Fähigkeiten der Bundeswehr zu, dass eine Kenntnisnahme durch Unbefugte die Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland schädigen würde. Dies gilt umso mehr vor dem Hintergrund einer verschärften sicherheitspolitischen Lage sowie dem deutschen Beitrag zur Sicherheitsvorsorge im Rahmen der Bündnisverteidigung. Die im Bericht enthaltenen Informationen sind deswegen in ihrer Gesamtheit GEHEIM einzustufen. Damit wird auch dem Schutz unserer Soldatinnen und Soldaten Rechnung getragen. Der Bericht liegt zu Ihrer Einsichtnahme in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages bereit.
Gleichzeitig wird die Transparenz und Aktualität erhöht. Denn von nun an wird der Bericht halbjährlich statt nur einmal im Jahr erscheinen – und an den Turnus des Rüstungsberichts gekoppelt.
Zum Vergleich der Umgang mit den Informationen in den vergangenen Jahren:
• September 2014: Der erste Bericht zur Materiallage der Hauptwaffensysteme wird den Abgeordneten vorgelegt, eingestuft als Verschlusssache – Nur für den Dienstgebrauch (VS-NfD), also nicht Geheim. Die Ergebnisse sind aus Sicht der Parlamentarier erschreckend.
• Dezember 2015: Der zweite Bericht zur Materiallage der Hauptwaffensysteme ist von der Lage her nicht viel besser; der Bericht ist ebenfalls als VS-NfD eingestuft.
• November 2016: Dritter Bericht zur Materiallage der Hauptwaffensysteme, weiterhin muss der Generalinspekteur unzureichende Verfügbarkeit, mangelnde Einsatzbereitschaft, technische Probleme oder fehlende Ersatzteile melden. Erstmals wird dieser Bericht vom Verteidigungsministerium nicht nur den Abgeordneten zugänglich gemacht, sondern auch veröffentlicht.
•Februar 2018 (aus dem ursprünglichen Rhythmus zum Jahresende verschoben wg. lang anhaltender Regierungsbildung): Der vierte Bericht zur Materiallage der Hauptwaffensysteme wird ebenfalls veröffentlicht. Die weiterhin geringe Einsatzbereitschaft vieler Systeme begründet das Ministerium nun auch mit der gestiegenen Zahl einsatzgleicher Verpflichtungen sowie Belastung des Materials durch mehr Übungen.
Mit dem neuen Umgang mit diesen Informationen begrenzt das Verteidigungsministerium nicht nur die Kenntnisnahme auf die Abgeordneten – es unterbindet auch die Debatte über mögliche Probleme bei einzelnen Waffensystemen. Denn die Parlamentarier dürfen über diese geheimen Angaben nicht sprechen. Damit bleibt für die Debatte in der Öffentlichkeit – vor dem Hintergrund der Forderung nach Erhöhung des Verteidigungshaushalts – unklar, inwieweit das Geld sinnvoll eingesetzt wird.
Der Generalinspekteur ist in seinem Schreiben an die Ausschüsse redlich bemüht, solche Bedenken mit allgemeinen Zahlen zu zerstreuen:
Im Berichtsjahr 2018 lag die materielle Einsatzbereitschaft der fast zehntausend Einzelsysteme gemessen am Verfügungsbestand der Teilstreitkräfte, also abzüglich der ohnehin unvermeidbar im regelmäßigen Turnus notwendigen Wartungs- und industriellen Modernisierungszyklus befindlichen Waffensysteme, im Durchschnitt bei ca. 70 Prozent. Damit war die Bundeswehr trotz erheblicher Mehrbelastung aktuell in der Lage, ihren Auftrag im Einsatz, in einsatzgleichen Verpflichtungen und im Grundbetrieb zu erfüllen. (…)
Es ist deshalb in Anbetracht dieser erschwerenden Rahmenbedingungen als Erfolg zu werten, dass nicht nur der Abwärtstrend der materiellen Einsatzbereitschaft der Hauptwaffensysteme weitgehend gestoppt werden konnte, sondern im abgebildeten Zeitraum in Teilen sogar eine Verbesserung der materiellen Einsatzbereitschaft erreicht wurde.
