Russische Söldner in Mali? Bundesregierung bleibt bei Vorwurf
Die Bundesregierung bleibt ungeachtet eines harschen Dementis der Regierung Malis bei dem Vorwurf, in dem westafrikanischen Land sei eine russische Söldnertruppe im Einsatz. Dem Land drohten damit ernsthafte Nachteile, sagte eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes.
Deutschland hatte am vergangenen Donnerstag zusammen mit 14 anderen, ebenfalls in Mali militärisch engagierten Ländern kritisiert, die Regierung in Bamako habe Söldner der privaten russischen Militärfirma Wagner engagiert. Damit werde der Demokratie- und Friedensprozess in Mali gefährdet, außerdem belasteten die Zahlungen für diesen Dienstleister den Staatshaushalt. Das US-Außenministerium hatte zuvor von zehn Millionen US-Dollar monatlich für diesen Zweck gesprochen.
Am vergangenen Freitag wies die malische Regierung diese Vorwürfe energisch zurück und forderte, dass ihr dafür von unabhängigen Quellen Beweise vorgelegt werden. Russische Ausbilder seien zwar in dem Land aktiv, aber ebenso wie wie die EU-Ausbildungsmission Mali (EUTM Mali) auf Grundlage eines zwischenstaatlichen Abkommens zur Verbesserung der Fähigkeiten der malischen Streitkräfte.
Die Sprecherin des Auswärtigen Amtes, Andrea Sasse, hielt dagegen am (heutigen) Montag auch nach dem malischen Dementi an den Aussagen fest. Die gemeinsame Erklärung der 15 Staaten sei veröffentlicht worden im Lichte von Erkenntnissen … , die wir haben. Dem Land drohten Nachteile aus einer Zusammenarbeit mit der Wagner-Gruppe. Deshalb stehe Deutschland unverändert zu der gemeinsamen Erklärung. Die weitere Entwicklung in den nächsten Tagen werde das Ministerium genau im Auge behalten.
Zum Nachhören die Aussagen Sasses (und des Sprechers des Verteidigungsministeriums, Oberst Arne Collatz) in der Bundespressekonferenz:
Das Transkript dazu:
Frage: An das Auswärtige Amt und gegebenenfalls an das BMVg: Am vergangenen Donnerstag hat das Auswärtige Amt zusammen mit 14 anderen Nationen eine Erklärung veröffentlich, in der die Stationierung russischer Söldner in Mali verurteilt wird. Am darauffolgenden Freitag hat die malische Regierung das sehr energisch dementiert. Bleibt das AA bei seiner Darstellung?
An das Verteidigungsministerium: Bei Ihnen gab es eine etwas andere Nuance. Während das AA die Stationierung verurteilt hat, sagte Ihre Ministerium sinngemäß: wenn es sich bestätigen sollte. Gibt es da unterschiedliche Einschätzungen der Situation?
Sasse: Vielleicht erst einmal grundsätzlich zur Lage in Mali: Wir schätzen die Lage in Mali weiterhin als sehr besorgniserregend ein, unter anderem deswegen, weil es ganz klar weiterhin in dem Land eine Bedrohung durch terroristische Kräfte gibt und weil die Transition aus unserer Sicht auch nicht wirklich vorankommt – zumindest nicht in dem Maße, wie es notwendig wäre.
Sie haben es angesprochen: Wir haben in der vergangenen Woche – am vergangenen Donnerstag, um genau zu sein – in enger Abstimmung mit 15 weiteren Staaten eine gemeinsame Erklärung veröffentlicht, in der wir unsere Sorge über diese aktuelle Lage, die ich gerade geschildert habe, zum Ausdruck gebracht haben. Es ist klar, dass wir vor dem Hintergrund dieser gemeinsamen Erklärung jetzt die Lage beziehungsweise auch die weitere Entwicklung in den nächsten Tagen genau im Auge behalten werden und genau beobachten werden. Dazu zählt natürlich auch, dass wir die Äußerungen, die von der malischen Regierung in den vergangenen Tagen gefallen sind, ebenfalls in unsere Abwägungsprozesse und Beobachtungsprozesse einbeziehen.
Collatz: Dem kann ich nichts qualitativ Anderes hinzufügen. Auch wir beobachten die Äußerungen der malischen Regierung natürlich mit Aufmerksamkeit, und die Ministerin hat sich genau so – und auch einvernehmlich und abgestimmt mit dem Auswärtigen Amt – entsprechend geäußert.
