DroneWatch: Die Empfehlungen der SPD-Projektgruppe zu bewaffneten Drohnen – Dokumentation (m. Nachtrag)
Im Streit über die Bewaffnung von Drohnen der Bundeswehr hatte die SPD zuletzt Ende vergangenen Jahres erneut die Beschaffung dieser Waffen für die deutschen Streitkräfte abgelehnt. Eine Projektgruppe sollte die aus Sicht der Sozialdemokraten nötigen Voraussetzungen dafür klären und dem Parteivorstand Empfehlungen vorlegen. Die liegen seit knapp zwei Wochen vor, sind aber noch nicht vollständig bekannt – deshalb dokumentiere ich sie hier.
Die Projektgruppe, der unter anderem auch Soldaten angehörten, war Mitte März vom SPD-Parteivorstand eingesetzt worden und hatte am 12. Oktober in ihrer Abschlusssitzung ein umfangreiches Papier mit Empfehlungen beschlossen.
Nachtrag: Die Parteispitze billigte die Empfehlungen, wie der Berliner Tagesspiegel (Link aus bekannten Gründen nicht) berichtete:
Präsidium und Vorstand nahmen die Empfehlung einer Projektgruppe unter Vorsitz von Ex-Justizministerin Herta Däubler-Gmelin „zustimmend zu Kenntnis“, wie eine Sprecherin der SPD auf Anfrage bestätigte.
Wesentlichen Anteil in den Aussagen der Projektgruppe nimmt ein Feld ein, das über die zunächst zu Grunde liegende Frage hinausgeht, ob die von der Bundeswehr bereits beschafften Drohnen des israelischen Typs Heron TP auch mit Bewaffnung ausgerüstet und eingesetzt werden sollen: Es geht vor allem um den Umgang mit weitergehenden Entwicklungen hin zu autonomen Waffensystemen – und dabei nicht zuletzt um geplante – und bereits z.B. mit Frankreich vereinbarte – Vorhaben der Bundeswehr wie die EuroDrohne oder das Future Combat Air System (FCAS).
Allerdings, das ist für die anstehende Entscheidung über den künftigen Einsatz der Heron TP von Bedeutung, werden bewaffnete Drohnen für die Bundeswehr von der Projektgruppe nicht grundsätzlich abgelehnt:
Unter Berücksichtigung dieser Überlegungen kommt die Projektgruppe zu der Empfehlung, dass eine Bewaffnung von Drohnen der Bundeswehr zum Schutz der Soldatinnen und Soldaten bei mit dem Völkerrecht und den Bündnisverpflichtungen Deutschlands in Einklang stehenden Auslandseinsätzen und unter klarer Berücksichtigung unserer Grundsätze und der Einhaltung der nachfolgenden Bedingungen in Erwägung gezogen werden kann.
Zwei Mitglieder der Projektgruppe konnten sich dieser Empfehlung nicht anschließen.
Die SPD betont, dass Auslandseinsätze der Bundeswehr durch den Deutschen Bundestag beschlossen werden müssen. Dabei sieht das Parlamentsbeteiligungsgesetz vom 18. März 2005 ausdrücklich u.a. auch die Beschlussfassung über den Auftrag und das Einsatzgebiet vor.
Die Projektgruppe unterstreicht einstimmig, dass für eine Bewaffnung der Drohnen und ihren Einsatz folgende harte und verbindliche Kriterien gelten müssen:
• Ausdrückliches Verbot von extralegalen Tötungen, um die strikte Einhaltung des Völkerrechts und des Grundgesetzes zu gewährleisten und uns ausdrücklich von der Praxis einzelner anderer Staaten abzugrenzen.
• Kategorische Ablehnung von vollautomatisierten Drohnen und anderen letalen autonomen Waffensystemen. Die Entscheidung über den Einsatz von Waffen darf nur durch Menschen getroffen werden, die – auch durch ihren persönlichen Einsatz im Einsatzgebiet – das Risiko für Soldatinnen und Soldaten, aber auch und gerade für die betroffene Zivilbevölkerung selbst beurteilen können.
• Erstellung und Offenlegung eines verbindlichen Einsatzkonzeptes für bewaffnete Drohnen durch die Bundesregierung, um ein Höchstmaß an Transparenz beim Einsatz von bewaffneten Drohnen gegenüber dem Deutschen Bundestag und der Öffentlichkeit sicherzustellen. Ebenfalls muss die unverzügliche Information des Deutschen Bundestags bei Veränderung der allgemeinen Einsatzregeln sichergestellt sein.
