Neuer Anlauf: Debatte über Frankreichs Atomschirm – für Europa
Die Rede des französischen Präsidenten Emmanuel Macron am (gestrigen) Mittwochabend war für seine Verhältnisse ungewöhnlich zurückhaltend: Er rief, erwartbar, die Franzosen wie die Europäer zu einer ge- und entschlossenen Haltung angesichts der Krisensitutation auf, verkündete aber keine grundlegend neuen Initiativen. Obwohl… er das Angebot erneuerte, über einen französischen Atomschirm für Europa zu reden.
Die wesentliche Passage dazu aus der Rede (pardon, dass ich aus der englischen Fassung zitiere, die hier zu finden ist):
Our nuclear deterrent protects us. It is comprehensive, sovereign and French through and through.
Since 1964, it has explicitly played a role in preserving peace and security in Europe. But in response to the historic appeal of the future German Chancellor, I have decided to open the strategic debate on the protection of our allies on the European continent by our deterrent. Whatever happens, the decision has always been, and will remain, in the hands of the President of the Republic, the head of the armed forces.
Interessant ist der Bezug zu Friedrich Merz, dem künftigen deutschen Kanzler, nicht zuletzt deshalb, weil bisherige deutsche Regierungen auf Macrons entsprechende Angebote nicht wirklich eingegangen sind. Denn schon vor fünf Jahren hatte der Präsident einen strategischen Dialog über Frankreichs Force de Frappe angeboten, die Reaktion aus Berlin blieb zurückhaltend.
Nun ist die aktuelle Lage eine andere, und es könnte ja alles noch ein bisschen schwieriger werden. Deshalb haben mögliche Gespräche über die französische nukleare Abschreckung jetzt eine andere Qualität. Eins hat sich aber nicht geändert: Die Letztentscheidung, das hat Macron in seiner Rede noch mal klar gemacht, bleibt beim französischen Staatsoberhaupt.
@Dominik
Entschuldigung, das war der Witz.
Sachen kaputtschlagen hier und das Sparen nennen und dann vielleicht als Bonus noch mit einer sehr teuren Marsmission kommen, die vor allem Musk nützen würde wäre ziemliche Realsatire. Aber eben eine, mit der wir uns leider real beschäftigen müssen.
Mal abwarten ob und wie DEU und die neue Bundesregierung dieses Schutzschirm-Angebot von FRA weiter erörtern. In DEU dürfte sich aufgrund vieler Oberbedenkenträger, Zauderer und Verzögerer, Rüstungsgegner und Frieden-durch-Hoffnung-Fantasten eine sachliche Erörterung herausfordernd gestalten. Womöglich sollte das Schutzschirm-Angebot besser durch die EU erörtert werden.
Die EU ist mit einem nuklearen Schutzschirm von FRA besser dran, als mit einem US-Schutzschirm, oder ohne jeglichen Schutzschirm. Und nur das zählt. Somit sollte die EU auch ein starkes Interesse am Erhalt, an der Regeneration und an der Weiterentwicklung der taktischen und strategischen, nuklearen Fähigkeiten in FRA haben. Allerdings nicht bedingungslos, sondern mit einer EU-Strategie zum Aufbau einer eigenen EU-Abschreckung in EU-Verantwortung.
Keine Ahnung ob das rechtlich funktionieren kann, welchen Vertrag man dafür aufkündigen oder welches Gesetz man mit welcher Mehrheit dafür ändern muss, oder wie lange ein Einigungsprozess in der EU dauern könnte. Aber ich sehe das als eine Chance, einen Ansatz für den Aufbau einer glaubwürdigen, europäischen Abschreckung durch die EU zu erörtern und nutzen. Wie bei USA und FRA könnte die Verantwortung für den Einsatz schließlich auch in einer Hand (bei der EU) liegen. Die EU-Partner müssten es am Ende nur wollen und handeln.
Einem Vertrag über die anteilige EU-Finanzierung der FRA Abschreckung und über den Kauf taktischer und strategischer Nuklearwaffen inklusive der Trägersysteme (U-Boote, Kampfjets, Flugzeugträger) durch die EU, erscheint mir wie eine win-win-Situation, und dem könnte wohl im worst case auch eine LePen zustimmen. Angesichts der von der EU angekündigten 800 Milliarden Euro für Verteidigung / Aufrüstung dürfte die Finanzierung einer EU-Abschreckung wohl kein Problem sein.
@ Patrick S. (06.03.2025 um 13:06 Uhr):
„Die Idee sich unter den französischen Schutzschirm zu begeben, bedeutet eine Abhängigkeit durch eine andere zu ersetzen.“
Oder: Es bedeutet eine Abhängigkeit (weit entfernte Trump-USA = womöglich weniger bündnistreuer NATO-Partner) um eine andere Abhängigkeit (benachbartes FRA = EU- und NATO-Partner) zu ergänzen und damit zumindest eine gewisse Verbesserung (‚Diversifizierung‘) zu erreichen.
