Ministerium plant Millionen für neuen Dienstanzug ein
Das Thema köchelt schon seit Monaten, und jetzt kommt es wieder hoch: Die nicht gerade üppig finanzierte Bundeswehr soll für einen nicht eindeutig bekannten Millionenbetrag neue Dienstanzüge bekommen. Das sind eben nicht die Tarnuniformen. Die werden zwar auch neu gekauft, dann aber nicht im neuen, von den Streitkräften selbst entwickelten Tarnmuster.
Den Hintergrund konnte man bereits im Juni sehr ausführlich bei den Kollegen von hartpunkt.de nachlesen. Die befassten sich in erster Linie mit der Frage, warum die Bundeswehr neue Kampfuniformen nicht im eigenen, bereits vor Jahren selbst entwickelten Muster Multitarn beschafft, widmeten sich aber auch den vorgesehenen neuen Dienstanzügen:
Als „Trostpflaster“ kann man sich ja auf die „neuen“ alten Dienstanzüge freuen, die der Großteil der Truppe nur zu einer Handvoll Anlässen in der gesamten Dienstzeit trägt. Dazu hat es vor wenigen Wochen auch bereits erste Trageversuche gegeben. Die Enttäuschung der Soldaten soll Insidern zufolge an ihren Gesichtern ablesbar gewesen sein. Man hatte sich offenbar auf tatsächlich neue Uniformen gefreut, bekommen hat man hingegen die gleichen Uniformen nur in einem anderen Stoff.
Letzteres ist wohl nicht ein Irrtum, sondern Absicht. Und das ganze Paket soll demnächst in den Haushaltsausschuss: Knapp eine Milliarde für neue Uniformen stünden zur Billigung durchs Parlament an, meldet am (heutigen) Sonntag die Bild am Sonntag (Link aus bekannten Gründen nicht), wie AFP berichtet:
Die Bundeswehr soll kriegstüchtig werden. Geht es nach dem Bundesverteidigungsministerium, soll sie dabei auch besser aussehen.
Das Bundesverteidigungsministerium hat laut einem Medienbericht beim Haushaltsausschuss beantragt, 825 Millionen Euro für neue Ausgehuniformen der Bundeswehr zu bewilligen.
Das wiederum will das Verteidigungsministerium so nicht stehen lassen und reagiert:
Wir bitten um Verständnis, dass wir zu den Details (z.B. Kostenrahmen) von Beschaffungsvorhaben erst nach erfolgter parlamentarischer Befassung berichten können. Dies erfolgt dann regelmäßig auf unseren bekannten Kanälen (u.a. bmvg.de).
Einordnen können wir aber, dass ein Änderungsvertrag zur Versorgung der Bundeswehr mit Bekleidung und persönlicher Ausrüstung geplant ist. Dieser umfasst auch Modernisierungs- und Erneuerungsmaßnahmen u.a. in den Bereichen Einsatzkampfbekleidung, Arbeitsbekleidung, Sportbekleidung und die tagtäglich genutzte Dienstbekleidung, zu der auch ein Anteil Ausgehuniformen gehört.
Die Modernisierung der Dienstbekleidung wurde bereits im Jahr 2018 entschieden, dann aber zurückgestellt, um vorher wichtige Kampfbekleidung und -ausrüstung für die Truppe erneuern und modernisieren zu können. Dies ist in den letzten Jahren geschehen, so dass nun auch der Anteil Dienstbekleidung weiter umgesetzt wird. Für den Anteil Dienstbekleidung geht es vorrangig darum, die Bekleidung die tagtäglich von zehntausenden Soldatinnen und Soldaten im sogenannten Innendienst in den Verbänden, Kommandos aber auch bei den integrierten Verwendungen bei NATO und EU getragen wird, u.a. in Bezug auf Qualität an den aktuellen Stand anzupassen. Die Umsetzung ist in den nächsten Jahren geplant. Die Finanzbedarfe für das Gesamtvorhaben werden weit gestreckt bis zum Jahr 2032 fällig.
Nun habe ich natürlich versucht, vom Ministerium zu erfahren, was die Aussage zu der auch ein Anteil Ausgehuniformen gehört konkret bedeutet – es spielt ja schon eine Rolle, ob von der genannten Gesamtsumme nur ein kleiner Teil oder viele hundert Millionen Euro dafür ausgegeben werden. Die Antwort gibt’s aber vorerst nicht, dafür Überschriften wie Mode-Update für 825 Millionen… und eine entsprechende internationale Wahrnehmung.