• Einsatz von bewaffneten Drohnen nur dann, wenn dieser einschließlich der hier aufgeführten Konditionen explizit im vorgelegten Bundestagsmandat für den jeweiligen Auslandseinsatz der Bundeswehr vorgesehen ist, um auch hier ein hohes Maß an Transparenz und Kontrolle zu erzielen.
• Verortung des operativ Entscheidenden im Einsatzgebiet.
Die Entscheidungs-, Kontroll- und Steuereinheiten für Drohnen und deren Einsatz müssen im mandatierten Einsatzgebiet stationiert sein; es darf also keine Entscheidung aus der Ferne geben. Grund dafür ist die Erkenntnis, dass nur auf diese Weise die Lage im Einsatzgebiet mit der Gefahr für Soldatinnen und Soldaten, wie auch für die Zivilbevölkerung realistisch eingeschätzt und eine Entscheidung frei von anderen Überlegungen getroffen werden kann. Außerdem sollen dadurch völkerrechtliche Verwerfungen beim Einsatz von Drohnen so weit als möglich ausgeschlossen werden.
• Bestmögliche Ausbildung, Fürsorge, Betreuung und Nachsorge für die Soldatinnen und Soldaten, die im Einsatzgebiet die unmittelbaren Entscheidungen zu treffen haben.
Dieser Forderungskatalog setzt strenge Maßstäbe für eine Bewaffnung von Drohnen für Auslandseinsätze der Bundeswehr. Daran wird sich die nächste Bundesregierung messen lassen müssen. Zu diesem Forderungskatalog gehört auch die Folgen eines Einsatzes von Drohnen auf die betroffene Zivilbevölkerung zu berücksichtigen, einschließlich etwaiger Betreuung und Fürsorge.
Diese harten und verbindlichen Kriterien sind nicht gerade überraschend – denn die hatten die Sozialdemokraten in der bisherigen Regierungskoalition mit der Union im Wesentlichen schon gefordert, und das CDU-geführte Verteidigungsministerium hatte die auch bereits weitgehend zugesagt.
Mit anderen Worten: Allein für diese Kriterien hätte es die Projektgruppe gar nicht gebraucht. Interessanter sind deshalb die weitergehenden Forderungen, die an die künftige Bundesregierung – die ja nach aktuellem Stand sehr wahrscheinlich von einem SPD-Kanzler geführt wird – gestellt werden und Einfluss auf die Rüstungsbeschaffung und den Rüstungsexport haben werden – und damit auch auf die Kooperationsprojekte mit Frankreich und anderen Nationen:
Ergänzend zu den Empfehlungen zur Frage der Bewaffnung von Drohnen der Bundeswehr hält die Projektgruppe einstimmig weitere Initiativen für dringlich, damit Deutschland seine Rolle zur Initiierung wichtiger internationaler Impulse für Frieden und Sicherheit auch in der Zukunft nachkommt.
Mittlerweile verfügen weltweit rund 40 Staaten und weitere nicht-staatliche Akteure über bewaffnete Drohnen. Es gibt bisher kein internationales Regelwerk zur Rüstungskontrolle und Nichtverbreitung von bewaffneten Drohnen. Das darf nicht so bleiben.
Deshalb fordert die Projektgruppe die SPD auf, sich verstärkt dafür einzusetzen, dass die künftige Bundesregierung ein internationales Regime zur Kontrolle bewaffneter Drohnen auf den Weg bringt und seine Durchsetzung bestmöglich fördert. Ein solches Regime könnte aus zwei Säulen bestehen: Zum einen aus Einsatzprinzipien für bewaffnete Drohnen; zum anderen aus restriktiven Regeln, die einen Export bewaffneter Drohnen auf solche Staaten beschränken, die diese Einsatzprinzipien achten.
• Die Projektgruppe fordert die SPD auf, in der künftigen Bundesregierung ihre bisherigen Bemühungen zur Ächtung von LAWS im Rahmen der Genfer „UN Konvention über bestimmte konventionelle Waffen“ (Convention on Certain Conventional Weapons, CCW) nachdrücklich zu intensivieren. Die künftige Bundesregierung solle aufzunehmende Verhandlungen für ein rechtsverbindliches CCW-Protokoll zum Verbot von LAWS unterstützen. Ein solcher Vorschlag wurde bereits von einer Gruppe von rund 30 Staaten im Rahmen der Genfer Expertengespräche über die Regulierung autonomer Waffensysteme vorgebracht. Bis zum Abschluss verbindlicher völkerrechtlicher Regelungen soll die Bundesregierung zeitgleich die Ächtung von Erforschung, Entwicklung und Anwendung von LAWS durch eine Normentwicklung jenseits rechtsverbindlicher Instrumente vorantreiben.