Zusatzfrage: Ich bitte um Entschuldigung, dass ich immer so unpräzise formuliere; ich frage deshalb gerne noch einmal etwas präziser. In Ihrer Erklärung vom Donnerstag sagen Sie: Wir verurteilen die Stationierung russischer Söldner – ich kann es Ihnen auch im englischen Original vorlesen. Die Regierung in Mali sagt: Es gibt diese Stationierung nicht. Meine Frage an Sie ist: Bleiben Sie bei Ihrer Aussage, dass es diese Stationierung bereits gibt?
Sasse: Wir haben diese Erklärung vom vergangenen Donnerstag, die ich erwähnt habe, im Lichte von Erkenntnissen veröffentlicht, die wir haben. Aus unserer Sicht ist es weiterhin so, dass Mali ernsthafte Nachteile aus einer etwaigen Zusammenarbeit mit den Söldnern der Wagner-Gruppe drohen. Wir haben an anderen Krisenherden bereits beobachten können, welche Folgen dieses Vorgehen der Wagner-Gruppe hat, beispielsweise in der Zentralafrikanischen Republik. Da geht es um Destabilisierung von Ländern, da geht es auch um schwere Menschenrechtsverletzungen. Das alles ist der Grund, warum auch die EU ganz konkret beim letzten Rat einen Rechtsrahmen beschlossen hat, der künftige Sanktionen gegen Personen möglich macht, die diese Demokratisierung in Mali verschleppen.
Das heißt, um auf Ihre Frage zurückzukommen, ob wir weiterhin zu dem stehen, was wir am vergangenen Donnerstag gesagt haben: Ja, das tun wir.
Zusatzfrage: Dann frage ich noch einmal ganz kurz, weil ich so simpel gestrickt bin: Sie sagen weiterhin, die sind da, auch wenn die Malier sagen, die sind nicht da? Habe ich das richtig verstanden?
Sasse: Wir stehen vollumfänglich zu der Erklärung, die wir am vergangenen Donnerstag veröffentlicht haben.
(Archivbild: Ein estnischer Soldat als Ausbilder der EU-Trainingsmission in Kati in Mali im August 2021 – Foto EUTM Mali)
Mali dementiert doch nicht die Anwesenheit RUS Kräfte (als Ausbilder) sondern bestätigt dies? @TW schreibt das ja auch.
„… die Regierung in Bamako habe Söldner der privaten russischen Militärfirma Wagner engagiert. Damit werde der Demokratie- und Friedensprozess in Mali gefährdet, …“
Inwiefern? Es kann natürlich sein, daß die Ausbilder die FAMa mit in Einsätze begleitet. Davon ab scheint die EU ja nicht gerade vom Erfolg der eigenen Ausbildung überzeugt zu sein, denn wäre EUTM MALI erfolgreich würde sich das land sicher die 10 Mio. / Monat sparen.
Nachtrag
„… würde sich das land sicher die 10 Mio. / Monat sparen.“ Oder es gibt kick-backs … 😎
„Unabhängige Beweise“ in einem Land wo Whistleblower und Kritiker nach Interviews mit ausländischen Journalisten auf der offenen Straße von Vermummten beinahe Totgeprügelt werden.
Der Text der malinesischen Regierung liest sich wie aus der Feder einer Schreibstube einer AgitProp-Abteilung…
Sorry, Nö!
Am 19. Mai 2021 hat eine Mehrheit im Deutschen Bundestag und zugleich namentlicher Abstimmung, nach halbstündiger Debatte (!), der Fortsetzung der Bundeswehrbeteiligung an der Multidimensionalen Integrierten Stabilisierungsmission der Vereinten Nationen in Mali (Minusma) zugestimmt.
Mit Blick auf eine weitere Verlängerung des Mandates ist der 19. Mai 2021, als letztmöglicher Termin für eine Abstimmung, in den Blick zu nehmen. Zugleich darf man gespannt sein, wie bisdahin die Regierungskoalition mit ihrem selbstgesetzen Ziel auf Überprüfung aller Einsätze der Bundeswehr , umgehen wird.