(Archivbild Juli 2021: Rekruten im Dienstanzug beim Gelöbnis – Sebastian Wilke/Bundeswehr)
Der Zeitpunkt ist ungünstig. Und die Broschüren für Teilselbsteinkleider und Selbsteinkleider bei der Bw Bekleidungsmanagement tragen das Datum Juli 2022 und kein Hinweis darauf, das irgend etwas daran verändert werden soll. https://www.bwbm.de/downloads
Also bräuchte man Uniformen für alle Aktiven mit 4 oder weniger Jahren Dienstzeit sowie die Reservisten, die diesen benötigen. Diese sollten ausreichend vorhanden sein.
Was wir bestimmt nicht brauchen, sind neue Schnitte oder irgendeinen modischen Schickimicki-Schnickschnack. Die Uniform ist gerade deswegen so konzipiert wie sie gerade ist, damit sie eben nicht an die Wehrmacht oder Preußen etc. erinnert. Ich bin mit meiner Heeresuniform völlig fein und verstehe die Beschwerden einiger Kommentatoren hier nicht.
Ich finde es eben nur bedauerlich, und das klang hier schon ein paar Mal an, das Veranstaltungen vermehrt in Flecktarn durchgeführt werden. Das passt des Öfteren nicht zum gegebenen Anlass. Auch die richtige Uniform zum passenden Anlass ist ein Teil von Tradition.
Auch ein nahezu vollständig neuer Dienstanzug würde nur den Geschmack der Zeit widerspiegeln. Und das natürlich auch nur zum Teil, denn – wie wir alle wissen – über Geschmack läßt sich bekanntlich streiten.
Das Ganze würde Sinn machen und Aufwand begrenzen, wenn man im Rahmen gesteigerter öffentlicher Auftritte – z.B. Wachtparade an der neuen Wache oder Vorbeimarsch zum Tag der Bundeswehr vor dem Bundespräsidenten – eine angepaßte Paradeuniform hätte. Wobei die Marine sicher keinen Änderungsbedarf hat.
ABER da sind wir in einem Gebiet, das grundsätzliche Fragen zum Verhältnis dieser Republik zu ihren Streitkräften aufwirft. Eine ständige Wache mit großem oder auch nur kleinem Wachaufzug in Berlin wäre wahrscheinlich nicht vor Gewalt zu schützen …
Innerhalb der Bw gibt es auch dazu Klarstellungen.
Es ist eben nicht nur der neue Dienstanzug. Sondern eben auch Sportbekleidung, „Arbeitsbekleidung“ und Einsatzkampfbekleidung.
Und natürlich die Kosten liegen bei der BwBM höher als wenn ich bei H&M einkaufe. Denn die werfen im Zweifel weg oder sagen einfach: „Ausverkauft“.
Gut und hilfreich das in der Diskussion hier aufgearbeitet wurde, dass es eben nicht über 800 Millionen in einem Rutsch für neue Galauniform ist. Ich habe die Schlagzeile auch gesehen und war erst verblüfft.
Zur Betrachtung: Angedenk der Laufzeit, der Masse an Personal und des Umfangs usw. ist die Summe gar nicht so hoch. Allerdings ist die Kommunikationsleistung mal wieder mangelhaft.
Zu mehreren Vorredner: ich finde es etwas seltsam einerseits von „Prioisierung“ und dem „wirklich notwendigen“ zu sprechen und sich gleichzeitig darüber aufzuregen, dass der Heeresdiener „hässlich“, der Schnitt „nicht zeitgemäß“ etc. ist.
Das mag alles richtig sein, hat aber auch keine Prio. Wenig war mir in meiner Dienstzeit so egal wie der Diener. Wurde er benötigt wurde er getragen. Wie er aussieht: mir egal.
Schaut man auf die erste Garnitur anderer Armeen: sorry, da ist auch ganz viel bei was als modischer Atomschlag durchgeht.
@JaHo sagt:
25.11.2024 um 10:38 Uhr
…Eine ständige Wache mit großem oder auch nur kleinem Wachaufzug in Berlin wäre wahrscheinlich nicht vor Gewalt zu schützen…
Einfach Mal nach London oder Kopenhagen in den Urlaub fahren. Da werden die Königlichen Wachsoldaten auch von Polizei beschützt die mit MP ausgestattet ist. In UK ist das sogar die eigene Polizei des Verteidigungsministeriums.