Beispiel für eine besonders positive Entwicklung ist der GTK BOXER mit einem deutlichen Anstieg der durchschnittlichen materiellen Einsatzbereitschaft. (…) Auch beim A400M ist ein positiver Trend zu verzeichnen, bei gleichzeitigem Zulauf von zehn weiteren Luftfahrzeugen und der Zertifizierung als Tankflugzeug. (…)
Auch wenn der eingeschlagene Weg richtig ist, sind wir noch nicht am Ziel. So konnte etwa die materielle Einsatzbereitschaft bei den Ubooten Klasse U212A nicht zufriedenstellen. Dabei standen im ersten Halbjahr 2018 durch die Kombination von geplanten Instandsetzungen (beispielsweise Garantieliegezeiten) und materiellen Ausfällen (unvorhersehbare Schäden an den Fahrbatterien im Verantwortungsbereich der Industrie), für einen Zeitraum von fünf Monaten keine Uboote für Einsätze zur Verfügung. Durch zielgerichtete Arbeit konnte die Verfügbarkeit zum Ende des Berichtszeitraumes wieder auf drei Uboote erhöht werden.
Auch bei den im Einsatz befindlichen „Alt-Waffensystemen“ CH-53 und TORNADO konnte angesichts der sehr fordernden Einsatzverpflichtung in Afghanistan und Jordanien (mit Ersatzteil-Priorität) lediglich das niedrige Niveau des Vorjahres stabilisiert werden.
In Summe beginnen die eingeleiteten Trendwenden zu greifen. Noch sind die positiven Auswirkungen nicht in Gänze spürbar, aber perspektivisch werden sie sich absehbar auf den verlässlicheren und umfangreicheren Zulauf einsatzbereiten Materials auswirken. (…)
Aufgrund der konsequenten Bündelung von Ressourcen (u.a. Personal, Großgerät, Ersatzteile) in den Auslandseinsätzen und einsatzgleichen Verpflichtungen, verfügen die dort genutzten Waffensysteme wie auch schon in den letzten Jahren über eine weit überdurchschnittliche Einsatzbereitschaft. Durch die Fortsetzung der Trendwenden und einer ausreichenden Bereitstellung von finanziellen und damit materiellen und personellen Ressourcen gilt es, diesen hohen Grad der Einsatzbereitschaft stufenweise auf die ganze Bundeswehr zu übertragen.
[Interpunktion im Original]
Aus Sicht der Abgeordneten kam die neue Einstufung des Berichts überraschend. Erst mit Schreiben ebenfalls vom heutigen Montag hatte das Parlaments- und Kabinettsreferat der Geheimschutzstelle im Bundestag zwölf Exemplare des Berichts, Tagebuch-Nr. 408/19 – VS-GEHEIM, übersandt. Dass Informationen, die in den Vorjahren nicht eingestuft waren, jetzt geheim sind, ist erstmal erklärungsbedürftig, sagte der Grünen-Abgeordnete Tobias Lindner, der sowohl im Verteidigungs- als auch im Haushaltsausschuss sitzt. Anscheinend ist die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr so schlecht, dass es besser die Öffentlichkeit nicht erfahren sollte. Warum ein Bericht, der seit Jahren offen war, plötzlich geheim eingestuft wird, bleibt Betriebsgeheimnis des Ministeriums.
Die Einstufung von Angaben, die in den Vorjahren vom Verteidigungsministerium öffentlich bereitgestellt wurden, ist inzwischen ein Trend. Im Februar hatte das Wehrressort öffentliche Angaben zu den Gesamtkosten großer, steuerfinanzierter Rüstungsprojekte auf eine Anfrage der Linkspartei verweigert: Die Gesamtkosten von Rüstungsprojekten als auch die rechtlichen Rahmenbedingungen für Instandsetzungen und Reparaturen in den betrachteten Rüstungsprojekten sind zur Wahrung von Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland als „VERSCHLUSSSACHE – NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCH“ eingestuft.
Ähnlich verfährt das Ministerium auf Fragen nach Zahl und Umfang vorhandener Waffensysteme. Noch im September 2016 hatte der damalige Parlamentarische Staatssekretär Ralf Brauksiepe recht ausführlich im Bundestag Auskunft zu vorhandenen und geplanten unbemannten Systemen der Bundeswehr gegeben. Keine drei Jahre später sollen Drohnen nicht mehr öffentlich debattiert werden: Auf die Anfrage der Linkspartei in der BT-Drucksache 19/7922
Über wie viele und welche Drohnen welcher Gewichtskategorie verfügt die Bundeswehr gegenwärtig, und wo sind die Systeme im Ausland oder in Deutschland stationiert?
antwortete das Ministerium:
Auf die als „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ eingestufte Anlage wird verwiesen.