Skeptisch mit Blick auf Minusma, äußerte sich dabereits die Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestags, Dr. Eva Högl. Frau Högl dazu wörtlich am 17. 09. d.J.in der Funke Mediengruppe: „“Nach den Erfahrungen mit dem Abzug aus Afghanistan müssen wir noch einmal über Sinn und Zweck der Mali-Mission reden …Wir müssen die Frage beantworten, ob das Ziel, in dem Land unter anderem für Stabilität zu sorgen, noch realistisch ist.“
Am 18. 12. d.Js. besuchte die Parlamentarische Staatssekretärin der Bundesministerin der Verteidigung, die Abgeordnete Siemtje Möller zusammen mit dem hauptamtlichen Evangelischen Militärbischof, Bernhard Felmberg sowie dem Stellvertreter des Generalinspekteurs, Generalleutnant Markus Laubenthal, die beiden Mandate in Mali. Leider hörte man wenig bis garnichts inhaltliches. Einige Bilder wurden auf der FB Seite der evangelischen Militärseelsorge gepostet.
Man darf also gerade vor dem Hintergrund der Meldung (siehe oben) gespannt sein, was sich bis zum Zeitpunkt des Antrages der Bundesregierung auf Mandatsverlängerung (oder keiner) tun wird.
Zitat:“Russische Ausbilder seien zwar in dem Land aktiv, aber ebenso wie wie die EU-Ausbildungsmission Mali (EUTM Mali) auf Grundlage eines zwischenstaatlichen Abkommens zur Verbesserung der Fähigkeiten der malischen Streitkräfte.“
Meine französich Kenntnisse sind nicht so toll. Ich verlasse mich also auf die Richtigkeit der Übersetzung. Ich finde diesen Teil der Äusserung der Putschistenregierung bemerkenswert, weil hier, meines Wissens nach, zum erstenmal, im direkten Zusammanhang mit dem Anheuern der Gruppe Wagner, Verhandlungen mit der russischen Regierung bestätigt werden.
Unabhängig davon ob Wagner nun nur im eigenen wirtschaftlichen Interesse oder auch im Interesse der russischen Regierung handelt, bleibt diese Entscheidung eine Ohrfeige für die EU und auch für die UN. Die Putschisten glauben offenbar nicht mehr an einen Erfolg von Minusma und EUTM. Wir sollten daraus die Konsequenzen ziehen und gehen, so lange wir das noch einigermaßen gesichtswahrend tun können. Dieses politische Geheul und Gezeter ist jedenfalls nicht zielführend.
Africaintelligence spricht von ca. 500 PAX, die in 10 Standorten disloziert werden sollen – für mich sieht dies danach aus, daß man tatsächlich nicht nur Ausbildung sondern auch Einsatzbegleitung wahrnehmen wird:
https://www.africaintelligence.com/central-and-west-africa_diplomacy/2021/12/22/wagner-and-junta-close-to-deal-to-deploy-500-paramilitaries-across-mali,109712872-eve
(leider Paywall)
Auch soll die RUS Aktivität in MLI sehr stark sein:
„A French government source who asked not to be named said intense activity had been noted as the deployment went ahead.
„We are seeing repeated air rotations with military transport planes belonging to the Russian army and installations at Bamako airport to allow the arrival of a significant number of mercenaries,“ said the source.
Also noted had been frequent visits by Wagner executives to Bamako and the activities by Russian geologists known for their association with Wagner, said the source.“
https://www.france24.com/en/africa/20211225-mali-denies-deployment-of-russian-mercenaries-from-wagner-group
In CAR ist RUS, auch mit Wagner, ja bereits seit längerem aktiv.
@Schlammstapfer: Die Übersetzung ist schon gut. Die Regierung widerspricht ausdrücklich den Anschuldigungen des Schreibens und erzählt dann die „Ausbilder-Story“ auf Basis eines bilateralen Vertrages.
Die Frage ist, ob die 15 Länder auch belastbares Material veröffentlichen wollen/können. Ich bin sicher, dass es welches gibt. Sonst hätten nicht alles diese Länder unterschrieben. Aber kann es auch öffentlichkeitswirksam präsentiert werden?
Wie dem auch sein: Da die Regierung in Mail offensichtlich nicht bereit ist, den Kurs zu ändern, müssen sich jetzt die 15 unterzeichnenden Länder der Frage stellen, ob sie auch Konsequenzen folgen lassen,
Die Gruppe Wagner ist als Unternehmen in Argentinien registriert. Also wo ist ihr Problem ? Die UN oder EU unterstützen die malische Regierung , wir haben diese nicht übernommen . Die malische Regierung kann Verträge abschließen mit wem sie will , wenn da irgend eine US Firmenname stehen würde , wäre da das Gejammer auch so groß ?