@Bow sagt: 25.11.2024 um 10:20 Uhr
„Interessanterweise ist dem nicht so. Wiewohl das Bundessprachenamt und andere BW-Liegenschaften in direkter Nähe liegen, sehe ich ganz selten, dass Soldaten (m/w/d) in „Grün“ einkaufen oder sonstige Tätigkeiten verrichten.“
Zu meiner Zeit als Lehrgangsteilnehmer am Bundessprachenamt war der kleine Dienstanzug der Standard, auch im Unterricht. Da war nix mit grün. Zivilangestellte gibt es in Köln und Umgebung doch gefühlt mehr als Soldaten, woher sollen da die grünen Uniformen kommen? Da müssen Sie wohl mal an den Standorten schauen, an denen auch im Feld gedient wird. Da sehen Sie genug Flecktarn im Ort.
Es scheint laut BmVg nicht nur um den Dienstanzug zu gehen sondern um alle Arten der Einsatz-/ Dienst-/ Sportbekleidung: „Dieser umfasst auch Modernisierungs- und Erneuerungsmaßnahmen unter anderem in den Bereichen Einsatzkampfbekleidung, Arbeitsbekleidung, Sportbekleidung und der tagtäglich genutzten Dienstbekleidung.“
https://www.bmvg.de/de/aktuelles/einordnung-modernisierung-dienstbekleidung-5862618
Damit relativiert sich der Wahlkampfschlager auch gleich wieder.
[Sagen Sie mir, dass Sie den Text oben nicht gelesen haben, ohne zu sagen, dass Sie den Text nicht gelesen haben… Oder gilt die Aussage des Ministeriums nur, wen Sie die auf deren Webseite finden, aber nicht wenn ich das Ministerium zitiere? Damit relativiert sich dieser Kommentar auch gleich wieder. T.W.]
Erst heißt es: „Die armen Soldaten müssen sich eigene Ausrüstung kaufen!“ Bei manchen Sachen mag das stimmen, Auch, weil sie das Leben ein bisschen leichter machen, Ob es unbedingt notwendig ist, sei dahingestellt. Jetzt will der Dienstherr Geld in die Hand nehmen und moderne Bekleidung und Ausrüstung für die Soldaten kaufen und schon ist es auch wieder nicht richtig. Man hängt sich jetzt am Dienstanzug auf. Zumindest eine neue Jacke für die HUT könnte es geben. Aber das ist Geschmackssache. Wenn nicht, dann nicht. Alleine bei Rucksäcken und Stiefel käme ich, wenn ich sie als Privatperson im Armyshop kaufe, auf annähernd 2000 Euro. Wenn nicht wieder irgendwelches Zeug gekauft wird, wo die Nähte nach einer Weile aufgehen oder irgendwelche Schadstoffe enthalten sind, ist das für mich gut angelegtes Geld. Was die persönliche Ausrüstung angeht, brauchen wir uns derzeit meiner Meinung nach nicht verstecken. Es geht immer besser. Aber es kostet auch Geld. Und das wird jetzt investiert. Warten wir doch mal auf Rückmeldungen aus der Truppe, wie das Material angenommen wird.
Ist eigentlich überhaupt ein passender Zeitpunkt denkbar, um über eine neue Dienstanzugsjacke zu sprechen und ebenjene zu beschaffen? Ich mag mich täuschen, aber 2018 – ohne „Zeitenwende“, ohne Überfall auf die Ukraine, also gewissermaßen im tiefsten Frieden – gab es schon Gründe, das Vorhaben zu schieben. Wird nicht immer etwas anderes dringlicher sein? Müsste man mit diesem „Argument“ nicht alles in der Bundeswehr abschaffen, was nicht direkt dem „Kriegshandwerk“ dient?
Musikkorps, Truppenfahnen, Truppenzeremoniell aller Art? Wieso nicht per E-Mail mitteilen, dass das Kommando über Bataillon/Regiment/Brigade/Division gewechselt hat? Vereidigung und Gelöbnis per WebEx. Geht alles, zweifelsohne, wichtig ist ja, dass die Papierlage stimmt – die kann man auch digital signieren.
Nur dann sollten sich diejenigen, die derartiges fordern (und wenn auch nur implizit), doch bitte geschlossen halten, wenn es um die (fehlende) eigene Tradition oder das besondere Traditionsbewusstsein anderer Streitkräfte – als leuchtendes Beispiel bzw. als Beleg dafür, wie schlimm doch alles hierzulande ist – geht.
Dass es hier nicht nur um Dienstanzugsjacken geht (selbst die israelische Armee hat, neben dem Feld-/Kampfanzug, so etwas wie einen Dienstanzug, nur um der Legendenbildung vorzubeugen), wurde ja hier bereits klargestellt.
Womöglich ist es aber dem ein oder anderen entgangen – was die ein oder andere Einlassung nahelegt:
Im Spind des (aktiven) Soldaten befindet sich – außer der Kampfausrüstung und dem Sportanzug – heute mehr als Dienstanzugshose, -jacke, Diensthemd langer Ärmel und kurzer Ärmel, wie das noch bis vor ein paar Jahren der Fall war.
