Mehr als Flecktarn: Neues Multitarn-Muster für die Bundeswehr

multitarn

Der Begriff Flecktarn hat sich in den vergangenen Jahrzehnten für die Tarnmuster auf den Kampfanzügen der Bundeswehr durchgesetzt. Jetzt kommt ein neues Design  hinzu: In mehrjähriger Arbeit entwickelte das Wehrwissenschaftliche Institut für Werk- und Betriebsstoffe (WIWeB) ein eigenes Multitarn-Muster für die deutschen Streitkräfte, das in verschiedenen Einsatzgebieten getragen werden kann. Es soll zunächst den Spezialkräften zur Verfügung stehen, auf derenen Initiative das neue Design entstand, langfristig aber auch anderen Truppenteilen (offensichtlich in der logischen Erkenntnis, dass einzelne Soldaten mit abweichender Uniform leichter zu identifizieren sind). Parallel zum neuen Multitarn-Muster entwickelte das WIWeB auch einen neuen Schneetarnanzug für die Gebirgstruppe.

Das neue Multitarn-Muster, so erläuterte der zuständige WIWeB-Entwickler Alexander Dietel in einem Fachbeitrag für den Wehrtechnischen Report, wurde als Tarnmuster für beliebige geografische Umgebungen angelegt. Es ist damit nicht wie das derzeit übliche Fünffarb- oder Dreifarb-Flecktarn auf die Situation in Europa oder in Wüstengegenden wie Afghanistan beschränkt. Das Design richtet sich an einer mittleren Helligkeit aus, sagte Dietel im Gespräch mit Augen geradeaus!. Für den dauerhaften Einsatz in Regionen zum Beispiel mit hohem Waldanteil wie in Europa sei allerdings weiterhin die Nutzung des bislang gebräuchlichen Fünffarbmusters sinnvoll.

Eine wesentliche Neuerung des Multitarn-Musters ist die bessere Tarnwirkung –  über den für das menschliche Auge sichtbaren Bereich hinaus – im so genannten nahen Infrarotbereich von 700 bis 1200 Nanometern, in dem Nachtsichtgeräte und Restlichtverstärker arbeiten. Das unterscheidet die deutsche Neuentwicklung von dem weltweit verbreiteten und auch von deutschen Spezialkräften genutzten MultiCam-Muster, bei dem die Sichtbarkeit im nahen Infrarot nicht spezifiert ist und von der technischen Umsetzung in den jeweiligen Streitkräften abhängt.

—- Hier eine Korrektur: Das Foto unten zeigt NICHT die Sichtbarkeit von Fünffarb-Flecktarn  und Multitarn im Nachtsichtgerät. Sondern die Vergleichbarkeit von (privat beschafftem) Fünffarb-Flecktarn, der nicht den technischen Anforderungen entspricht (links) mit technisch einwandfreiem Fünffarb-Flecktarn (rechts) – als Beispiel dafür, wie sehr sich Abweichungen, die mit bloßem Auge unsichtbar sind, im Nachtsichtgerät auswirken können. (da hatte ich was missverstanden)

multitarn_restlicht_vs5TD

— Ende Korrektur —

Das neue Muster in mitteleuropäischer Umgebung in Storkow in Brandenburg:

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… und beim Vergleichstest in Afghanistan (das letztendlich ausgewählte Muster ganz rechts; ganz links der derzeit genutzte deutsche Tarnanzug):

multitarn_test_AFG

Die technischen Parameter des Multitarn-Musters sollen nach WIWeB-Angaben jetzt in Technischen Lieferbedingungen (TL) spezifiert werden, damit Aufträge an Hersteller erteilt werden können. (Zum Vergleich die TL für den Fünffarb-Tarndruck.)  Im Unterschied zu den bisherigen Mustern der Truppe hat sich die Bundeswehr mit einem eingetragenen Designschutz die Kontrolle über die Verbreitung dieses Tarnmusters gesichert; damit soll unter anderem verhindert werden, dass Ausrüstungsteile mit dieser Tarnung auf dem Markt erhältlich sind.

Die Entwickler arbeiten derzeit übrigens noch an einem weiteren Tarnmuster: Ausrüstungsgegenstände wie Schutzwesten oder Rucksäcke sollen nicht mehr wie bisher mit entweder Fünffarb-Flecktarn oder WDreifarb-Flecktarn auf bestimmte Einsatzregionen festgelegt werden, sondern eine ebenfalls universelle Tarnung erhalten. Die derzeitige Situation führt bisweilen dazu, dass Soldaten die beiden Farbvarianten mischen müssen, weil nicht von jedem Ausrüstungsteil beide Varianten vorgehalten werden können.

Nachtrag: Das Verteidigungsministerium betont, es gebe keine Entscheidungen über die Nutzung des neuen Tarnmusters in der Truppe. Das kann ich erst mal nur so weitergeben.

(Die Meldung zum Multitarn-Muster fand sich zuerst beim Kollegen Jan-P. Weisswange, der auch an dem oben erwähnten Wehrtechnischen Report mitgearbeitet hat.)

(Fotos: WIWeB/Bundeswehr)