@Nachhaltig
Ist es nicht sogar positiv wenn die malische Regierung verstärkt Anstrengungen unternimmt terroristische Aktivitäten zu bekämpfen? 😁
Übrigens reist Lawrow demnächst nach Mali. Zum Hintergrund der „russian connection“:
https://businesspost.ng/world/collective-sanctions-isolating-mali-in-the-sahel-sahara-as-russia-rides-the-wave-of-anticolonialism/
@Thomas Melber sagt: 27.12.2021 um 18:33 Uhr
„Africaintelligence spricht von ca. 500 PAX, die in 10 Standorten disloziert werden sollen – für mich sieht dies danach aus, daß man tatsächlich nicht nur Ausbildung sondern auch Einsatzbegleitung wahrnehmen wird:“
Naja, militärische Ausbildung richtig (!) gemacht, beinhaltet ja auch die folgende Begleitung im Gefecht. Eigentlich weiß das die EU auch (die Doktrin sind da klar). Aber man hat halt derzeit keine Lust darauf (bzw. eine bestimmte Gruppe von Ländern inkl. DEU hat keine Lust darauf). Und deswegen bricht man den Ausbildungszyklus an halber Stelle ab.
Und ich vermute die MLI Regierung holt sich jetzt diese notwendige Unterstützung halt an anderer Stelle.
Ärgerlich für die EU. Und peinlich für DEU.
Wenn es hier tatsächlich um Ausbildung-folgender Einsatzbegleitung geht.
@LLFm sagt: 28.12.2021 um 4:27 Uhr
„Die malische Regierung kann Verträge abschließen mit wem sie will , wenn da irgend eine US Firmenname stehen würde , wäre da das Gejammer auch so groß ?“
Nein, vermutlich nicht. Aber es ist eben kein US Unternehmen, sondern ein RUS. Und das sollte und natürlich schon Sorgen bereiten. Der RUS und CHN Einfluss in Afrika kann nicht im EUR Interesse sein.
Und angesichts der Ressourcen die wir in MLI investieren (DEU und EUR), schon gleich doppelt nicht.
@all
Angesichts der div. Hinweise auf das Vorgehen der genannten Söldnerfirma in anderen Ländern, z.T. auch hier verlinkt, wundert es mich schon, wie manche so tun, als gehe es hier nur eine weitere Dienstleistungsfirma für die Wasseraufbereitung in Timbuktu. Das ist genauso dreist und unsinnig, als würde man so tun, Blackwater (um die andere Seite mal zu nennen) sei doch nur als Hausmeisterfirma für irakische Regierungsgebäude engagiert worden. Das gezielte Runterspielen lassen wir einfach.
@t.w
Verstehe ihre Empörung trotzdem nicht.
Es wurde eben ein gewaltDienstleister privater Natur eingekauft weil die staatlich europäischen nicht den gewünschten Output liefern können/wollen.
Würde man von deutscher/europäischer Seite mehr auf effektive missionsführung und weniger auf binnenpolitische Befindlichkeiten setzten würde das auch „unschöne“ Bilder produzieren.
Das ist aber bewaffneten Konflikten immanent wenn man nicht nur so tun will als würde man etwas erreichen wollen.
Finde diese Wagner Hysterie Recht scheinheilig
Hm, „Finde diese Wagner-Hysterie recht scheinheilig“…
Na denn, z.B.:
Russian mercenaries deployed in one of Africa’s most fragile countries killed civilians, looted homes and shot dead worshipers at a mosque during a major military operation earlier this year, United Nations investigators have found.
The accusations of atrocities are documented in a report for the U.N. Security Council that was obtained by The New York Times and that details abuses tied to the contentious Russian involvement in the Central African Republic, an impoverished yet mineral-rich country that has been locked in civil war for nearly a decade.
Russian mercenaries, deployed in the guise of unarmed military advisers, led government forces into battle during an offensive to oust rebels from several towns in January and February, the report found. And as well as committing abuses, the Russian operatives established themselves in the major mining centers of a country with large reserves of diamonds.
https://www.nytimes.com/2021/06/27/world/asia/russia-mercenaries-central-african-republic.html
Der Freundeskreis der Kriegsverbrecher mag das alles fein finden und sich wünschen, dass „effektive Operationsführung auch von deutscher/europäischer Seite“ zu solchen Vorgängen führt, mit anderen Worten: Sich Kriegsverbrecher in der Bundeswehr wünschen. Ich nicht.