Heute wird an JEDEN Soldaten zusätzlich zum o.g. – unabhängig vom Dienstgrad, unabhängig von (Teil-) Selbsteinkleider ja oder nein – ein Pullover, eine Softshelljacke und eine Allwetterjacke, Farbe abhängig von der TSK, ausgegeben.
Wer also behauptet, man habe für den täglichen Dienst keine halbwegs angenehm zu tragende Dienstbekleidung (außer den Feldanzug, der mit den schweren Stiefeln und dem dicken Stoff insbesondere im Hochsommer so unheimlich bequem und vorteilhaft ist) und müsse die Dienstanzugsjacke tragen, erzählt Unsinn.
In den Dienststellen, in denen der Dienstanzug als Tagesdienstanzug getragen wird oder keiner dezidiert vorgegeben ist, wird für gewöhnlich das Tragen der Varianten des Dienstanzugs freigestellt. Man DARF dann also die Dienstanzugsjacke oder den Mantel tragen, man MUSS es aber nicht. Ja, das war früher anders, als es neben der Dienstanzugsjacke und dem Mantel keine andere Oberbekleidung gab – aber diese Zeiten sind vorbei und es wäre von Vorteil, wenn man dies zur Kenntnis nähme, statt den Stand der 80er Jahre zu verbreiten.
Vor diesem Hintergrund ist auch die Regelung, dass man in der Freizeit – um in Uniform kostenlos Bahn fahren zu dürfen – den Feldanzug tragen darf, vollkommen unverständlich, da mittlerweile alltags-/reisetaugliche Bekleidung ausgegeben wird und niemand mehr z.B. im Dienstanzug mit Mantel herumfahren muss. Da müsste man sich viel mehr die Frage stellen: Wieso gibt man das dann überhaupt aus, wenn nun für allen Firlefanz der Feldanzug getragen werden darf.
Aber egal – im Ergebnis gibt es derzeit drei Uniformarten: Den Feldanzug als Kampfanzug (oder als Tagesdienstanzug), den Dienstanzug (als Tagesdienstanzug, vornehmlich in seinen Varianten, schwarz oder [dunkel-] blau) und den Dienstanzug als Ausgehanzug bzw. für repräsentative/truppendienstliche Anlässe (Dienstanzug Grundform bzw. Großer Dienstanzug).
Das Gemecker/Wehklagen über die unbequeme Dienstanzugsjacke kann ich also nicht ernst nehmen oder sie stammt von Menschen, die in anderen Streitkräften dienen. Eine Uniformjacke ist nun einmal eine Uniformjacke und kein Kapuzenpullover.
Und natürlich: am ALLER bequemsten wäre es , wenn man im Tagesdienst zivile oder Sportkleidung tragen dürfte, also gar keine Uniform mehr tragen müsste. Das ist, wenn man sich so manche Einlassung hier liest und anderswo anhört, wohl die insgeheime Zielvorstellung. Aber Gerüchten zufolge geht es beim Dienst im Militär nicht vorrangig um Bequemlichkeit – und nicht nur im Militär, auch andere Arbeitgeber sind ganz offenkundig bemüht, dass ihre Bediensteten nicht in Bekleidung herumlaufen, die man zu Hause auf dem Sofa trägt.
Wenn dann noch der ein oder andere suggeriert oder ausdrücklich äußert, Uniformen mit Stehkragen seien zeitgemäß und besonders bequem, derweil andere schon am aktuellen – angeblich völlig zivilisierten – Viertaschenrock die Wehrmacht wiedererkennen, wird es noch absurder.
@ Thomas Melber
Ja, die Zweifarbigkeit Hose/Jacke kann man sicherlich ablehnen – aber was hat das mit der Dienstanzugsjacke des Heeres an sich zu tun? Und mal doof gefragt: Welche Anzugsjacke beult nicht aus, wenn man sich Smartphone, Portemonnaie, Schlüsselbund u.ä. in die Taschen steckt? Die Uniformjacke ist eine Uniformjacke, kein Monteuranzug.
@Pio-Fritz:
Wie die aktuelle Anzugsornung im BSABw ist, weiß ich nicht, aber mir geht es hier eher um die allgemeine „soldatische Sichtbarkeit“.
Ich sehe hier sehr selten „Grün“, aber auch DA (z. B. mit Blousson etc.) sehe ich auch nur sehr sporadisch und für mich ist der DA eher ein Distinctions-Kleidungsstück“, denn „Repräsentationsbekleidung“.
