Regierung von Mali wirft französischen Botschafter raus
Die Übergangsregierung in Mali hat den französischen Botschafter des Landes verwiesen. Als Begründung wurden als gegnerisch empfundene Aussagen der französischen Regierung genannt, insbesondere von Außenminister Jean-Yves Le Drian. Allerdings sei das westafrikanische Land weiterhin an einer Zusammenarbeit mit Frankreich interessiert.
Botschafter Joel Meyer war am (heutigen) Montag in das Außenministerium in Bamako einbestellt worden. Anschließend teilte die Regierung mit, der Botschafter habe 72 Stunden Zeit, das Land zu verlassen:
Auf welche Aussagen des französischen Außenministers sich das konkret bezieht, wird in der Erklärung nicht erläutert. Le Drian hatte unter anderem am Wochenende den Vorwurf erhoben, russische Söldner der Wagner-Gruppe seien in Mali, um das Land zu plündern.
Ergänzung (zur Klarstellung): Vor allem hatte der französische Minister der durch einen Putsch an die Macht gelangten Übergangsregierung vorgeworfen, unrechtmäßig und völlig außer Kontrolle zu sein.
Aus dem vom französischen Außenministerium veröffentlichte Wortlaut des Interview Le Drians mit RTL am 28. Januar (deutsche Übersetzung mit deepl.com):
Es ist die Junta, die illegitim ist. Es sind die Obersten, die die Macht übernommen und seit August 2020 einen Doppelputsch durchgeführt haben, die illegitim sind und die allgemeine Wahlen ablehnen, die demokratische Überprüfung ablehnen und eine Dauer von fünf Jahren fordern, um den Übergang zu gewährleisten und dafür zu sorgen, dass die Wahlen in größtmöglicher Sicherheit stattfinden, obwohl in den letzten Jahren, auch wenn es in Mali angespannte und ernste Situationen gegeben hat, bereits 2013 und 2018 Wahlen stattgefunden haben. Es gibt eine regelrechte Flucht nach vorn seitens der Junta, die nicht akzeptabel ist.
Die vom Westen kritisierte Anwesenheit russischer Söldner ist seit Wochen ein Streitpunkt zwischen der Regierung und den westlichen Ländern, die mit Truppen in verschiedenen Missionen in Mali engagiert sind. Mehrere dieser Nationen, darunter auch Deutschland, warfen der Regierung in Bamako vor, damit zum Nachteil Malis zu handeln. Die Übergangsregierung hielt dem entgegen, es handele sich um reguläre russische Truppen, die aufgrund bilateraler Abkommen im Land seien.
Auch ungeachtet dieser Frage hatte sich in den vergangenen Tagen der Ton zwischen Mali und dem Westen weiter verschärft und zu einer politischen Front im Land gegen die westlichen Nationen geführt, vor allem aber gegen die ehemalige Kolonialmacht Frankreich. Vorläufiger Höhepunkt vor der Ausweisung des französischen Botschafters war die Aufforderung an Dänemark, aus formalen Gründen seine Soldaten aus der Spezialkräftemission Takuba abzuziehen – was Dänemark dann auch ankündigte.
Zwar betonte die malische Regierung in der Erklärung zur Ausweisung des Botschafters, sie sei weiterhin an einer Zusammenarbeit mit allen Partnerländern interessiert, einschließlich Frankreichs. Allerdings hatte Frankreichs Verteidigungsministerin Florence Parly vergangene Woche betont, ihr Land werde nicht um jeden Preis mit Truppen in Mali präsent bleiben.
Welche Auswirkungen die neue Entwicklung auf die internationalen Einsätze im Land hat, darunter vor allem die UN-Mission MINUSMA und die EU-Ausbildungsmission EUTM Mali, ist bislang unklar. Deutschland ist an der UN-Mission MINUSMA derzeit mit knapp 1.000 und an EUTM Mali mit derzeit knapp 300 Soldatinnen und Soldaten beteiligt. Die Mandate für beide deutschen Auslandseinsätze laufen im Mai aus; angesichts der politischen Entwicklung im Land hat allerdings bereits jetzt die politische Diskussion über die Verlängerung begonnen.