• Die Projektgruppe fordert die SPD auf, in der künftigen Bundesregierung ein Rüstungsexportgesetz vorzulegen, das auch den Export bewaffnungsfähiger Drohnen restriktiv regelt. Rüstungsexporte sollen grundsätzlich nur in EU-, NATO- und gleichgestellten Ländern sowie in absoluten Ausnahmen nur im begründeten Einzelfall und bei Ratifizierung und konsequenter Umsetzung des Vertrags über Waffenhandel (ATT) möglich sein.
• Die SPD setzt sich dafür ein, dass die künftige Bundesregierung bei der Unterstützung von europäischen Rüstungsprojekten wie dem „Future Combat Air System“ (FCAS) das Prinzip der verstärkenden „bedeutsamen menschlichen Kontrolle“ (meaningful human control) bereits bei der Entwicklung entsprechender Systeme als verbindlich berücksichtigt und „menschliche Kontrolle“ auch beim Einsatz und bei der praktischen Anwendung durchgehend gewährleistet bleibt.
• Die SPD spricht sich dafür aus zu prüfen, ob zur Stärkung der Beteiligungsrechte des Deutschen Bundestages u.a. das Parlamentsbeteiligungsgesetz weiterentwickelt werden sollte.
• Die Projektgruppe fordert die SPD nachdrücklich auf, die Friedenspolitik von Willy Brandt fortentwickeln, um angesichts der aktuellen und absehbaren Herausforderungen auf der „Höhe der Zeit“ zu sein. Dabei müssen auch Aspekte der künftigen Bewaffnung und Ausrüstung der Bundeswehr berücksichtigt werden.
(Ich gebe zu: der letzte Punkt lässt mich in diesem Zusammenhang ein wenig ratlos, weil mir nicht klar ist, wie sich die Friedenspolitik nicht nur auf die Zielsetzung der Bundeswehr, sondern auch auf Bewaffnung und Ausrüstung auswirken soll.)
Das gesamte Papier zum Nachlesen:
20211012_Bericht_SPD-PG_Drohnen
Nachtrag: Das war mir durchgegangen
(Archivbild: Heron TP über Israel – Foto Luftwaffe)
@ Memoria:
Huch, seit Fünf Uhr Fünfundvierzig, wird nun auch mit bereits regulären, bewaffneten Drohnen zurückgeschossen?
So kommt das manchmal rüber.
@ Memoria
Wenn es Sie ermüdet, sollten Sie sich einmal mit KI auseinandersetzen.
Danach dürften auch Sie wach sein beim Thema Drohneneinsatz…
Die Vorbehalte der Politik richten sich nicht nur gegen den aktuellen Einsatz, sondern die zukünftigen Möglichkeiten.
Spätestens, wenn Drohnen-Schwärme von den Hercules und A400 in den NATO-Flotten eingesetzt werden, ist das Thema manuelle Steuerung und manueller Einsatz Geschichte. Das geht nur automatisiert unter Einsatz der KI.
Wer soll dann in Verantwortung gezogen werden, falls Unschuldige ihr Leben verlieren? Die Herstellerfirma? Die Softwareentwickler? Oder die KI selber, denn sie ist ja in Lage, aus Fehlern zu lernen…
Hier werden keine bewaffneten Kampfflugzeuge durch Drohnen ersetzt, sondern völlig neue Möglichkeiten und damit auch neue Risiken geschaffen.
Dafür brauchen wir auch neue Regularien.
@Memoria – Ich gebe auf. Ich verstehe Sie offenbar nicht und Sie mich nicht. Wenn ich Ihnen das Gefühl gegeben haben sollte, dass es mir nur darum ging eine Debatte aufzuwärmen, dann tut es mir leid. Ich freue mich, dass die neue Koalition sich nun endlich durchgerungen hat der Beschaffung bewaffneter Drohnen zuzustimmen. Das ist erst mal eine gute Nachricht für unsere Soldaten.
Aus der heutigen Diskussion nehme ich mit, dass die deutsche Öffentlichkeit und die Bundeswehr noch weit voneinander entfernt sind. Das wird spätestens bei der ersten Mandatierung die Debatte erneut triggern und der Bundeswehr im ungünstigsten Moment auf die Füße fallen. Natürlich kann man sich dann wieder beschweren; dass die Öffentlichkeit kein Interesse an der Bundeswehr hätte, dass BMVg längst die Sachlage geklärt hat oder die Deutschen das Militärische verlernt hätten. Und wie heute so oft heute, hätten Sie damit aus technokratischer Sicht recht. Kommunikation ist aber etwas mehr als die bloße Nennung der Fakten. Ein Drohnengegner wäre heute so nicht überzeugt worden – eher hätte sich die latente Ablehnung des Militärs verstärkt.