TW
Academi hat auch keine saubere Weste, und die Kameraden aus dem Tschad sind ebenfalls nicht dafür bekannt, mit Samthandschuhen vorzugehen. Und da wären dann die FAMa selbst ggü. Zivilisten.
„… the Russian operatives established themselves in the major mining centers of a country with large reserves of diamonds.“
Das ist es was stört – RUS legt die Hand auf Bodenschätze. Zudem: vielleicht hat Wagner einen guten preis gemacht mit der Aussicht, sich in Naturalien bezahlen zu lassen oder sich ggf. bedienen zu können? Die Aktion selbst war wohl erfolgreich.
Die CIA finanzierten sich ja auch aus dubiosen Quellen (Opium, Erdöl).
@Tw Eine Regierung mietet sich Söldner. Wen wir jetzt mal die Moral und ähliches weg lassen gab es dass auch schon vor 2000 Jahren und überall. Dass wäre der richtige Moment für einen klassischen polnischen Abgang. Grußloses verschwinden.
Noch mal: Ich bin hinreichend verblüfft, wenn jetzt eine Soldateska mit übelsten Menschenrechtsverletzungen weißgewaschen werden soll. Die der Wagner-Gruppe zugeschriebenen Taten – immerhin auch von den Vereinten Nationen selbst – bedeuten ja nicht, dass andere Firmen unproblematisch sind.
Den Wunsch, deutsche Soldaten mögen wieder Kriegsverbrechen begehen dürfen, finde ich in dem Zusammenhang genauso absurd wie die Behauptung, es gehe ja nur darum, „dem Westen“ den Zugriff auf Rohstoffe zu sichern und Russland zu verweigern.
Im übrigen: Kriegsverbrechen „des Westens“ thematisiere ich hier genauso, der eine oder andere mag sich daran erinnern, wie er versucht hat, hier in den Kommentaren den Angriff der USA auf ein von Ärzte ohne Grenzen betriebenes Krankenhaus in Kunduz zu rechtfertigen und zu verharmlosen. Ich finde das nicht besonders spaßig, und nein, Greueltaten zu verharmlosen fällt hier nicht unter „aber meine Meinungsfreiheit!“.
@Koffer – „Der RUS und CHN Einfluss in Afrika kann nicht im EUR Interesse sein.“
Aber der Einfluss anderer Nationen ist natürlich immer in unserem Interesse….
Wenn man sich das jahrelang immer nur oft genug selbst vor dem Spiegel sagt, glaubt man vielleicht auch ganz fest dran.
Die Auslandsinteressen innerhalb der EU sind manchmal schon mehr als stark unterschiedlich und die unserer Partner sind es sehr oft auch.
Hier wird wieder mit 2 unterschiedlichen Maßstäben gemessen.
Alles was aus RUS oder CHN kommt ist falsch (schon aus Prinzip) und alles was aus „dem Westen“ kommt inklusive USA, darf aus Prinzip nicht falsch sein. Sind ja schließlich unsere Freunde. Da darf man nicht kategorisch sagen: „deren Einfluss ist nicht in unserem Interesse“
Was von der Logik her einfach nur realitätsfern ist und in der Vergangenheit auch bewiesen wurde. (unterschiedliche Interessen)
Kriegsverbrechen:
Natürlich findet die niemand gut und wenn eine Söldnerfirma mit zweifelhaften Ruf und nachgewiesenen Menschenrechtsverletzungen Seite an Seite mit der Bundeswehr kämpfen soll oder im gleichen Land, dann darf und muss es einen Aufschrei geben. Selbstverständlich.
Aber hier werden eben IMMER (also nicht hier bei AG, sondern allgemein) unterschiedliche Maßstäbe angelegt.
Genau das was man Wagner vorwerfen kann und muss, kann man eben auch Firmen aus Partnernationen vorwerfen und mit diesen Partnernationen hat man trotzdem zusammengearbeitet und diese Bedenken ganz gerne mal in die Schublade verschwinden lassen.
DARUM geht es hier.
Wer Wagner kritisiert, muss auch andere Söldnerfirmen kritisieren. Egal wo der Unternehmenssitz ist, wer der Auftragnehmer ist oder welche Ex-Soldaten oder Politiker dort arbeiten.
Und im Zweifel eben die Zusammenarbeit mit den Auftragnehmer auch mal einstellen. Egal wer das ist.
So wie hier ja auch gefordert wird.
Hat man in der Vergengenheit nicht getan und nun soll man es aber machen?
