Die nächsten Puzzle-Steinchen: Das neue BMVg

Die meisten Bundeswehr-Interessierten dürften zwar auf den 26. Oktober warten – an dem Tag will Verteidigungsminister Thomas de Maizière die Planung für die Stationierung und die Standorte der deutschen Streitkräfte bekannt geben. Aber schon vor dieser Entscheidung tut sich ja was: bereits im September gab’s die Grobstruktur der neuen Bundeswehr, und jetzt  ist auch die Struktur des (um im Sprachduktus zu bleiben) neuen Verteidigungsministeriums klar.

Die Zielstruktur BMVg, die zum 1. April kommenden Jahres in Kraft treten soll, sieht also so aus:

(Weil’s doch arg klein ist so: BMVg_Zielstruktur als .pdf)

Der Laden soll vor allem deutlich kleiner werden: zwölf statt bislang 16 Abteilungen und Stäbe – neun Abteilungen, daneben der Leitungsstab, der Presse- und Informationsstab und der Stab Organisation und Revision. 26 statt 40 Unterabteilungen, 161 statt 267 Referate – und am Ende: rund 2.000 statt bislang gut 3.000 Dienstposten. Eine Reduzierung, rechnet das Ministerium vor, um 35 Prozent.

Das Ziel ist, sagt der Organisations-Architekt und Staatssekretär Stéphane Beemelmans, dass wir uns hier nur auf die ministerielle Tätigkeit konzentrieren. Hier wird die Unterstützung des Ministers als Mitglied der Bundesregierung, als Ressortchef und als Inhaber der Befehls- und Kommandogewalt abgebildet. Nicht mehr und nicht weniger.

Die Kenner werden beim detaillierten Blick in die Kästchen (ich hänge das Gesamtpaket unten an) sicherlich viel mehr Einzelheiten entdecken als ich. Deshalb nur ein grober Überblick: Wie schon bekannt, sind die Inspekteure der Teilstreitkräte und Organisationsbereiche künftig nicht mehr Teil des Ministeriums, und der Generalinspekteur wird truppendienstlicher Vorgesetzter und damit auch tatsächlich Deutschlands oberster Soldat. Angesichts des Primats der Politik wird er allerdings der politischen Führung unterstellt, zugleich wird aber festgelegt: Der Generalinspekteur ist Teil der Leitung des BMVg.

Damit kommt es praktisch zu einer organisatorischen Aufteilung des Ministeriums in drei Säulen (auch wenn, streng genommen, der Generalinspekteur in der Struktur unterhalb der Ebene der Staatssekretäre angesiedelt ist): Die Abteilungen Politik, Haushalt und Controlling und Recht unter dem Staatssekretär Rüdiger Wolf; die Abteilungen Planung, Führung Streitkräfte und Strategie und Einsatz unter dem Generalinspekteur Volker Wieker, die Abteilungen Personal, Ausrüstung Nutzung und Informationstechnik sowie Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen unter dem Staatssekretär Stéphane Beemelmans.

Alle Abteilungen sollen, auch das war schon als Absicht bekannt,  sowohl mit Soldaten als auch mit zivilen Mitarbeitern besetzt werden: Es wird eine sehr viel größere Durchmischung geben, sagt Beemelmans. Dabei gebe es nur sehr wenige Grenzen – zum Beispiel, dass der Generalinspekteur ein Soldat, ein Staatssekretär  ein Zivilist sein müsse. Im Übrigen gibt es grundsätzlich keine Grenzen, die Stellen werden nach Eignung, Befähigung und Leistung besetzt.

Die Zusammenfassung der Abteilungen folgt auch der ebenfalls bereits bekannten Grobstruktur, auffällig ist das Verschwinden des Planungsstabes – bisher immer als Arbeitsmuskel des Ministers angesehen: Er geht in der neuen Abteilung Politik auf, und deren voraussichtlicher Leiter (und bisheriger Planungsstabschef) Ulrich Schlie führt künftig den Titel Politischer Direktor – bewusst als Gegenpart, auf Augenhöhe, zur entsprechenden Position im Auswärtigen Amt angelegt.

Verschwinden wird auch der noch gar nicht so alte Einsatzführungsstab. Dessen strategische Aufgaben landen überwiegend in der Abteilung Strategie und Einsatz, und ein Teil der Aufgaben wird voraussichtlich in das Einsatzführungskommando der Bundeswehr abgeschichtet – so wie manche Tätigkeit, die bislang im Ministerium angesiedelt war, künftig in nachgeordneten Behörden wahrgenommen wird.

Eine Frage, die sich angesichts der verschlankten neuen Struktur sofort aufdrängt, ist natürlich die nach dem künftigen Haupt-Standort des um mehr als ein Drittel geschrumpften Ministeriums. Und die Bonn-Protagonisten in allen Parteien werden sehr argwöhnisch darauf schauen, wie es denn künftig mit dem ersten Dienstsitz des Bundesministeriums der Verteidigung (derzeit laut Gesetz: Bonn) praktisch aussieht. Das ist erst einmal eine Standort-neutrale Struktur, sagt Staatssekretär Beemelmans.

Derzeit hat das BMVg in Berlin 500 Dienstposten, weitere knapp 500 können künftig nach der genehmigten (und finanziell abgesicherten) Planung für die Erweiterung des Bendlerblocks untergebracht werden. Nach unserer Lesart, rechnet Beemelmans vor, sind im Rahmen des geltenden Berlin-Bonn-Gesetzes bis zu 1.250 Dienstposten in Berlin möglich. Das wären nämlich die 25 Prozent der Mitarbeiter, die ein Kabinettsbeschluss aus dem Jahr 1994 dem Ministerium für den zweiten Dienstsitz in der Hauptstadt zubilligt – berechnet nach der damaligen Gesamtzahl von 5.000 Dienstposten. In nächster Zukunft dürfte aber eine Erhöhung auf mehr als 1.000 Leute in Berlin schon an den fehlenden Büros scheitern – selbst wenn ein Teil des Einsatzführungsstabes in das Einsatzführungskommando wechselt. Die Inspekteure der Teilstreitkräfte zum Beispiel dürften nicht nur ihre Zugehörigkeit zum Ministerium verlieren, sondern auch ihre Räume im Bendlerblock. Weil kein Platz da sein wird.

Die vorgesehene Neugliederung des Ministeriums geht jetzt in die vorgeschriebenen Beteiligungs- und Informationsrunden – in Kraft setzen wird sie de Maizière voraussichtlich ungefähr zusammen mit der Bekanntgabe der Standortplanung Ende Oktober. Aber auch wenn die neue Struktur zum 1. April 2012 gilt: bis diese Zielstruktur auch personell eingenommen worden ist, dürfte es noch eine Weile dauern.

Zum Herunterladen und Nachlesen: Sachstand zur Neuorganisation des Bundesministeriums der Verteidigung