Nachtrag: Die Oppositionsparteien FDP, Linke und Grüne haben im Verteidigungsausschuss beantragt, die für kommenden Mittwoch vorgesehene Beratung über den Bericht zu verschieben. Hauptgrund: Das Vorgehen, das den Abgeordneten die Einsichtnahme nur in der Geheimschutzstelle erlaubt, lasse ihnen nicht genügend Zeit zur Vorbereitung auf die Beratung.
Aus dem Schreiben der Obleute Alexander Müller (FDP), Alexander Neu (Linke) und Lindner von den Grünen an den Ausschussvorsitzenden, den SPD-Abgeordneten Wolfgang Hellmich:
Da der Bericht des Bundesministeriums der Verteidigung zur materiellen Einsatzbereitschaft der Hauptwaffensysteme der Bundeswehr 2018, der in der 28. Sitzung des Verteidigungsausschusses am 13. März 2019 unter TOP 9 beraten werden soll, sehr kurzfristig vorgelegt wurde und ausschließlich auf der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages einsehbar ist, halten wir eine seriöse Befassung mit dem Bericht in der kommenden Ausschusssitzung für nicht realisierbar.
Um dem grundlegenden Thema der Einsatzbereitschaft der Bundeswehr gerecht werden zu können und eine gründliche parlamentarische Befassung zu ermöglichen, beantragen wir hiermit im Namen der zuständigen Arbeitsgruppen der Fraktionen der FDP, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN den Tagesordnungspunkt auf die nächste Ausschusssitzung zu vertagen.
Ferner bitten wir Sie, im Namen des Verteidigungsausschusses vom Bundesministerium der Verteidigung eine Begründung anzufordern, warum der Bericht als geheim eingestuft ist, während der Vorgängerbericht offen vorgelegt wurde.
(Archivbild Oktober 2018: Gepanzertes Transport-Kraftfahrzeug Boxer während der NATO-Übung Trident Juncture in Norwegen – Marco Dorow/Bundeswehr)
Einsatzbereitschaft von fliegenden Waffensystemen ist ausschließlich eine Frage der Logistik. Die bw-eigene Logistik ist in den letzten 20 Jahren systematisch zugunsten der Industrie abgebaut worden.
Gleichzeitig sollte Geld gespart werden. Eine Auslagerung der Erhaltung von Wehrmaterial an die Industrie, ohne gleichzeitig eigene Kapazitäten vorzuhalten, ist eine Preisverhandlung mit einem Monopolisten. Das Schlimme ist, das wissen alle Beteiligten und spielen trotzdem das Spiel der Industrie mangels Alternativen mit.
Also die Einsatzlage von Wehrmaterial bei einer Single-Source Logistik durch die Industrie ist schlecht und teuer – mein alter Mathelehrer pflegte nach einem solchen abgeleiteten Beweis die Buchstaben “ q. e. d “ an die Tafel zu schreiben.
In diesem Fall soll es heißen, der Beweis für eine nicht funktionierende Logistik bei ausschließlicher Abstützung auf die Industrie ist erbracht worden !
Was nebenbei bw-eigene Logistiker vor 20 Jahren bei der Vorstellung des neuen Konzeptes der Single-Source Logistik schon vorausgesagt haben !
Nun habe ich mir zum Kaffee doch die Welt am Sonntag besorgt. Danke für den Hinweis. Sehr lesenswert! Das ist einer der besten Artikel dieser Woche. Er ordnet ein und beschreibt Hintergründe. Ob das die Inspekteure sind, die im Parlament eigenständig aktiv um Ausrüstung und Munition werben oder der Hinweis aus dem Presse-Infostab an die Truppe, kleinste Materialzuläufe positiv in den Lokalmedien hervorheben zu lassen. Von den Hinweisen zur realen Einsatbereitschaft nach Einsichtnahme entsprechender Berichtsanteile ganz zu schweigen. Mir war gar nicht klar, dass wir eine „Digitalisierung Meldewesen Materielle Einsatzbereitschaft“ und „Waffensystemsteckbriefe“ haben, aber WELT scheint Einblick zu haben. Gut, dass nicht alles offengelegt wird. Die Zahlen, die im Artikel beschrichtet werden inklusive der Verneblungetaktik sind schlimm genug. Warum sich General Zorn für solch ein Anschreiben hergegeben hat, ist mir unverständlich. Nebenbei, Frau von der Leyen wir zunehmend entlarvt.