(Weiter ggf. nach Entwicklung)
Frankreich bereitet den Rückzug seiner Soldaten aus Mali vor. Der französische Außenminister Jean-Yves Le Drian hat der Militärjunta in Bamako am Sonntag doppelten Vertragsbruch vorgehalten. (FAZ.net)
Der doppelte Vertragsbruch umfasst faktisch mehrere Ebenen.
Versagen von Überflügen, Unterbrechen des Übergangs zu demokratischen Verhältnissen, Behinderungen für die Op Barkhane, MINUSMA, EUTM und auch Takuba über eine Zusammenarbeit mit „Gruppe Wagner“, Behinderung von ECOWAS.
Sofern Paris tatsächlich komplett abrückt, können die anderen Operationen nicht aufrecht erhalten werden.
Die logistische Basis, die Schutzkomponente leichter Infanterie, die SOF samt Transport/Kampfhubschrauber sowie die Aufklärungsleistung werden von anderen nicht ersetzt.
Zieht jedoch das demokratische Europa insgesamt seine Fähigkeiten zurück, reiht sich Mali in die Reihe der fünf Putschstaaten des Sahel endgültig ein. Eine wie auch immer erfolgreiche Kooperation mit der EU würde fraglich.
– Eine deutsche Reaktion -bzw. der weiteren europäischen Alliierten FRA- auf den Rauswurf bekannt?
– Was bedeutet es für FRA Beziehungen in Sahel außerhalb mil. Perspektive, wenn man abzieht?
-Dominoeffekt ECOWAS?
Ein starkes Zeichen wem FRA geht: die Allierten treten grußlos gleich mit weg.
@Klaus-Peter Kaikowsky (KPK) sagt: 31.01.2022 um 16:52 Uhr
„Zieht jedoch das demokratische Europa insgesamt seine Fähigkeiten zurück, reiht sich Mali in die Reihe der fünf Putschstaaten des Sahel endgültig ein. Eine wie auch immer erfolgreiche Kooperation mit der EU würde fraglich.“
Und wenn das so ist, welche Auswirkungen hat das für die EU? Und brauchen wir das unbedingt im Modus „erfolgreich“?
Man, insbesondere FRA, muss sich eingestehen, das die Sahel-Politik der letzten 20 Jahre einfach ******* war.
Wovor soll ich als EU jetzt Angst haben, wenn wir nicht mehr in Mali sind? Geostrategische Bedeutung? Nahezu null. Rest? Entbehrlich.
Wichtig ist, sofort alle Hilfsgelder zu sperren. Dann nur noch Geld gegen Gegenleistung. Es wird höchste Zeit für die härtere Gangart.
@Pio-Fritz sagt: 31.01.2022 um 18:12 Uhr
„Man, insbesondere FRA, muss sich eingestehen, das die Sahel-Politik der letzten 20 Jahre einfach ******* war.“
Das ist wohl so.
„Wovor soll ich als EU jetzt Angst haben, wenn wir nicht mehr in Mali sind? Geostrategische Bedeutung? Nahezu null. Rest? Entbehrlich.“
Hier widerspreche ich deutlich. Ein Kollapse von MLI, BFA und NER hätte potentiell erhebliche Auswirkungen auf weitere Staaten Westafrikas sowie den Maghreb. Da sollte das EUR Interesse an der Region doch deutlich sein.
@Pio-Fritz:
„Dann nur noch Geld gegen Gegenleistung“
Gegenleistungen der Junta:
– Die Jihadisten besiegen. (können die das?)
– Das Friedensabkommen durchsetzen. (wollen die das?)
– staatl. Strukturen in ganz Mali ertablieren. ( reicht denen evtl. ein Rumpfstaat?)
– Organisierte Kriminalität, Schleuser u.Ä in Zaum halten. (wollen die das?)
Und das dann ohne Barkhane, Takuba, die EU beiträge zu MINUSMA und EUTM.
Troop and police contributors.
https://peacekeeping.un.org/en/troop-and-police-contributors
MINUSMA Dashboard:
https://peacekeeping.un.org/en/mission/minusma
Raus Ende Schluss Aus!!!!
