Bundeswehreinsatz in Mali: Weniger Mandat, mehr Soldaten geplant – ein Überblick

Der größte Auslandseinsatz der Bundeswehr, das deutsche Engagement in zwei Missionen in Mali, steht vor grundlegenden Entscheidungen. Ende Mai laufen die Bundestagsmandate für die Missionen in dem westafrikanischen Land aus. Sie müssen aus verschiedenen Gründen verändert oder angepasst werden – ein Überblick:

• Die Bundeswehr ist in dem westafrikanischen Land sowohl an dem UN-Einsatz MINUSMA als auch der EU-Ausbildungsmission EUTM Mali beteiligt. In den vergangenen Monaten hatte sich abgezeichnet, dass die Beteiligung an der UN-Mission verlängert werden soll, die Ausbildung malischer Soldaten in dem EU-Einsatz dagegen nicht. Die Gründe dafür fassten Außenministerin Annalena Baerbock und Verteidigungsministerin Christine Lambrecht am (heutigen) Mittwoch am Rande der Klausur des Bundeskabinetts in Meseberg in Brandenburg noch einmal zusammen:

Baerbock_Lambrecht_Mali_04mai2022     

 

(Aus Gründen der Übersichtlichkeit sind die Aussagen zur Ukraine aus diesem Audio entfernt, die Auslassungen sind akustisch markiert; die Aussagen zur Ukraine können hier nachgehört werden)

• Vereinfacht gesagt: Angesichts der zunehmenden Spannungen zwischen der militärischen Übergangsregierung in Mali und dem Westen, vor allem aber angesichts des Einsatzes russischer Söldner in Mali und ihnen angelasteter Verbrechen soll die deutsche Beteiligung an der EU-Ausbildungsmission beendet werden; die UN-Mission soll dagegen zum Schutz der Bevölkerung Malis weiter unterstützt werden.

• Die EU-Ausbildungsmission EUTM Mali hatte bereits im April genau aus diesen Gründen ihre Ausbildungstätigkeit eingestellt; die auch formale Beendigung der deutschen Teilnahme daran ändert also wenig. Allerdings: das deutsche Mandat für EUTM Mali (Bundestagsdrucksache 19/28804) beinhaltet seit dem vergangenen Jahr auch eine Ausbildungsmission für Spezialkräfte im benachbarten Niger.

Diese Mission Gazelle wurde dafür von einer kleinen, von Kampfschwimmern der Deutschen Marine gestellten Ausbildungseinheit zu einem Einsatzverband Spezialkräfte aufgestockt. Dafür wurde ein von Deutschland finanziertes Ausbildungszentrum in Tillia aufgebaut. Diese Mission untersteht, obwohl formal Teil der EU-Mission, direkt Brüssel und nicht dem EUTM-Kommandeur in der malischen Hauptstadt Bamako.

Die Mission Gazelle soll, so die Planung, bis zum Ende dieses Jahres fortgesetzt werden – und deshalb kann aus deutscher Sicht das Mandat für EUTM Mali jetzt nicht einfach auslaufen. Denn dann müssten die Ausbilder im Niger ab Juni abziehen. Ob das Mandat verändert wird in Richtung einer EU-Trainingsmission für die Sahel-Region oder ob es einfach wie bisher verlängert wird, die Ausbildung in Mali aber einfach nicht stattfindet, scheint bislang noch unklar.

• Eindeutig haben sich dagegen Außen- und Verteidigungsministerin für eine Fortsetzung der Bundeswehr-Beteiligung an der UN-Mission positioniert (das aktuelle Mandat unter Bundestagsdrucksache 19/28803). Allerdings mit einem wesentlichen Vorbehalt: Die bisherige Absicherung der – nicht nur deutschen – Blauhelmsoldaten, für die bislang auch die französische Anti-Terror-Mission Barkhane zur Verfügung stand, muss durch andere Kräfte gewährleistet werden. Oder, wie es die deutsche Verteidigungsministerin ausdrückte: Die UN müssen ihre Hausaufgaben machen.

Diese Hausaufgaben bestehen vor allem in der Absicherung durch Kampfhubschrauber – eine Aufgabe, die die Bundeswehr vor Jahren durch den Einsatz eigener Tiger-Kampfhuschrauber gewährleistet hatte, die aus deutscher Sicht nun aber durch andere Nationen gestellt werden müssen. Dass Frankreich das relativ bald nicht mehr wird machen können, ist spätestens seit dem Rauswurf der französischen Truppen durch die malische Militärjunta klar.

Unabhängig davon laufen die Aktivitäten der Bundeswehr zur Aufstockung des Einsatzes: Die bislang genutzten NH90-Transporthubschrauber des Heeres werden derzeit durch die betagten CH53-Helikopter der Luftwaffe ersetzt. Die ersten beiden von fünf vorgesehen Maschinen trafen in dieser Woche in der Region ein, wie die Luftwaffe via Twitter mitteilte:

• Der Beschluss über die neuen Mandate im Bundeskabinett ist für den 11. Mai (KORREKTUr, nicht April) vorgesehen. Absehbar ist: Die Ausbildungsmission in Niger wird irgendwie abgesichert werden müssen, eventuell mit einem abgespeckten Mandat.

Und die deutsche Beteiligung an der UN-Mission MINUSMA wird verlängert werden – vorausichtlich mit mehr Personal als bisher: Allein schon wegen der schwereren Hubschrauber, aber auch zum Ersatz verschwundener französischer Fähigkeiten wie Flughafenbetrieb in Gao und Feldhospital, werden voraussichtlich mehr deutsche Soldat*innen gebraucht. Die  Obergrenze dürfte deshalb von bislang 1.100 auf 1.400 steigen.

(Foto: Ankunft eines CH53-Hubschraubers für den MINUSMA-Einsatz auf dem Flughafen der nigrischen Hauptstadt Niamey am 2. Mai – Foto Luftwaffe)