Keine Strafverfolgung für Piraten (mit Update)
Es ist nicht das erste Mal, es ist nicht überraschend: Die finnische Marine, unter EU-Kommando bei der Anti-Pirateriemission Atalanta dabei, hat heute 18 mutmaßliche Piraten frei gelassen. Die Soldaten des finnenischen Minenlegers Pohjanmaa hatten die Seeräuber am 6. April festgesetzt, nach einem Angriff auf den Frachter Pacific Opal am Vortag. Allerdings fand sich kein Staat, der zur Strafverfolgung bereit gewesen wäre.
Die Abschreckungswirkung der Anti-Pirateriemissionen stärkt das nicht unbedingt…
Soldaten des finnischen Kriegsschiffes Pohjanmaa stellen am 6. April mutmaßliche Piraten (Foto: EUNAVFOR)
Noch während ich diesen Eintrag schrieb, kam eine neue Piratenmeldung: der italienische Massengutfrachter Rosalia d’Amato wurde in der Arabischen See gekapert. So bitter es ist: Das dürfte in Europa vermutlich wieder mehr wahrgenommen werden, weil die Mannschaft eben nicht nur aus 15 Filipinos besteht, sondern auch aus sechs Italienern. Jedenfalls gibt es dafür wahrscheinlich mehr Aufmerksamkeit als für die heutige Kaperung eines südkoreanischen Containerfrachters.
Nachtrag: Inzwischen gibt es zu dem Koreaner ein wenig mehr Klarheit – eine Mitteilung der NATO:
This morning NATO warship TCG Giresun disabled a pirate group that had attacked and hijacked a merchant vessel.
In the early hours the Turkish warship was hailed by the master of Motor Vessel Hanjin Tianjin – a Korean flagged vessel, who said that his ship was under attack from pirates. The crew had locked themselves away in the citadel, or strong room. TCG Giresun quickly responded by sending her helicopter ahead to render assistance. When the helicopter arrived at the scene no activity was sighted.
Whilst TCG Giresun was guarding MV Hanjin Tianjin, another distress call was made by the master of an Italian Motor Vessel, Rosalia D´ Amato, who reported that his ship was under attack. As the MV Hanjin Tianjin looked stable and the ship was know to have a strong citadel, the NATO warship sailed at maximum speed toward the MV Rosali D´ Amato. Unfortunately by the time the warship arrived at the scene, the pirates had been able to gain access inside the ship and hijack the crew.
In order to prevent the pirates from attacking any more vessels their ‘attack skiffs’ drifting nearby were destroyed. The Turkish warship was able to contact with the master of the MV Rosalia D’Amato, who reported that everybody on board was in good health and the situation on board was stable.
(Und, man möge es mir nachsehen: Ich schreibe jetzt hier nichts über einen Vortrag zur Piraterie vor Somalia, den ich gestern abend in Berlin gehört habe. Den Ansatz, dass die Piraten ja nur in Robin-Hood-Manier die legitimen Interessen der Somalis angesichts von Giftmüllverklappung und Raubfischerei verteidigen, kann ich einfach nicht nachvollziehen, wenn tausende von Kilometern vor der somalischen Küste Schiffe angegriffen werden und Besatzungen, meist aus armen Drittweltländern, über Monate als Geiseln gehalten und zum Teil gefoltert werden. Bei allem Verständnis für die Wut über die Verseuchung der eigenen Küste scheint mir organisierte Schwerkriminalität vor den Küsten anderer Länder weder die richtige noch eine legitime Antwort. Aber alles weitere dazu würde polemisch ausfallen.)
Wo bitte werden denn solche Vorträge gehalten???
Ich finde das sehr abschreckend: Piraten an Land zu setzen, anstatt sie in Europa vor Gericht zu stellen. Mir ginge da die Hoffnung auf einen Weg aus dem Land völlig flöten.
Hat der Referent / haben die Referenten möglicherweise Drogen genommen? Ich kann nur hoffen, dass diese Veranstaltung nicht aus einem steuerfinanzierten Topf bezahlt worden ist. Oder hat der Referent / haben die Referenten dafür vielleicht auch noch ein Honorar erhalten? Welcher Grad an Ahnungslosigkeit umgibt solche „Profis“?
Piraterie ist ein Business geworden. Fertig. Auch wenn mein Hinweis vor lauter grassierendem Gutmenschentum dieser Welt „politisch nicht korrekt“ ist: Piraten und Seeräuber bereiteten in den vergangenen Jahrunderten erheblich weniger „juristische Probleme“ als heute. Und es hat gewirkt…
Die Finnischen Soldaten werden es sich zweimal überlegen wieder so eine Festnahme durchzuführen.
Das hat nichts mit „Gutmenschentum“ zu tun, sondern war vor drei(?) Monaten eine Meldung: dass sich die Fischbestände vor Somalias Küsten erholen, seit dort Piraten rumfahren. Leider habe ich die Quelle nicht mehr für diese Meldung, daher nur aus dem Gedächtnis zitiert.