90 Tage und alle deutschen Kräfte abziehen. Wir hatten dort nie Interessen und brauchen den Franzosen auch keine Bündnis treue mehr beweisen.
@Koffer
Gibt es nicht sogar eine „Afrika-Strategie“ der BReg? Daraus könnte man ja einiges ableiten.
https://www.bmvg.de/resource/blob/12804/1a1f8991061fc0ea10663e8df344075d/deutschland-und-afrika-konzept-der-bundesregierung-data.pdf
https://www.bmvg.de/de/themen/dossiers/engagement-in-afrika/das-engagement/grundlagendokumente-zusammenarbeit-afrika/deutschland-und-afrika-konzept-der-bundesregierung#:~:text=Das%20Afrika%2DKonzept%20legt%20dabei,die%20gemeinsame%20Nutzung%20wirtschaftlicher%20Chancen.
Frankreich muss verstehen und akzeptieren, dass die Zeit in der sie durch Koruption ihre Leute an die Macht bringen und dort halten konnte solange sie das Spiel der Franzosen spielen in Afrika vorbei ist. Die Afrikaner sind es leid zu sehen wie Frankreich ihre politiker schmiert und nur ihr dienen während das Volk hunger leidet. An Mali haben sie sich jetzt die Zähne ausgebissen. Die Malier sind ein stolzes Volk und die Franzosen haben Grenzen überschritten, die Grenze des Respekt. Das der Botschafter ausgewiesen wurde ist logisch und konsequent. Er steckt mit dem Sondergesandten der ECOWAS in einer schmutzigen Sache. Frankreich hatte 23 millionnen dem Botschafter zur Verfügung gestellt um mit dem Sondergesandten Leute zu schmieren die gegen diese Junta agieren sollten. Der Geheimdienst Malis ist dahinter gekommen und der Sondergesanter ist ausgewiesen worden. Dass der Botschafter jetzt folgt ist nur logisch. Die Sanktionen die die ECOWAS und die UEMOA erlassen haben sind reiner Machtmissbrauch weil solche Sanktionen garnicht de Jura in den Statuten vorgesehen sind. Bemerkswert finde ich, dass Frankreich diese Sanktionen erwähnt hat bevor die ECOWAS überhaupt darüber debatiert hat. Das alles zeigt, dass die Sanktionen von Frankreich allein entschieden wurde, weil die Junta nicht das Spiel Frankreich mitspielt. Die Junta hat sich vom Volk legitimieren lassen durch die „Assises nationales“die im dez 2021 statgefunden hat. Ein Wahl könnte jetzt nicht satt finde weil die Terroristen das nicht zulassen würden, zwei drittel des Landes könnte nicht wählen das würde zu einer institutionnellen Krise führen sowie es bei der letzten Wahl passiert ist (der oppositionsführer wurde entführt). Nach 8 Jahren Barkane haben die Malier verstanden das Frankreich den Terorismus gar nicht wirklich bekämpfen will sondern ist gekommen um zu bleiben. Jetzt wollen sie nicht mehr. Sie wollen wieder Herr in ihrem eigenen Land werden. Das kann doch nicht sein dass Frankreich entscheidet wann die Dänen kommen ohne Rücksprache mit der malische Regierung zu halten.
[Meinung, auch ein breites Spektrum, ist hier ok – aber so PsyOps-Versuche, egal von wem, machen wir hier nicht. Klar können Sie der Meinung sein, der Botschafter sei eben nicht aus politischen Gründen ausgewiesen worden, sondern wg. der behaupteten Korruption. Aber ohne Belege werfen wir das hier nicht in den Raum. Die Absicht dahinter ist zu offensichtlich. T.W.]
@Pio-Fritz sagt:
31.01.2022 um 18:12 Uhr
„Man, insbesondere FRA, muss sich eingestehen, das die Sahel-Politik der letzten 20 Jahre einfach ******* war.
Wovor soll ich als EU jetzt Angst haben, wenn wir nicht mehr in Mali sind? Geostrategische Bedeutung? Nahezu null. Rest? Entbehrlich.“
In einer globalisierten Welt stimmt das nicht wirklich. Kollabierende Staaten oder autoritäre Regime in Westafrika werden sich zweifelsohne auf Europa und die europäischen Sicherheits- und Wirtschaftsinteressen auswirken. Von den direkten Auswirkungen auf die Grenzregionen und Nachbarstaaten über einen steigenden Migrationsdruck der dann, früher oder später, auch uns erreicht.