Ich glaube nicht, dass der GI mit der Einstufung wirklich vorhatte (erwartete) die Zahlen der Einsatzbereitschaften Großgeräte tatsächlich aus der Öffentlichkeit herauszuhalten.
Es ist ja absehbar gewesen, dass solche einfach zu merkenden Zahlen ganz schnell durchgestochen werden.
Von daher ergeben sich für mich zwei denkbare Szenare entweder sind in dem Bericht aufgrund der neuen Form in der Tat sensible Detailinformationen enthalten die nicht für eine Veröffentlichung geeignet sind oder man wollte (vielleicht im Zuge der Haushaltsdebatte) durch eine öffentlichkeitswirksame „Verknappung“ eine höhere Aufmerksamkeit erzeugen.
Für den letzten Punkt spricht auch die kurzfristige und schon etwas theatralische Veränderung des bisherigen Vorgehens unmittelbar vor der Ausschusssitzung. Und nicht lange nachdem sich die IBuK bei der Kanzlerin (so stand es zumindest in der Presse zu lesen) eine Abfuhr bezüglich Rückendeckung gegen die Pläne des Finanzministers abgeholt hatte.
Inhaltlich: in der Tat besorgniserregend!
Egal wie man es dreht und wendet, eine materielle Einsatzbereitschaft von ca. 20 % des vorhandenen Materials ist katastrophal !
Es ist an der Zeit, dass der GI und die Ministerin ihre taktischen Öffentllichkeitsarbeitsspielchen lassen und endlich was unternehmen, dass die Materiallage 3 Jahre oder länger nach der Taskforce Drehflügler tatsächlich besser wird.
Ich bezweifle, dass im BMVg keine Expertise vorhanden ist, man muss nur endlich mal die richtigen Entscheidungen treffen, damit es besser wird und nicht versuchen sich über die Wahlperiode zu retten mit dem Gedanken nach mir die Sintflut.
@ Koffer: Ja, es ist besorgniserregend. Gerade wenn man die realen Zahlen aus der Truppe kennt. Da gibt es ja noch ganz andere Probleme bzgl. der Ersatzteilversorgung. Vom Zahnkranz über Elektronikbaugruppen bis zum einfachen Kettenpolster.
Bezüglich Ihrer angedachten Strategie der „Verknappung“ bin ich skeptisch. Wenn man den Kollegen im BMVg glauben darf, herrscht dort mehr oder weniger Chaosmanagement. Das betrifft die Einsatzbereitschaftlage genauso wie die anderen im KoaVertrag angelegten Maßnahmen. Beschaffungsorganisation, InFü Heute / Morgen, Agenda Ausbildung, Infrastruktur, Munition etc.. Und da lasse ich Dinge wie die Diskussion um neue Dienstgradbezeichnungen (Fahnenmaid, Hauptfrau etc.) oder die Ressortstrategie „Frauenförderung“ mit der Anweisung für die adhoc zu erstellenden Sonderbeurteilungen zum Wohle bestimmter Damen mal außen vor.
Ich denke vielmehr, dass man wirklich schockiert bezüglich der realen Zahlen war und noch immer nicht aufzeigen kann, warum es nach Jahren der Problematisierung einfach nicht besser wird. Deshalb „GEHEIM“.
Mir hat man glaubhaft dargelegt, dass der Bericht nur in sehr wenigen Bereichen leicht abweicht und ein Link zum Fähigkeitsprofil hergestellt wird. Hätte man nicht tun müssen.
Und wenn man Aufmerksamkeit will, dann wäre die Darstellung der realen Zahlen mit klaren Bezugsgrößen (Soll, Gesamtbestand, Verfügungsbestand, Einsatzbereitschaftsgrad inkl. der Sachstände zur Versorgungs- und Einsatzreife) zweckmäßiger gewesen. Für mich wirkt das vielmehr, als hätte man im BMVg nach wie vor keinen Überblick und nun versucht man allen Mitteln zu verschleiern bzw. abzulenken. In Teilen ist das sogar gelungen.
