Erneuter Hilfsflug der Bundeswehr über dem Gaza-Streifen – Deutschland unterstützt Jordanien mit Flugbenzin

In einem gemeinsamen Einsatz mit Jordanien, den USA und Ägypten hat die Bundeswehr erneut Hilfsgüter über dem Gaza-Streifen abgeworfen. Auf vier Paletten wurden 4,4 Tonnen Lebensmittel mit Lastenfallschirmen über dem Strand des vom Krieg zwischen Israel und der Hamas weitgehend zerstörten Nordens abgesetzt.

Aus der Mitteilung der jordanischen Streitkräfte, die die Hilfseinsätze initiiert hatten und von deren Flugplätzen am (heutigen) Sonntag die Maschinen mit den Hilfslieferungen starten:

Heute, Sonntag, führten die jordanischen Streitkräfte – die Arabische Armee – sechs Luftabwürfe mit Nahrungsmittelhilfe durch, die auf mehrere Orte im nördlichen Gazastreifen zielten.
Die Landung wurde von zwei C130-Flugzeugen der Royal Jordanian Air Force, einem Flugzeug der benachbarten Arabischen Republik Ägypten sowie zwei Flugzeugen der Vereinigten Staaten von Amerika und einem Flugzeug der Bundesrepublik durchgeführt von Deutschland.
Dieser Schritt erfolgte im Rahmen der internationalen Bemühungen des Königreichs, mehr internationale Stellen zu mobilisieren, um Nahrungsmittelhilfe an Bewohner zu liefern, die infolge des anhaltenden israelischen Krieges, insbesondere während des heiligen Monats Ramadan, unter Hungersnot leiden.

Es ist der zweite Einsatz der Luftwaffe, nachdem bereits am (gestrigen) Samstag von einer deutschen Maschine vier Paletten abgesetzt worden waren. Wie am Vortag brachte die Hercules C-130J der französisch-deutschen Lufttransportstaffel Hilfsgüter ins Kriegsgebiet, die von Deutschland und Frankreich zur Verfügung gestellt worden waren. Für die internationale Mission hatte Deutschland zudem Jordanien Treibstoff für Flugzeuge zur Verfügung gestellt, wie Bundeskanzler Olaf Scholz nach seinem Treffen mit dem jordanischen König Abdullah II. in Akaba im Süden des Landes mitteilte.

Zur Dokumentation das Statement des Kanzlers nach dem Gespräch mit dem König in der Abschrift des Bundespresseamtes:

Scholz: Ich habe mich hier sehr ausführlich und intensiv mit dem König von Jordanien unterhalten. Das war ein wichtiges Gespräch. Der König genießt in der gesamten Region hohes Ansehen. Er ist einer derjenigen, die unermüdlich und mit großem Einsatz für eine friedliche Entwicklung in der gesamten Region tätig sind. Wir haben uns schon sehr oft miteinander unterhalten, zuletzt in München am Rande der Sicherheitskonferenz. Heute war es eine Fortsetzung des Gesprächs in einer ganz besonderen Situation. Es geht auch um humanitäre Hilfe, die nach Gaza gelangen muss. Sie wissen, dass Flugzeuge der Bundeswehr hier angekommen sind und Hilfslieferungen zusammen mit Jordanien organisieren. Wir haben die jordanische Armee mit Kerosin weiter unterstützt, damit die notwendigen Dinge getan werden können.

Gleichzeitig haben wir uns sehr sorgfältig über die Frage unterhalten, wie es jetzt zu einer länger anhaltenden Waffenpause kommen kann. Wie es gelingen kann, dass die Geiseln freigelassen werden und die humanitäre Hilfe, die nach Gaza kommt, gesteigert werden kann.

Alles hat, wie mir die sorgfältigen Erörterungen noch einmal sehr deutlich gemacht haben, nur dann Sinn, wenn es gleichzeitig darum geht, eine langfristige Entwicklung für ein friedliches Miteinander zwischen Israel und einem palästinensischen Staat zu ermöglichen. Das hat einen sehr großen Umfang in unseren Gesprächen eingenommen, weil wir uns genau darüber unterhalten haben, wie das von einer Sache, über die immer geredet wird, in absehbarer Zeit zu einer realistischen Perspektive werden kann.

Ich bin dem König sehr dankbar für seine intensiven, unermüdlichen Bemühungen, für Frieden und Sicherheit zu sorgen. Er ist ein guter Gesprächspartner und ein guter Freund.

Frage: Herr Bundeskanzler, wie wollen Sie den israelischen Ministerpräsidenten von einer Bodenoffensive in Rafah abhalten? Sind Sie dazu bereit, auch Druck auf ihn auszuüben?