Eine ganze Region der Welt als geostrategisch bedeutungslos oder und generell entbehrlich zu bezeichnen mag kurzfristig korrekt sein, kann einem aber langfristig auf die Füße fallen. Wenn zum Beispiel ein Staat wie China entschließt das dort ein Engagement lohnt. Steigt die geostrategische Bedeutung der Region mit, sagen wir, einem chinesichen Luft- / Marinestützpunkt an? Natürlich muss das nicht passieren, aber derartige Möglichkeiten sollten wir nicht einfach so abtun.
@Koffer sagt: 31.01.2022 um 20:59 Uhr
„Hier widerspreche ich deutlich. Ein Kollapse von MLI, BFA und NER hätte potentiell erhebliche Auswirkungen auf weitere Staaten Westafrikas sowie den Maghreb. Da sollte das EUR Interesse an der Region doch deutlich sein.“
Es kollabiert ja nicht, die Staaten orientieren sich nur anders. Offensichtlich ist der bisherige Weg der EU + GBR nicht derjenige, den die afrikanischen Staaten mitgehen wollen. Oder die herrschenden Clans/Familien/Juntas, das kommt dem wohl näher.
Und wir sehen doch seit Jahren, dass z.B. das chinesische Modell erfolgreicher ist als unseres. Die Unabhängigkeit der Staaten ist 60 Jahre her und wir tun immer noch so, als müssten wir dort alles regeln.
Es wird Zeit für eine neue Politik gegenüber diesen Staaten. Entwicklungshilfe etc. nur noch mit zeitnaher (max. 1-2 Jahre) Gegenleistung. Länder, die den radikalen Islamismus als Staatsform wählen haben Einreiseverbot in die EU usw.. Der bisherige Schmusekurs hat zu der jetzigen Situation in Westafrika geführt. Und da, wo Europa oder die USA militärisch eingegriffen haben (Lybien, Irak, Mali) ist die Situation noch schlimmer als vorher. So wahrt man auch keine Interessen.
Wir sollten einfach mal anfangen, unsere Interessen genau zu definieren und dann durchzusetzen. Dazu braucht man kein Militär, wirtschaftliche Potenz ist ein viel schärferes Schwert. Und davon haben wir genug.
Die Europäer meinen es immer besser zu wissen oder zu können als die anderen. Kapiert es doch, dass Afrika nicht Europa ist. Ihr seid nicht immer diejenigen, die über andere und deren Visionen des Lebens und der Welt entscheidet. Es sind Millionen Kinder, Frauen und Männer in Mali, die deutlich gezeigt haben, dass sie diese Regierung wollen. Das ist wahre Demokratie, also das Regieren des Volkes vom Volk fürs Volk. Keiner von den sogenannten „demokratisch“ gewählten Präsidenten hat jemals diese Zustimmung in Mali gehabt. Und das findet das „demokratische“ Europa nicht in Ordnung? Das ist eh gleichgültig, die anderen haben nicht nach euren Vorstellungen zu leben. Was habt ihr in Afghanistan geschafft? In Libyen? Afrikaner wissen, ihr seid nicht um Terror zu bekämpfen. Warum darf die malische Regierung nicht mit Russland und Wagner arbeiten? Habt ihr das zu entscheiden? Wie oft haben die Afrikaner für euch entschieden? Was soll die ganze Bevormundung?!
Ah, das bekannte Muster – siehe der vorangegangene Kommentar: Irgendjemand scheint mobilisiert und dazu aufgerufen zu haben, hier aktiv zu werden. Das fällt natürlich auf, und ich behalte das sehr genau im Auge.