Aber ich finde das eine schwierige Frage: was wäre eine legitime (und wirksame) Antwort auf „die Verseuchung der eigenen Küste“? Wenn man nichts hat, was Industriestaaten beeindruckt? Wenn man die legalen, friedlichen Mittel ausgeschöpft hat und nicht passiert? Und wenn man als Vorbild die USA hat, die viele ihrer Probleme durch Waffengewalt lösen, gerne auch ohne Uno-Mandat. Dann denken manche: ok, wenn die das dürfen…
Um das klarzustellen: ich befürworte Piraterie nicht, finde das aber, wie gesagt, eine schwierige Frage.
Mein Gott… Was willste machen?
Willste die Vögel in Finnland vor Gericht stellen, um dann nach ihrer Haft die Asylanträge zu unterschreiben um sie dann auch noch länger zu behalten?
Soll das eine tolle Lösung sein? Sollen die teuren Gefängnisse jetzt auch noch mit im Ausland straffällig gewordenen Ausländern gefüllt werden?
Oder soll man sie standrechtlich erschießen? Das wäre wenigstens billig.
Irgendwie alles nicht so das Gelbe vom Ei.
Wie bereits angesprochen, müssen die somalischen Fischbestände den Somaliern zugesichert werden und temporär international kontrolliert werden. Man muss an Land wenigstens einzelne Musterprojekte fertig bringen. Man muss die Hintermänner in London und Dubai zum Schweigen bringen. Und: Bis man fertig ist, kann man als Gegenpol auf Abschreckung setzen und von mir aus auch Piraten umlegen. „Wir tun etwas für euch, aber als Piraten werdet ihr sterben.“ Es ist wie immer ein Gesamtpaket.
„Piraten wieder freigelassen“ – wie oft müssen wir diese frustrierende Meldung noch hören?! – Da lachen sich die Piraten doch wieder eins ins Fäustchen – und die ganze interessierte Welt lacht über die EU.
Dabei klang das bei der EUNAVFOR vor kurzem noch so überzeugend:
Tja, und nun will sie wieder keiner haben. Das alte Dilemma. –
Da komme ich wieder ins Spiel mit meinem schon früher gemachten Vorschlag:
Nach dem Beispiel Guantanamo könnte man doch ein Internierungslager auf der wunderschönen kleinen Insel Abd al Kuri einrichten – liegt zwischen Sokotra und dem afrikanischen Festland, gehört, glaube ich zum Jemen. Also ein paar Milliönchen locker machen für den Jemen, damit sie die Insel freigeben und entsprechendes Wachpersonal stellen – Gefängnismauern braucht man nicht, da kommt sowieso keiner weg, Zeltlager genügen; insofern bestimmt auch weitaus billiger als Guantanamo – und schon wäre das Problem gelöst.
Ja, schon gut, ich weiß, politisch nicht korrekt und juristisch nicht machbar – aber trotzdem ’ne coole Idee, oder?
Piraten oder zumindest ihre Führer verfolgen internationale Medien durchaus und nehmen die Veredelung ihres Handelns durch naive westliche Aktivisten dankbar an. Gegenüber Medien wiederholen die Piraten die ihnen kostenlos bereitgestellte Propaganda dann, was die Aktivisten dann als angeblichen Beleg ihrer These zitieren.
Tatsächlich sind diese Banden alles andere als Robin Hoods und verschlechtern die Situation grosser Teile der Bevölkerung, u.a. weil das WFP nicht mehr wie früher operieren kann. Auch somalischen Fischern geht es keinesfalls besser. Aber westliche Aktivisten auf der Suche nach dem Edlen Wilden und der Schuld des Westens für alles werden unbeeindruckt davon weiter ihre Fabeln spinnen.
@T. Wiegold
Mich würden Namen des Vortragenden und der durchführenden Institution brennend interessieren. Soviel Inkompetenz gehört blossgestellt.
@ Janmaat
Ein Internierungslager auf so einer Insel ist definitiv keine schlechte Idee.
Möglicherweise handelte es sich um diesen Vortrag „mit dem somalischen Soziologen Mohammed Ahmed Hassen und dem aus Eritrea stammenden Politikwissenschaftler Yonas Endrias“
http://www.afroport.de/em_veranstaltungen_vortraege_art.php?id=26976
Veranstalter: Africavenir International, eine Organisation im grünen Umfeld mit unklarer Finanzierung, die sich u.a. gegen die Ehrung der Askaris (auf Seiten Deutschlands kämpfender Einheimischer in Ostafrika im Ersten Weltkrieg) durch Straßenbenennungen einsetzt und überhaupt die deutsche (Kolonial)geschichte ganz furchtbar schröcklich findet.
Passt irgendwie ins Bild…