Wird zeit das dar alte „Kartoffelsack“ endlich abgeschafft wird. Ich bin es ehrlich gesagt leid Dinge wie “ Was ist das denn für ne Schlafanzughose?“ zu hören.
Ps: den Pfannekuchen bitte gleich mit entsorgen, danke
ich finde das thema bekleidung passt zum gesamtbild deutschlands und der bw!
@ Hans Dampf 25 1417A nov 24: …volle Zustimmung!!!
@ Hans Dampf:
„Wer also behauptet, man habe für den täglichen Dienst keine halbwegs angenehm zu tragende Dienstbekleidung (außer den Feldanzug, der mit den schweren Stiefeln und dem dicken Stoff insbesondere im Hochsommer so unheimlich bequem und vorteilhaft ist) …“
Colorandi causa:
Anfang der neunziger Jahre hörte ich als Referendar beim Landgericht Ellwangen im Rahmen des Einführungslehrganges zur Verwaltungsstation Verwaltungsprozessrecht bei Hans-Jörg Kimmich, Vorsitzender Richter am Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg sowie 1945 Hauptmann der Infanterie mit EK 1, EK 2, Deutschem Kreuz in Gold, Ehrenblattspange des Heeres, Ritterkreuz und Nahkampfspange in Gold.
Er war übrigens sehr bescheiden; an den Treffen der damals noch existierenden Ordensgemeinschaft der Ritterkreuzträger nahm er nicht teil, weil sich dort zu viele Spinner betätigen würden. Vielmehr lud er nach der Wende jahrelang Veteranen der Roten Armee und ehemalige Partisanen nach Deutschland ein, was damals auch von der Bundeswehr unterstützt wurde.
Die Treffen fanden bei der Ellwanger PzGrenBrig 30 statt, in der ich als S 3 Offz beordert war. Damals wurde im Brigadestab der Feldanzug getragen. Als Hans-Jörg Kimmich mich als Reservedienstleistenden im Rahmen der Vorbereitung zu einem der Treffen in der Kaserne aufsuchte – es war ein sehr heißer Sommertag – äußerte er große Verwunderung darüber, dass der Feldanzug getragen werde.
Das sei bei der Wehrmacht nicht so gewesen; für den Innendienst im Sommer habe es einen leichteren Dienstrock sowie für Mannschaften einen sog. Drillich gegeben. Das sei doch viel bequemer, und darauf komme es an!
In der Neigung, wo auch immer nur noch den Feldanzug zu tragen, steckt eben auch sehr viel Attitüde.
Ich möchte gerne noch ergänzen, dass bis in die frühen 2010er Jahre in vielen Kdo, Stäben, Ämtern ein „Tucherlass“ galt und im Tagesdienst der Dienstanzug zu tragen sei.
Als mehr und mehr Militär wegen Lieferengpässen oder Nichtverfügbarkeiten von Hemden und Hosen keinen vollständigen Dienstanzug (oder nur mit Löchern) hatten, begann man notgedrungen, den Feldanzug zu tragen.
Daher konnten Dienstellenleitungen oder Vorgesetzte die Weisung zum tragen des Dienstanzug nicht mehr aufrechterhalten.
Was ich sagen will: Was sich in der „Kleiderordnung“ in den letzten ca. 15 Jahren so alles aus der Macht des faktischen ergeben hat, sollte ja jetzt nicht der Maßstab und die Begründung sein, auch zukünftig den Mangel an Ausrüstungsgegenstände, hier Dienstanzug, schulterzuckend zu akzeptieren.
Übrigens: Was kostet denn ein Feldanzug inkl hochwertigen Haix Stiefeln (o.ä) im Vergleich zu Hemd, Hose, schwarzem Halbschuh und ggf Krawatte?
Andreas Maase sagt:
26.11.2024 um 10:43 Uhr
„Das sei bei der Wehrmacht nicht so gewesen; für den Innendienst im Sommer habe es einen leichteren Dienstrock sowie für Mannschaften einen sog. Drillich gegeben. Das sei doch viel bequemer, und darauf komme es an!
In der Neigung, wo auch immer nur noch den Feldanzug zu tragen, steckt eben auch sehr viel Attitüde.“
Cool, dass der Ritterkreuzträger das so sah. Hat aber irgendwie auch keine Relevanz (ebenso seine ganzen anderen Auszeichnung).
Was ist akzeptiere ist die Bequemlichkeit, aber hier kommen wir zu einem Problem. Ich persönlich fand und finde den FA Grundform um Längen bequemer und praktischer als den Dienstanzug.
Ist das jetzt Attitüde?