Da kommt schon der Verdacht auf, dass die Ziele bei dem einen Fall die gleichen waren und bei diesem Fall sind nun die Ziele unterschiedlich und nur deshalb verschwindet das Thema nicht in der Schublade.
Ich möchte mich da einschalten. http://www.Al-Monitor.com war eines der ersten Medien, welche über das Söldnerwesen berichtete, das im syrischen Bürgerkrieg seinen Anfang nahm. Auf der einen Seite die Türkei mit https://en.m.wikipedia.org/wiki/SADAT_International_Defense_Consultancy_Inc. und auf der anderen Seite Russland mit Wagner (vgl. Literaturlinks @Paradox77).
WaPo und NYTimes bezogen sich regelmäßig auf die erschreckenden Berichte Al Monitors die darlegten wie junge Syrer in Lybien von beiden Seiten geprügelt wurden um in den Theatres gegeneinander anzutreten. Selbst der versprochene Sold wurde ihnen gestohlen.
Als Hebel dient beiden Rekrutierern die humanitäre Notlage der Bevölkerung in dem Kriegsgebiet und das Rollenbilder der Söhne ihre jüngeren Geschwister versorgen zu müssen. Der Zugang zu seltenen (dort unerreichbaren) Medikamenten für schwer erkrankte Familienmitglieder ist das Zünglein an der Wage. Eine Handschrift?
Ja und zwar die des KGB! Ähnliches ist mir bekannt aus der Zeit des kalten Krieges als die Sovietunion im Zuge des propagierten Antikolonialen Kampfes Söhne von den kurdischen Bergen über palästinesische Flüchtlingslager, der algerischen Wüste unter Tuareg bis hin zu den Sahrawi an der heute marokkanischen Küste rekrutierte. Dann folgte politische Indoktrination deren Folgen nur zu bekannt sind: Die Terroranschläge der PKK, der Anschlag auf die Olympiade in München durch die PFLP, libysche Ausbildungslager für die RAF und der Terror der folgte, der Terror der IRA und sinnloser Bürgerkrieg über den halben Planeten. Eine Suppe aus kolonialer Grenzziehung und dem KGB, menschengemachter Abgrund umstellt von den kommunistischen „Volksfront-Organisationen“ im Dienste des Zaren und seines Imperium.
Nehmen wir hier die Aufforderung des Bundespräsidenten ernst und erweitern die Karte des Gedenkens nach Osteuropa und wir erkennen das schreckliche Wirken der Waffen-SS und Fremde Heere Ost, welche mit den selben Methoden paramilitärische Truppen aushoben und gemeinsam den Holocaust der Kugeln begangen. Peter Scholl-Latour weist darauf mit Bezug auf die Ukraine hin, da deren Gift dort heute noch wirkt. Methoden der Rekrutierung in irgendeinem Archiv?
Es ist kein weiter Weg von den Wagner-Gründern zu den Führungsoffizieren des KGB und der Adaption der Methoden der Nazis. Der Unterschied zwischen Wagner und den Volksfronten? Man hat in den Strategierunden des KGB erkannt, dass Dollar $ noch mächtiger sind als Lügen; individuelle Handschrift, der erdrückende Dialekt der Sprache der Macht bleiben.
Eine historische Arbeit zu einem roten Faden von Nazis bis Wagner, man müsste nur wissen wer da in sovietischer Kriegsgefangenschaft war und welcher flüchtige Nazi sich da wem wo angedient hat.
Daher, schauen sie dem Wagnergründer in die Augen und beginnen Whitewashing. Wenn sie das schaffen, das Universum bräuchte frische Farbe.
Ich habe Bedenken, dass die Bundeswehr zwischen die Fronten gerät, wenn die Gewalt in Mali eskalieren sollte.
Weiterhin wäre Deutschland nicht mehr glaubwürdig, wenn wir Wagner tolerieren.
Und nein, eine Harte Gangart löst nicht alle Probleme, nicht umsonst hat Frankreich – trotz Härte-das Land nicht im Griff.
Natürlich ist es nicht gerade vielversprechend, sich einzuigeln, wie es deutsche Art ist.
Aber dann das krasse Gegenteil zu dulden, ist ein großer Fehler.
Für mich ist das Engagement Wagners durch die Malischen Putschisten der Anfang vom Ende.
Das läuft in Richtung Militärdiktatur.
Abziehen, so lange es noch einigermaßen gesichtswahrend geht.