Ist aber auch egal, denn trotz des m.E. sehr guten Artikels in der WELT am Sonntag wird sich aufgrund der Uneinigkeit der GroKo zum Thema Verteidigungshaushalt nicht viel verändern. Und ob es nach jahrelangen Analysen gelingt, die Beschaffungsverfahren zu optimieren? Auch diesbezüglich bin ich skeptisch. Mich macht das mehr und mehr nachdenklich, denn normalerweise bin ich ein optimistischer Mensch :-(
@Georg
„Egal wie man es dreht und wendet, eine materielle Einsatzbereitschaft von ca. 20 % des vorhandenen Materials ist katastrophal!“
….und es wird in manchen Bereichen noch schlimmer, denn die Neuausrichtung ist noch nicht durch (siehe zB Erding, Kaufering uem)
„Es ist an der Zeit, dass der GI und die Ministerin ihre taktischen Öffentllichkeitsarbeitsspielchen lassen und endlich was unternehmen, dass die Materiallage 3 Jahre oder länger nach der Taskforce Drehflügler tatsächlich besser wird.“
Was weg ist ist weg, was sollen Sie denn machen. Man beschwert sich, dass unter TdM Inst- und Orgelemente unwiderbringlich zerstört wurde Fachexpertise entlassen wurde und nun ist es so und alle wundern sich, dass UvdL unwiderbringliches nicht zurückbringen kann.
„Ich bezweifle, dass im BMVg keine Expertise vorhanden ist, man muss nur endlich mal die richtigen Entscheidungen treffen, damit es besser wird und nicht versuchen sich über die Wahlperiode zu retten mit dem Gedanken nach mir die Sintflut.“
Im BMVg war noch nie bzgl der Einsatzlogistik Fachexpertise die war im BwB, Waffensystem- und Mat-Kdo doch die gibt es nicht mehr!
Es nützt nichts die richtigen Entscheidungen zu treffen, wenn die nicht da sind, welche sie umsetzen sollen!
Welche Firma wurde denn beauftragt, bis zum Nutzungsende ausreichen Ersatzteile zu produzieren? Wer kennt denn von den Mustern das Nutzungsende? Selbst bei den Alt-Systemen ist kein Nutzungsende bekannt!
Viele Firmen wollen nicht mehr für die Bw liefern und auf eigene Kosten Lager einrichten.
Im BAAIN sitzen fast nur noch Juristen welche sich mit Vertragsgestaltung beschäftigen, dort wo Fachexpertise organisatorisch ausgeplant war, sind die Stellen oft nicht besetzt.
Wer mit dem Hammer in seinen Bildschirm klopft, muss sich nicht wundern, dass das Bild verzerrt ist und es kein Spaß mehr macht Filme zu schauen.
Nochmal, es wird noch schlimmer und der Rest wird gerade im Einsatz verbraten.
@ Jochen | 17. März 2019 – 15:23
Sowas wie eine „Digitalisierung Meldewesen Mat EinsBer“ gabs schon vor ca. 20 Jahren:
DVU-Stab LogLage.
Das Programm war so gut, dass immer in erheblichem Umfang von Hand nachgearbeitet werden musste und die Präsentationen, die es erstellen konnte, wollte keiner sehen. Auch da musste von Hand nachgearbeitet werden.
Nacharbeit, nicht um zu schönen, sondern weil die Zahlen sonst einfach falsch waren.
@ Zimdarsen
Zitat: „Im BAAIN sitzen fast nur noch Juristen welche sich mit Vertragsgestaltung beschäftigen, dort wo Fachexpertise organisatorisch ausgeplant war, sind die Stellen oft nicht besetzt.“
Laut der monatlichen Personalstärkemeldung auf Augengeradeaus sitzen im BAAIN ca. 1500 – 1600 Soldaten. Die saßen zu BwB-Zeiten nicht in der Stärke da, also müssen auch ein paar Logistikexperten von den Waffensystemen dazu gekommen sein.