Hochachtungsvoll ML-Rebell.
@Trevor Faith – Sie wollen mich also bewusst falsch verstehen und mir diese Worte in den Mund legen? Dieses rhetorische Stilmittel ist wirklich hart am trolling. Hier ist für mich definitiv Schluss. Schönen Abend.
@Trevor Faith
ROE werden nicht vom Parlament „abgenickt“, sondern wenn überhaupt nur auf Aufforderung vorgelegt.
@Scharlatan:
Bei mir wiederum kommt nicht wirklich rüber was sie mir sagen wollen.
@der Realist:
Die These der „Rutschbahn“ hin zu vollautomatischen Systemen durch die Bewaffnung von HERON TP teile ich nicht
Mag mich da aber irren, es fehlt mir dabei die logische Stringenz. Es ist aber ein wichtiger Bestandteil zur Emotionalisierung der Debatte.
Zudem würde ich bei KI unterscheiden wollen zwischen Automatisierung und maschinellem Lernen.
Automatische Waffensysteme gibt es bereits heute in der Bundeswehr (z.B. SMArt).
Der weitere technische Fortschritt wirft natürlich weitere ethische Fragen auf (z.B. beim deep learning von Bildverarbeitung (Automatisierte Zielerkennung)).
Aber deswegen wollen wir keine Bewaffnung für die Heron TP?
Und deswegen ändert sich dann weltweit was genau?
@ML-Rebell:
So ganz kann ich ihre Argumentation nun auch nicht nachvollziehen. Erst kritisieren sie die fehlende Abgrenzung Deutschlands von den Aktivitäten der USA.
Dann werden sie auf den aktuellen Stand hingewiesen, um dann eine technokratische Kommunikation mit Fakten zu beklagen, die niemand überzeuge.
Genau das ist für mich das Kernproblem in der Drohnendebatte:
Es geht sehr viel um Emotionen (Todesstrafe ohne Gerichtsbeschluss, CIA-Drohnen, KI, unfaire Kampfweise, etc) und wenig um Fakten.
Aber das ist offenbar die moderne Art der politischen Diskussion.
Kann man da als Regierung überhaupt argumentativ erfolgreich sein?
Die Drohnendebatte dient ja nicht wenigen Gegnern vorallem zur Bindung des eigenen Klientels. Leider konnte man bei der stark vereinfachten Argumentation auch bei der Union diesen Eindruck haben.
@ ML-Rebell
Zitat: „Ein Drohnengegner wäre heute so nicht überzeugt worden – eher hätte sich die latente Ablehnung des Militärs verstärkt.“
Wenn man 53 Antworten auf den Textbeitrag von Thomas Wiegold nachliest ist dies schon ermüdend, vor allen Dingen weil sich die Diskussion immer um den gleichen Kreis dreht – Eigene bewaffnete Drohnen – extralegale Tötungen mit Drohnen durch Amerikaner – zukünftige autonome Waffensysteme.
Wenn man diese Themenfelder nicht sorgfältig voneinander trennt kommt man in der Diskussion über die Beschaffung bewaffneter Drohnen nicht voran.
Deshalb mal ein paar Punkte als Abgrenzung der jetzigen Drohnendebatte aufgeführt (Sie sagen ja von sich, Sie sind kein Soldat, deshalb in deutlicher Einfachheit).
1. Eine Armee, auch die Bw, setzt in einen kriegerischen Konflikt, auch in einem nicht internationalen bewaffneten Konflikt, Waffen nicht nur zur Selbstverteidigung ein, sondern auch um einen militärischen Gegner zu töten um seine eigenen Ziele, sprich die von der Politik erteilten Aufträge zu erreichen und sich durchzusetzen.
2. Dies gilt sofern die ROE diese Handlung erlauben. Die ROE werden von BMVg erarbeitet und vom Parlament gebilligt. Sie sind also verbindliche Handlungsanweisung für die Soldaten.
3. Die Frage ob ein Waffensystem sich autonom das Ziel sucht, wenn die Waffe einmal abgefeuert wurde, stellt sich nicht erst bei bewaffneten Drohnen sondern bei jeder Rakete, bei jeder Iris-T, Meteor die ein Eurofighter abfeuert, genauso wie endphasengelenkte Artilleriemunition, wie sie auch aus der Panzerhaubitze 2000 des deutschen Heeres verschossen werden kann. Also „Künstliche Intelligenz“ als Kriterium für eine Drohne ist nichts Neues und solange ein Mensch den Abschussknopf für eine Rakete betätigt ist dies egal ob dies mit einem bewaffneten Kampfjet, Hubschrauber oder einer ferngesteuerten Drohne passiert.