Scholz: Es ist ganz klar, dass wir jetzt alles dafür tun müssen, dass die Situation nicht noch schlimmer wird, als sie ist. Israel hat jedes Recht, sich gegen den Angriff zu verteidigen, den die Hamas mit dem furchtbaren Überfall auf israelische Bürgerinnen und Bürger begonnen hat. Gleichzeitig darf es eben nicht dazu kommen, dass jetzt viele, die in Gaza nach Rafah geflohen sind, unmittelbar von dem bedroht sind, was an militärischen Handlungen und Operationen dort vorgenommen wird. Deshalb habe ich genauso wie der amerikanische Präsident sehr deutlich gemacht, dass wir finden, dass das jetzt etwas ist, bei dem man sehr, sehr sorgfältig alles tun muss, um weitere große Opferzahlen zu vermeiden. Deshalb auch meine Sorge im Hinblick auf eine solche Operation.

Frage: Herr Bundeskanzler, was würde es bedeuten, wenn Netanjahu seine Ankündigung wahr macht und die Bodenoffensive startet? Würde das noch dem Völkerrecht entsprechen? Müssten dann gegebenenfalls Konsequenzen gezogen werden, zum Beispiel die Einstellung von Waffenlieferungen?

Scholz: Für mich ist ganz klar, dass es jetzt doch darum geht, die Möglichkeit zu konkretisieren, die sich in den bestehenden Gesprächen zeigt, nämlich zu einem Waffenstillstand zu kommen, der länger hält. Dann gelingt es eben auch, dass jetzt verhindert werden kann, dass eine solche Bodenoffensive das ist, was in der nächsten Zeit stattfindet. Ich denke, dass eine große Zahl von Opfern bei einer solchen Offensive jede friedliche Entwicklung in der Region sehr schwer machen würde. Das wissen auch viele in Israel. Deshalb wird das für mich ein ganz wichtiger Teil der Argumentation sein. Dazu gehört natürlich auch immer, dass ich wie schon in der Vergangenheit sage: Alles, was gemacht wird, muss sich an den Regeln des Völkerrechts orientieren.

Frage: Herr Bundeskanzler, die Bundeswehr beteiligt sich an den sogenannten „air drops“, also an Hilfslieferungen aus der Luft, über dem Gazastreifen. Das sind bisher nur kleine Hilfslieferungen. Sie plädieren dafür, dass es andere Wege geben soll. Wie zuversichtlich sind Sie, dass Sie heute in dieser Frage Ergebnisse erzielen und den israelischen Präsidenten überzeugen können?

Scholz: Deutschland ist unverändert ganz vorn, wenn es darum geht, humanitäre Hilfe nach Gaza kommen zu lassen. Deutschland ist in dieser Hinsicht der zweitgrößte Finanzierer. Das darf man nicht vergessen. Insofern ist das für uns jetzt nichts Neues. Wir haben die Flugzeuge jetzt eingesetzt, um Hilfsgüter aus der Luft nach Gaza kommen lassen zu können. Wir unterstützen auch andere Bemühungen, die das möglich machen.

Aber eines ist ganz klar: Es gibt nur einen Weg, auf dem das in großer Zahl und in großem Umfang geschehen kann, nämlich dadurch, dass mehr Lastwagen nach Gaza gelangen. Sie müssen von der israelischen Armee kontrolliert werden; das ist klar. Es geht um Hilfsgüter und medizinische Materialen. Es geht darum, dass keine Waffen dazwischen sind. Aber trotzdem ist das, was heute dorthin gelangt, viel zu wenig. Wir alle haben die Sorge, dass es zu Hungerkatastrophen kommt und dass Menschen an Krankheiten sterben, weil es nicht genügend Arzneimittel gibt. All das muss verhindert werden.

Frage: Herr Bundeskanzler, können Sie etwas dazu sagen, was Ihnen der König in diesem Konflikt für das Gespräch mit Netanjahu möglicherweise mit auf den Weg gegeben hat?

Scholz: Wir haben sehr intensiv und sorgfältig über alle Fragen gesprochen, auch sehr weitreichende Fragen, was die Zukunft betrifft. Aber das Besondere an diesen Gesprächen ist es ja, dass dabei auch viele vertrauliche Dinge erörtert werden. Trotzdem kann ich Ihnen versichern, dass es sehr konkret geworden ist.

(Foto: Absetzen von Hilfsgütern über dem Norden des Gaza-Streifens am 17. März 2024 – Sherifa Kästner/Bundeswehr)