Es sind zwar Logistikamt, Waffensystemkdo Lw usw aufgelöst worden, aber es gibt ja noch Soldaten die dort gedient haben. Wenn man wirklich das Ruder herumreißen will, dann kann man es auch tun.
Bis jetzt wird jedoch noch immer die industrielle Single-Source Logistik als alternativlos eingestuft. Wenn sich an diesem Denken nichts ändert, dann wird sich auch die Logistik nicht verbessern und sich damit die materielle Einsatzbereitschaft der Bw auch nicht verbessern.
Ein erster Schritt wäre es schon die noch bestehenden (Rest-)strukturen der Lw-Logistik zu erhalten und auszubauen.
@Zimdarsen
@Georg
Für mich als Außenstehender, interessierter Zivilist ist der vorhandene Raubbau und der „meiner Meinung nach“ bewusst herbei geführten „Impotenz“ unserer Bundeswehr erschreckend!
Besonders da ich mich einigermaßen mit Matrixorganisationen im internationalen Kontext auskenne und die letzten 25 Jahre komplexe Beratungsexpertise „live“ beim Kunden erworben habe.
Was sich so manche Politiker mit Hilfe diverser Kollegen meines Berufsstandes erlaubt haben ist schändlich!
TdM ist doch der Herr, welcher nach seiner „aktiven“ Dienstzeit wieder einparken lernen musste. Stimmt’s???
Auf der einen Seite wollen wir im europäischen Verbund eine Schlüsselposition einnehmen und auf NATO-Seite als verlässlicher Partner da stehen.
Auf der anderen Seite müssen wir uns als Bundesrepublik am nächsten stehen.
Vielleicht liest ja der eine oder andere Politiker und (x+1)-Sterner hier mit und überlegt im stillen Kämmerlein – nachdem er verstanden hat dass eine neue „Epoche“ der militärischen Positionierung begonnen hat – wie wir unsere TSK’s mit einer rundlaufenden Logistik und Stärke wieder zum Laufen bekommen.
suum cuique
Im Vergleich zum vorherigen Bericht gibt es zumindest beim NH-90 einen Anstieg der einsatzbereiten Systeme (17, statt 13). Also gibt es auch positive Entwicklungen.
Aber insgesamt ist ja weiterhin von Ersatzteilmangel die Rede, nach 5 Jahren der Diskussion. Nach letzten Äußerungen aus dem BMVg soll der Materialerhalt im neuen Haushalt ein Schwerpunkt sein.
Das Bild was Zimdarsen malt ist leider korrekt, Georg, die wenigen Logistiker die noch existieren und die funktionierende Logistik Anfang der 2000 noch erlebt haben sind mittlerweile die Ausnahme. Was 19 Jahre später auch nicht verwunderlich ist. Nicht das alle die danach kamen es nicht können, nein. Aber durch die Verwerfungen im System (Hammer im Bildschirm) konnte es danach kaum noch einer umfassend erlernen. Falls Sie Mal die Gelegenheit haben mit einem “ blauen“ zu sprechen, der im BAAIN sitzt, nutzen Sie es.
Als rethorische Frage, bringt mir jemanden der es besser machen soll als Minister oder Ministerin. vdL hat nach den 6 Jahren wenigstens umfassend die Mängel erkannt. Und wenn jemand meint ein Eigengewächs – ob mil oder ziv – könnte es besser: Auch durch bestmöglichen querschnittlichen Verwendungsaufbau bekommt man niemanden geschnitzt, der die politische Vertretung als BM adäquat in dieser Schlangengrube Politik erfüllen kann – meine Meinung.
@Georg
„Die saßen zu BwB-Zeiten nicht in der Stärke da, also müssen auch ein paar Logistikexperten von den Waffensystemen dazu gekommen sein.“
Selbstverständlich, aber was sagt das darüber aus, ob an den Stellen wo es im Moment hängt ausreichend Personal mit der nötigen Erfahrung/Wissen sitzt?
„Es sind zwar Logistikamt, Waffensystemkdo Lw usw aufgelöst worden, aber es gibt ja noch Soldaten die dort gedient haben. Wenn man wirklich das Ruder herumreißen will, dann kann man es auch tun.“
Selbstverständlich gibt es noch Soldaten die dort gedient hatten, aber eben HATTEN!
Zum -Ruder herumreißen- Ich dachte Sie kommen aus der LW Logistik da ist nichts mit Ruder herumreißen.