@ T.W. Entschuldigung, aber hier will doch niemand, dass die Bundeswehr Kriegsverbrechen begeht. Es geht doch wohl eher darum, dass mit dem Abdrängen der Feindkräfte mal Schluss sein muss. Da gilt doch wohl eher Capture or Kill. Und damit haben wir ein Problem. Töten von Gegnern? Und dann noch effizient? Aber wir doch nicht! Die Fähigkeiten hätten wir. Aber es ist wohl nicht gewollt. Wenn wir einen sauberen, chirurgischen Krieg wollen, dann sollten wir zu Hause bleiben. Es gibt keine Kabinettskriege mehr. Keiner will tote Zivilisten. Aber die Zivilisten werden von der anderen Seite instrumentalisiert. Die wissen genau, welche Knöpfe sie zu drücken haben, damit bei uns der Widerstand gegen die Einsätze wächst. Und deswegen werden wir wieder verlieren.
Wie geht eigentlich die malische Armee mit ihren Bürgern um?
Ich finde wir sollten den Vorgang auf zwei(einhalb) Ebenen betrachten.
1. Wenngleich ich PMC zwar ethisch durchaus kritische bewerte, habe ich in den letzten Jahren gelernt (auch durch eigenes Wirken und Erleben im Einsatz), dass es durchaus Aufgaben gibt, die von einem PMC wahrgenommen werden können und noch „auf der hellen Seite der Macht“ liegen.
Aber Wagner als Firma selbst ist absolut indiskutabel. Wagner geht gar nicht. Da gibt es auch kein Schönreden.
Da bin ich absolut bei T.W.
2.. Selbst wenn Wagner ein respektabler PMC wäre, dann könnte DEU und EUR kein Interesse haben, dass RUS an Einfluss in MLI gewinnt.
Das hat jetzt gar nichts mit der Frage der Menschenrechtsverletzungen zu tun, sondern ist Realpolitik.
D.h. sowohl aus ethischer Sicht, als auch sicherheitspolitischer Sicht ist die Tätigkeit von Wagner in MLI für uns DEU kein kleines Problem.
Zusätzliche Anmerkung: Aber all das wäre kein Problem, wenn EUR (und insbesondere DEU) in MLI einfach endlich seine Hausaufgaben machen würde. Die MLI SK benötigen weitere Unterstützung und derzeit bekommen sie eben nicht alle Formen der Unterstützung, die sie benötigen.
Und dazu zählt auch ausdrücklich die Gefechtsbegleitung von Ausbildern.
Ich finde es geradezu empörend (und reichlich dumm noch dazu), dass wir als Westler zwar gerne Ausbilden wollen (und DENEN da unten zeigen wie es „richtig“ geht), aber dann wenn es gefährlich wird einen feinen Schritt zurücktun und die Ausgebildeten nach dem Motto „sink or swim“ (oder in diesem Fall „die or swim“) alleine lassen.
Ich kann ehrlich gesagt die MLI Regierung sehr gut verstehen, wenn sie da Hilfe an anderer Stelle sucht.
Und das führt mich wieder zurück zu 1. und 2. … :-(
@TW:
Sie sagen, jemand habe den Wunsch geäußert, dass „deutsche Soldaten mögen wieder Kriegsverbrechen begehen dürfen..“, ich finde aber nichts entsprechendes im Thread. Könnten Sie das bitte näher belegen?
Ansonsten kann ich mich nur den letzten Postern anschließen: Es wurde ein Gewaltdienstleister eingekauft, der im Clausewitzschen Sinne nur Erfüllungsgehilfe der Politik ist. Dass dieser im Rahmen seines Gewaltauftrages auch (Kriegs-)verbrechen begeht ist zu verurteilen – das allein ist aber ganz sicher nicht der alleinige Grund für die Empörung der EU über das Wagner-Deployment. Da muss zur Gleichung noch der Faktor Geopolitik hinzugefügt werden. Uups… aber so etwas macht die EU doch nicht..?
@all:
Einfach mal als Gedanke:
Im Kern geht es – zumindest der deutschen Politik – doch nicht um den russischen Einfluss in Mali über Wagner oder sonstige moralische Bedenken bezüglich Wagner.
Man hat mit dem Thema einfach nen eleganten Weg gefunden dort aufzuhören.
Man sollte nun halt auch wirklich entschlossen zum Ausgang gehen und die Türe gut zumachen.
@BorisJ sagt: 28.12.2021 um 10:48 Uhr
„@Koffer – „Der RUS und CHN Einfluss in Afrika kann nicht im EUR Interesse sein.“
Ja, das ist meine Meinung. Und bevor wir in „what-about“ eintreten: Sie sind also der Meinung, dass RUS und CHN Einfluss in Afrika in EUR und/oder DEU Interesse ist?
