Luftwaffe fliegt (erstmals wieder) Covid-Evakuierungsflug für Marinesoldaten
Zwei deutsche Marinesoldaten sollten nach einem positiven Test auf das Coronavirus aus Lettland ausgeflogen werden – der Flug scheiterte jedoch an den Wetterverhältnissen in der lettischen Hauptstadt Riga. Da dazu etliche Fragen und auch Spekulationen in sozialen Netzwerken kursieren, ein kurzer Faktenüberblick:
Zwei Besatzungsangehörige des Tenders Elbe, derzeit in der Ostsee unterwegs, wurden positiv auf Covid-19 getestet. Der Tender ist Flaggschiff eines ständigen Minenabwehrverbandes der NATO (Standing NATO Mine Countermeasures Group, SNMCMG1) derzeit unter polnischem Kommando – deshalb ist auch der polnische Stab auf der Elbe eingeschifft. Nach Marineangaben sollten die beiden infizierten Soldaten ausgeflogen werden, weil es an Bord nur begrenzte Möglichkeiten zur Isolation gibt. Sie wurden deshalb vom lettischen Hafen Liepaja nach Riga gebracht.
Der geplante MedEvac(Medizinische Evakuierungs)Flug am (heutigen) Freitag scheiterte jedoch (s. Transponderbild oben), weil dichtes Schneetreiben und eine querstehende Maschine auf der Rollbahn den Anflug auf Riga verhinderten, wie auch der lettische Außenminister Edgars Rinkēvičs auf Twitter berichtete:
Neaizmirstama nedēļa: atgriežoties Rīgā, Stokholmas lidmašīna noslīdēja no skrejceļa. Paldies @airBaltic apkalpei, lidostai, ugunsdzēsējiem un NMPD par ātru rīcību, mieru un profesionalitāti! Cik saprotu, tad nekas nopietns nevienam nav atgadījies pic.twitter.com/sbuY9tKnOg
— Edgars Rinkēvičs (@edgarsrinkevics) December 3, 2021
Der Flug soll nach Angaben der Luftwaffe am (morgigen) Samstag (KORREKTUR: nicht Freitag) nachgeholt werden.
Zusätzlich führte es zu ein bisschen Verwirrung, dass die Luftwaffe für diese medizinische Evakuierung ein Flugzeug einsetzte, das ursprünglich für eine ganz andere Aufgabe vorgesehen war: Der Airbus A319 war als Beobachtungsflugzeug für den Vertrag über den Offenen Himmel (‚open skies‘) unter anderem mit speziellen Kameras ausgerüstet worden; allerdings ist dieses Abkommen nach dem Rückzug sowohl der USA als auch Russlands aus diesem Vertrag nur noch sehr eingeschränkt nutzbar. Die Maschine war unter anderem auch deswegen erst vor kurzem mit medizinischer Ausstattung für Evakuierungsflüge umgerüstet worden. Im Einsatz über dem Baltikum war also ein Ambulanz-, kein Beobachtungsflugzeug.
Während die Luftwaffe noch im Frühjahr dieses Jahres immer wieder Covid-infizierte Soldaten aus Auslandseinsätzen zurückfliegen musste, sind diese Einsätze in den vergangenen Monaten deutlich zurückgegangen. Vor allem seit der bereits im März eingeführten Impfpflicht für Einsätze und einsatzgleiche Verpflichtungen war die Zahl der Corona-Fälle im Ausland deutlich zurückgegangen.
Dafür bleibt die Verlegung von Corona-Intensivpatienten innerhalb Deutschlands inzwischen eine fast tägliche Aufgabe für die Luftwaffenmaschinen. Am Freitag flog erneut ein als Intensivstation ausgerüsteter Airbus A310 sechs Patienten von Memmingen nach Paderborn.
Nachtrag 5. Dezember, fürs Archiv: Mit einem Tweet zum 2. Advent ist klar, dass die Teilnahme der Elbe an der SNMCMG1 eine einsatzgleiche Verpflichtung ist und damit auch dafür bereits seit März eine Impfpflicht gilt:
Die einsatzgleiche Verpflichtung #SNMCMG1 neigt sich dem Ende entgegen. In Lettland stellten wir den Weihnachtsbaum auf und kamen bei besinnlicher Musik zusammen.
In diesem Sinne wünschen wir einen schönen zweiten Advent. Genießen Sie die Zeit im Kreise Ihrer Liebsten. pic.twitter.com/TemLlJ6bKi— Firstofclass A511 (@FirstofclassA) December 5, 2021
(Grafik: ADSBexchange.com; Foto: Screenshot aus einem Video der Luftwaffe)
Der A319 flog komplett nach Köln zurück, nur um dann morgen wieder mach Lettland zu fliegen??? Es gibt doch unzählige zivile und militärische Flughäfen und Flugplätze im näheren Umfeld in den baltischen Staaten oder Polen, um da ggf. zu warten oder (nach Ablauf der Crew Ruhezeit) erneut gen Riga zu fliegen bzw. die Patienten nach einem Landtransport am Ausweichplatz aufzunehmen. Alles ringsum Freunde und NATO „Bündnispartner“. Bei jedem Flug – ob militärisch oder zivil – wird doch ein Ausweichflughafen in der Nähe vorgeplant. Verstehe die Aktion nicht.
@TW: Irgendwie geht der Kalender falsch. Das Bild ist von heute (ich hab’s auch). Heute ist Freitag. Morgen ist Samstag! ;-)
@Fux: Wenn er eine Diplo-Clearance für Lettland hat, dann kann er nur in Lettland irgendwo landen und abwarten. Wenn das Wetter aber schon in Riga so schrottig ist, dass dort Maschinen beim Landen rumrutschen, dann möchte ich nicht wissen, was auf anderen Plätzen dort los ist.
Ich hätte ihn deshalb auch zurückgeholt. Und in Köln habe ich immer eine frische Besatzung. Damit bin ich nicht auf Abwarten der Ruhezeiten angewiesen.
Und so weit isses dann auch nicht.
[Sorry, da ist mir der Wochentag verrutscht. Korrigiere ich nachher. T.W.]
@Fux
Könnte man bestimmt machen, aber gegenüber der gesparten Flugstunde pro Strecke (z.B. gegenüber Berlin) kommen dann die Kosten für Unterkunft der Besatzung, Abstellgebühren usw. dazu. Außerdem wissen wir ja nicht, ob noch irgendwelche Wartungsarbeiten anstehen, die jetzt über Nacht kostengünstig am Heimatflughafen erledigt werden können. Also bestimmt kein Skandal und keine exorbitanten Kosten (Ich denke mal, dass es ca. 2000 Euro für Kerosin gekostet hat, dafür keine Abstellgebühren und Groundhandling). Und die Crew freut sich, zu Hause zu sein.
Lufthansa fliegt übrigens inzwischen viele Flugzeuge für C-Checks nach Asien weil sie dort günstiger sind. Die Grafik oben zeigt auch sehr schön, dass die Marine ihre MPA (Seefernaufklärer) auch relativ problemlos in Köln oder sonstwo in der Republik stationieren könnte falls dort günstiger Platz vorhanden ist. Vor Allem, wenn man öfter Einsätze im Mittelmeer als in der Ostsee fliegt. ;->