:Bis jetzt wird jedoch noch immer die industrielle Single-Source Logistik als alternativlos eingestuft. Wenn sich an diesem Denken nichts ändert, dann wird sich auch die Logistik nicht verbessern und sich damit die materielle Einsatzbereitschaft der Bw auch nicht verbessern.“
Das Stimmt und da geht nichts schnell, was weg ist ist erstmal weg und LV/BV hat in der Logistik noch keiner durchdacht.
Wir sind blank!
„Im BAAIN sitzen fast nur noch Juristen welche sich mit Vertragsgestaltung beschäftigen, dort wo Fachexpertise organisatorisch ausgeplant war, sind die Stellen oft nicht besetzt.“
Nicht nur dort. Bei den Juristen ist dem Vernehmen nach auch wieder dringender Bedarf gegeben und bleiben Stellen unbesetzt. Gut, meine Info ist diesbezüglich schon ein paar Monate älter, kann inzwischen auch schon wieder anders sein.
Allerdings ist die Tätigkeit von Juristen im Vorfeld und bei Durchführung einer Beschaffung auch nicht zu unterschätzen. Stockfehler im Vergabewesen führen unweigerlich zu vermeidbaren Peinlichkeiten, Verzögerungen und à la longue auch Kostensteigerungen. Von daher sparen Juristen – wenn man sie denn vorher befasst und sie ihren Job tatsächlich gut erledigen – Zeit, Geld und Gesicht. Im Angelsächsischen kennt man das als „the 7 P’s“ („proper prior planning prevents piss poor performance“).
Das heißt allerdings auch, dass Juristen, die vorrangig politischen Interessen gehorchen (egal ob sie müssen oder aus Eilfertigkeit im Voraus), fast immer daran gehindert sind, ihren Job im Vorfeld auch gut zu erledigen. Dann kriegt man die Watschen eben vor Gericht, wie im (m.E. völlig überflüssigen) Rechtsstreit um die Zielgenauigkeit eines gewissen Sturmgewehrs aus Oberndorf a.N. Ein Jurist, der nachgelagert eine bestimmte Entscheidung (die oft auch rechtlich problematisch sein kann) mit der Brechstange rechtfertigen muss, steht oft von Beginn an auf verlorenem Posten.
Da Beschaffungen in der Regel – vorsichtig ausgedrückt – „eine gewichtige politische Komponente haben“ können, ist da die solide Befassung im Vorfeld umso wichtiger. Aber oft will man guten Rat auch einfach nicht hören, vor allem, wenn er die eigene Sicht der Dinge nicht bestätigt.
@ Grashüpfer: zur rhetorischen Frage und „nach sechs Jahren Mängel erkannt“. Das klingt lediglich nach: Probleme beschreiben reicht. Nein, das reicht nicht. Teile der Gesellschaft, Berufsverbände und Medien müssen Politik die Notwendigkeit zur Problemlösung aufzeigen. Für was sonst sind insbesondere Spitzenpolitiker da? Das es schwierig ist, bezweifelt keiner. Und Parteien müssen entsprechende Kompetenz fördern, Fachleute aufbauen und gestalten – anstatt zu verwalten. Das es möglich ist, zeigen einige in der Spitzen- bis zur Komunalpolitik. Oder gar in Sportvereinen, Elternbeiräten etc.. Dort ist auch nicht alles einfach. Ich will nicht aufgeben, nach dem Motto: ist in der Schlangengrube halt schwierig. Und nebenbei, Mängel beschreiben und Probleme aufzeigen kann die AfD auch. Das darf nicht reichen.
Zur Einsatzbereitschaftslage soll es meines Wissens diese Woche im Verteidigungsausschuss weitergehen. Wir werden sehen, wie sich die Koalitions-MdBs positionieren und äußern. Wäre gut, wenn endlich mal ein detaillierter Fahrplan bis 2023 erkennbar wäre, welcher nicht Probleme, sondern Lösungen beschreibt.
@ SvD
Danke für die Erläuterungen zu den Hintergründen der „AirforceTimes“
@ Zimdarsen
@ Grashüpfer
Zum Stichpunkt „Ruder herumreißen in der Logistik“
Natürlich komme ich aus der Lw-Logistik mit Verbands- und Amtserfahrung, aber nicht als Nachschieber sondern als Lfz-Elektroniker.