Nur um hier sicherzugehen, dass ich Sie richtig verstehe!
„Aber der Einfluss anderer Nationen ist natürlich immer in unserem Interesse….“
Immer?
Nein!
Manchmal?
Ja!
Kommt darauf an, sagen Sie mir wo und wer und mit welchem Interesse und ich beantworte Ihre Frage!
„Genau das was man Wagner vorwerfen kann und muss, kann man eben auch Firmen aus Partnernationen vorwerfen und mit diesen Partnernationen hat man trotzdem zusammengearbeitet und diese Bedenken ganz gerne mal in die Schublade verschwinden lassen.“
Genaus das?
Ja??
„Wer Wagner kritisiert, muss auch andere Söldnerfirmen kritisieren. Egal wo der Unternehmenssitz ist, wer der Auftragnehmer ist oder welche Ex-Soldaten oder Politiker dort arbeiten.“
Nein. Sowohl ethisch kann man sehr wohl zwischen Verbrecher und „Handeln im Grauzonen“ unterscheiden, als auch politisch kann man sehr wohl differenzieren in wessen Bett man sich legt.
Man hat eine Dienstleistung eingekauft, der eigentliche Dienstleister leistet nur unvollständig, dann geht man zur Konkurrenz.
Der ursprüngliche Dienstleister beschwert sich.
Mehr ist da eigentlich nicht dran. Und was irgendwelche Artikel in der NY Times angeht (es ist ein „Report for the UN security council obtained by the NYT“, nicht ein UN-Report), so denke das kann man getrost unter der Rubrik Brutkästen und Biolabor-Sattelschlepper abhaken. Wieso glauben eigentlich die Medien heutzutage im Gegensatz zu 2003 der US Intelligence Community alles?
@DIN A4 sagt: 28.12.2021 um 12:26 Uhr
„Da muss zur Gleichung noch der Faktor Geopolitik hinzugefügt werden. Uups… aber so etwas macht die EU doch nicht..?“
Doch natürlich machen wir das. Wer hat denn hier etwas anderes behauptet?
Der Unterschied ist nur, dass erstens es unsere Interessen sind die wir hier verteidigen (wobei ja auch klar sein sollte, dass hier DEU und FRA und EUR Interessen nicht immer 100% deckungsgleich sind) und zweitens wir (und da meine ich sowohl DEU, als auch EUR und sogar FRA) ein besseres Wertefundament aufweisen als FRA und CHN und deswegen wir sowohl unsere Interessen heutzutage (!) besser mit den betroffenen Staaten abstimmen als RUS und CHN als auch unsere Interessen nicht nur wirtschaftlicher und sicherheitspolitsicher Natur sind, sondern wir auch humanitäre Überlegungen ernsthaft berücksichtigten. Etwas was ich bei RUS und bei CHN eher selten sehe…
Also:
Haben wir eigene Interessen? JA!
Müssen wir deswegen tatenlos zusehen, wie RUS sich in MLI einbringt? Natürlich nicht.
@LLFm
„Die Gruppe Wagner ist als Unternehmen in Argentinien registriert. Also wo ist ihr Problem ? Die UN oder EU unterstützen die malische Regierung , wir haben diese nicht übernommen .“
Ja wo ist das Problem? Gibt eigentlich keins. So frei wie die Regierung in Mali ist ein Unternehmen mit der Vergangenheit und den Verstrickungen wie die Gruppe Wagner zu nutzen sind die Europäischen Länder frei das nicht gut zu finden und ihre militärische oder finanzielle Unterstützung zu beenden. Nicht alles was der Eine darf muss der Andere gut finden und das selbe gilt für die Reaktionen……
@all
Ich habe einige Anmerkungen gemacht, aber das scheint nicht so wahrgenommen zu werden. Mir reicht es jetzt mir der russisch inspirierten (oder gleich: gesteuerten?) Propaganda, die Wagner-Gruppe als harmlosen Dienstleister darzustellen oder die Bundeswehr auf eine Stufe mit einer Söldnerorganisation zu stellen („Man hat eine Dienstleistung eingekauft, der eigentliche Dienstleister leistet nur unvollständig, dann geht man zur Konkurrenz.“) Tobt euren Hass auf Deutschland und die deutschen Streitkräfte woanders aus; die Kommentare mache ich hier zu.