Ich bin gespannt, in welchem Unfang die Vereinten Nationen reagieren werden. Man darf nicht vergessen, in welchem Rahmen unter anderem unsere Streitkräfte neben nicht europäischen Kräften (bezugnehmend auf die Behauptung, man würde europäische Politik durchsetzen wollen) ihre Pflicht in diesem Land leisten. Die Unterstellung von Bevormundung gegenüber Mali, oder etwas für die afr. Staaten entscheiden zu wollen, empfinde ich nicht zutreffend, geschweige denn zielführend.
Gibt es denn auch öffentliche Reaktionen seitens bspw. Chinesischer oder Ägyptischer Seite? Ich kenne mich nicht aus, wie medienpräsent andere Staaten darüber berichten.
Als hätte man die hier zu Sahel über die Monate aufgelaufenen Kommentare zusammengefasset:
Making sense of the coup in Burkina Faso
African Arguments
By Nick Westcott
January 31, 2022
https://africanarguments.org/2022/01/making-sense-of-the-coup-in-burkina-faso/
“ Four factors at play :
– Firstly, climate change and demographic growth are jointly putting increased pressure on existing resources, including land and government services.
– Secondly, the states of the region find it increasingly difficult to provide basic security to their citizens.
– Thirdly, this inability to deliver security, work or development to their citizens – often combined with fairly blatant corruption – undermines the political legitimacy of governments however democratically elected.
– Fourthly, there is disillusion with existing international partners whose interventions are seen as either ineffective or unhelpful.
We can conclude four things :
– Firstly, […] what is needed to build a stable state is effectiveness in government and accountability to the citizens.
– Secondly, legitimacy will always depend on providing law and order as well as jobs and trade.
– Thirdly, flexibility must be allowed to enable each country finds its own path to accountable and efficient government: no prescribed formula will work everywhere.
-Fourthly, the international community can still help provide security to enable political systems to consolidate, as in Somalia. “
Zu Mali müssen wir wohl schmerzhaft aktzeptieren, dass dort vom Südosten des Landes der Melische Weg für ganz Mali eingeschlagen wird (ca 2 mio entscheiden für 20 mio Menschen). Es ist ja nicht so, als hätten damals Diplomaten nicht versucht die Melier von diesem Weg abzubringen. Bizarr, in Angesicht der Islamisten in der Rolle des antiken Athen verprellet die malische Junta den Schutz der Spartaner (Hier die EU, insb. FRA). Was hätten die Melier damals für 6.000 Spartaner gegeben in Angesicht der sicheren Vernichtung?
HISTORY OF THE PELOPONNESIAN WAR
by Thucydides
CHAPTER XVII.
Sixteenth Year of the War – The Melian Conference – Fate of Melos
https://www.mtholyoke.edu/acad/intrel/melian.htm
P.S: Aber da sieht man mal wieder, wie Propaganda – in Analogie zur „Psychologie der Massen“ eines Le Bon – Menschen dazu bringt im Interesse einer kleinen Elite (Junta) irrational zu handeln und sich schlimmsten Falls für die Interessen ihrer Puppenspieler zu opfern.
@Rotaiva: Sowohl China wie auch Ägypten sind (selbsterklärte) Systemrivalen der westlichen Demokratien. Beide verfügen über ein ausgedehntes Foltergefängnis- oder gar Konzentrationslagersystem.