Ich weiß was unsere LwInsthGrp und das WaSysKdo Lw alles geleistet haben. Ich weiß auch, dass die Engländer sich komplett in der Logistik auf die Industrie abstützen und es scheinbar dort funktioniert.
Dazu ist aber eine andere Einstellung beim Auftraggeber und beim Auftragnehmer notwendig. Wenn man die Industrie als Monopolist beautragen will, dann muss es Nichterfüllung des Vertrags Konventionalstrafen in empfindlicher Höhe geben.
Noch besser wäre es jedoch, wenn die Industrie von sich aus möglichst gut performen will. Es ist ja nicht so, dass die Industrie Logistik nicht kann, sie beweist ja täglich in der zivilen Luftfahrt das Gegenteil, das es also funktionieren kann.
Also Ruder rumreißen, heißt entweder total nach britischen Vorbild mit der Industrie oder wieder verstärkt im Eigenbetrieb die Logistik betreiben.
Aber wie wir mit der der Industrie umgehen und per Kostenrechner im BAAINBw der Industrie vorschreiben wollen, was eine Instandsetzung an Stunden benötigt und was die Stunde kosten darf, dass ist überflüssig und das Denken der 60er Jahre.
Die Industrie verlangt autark ihren Preis und muss bei Nichterfüllung des Vertrages empfindlich bestraft werden. Fertig
Also ein Vertrag nach dem Muster, die Industrie hat eine tägliche Einsatzbereitschaft von 50 % der eingeführten Lfz-Systeme pro Typ sicherzustellen. Wie sie dies macht ist ihre Sache, bei Nichterfüllung Strafzahlungen.
Wenn ich dann bei den Vergaben immer gehört habe, aus politischen Gründen dürfen an die zivilen Auftragnehmer keine Konventionalstrafen in den Vertrag aufgenommen werden, dann fängt die Inkonsequenz unseres Beschaffungswesen schon wieder an.
@Georg
Sie haben doch Recht in dem was Sie da schreiben, doch es ist eben nur ein Teil des Problems. Bei den komplexen WaSys gibt es eben nicht DIE Industrie. Es gibt hunderte von Zulieferern tausende unterschiedliche Verträge, einschließlich der noch in Teilen vorhandenen Bw-Inst.
GB ist und war weit weg von einer möglichen Front und hatte sich ihre Verträge mit der Industrie was kosten lassen. Auch gab es klare Zeiträume der Bereitstellung. Wir wollen alles und bekommen fast nichts. Es gibt keine in sich schlüssige Einsatzlogistik auf die WaSys zugeschnitten. Wir machen im Moment Insolvenzverwaltung.
Ein großer Teil der Beschaffung ging über KMU und mit viel Vertrauen, das hat die Bw zerstört und das kann man mit Juristen und Text nicht wieder gewinnen.
@ Zimdarsen
Zitat: „Bei den komplexen WaSys gibt es eben nicht DIE Industrie. Es gibt hunderte von Zulieferern tausende unterschiedliche Verträge, einschließlich der noch in Teilen vorhandenen Bw-Inst.“
Das wäre eben bei dem britischen Modell anders, da gibt es den Generalunternehmer, also z.B. BAE der macht einen „schlüsselfertigen“ Service, inkl. der Aufgaben Nutzungsabteilung im BAAINBw mit Koordination der Einzellieferanten, technische Dokumentation, Beauftragung der Einzellieferanten usw.
Die britische Lw empfängt das einsatzklare Lfz auf ihrem Flugplatz und nutzt es bis zur nächsten größeren Wartung oder Instandsetzung.
Im Übrigen sind wir auf den Weg zum britischen Modell. Teile des Systemzentrums Kampfflugzeuge, also die ehemalige LwInsth Grp in Ummendorf, setzt jetzt Fahrwerke des Eurofighters nicht mehr für die Lw sondern für Airbus Manching instand und die bauen sie dann in die Eurofighter für alle Partnernationen ein. Mit Preisaufschlag natürlich. Also Airbus bezahlt eine Bw-Dienststelle für eine Dienstleistung und verwendet das fertige Produkt für die Eurofighter der Bw mit Preisaufschlag auf der Rechnung für die Bw.