Bundeswehr und Corona-Pandemie: Kontingent wird erneut aufgestockt, erste Verlegung von Intensivpatienten

Bereits wenige Tage nach der angekündigten Verdoppelung des Kontingents für die Amtshilfe in der Corona-Pandemie hat die Bundeswehr die Zahl der Soldatinnen und Soldaten erneut aufgestockt: nun sollen vorerst bis zu 8.000 Soldaten dafür bereitstehen; über eine weitere Erhöhung soll im Dezember entschieden werden. Die Luftwaffe verlegte erstmals mit einem speziell ausgerüsteten Flugzeug, Rufzeichen GAFMED1 (German Air Force Medical 1)  Corona-Intensivpatienten innerhalb Deutschlands.

Erst am vergangenen Montag hatte das Verteidigungsministerium angekündigt, die Größe des Corona-Kontingents von bislang 3.000 auf 6.000 Soldatinnen und Soldaten zu verdoppeln, am (heutigen) Freitag wurde dann bereits über eine weitere Aufstockung entschieden. Angesichts der zunehmenden Amtshilfeanträge werden bis zum 29. November 5.000 zusätzliche Soldatinnen und Soldaten für Unterstützungsleistungen bereitgestellt und das „Hilfeleistungskontingent Corona“ von derzeit 3.000 auf 8.000 Kräfte mehr als verdoppelt, um so in dieser volatilen Lage auch in den nächsten Wochen flexibel unterstützen zu können, teilte die Streitkräftebasis mit.

Das im März 2020 aufgestellte Kontingent umfasste zeitweise bis zu 25.000 Soldatinnen und Soldaten, allerdings in unterschiedlichen Bereitschaftsstufen. Der Inspekteur der Streitkräftebasis und so genannte Nationale Territoriale Befehlshaber, Generalleutnant Martin Schelleis, hatte in den vergangenen Wochen eine Erhöhung von den 3.000 auf 12.000 vorgeschlagen. Dieser Aufwuchs könnte möglicherweise im kommenden Monat folgen, die Bundeswehr-Aussage: Lageabhängig sind bis Ende Dezember weitere Anpassungen möglich.

Allerdings hatte Schelleis auch bereits im Februar dieses Jahres gewarnt, dass die Bundeswehr nicht dauerhaft in großem Umfang zur Unterstützung ziviler Behörden und Einrichtungen zur Verfügung stehen könne, wenn sie nicht andere Aufgaben wie zum Beispiel Verpflichtungen in der NATO gefährden wolle: Spätestens im Herbst müssen wir raus.

Bislang sind nach Angaben des Verteidigungsministeriums diese Verpflichtungen, vor allem die Bereitstellung von Truppen für die NATO Response Force (NRF) und die NATO-Speerspitze VJTF (Very High Readiness Joint Task Force) noch nicht betroffen. Das könnte sich jedoch bei einer weiteren Erhöhung ändern: Der Sanitätsdienst beantragte bereits, für die NRF vorgesehene Spezialisten aus der NATO-Truppe abzumelden, um damit das Personal in den Bundeswehrkrankenhäuser zu verstärken – die in die zivile Patientenversorgung eingebunden sind und überwiegend Zivilisten behandeln.

Derzeit sind nach Angaben von Streitkräftebasis und Sanitätsdienst rund 1.800 Soldatinnen und Soldaten in Gesundheitsämtern zur Kontaktverfolgung eingesetzt; inzwischen zweitgrößter Einsatzort sind Krankenhäuser: Dort waren am Freitag fast 600 Soldaten zur Unterstützung von Ärzten und Pflegern tätig. 450 Soldatinnen und Soldaten unterstützen in Impfzentren. Hinzu kommen so genanntes Schichtwechselpersonal und die Führungsorganisation. Allein für Gesundheitsämter und Impfzentren rechnet die Bundeswehr aufgrund der vorliegenden Anträge mit dem Einsatz von weiteren 1.000 Soldaten.

Erstmals seit Beginn der Pandemie verlegte am Freitag die Luftwaffe Corona-Intensivpatienten innerhalb Deutschlands. Ein Airbus A310 der Flugbereitschaft, zur fliegenden Intensivstation umgerüstet, flog auf Anforderung der bayerischen Landesregierung sechs Patienten von Memmingen im Allgäu zum Flughafen Münster/Osnabrück.

Die Bundeswehr hält derzeit für diese Anfragen, die angesichts zunehmend belegter Intensivstationen vor allem im Süden und Südosten Deutschlands noch steigen dürften, zwei Flugzeuge vor – den A310 und das eigentlich für Beobachtungs- und Verifikationsaufgaben vorgesehene Spezialflugzeug A319CJ. Die Luftwaffe hat zwar auch derzeit mindestens ein weiteres, für medizinische Evakuierungen (MedEvac) ausgerüstetes Flugzeug; der Transporter A400M steht vor allem für verwundete oder verletzte Soldat*innen in Einsatzgebieten zur Verfügung. Allerdings haben auch die Streitkräfte, wie die zivilen Krankenhäuser und Rettungsdienste, nur begrenzt das speziell geschulte medizinische Personal für solche Aufgaben.

(Foto: Vorbereitung der Verlegung von Corona-Intensivpatienten mit einem A310 der Luftwaffe auf dem Flughafen Memmingen am 26.11.2021 – Foto Luftwaffe; Screenshot Transponderbild ADSBexchange.com)