Es ist die Zeit gekommen, wo Frankreich die frankophonen Länder West- und Zentralafrikas in eine echte Unabhängigkeit entlassen muss. Denn wenn bis heute für 16 Staaten dieses Teils Afrikas die gemeinsame Währung CFA noch immer bezüglich ihres Wertes in Paris bestimmt wird, man nicht zum ersten und letzten Mal den CFA abgewertet hat und so neue Probleme für die Bevölkerungen dieser Länder verursacht hat, ist es heuchlerisch zu sagen, dass diese Länder doch selber bestimmen können, welchen Weg sie gehen, wie Macron vor nicht allzu langer Zeit bei einer Rundreise durch Westafrika sagte. Das hörte sich alles sehr schön an. Aber wenn es soweit ist, dass Staaten sich anschicken, sich von Paris unabhängig zu machen, hört diese Freundlichkeit auf. Frankreich stützt all die Autokraten West- und Zentralafrikas. Wehe aber, wenn einer ausschert. Thomas Sankara musste sterben, als er den Versuch wagte. Sein engster Freund entpuppte sich als sein Feind und übernahm die Macht nach Sankaras Ermordung, bei der jener „Freund“ mit involviert war. Und bis heute ist die Rolle Frankreichs nicht geklärt. Was an all den Gerüchten am Ende wahr ist, wird man sehen – falls. … Oder Gabun – Präsident Ali Bongo erklärte zuletzt, dass sein Land noch dieses Jahr dem British Commonwealth of Nations beitreten wolle, also weg von Paris. Man darf gespannt sein, was passiert. … Kurzum, Frankreich kann nicht mehr agieren, wie früher, und die afrikanischen Länder wollen nicht mehr dirigiert werden aus Paris wie früher. Paris kann nicht mehr, wie es will, die Afrikaner wollen nicht mehr, wie sie sollen. … Die Zeit der Jahrzehnte-Despoten ist gezählt. Dann wird z.B. in Togo auch ein Faure Gnassingbé gehen müssen. Das aber kann nur passieren, wenn die Franzosen aufhören würden, diese Herren zu stützen, die sie als demokratisch gewählt verkaufen wollen. Wie demokratisch es bei diesen Wahlen zugeht, weiß eigentlich jeder. Bemerkenswert fand ich da u.a. die Einschätzung von Dr. Roland Marchal (Chargé de recherche au Centre National de la Recherche Scientifique (CNRS), Science-Po, Paris), indem dieser meinte: „Eigentlich kann man gar keine Wahlen abhalten, solange ausländische Soldaten im Land stationiert sind, selbst falls die mit den besten Absichten dort sind. Wahlen sollten am Schluss einer politischen Normalisierung stehen. Und eine Normalisierung Malis ist so lange ausgeschlossen, wie es keine wirtschaftliche Alternative für solch ein armes Land mit so hoher Analphabetenrate und so geringer Lebenserwartung gibt.“ (https://www.boell.de/de/navigation/afrika-roland-marchal-mali-hollande-16667.html). Ich glaube, der Mann hat recht. Und ich glaube, dass es unehrlich ist zu sagen, dass eine Regierung doch demokratisch legitim sein müsse, wenn sie gewählt worden ist, während im Falle Malis im Grunde keine Ansätze zu erkennen sind, dass sich die Lage dort durch die Militäreinsätze gebessert hätten. Das Gegenteil ist der Fall. …
Pio-Fritz: +1
„Und wir sehen doch seit Jahren, dass z.B. das chinesische Modell erfolgreicher ist als unseres.“
Die Frage ist, warum ausgerechnet das chin. Modell erfolgreicher ist als „Nation Buildung, Democracy“ etc.
Der Westen hat sich vor der Beantwortung dieser Frage immer gedrückt. Würde ja sein angebliches Selbstverständnis in Frage stellen. Aber vielleicht ist dieses Selbstverständnis im 21. Jh falsch?
(Das ist keine Befürwortung des chin. Weges, aber irgendetwas stimmt doch nicht mehr im Westen)
Oh, da gab es ja mal ganz andere und neue Stimmen im Thread. Find ich zur Abwechslung aber sehr interessant.
@AoR
Da die Konflikte in der Sahelzone im generellen und in Mali im speziellen derart komplex sind, würde mich gerade deswegen die Reaktion anderer nichteuropäischer Staaten interessieren. Denn auch diese operieren in Mali und sind von dessen Politik betroffen. Nicht ohne Grund ist davon die Rede, die Übergangsregierung sei außer Kontrolle. Wenn jetzt vermeintlich Kontra Europa gehandelt wird, wie gehen damit Staaten, die ebenfalls eher die eigenen Interessen als die europäischen verfolgen, mit diesen Handlungen um?
Der Hinweis über die Systemrivalität lässt mich nur vermuten, dass es seitens MINUSMA und deren Mitwirkenden wenig bis keine Reaktionen geben wird, sei es wegen der Meinung der anderen Truppensteller oder wegen der Neutralität der VN selber. China investiert meines Wissens immens in afrikanische Staaten, daher werden sie sich eventuell über weniger europäische Präsenz, wenn auch nur auf politischer Ebene, freuen. Ebenso könnte man Vermutungen bezüglich der Meinungsbildung durch die neuen, russischen Akteure aufstellen. Dann driftet man allerdings ganz schnell in den Off-Topic Bereich der Spekulation und ich bin mir sicher, dass ich sämtliche Informationen in dieser Hinsicht schon in anderen Kommentarbäumen finden kann.