UK‘s Nukes fallen m.E. wegen der Trägersysteme unter ITAR-Regel und wären daher keine wirkliche Alternative. FRA’s Nukes und Trägersysteme sind ITAR-frei und somit von den USA unabhängig.
Das wir nun eine Alternative für den amerikanischen Nuklearschirm brauchen, halte ich für unstrittig.
Das Frankreich dazu besser geeignet wäre, wie Großbritannien macht auch Sinn.
Allerdings darf man nicht unterschlagen, das z. B. Eine LePen kein Interesse daran hat.
Über Frankreich hängt das gleiche Damoklesschwert wie über der BRD.
Sollten sich in den nächsten Wahlen, die jeweiligen, rechten Parteien mal durchsetzen, fängt das Spiel wieder von vorne an.
Was ist also die Lösung?
Eine deutsche Bombe? Meines Wissens durch die 2+4 Verträge legal nicht möglich.
Im Ernstfall kein echtes Hindernis, Aber grundsätzlich dann auch zu spät, da wir einen Angriff verhindern wollen und nicht erst dann abschrecken.
Eine europäische Bombe?
Mit Ländern wie Ungarn und Konsorten und der nötigen Einigkeit für den Einsatz, sehe ich hier handfeste, praktische Probleme…
Ernsthaft, ich sehe keine tragfähige Lösung…
Französischer Atomschirm ?
Nachdem die „Clique“ im weissen Haus gewechselt hat braucht es jetzt Ersatz.
Was aber wenn die „Bagage“ im Elysée Palast wechselt ?
Franz. Atomwaffen in Deutschland als Ersatz ?
„Over my dead body“ könnte man meinen…
Na ja… ein unsicherer A-Schirm ist besser als gar keiner sagt man sich wohl demnächst im Kanzleramt
Die alte Abschreckungswirkung vor Trump 1 wird es aber wahrscheinlich nie wieder werden…
Wobei… ob NATO Artikel 5 vor Trump 1 auch bei einer begrenzten „Spezialoperation“, zur Befreiung sagen wir mal der russischen Bevölkerung in Narva (Estland), vollumfänglich durchgezogen worden wäre… ?
Wer weis das schon…
Die Deutschen werden keine „eigene“ Bombe entwickeln. Allein schon aus Rücksicht auf unsere Geschichte. Anders sähe ich es, wenn eine gewisse Partei an die Macht käme und im Rahmen der Gleichschaltungsbemühungen mit Backlash aus dem Ausland konfrontiert sähe.
Als Vasall Russlands ist man ja eben auch von Moskau abhängig, was besonders für machthungrige Individuen jeder Couleur immer ein Dorn im Kreuz ist.
Aber die Abschreckungskulisse der NATO hat Trump schon recht geräuschvoll eingerissen. Solange die USA und ihre Interessen nicht betroffen sind, wird Fürst Orange nicht mal dran denken, seinen großen Knopf auch nur zu erwähnen.
@apollo11, @aussenstehnder
Die Absicherung durch PAL wurde durch Kennedy 1962 angeordnet. Davor bestand die Sicherung aus mechanischen Vorhängeschlössern 3-4 stellig. Die letzten diese Dinger an taktischen A-Waffen wurden 1987 ersetzt.
Die elektrisch/elektronische Schlösser waren auch nicht wirklich sicherer, da bis 1977 der Code jeder Waffe 0000000 lautete (Angst im Erstfall keinen Code zu haben).
Verhandeln Sie mit … den Israelis. Es ist notwendig, den Bereich der nördlichen Raketenabwehrstellungen zu verstärken. Wir müssen die tkMS (Kiel) um jeden Preis schützen, auch um die Kosten der Atomenergie. Mit Vorwarnung! Verteilte Führung und „alles ist zu vermieten“ … Zunächst muss es einen vernünftigen und zwingenden Grund geben. (Smiley) IMO. Regards…
Nachtrag:
Im aktuellen NDR-Podcast „Streitkräfte und Strategien“ werden Pro und Contra der atomaren Abschreckungsdoktrin incl. der deutschen Bombe diskutiert.
Das es mit der deutschen Bombe schnell gehen könnte wenn politisch gewollt haben mittlerweile viele verstanden. Wird auch so im Podcast erwähnt.
Das wird aber aus vielen Gründen nicht passieren. Ein genannter Grund wäre die fatale Signalwirkung auf andere, auch europäische Länder.
Auch wenn das das eine oder andere nicht so demokratische Land nicht abhalten wird…
Bei der verfahrenen Situation derzeit darf man immerhin (um mal etwas positives zu sagen) erwähnen, das es in den 80 Jahren Nuklearbombengeschichte zwar ohne Ende Geheimnisverrat gab, es aber noch nie eine Bombe auf den Schwarzmarkt geschafft hatte.
Kolportiert wäre wohl ein Handelswert von 30 bis 100 Millionen Dollar…
Wird vermutlich in den nächsten James Bond,Film eingebaut ;-)