Unsere Betroffenheit über einen Ausschluss des franz. Botschafters ist jedenfalls richtigerweise bereits im Gesamtbild des innereuropäischen Zusammenhalts und der europäischen Missionen begründet.
@Haiko. Vielen Dank für Ihre Ausführungen, diese wirtschaftliche Abhängigkeit der 14 Sahel Staaten von F bzw. der EU war mir so nicht ganz klar. Eine Korrektur hätte ich aber. Der CFA ist an den Euro gebunden. Frankreich kann den einseitig nicht abwerten. Wenn man aber die südeuropäischen Länder betrachtet, ist das auch gar nicht notwendig. Das da die Sahel Staaten die europäischen Truppen im Land ganz anders sehen lässt eine ganz andere Sichtweise zu. Versteckter Kolonialismus? Ich bin mir nicht sicher, ob dies der BR und dem BMVg bei der Entsendung deutscher Truppen nach Mali bewusst war.
Für Interessierte gibt es da eine interessanten Artikel auf ARTE. Einfach CFA eingeben.
@Rotaiva:
Zu Ägypten, dessen Aussenpolitik nach dem eigenen Coup gegen die Muslimbruderschaft im speziellen, bzw. gegen jegliche Form öffentlichen aufbegehrens gegen bestehende Eliten einzuwirken versucht, konkurriert auch in MLI mit der TUR/Erdogans:
Egypt counters Turkey’s influence in Mali via Al-Azhar
https://www.al-monitor.com/originals/2021/08/egypt-counters-turkeys-influence-mali-al-azhar
Gegeben der Tatsache, dass Macron den Ägyptischen Diktator lanciert und sich in einer Entente wähnt, den zunehmenden neo-osmanischen Einfluss im Mittelmeer einzudämmen könnte ich mir vorstellen, dass sich Ägypten auf die Seite FRA stellt. Gerade in Libyen unterstützen FRA, EGY und RUS(Wagner) in Verbindung mit den Emiraten und SAU den Warlord Haftar (gegen Qatar, TUR usw.). In Mali konkurrieren FRA und RUS wegen Wagner.
Das Zünglein an der Wage für mich ist immernoch Macrons warnung ggü. der Militärjunta MLI, nicht mit Islamisten zu kooperieren. Meinte Macron Islamisten vom Schlage Hassan Al-Bannah, Muslimbruderschaft-Türkei oder harte Jihadisten vom Schlage Sayyid Qutub, Al-Kaida welche in Mali laut Foristen unter Verdacht stehen müssen, vom Algerischen Muchabarat (Geheimdienst) unterstützt zu werden. Wenn die Antwort erstere ist, dann spekuliere ich, EGY sucht hier den Schulterschluss mit FRA. Sind es letztere, sind sie auch Spinnefeind.
Getchenfrage: Stärken oder schwächen Wahlen die Muslimbruderschaft in Mali?
P.S: China will (ähnlich wie Ägypten) Stabilität um jeden Preis, der Weg dorthin wird denen ziemlich egal sein. Die können auch mit Islamisten vom Qutub-Schlage siehe Pakistan. Und beide sind bekannt Strongmen zu decken siehe SYR/Assad.
@Rotaiva Ich bin mir nicht so sicher, ob man das chinesische Konzept als investieren bezeichnen kann. Sie verleihen Geld und holen sich das Geld durch Infrastrukturprojekte, die sie mit eigenen Arbeitskräften umsetzen ziemlich schnell zurück, wenn es überhaupt einmal real fließt. Was bleibt sind hoch verschuldete Staaten mit einer verbesserten Infrastruktur und erst einmal zufriedeneren Menschen.
Das Konzept kann man nur als sehr gut durchdacht bezeichnen.
@zulu1975: Das war Original Thema hier in den Kommentaren, bei Heise online gab es da ganz kritische Töne.