Alles weitere ist eine Projektion von autonom agierenden Waffensystemen auf die jetzigen ferngesteuerten bewaffneten Drohnen und damit eine unzulässige Verquickung von Argumenten von zwei verschiedenen Themen.
@T.W.:
Mit Blick auf den Nachtrag:
Nach einem Bericht von thepioneer von heute wurde angeblich nicht final über den Bericht entschieden, da weiterer Beratungsbedarf gesehen wurde und die Vorsitzende der Projektgruppe nicht vor Ort war.
Quelle:
https://tinyurl.com/fhnecm35
Irgendwie verwirrend.
Meiner Meinung nach wollte die SPD das Thema nicht im Wahlkampf haben, da man Proteste dagegen befürchten kann. Das hätte Stimmen gekostet und die Linke gestärkt.
Nun stimmt man zu, sichert sich aber nach allen Seiten ab.
Ob im Gegenzug dazu die Aufgabe der Personalaufstockung auf 203.000 Soldaten erfolgte, oder man dafür andere Punkte aufgibt, wird sich zeigen. Evtl wird es eine kurze Einschätzung beim nächsten Sicherheitshalber geben.
@ Memoria
Es geht nicht um die Bewaffnung der Heron, sondern eigentlich um Die Zeit danach.
Das wird ganz klar ersichtlich aus den ersten beiden Absätzen des Textes von T.W., die ich jetzt hier einmal zitiere:
„Wesentlichen Anteil in den Aussagen der Projektgruppe nimmt ein Feld ein, das über die zunächst zu Grunde liegende Frage hinausgeht, ob die von der Bundeswehr bereits beschafften Drohnen des israelischen Typs Heron TP auch mit Bewaffnung ausgerüstet und eingesetzt werden sollen: Es geht vor allem um den Umgang mit weitergehenden Entwicklungen hin zu autonomen Waffensystemen – und dabei nicht zuletzt um geplante – und bereits z.B. mit Frankreich vereinbarte – Vorhaben der Bundeswehr wie die EuroDrohne oder das Future Combat Air System (FCAS).“
Deshalb muss sehr vorsichtig festgelegt werden, was unser Staat wirklich möchte.
Technisch machbar sind viele Dinge, ethisch vertretbar weitaus weniger.
Und am Ende geht es auch um eine Einschätzung potentieller Gefahren durch autonome Systeme.
@ Georg
Genau über ihren dritten Punkt muss man jetzt diskutieren.
Wird es bei verstärktem Einsatz von KI noch nötig sein, in der Zukunft, einen Menschen den Knopf drücken zu lassen?
Technisch nicht.
Ethisch-moralisch ja.
Es muss geregelt sein, wo unsere Grenze ist.
@Georg:
„Die ROE werden von BMVg erarbeitet und vom Parlament gebilligt. Sie sind also verbindliche Handlungsanweisung für die Soldaten.“
Kleine Korrektur:
Der Bundestag billigt die ROE nicht.
Es handelt sich trotzdem um Vorgaben des BMVg mit Befehlscharakter.
@Der Realist:
Die Verquickung der Themen „Bewaffnung der HERON TP“ und „Zukunft der KI“ ist zwar bei den politischen Gegnern des ersten Themas sehr beliebt, das macht es deswegen – auch durch Wiederholung – nicht sachlich richtiger.
Dabei wird auch sehr gerne ausgeblendet welchen Grad an Automatisierung bereits andere Waffensysteme aufweisen (siehe auch Beitrag von Georg).
Bereits heute muss in der Luftverteidigung (PATRIOT) niemand mehr einen Knopf drücken. Wer drückt einen Knopf bei einer Mine?
Ich würde mir wünschen, dass nach all den Jahren mal etwas mehr Realismus in die Debatte kommt.
Zumal viele Kritiker offenbar wenig Kenntnis von Waffensystemen haben.
Dabei scheint es aber vorallem um eine Emotionalisierung des Themas zu gehen, da schaden Sachargumente und Logik natürlich erheblich.
Man kann darauf natürlich immer wieder mit „wir brauchen neue Regeln!“ antworten.
We agree to disagree.
@ Memoria
Sie schrieben:
„Die Verquickung der Themen „Bewaffnung der HERON TP“ und „Zukunft der KI“ ist zwar bei den politischen Gegnern des ersten Themas sehr beliebt, das macht es deswegen – auch durch Wiederholung – nicht sachlich richtiger.“
Haben Sie sich durchgelesen, worum es der von T.W. genannten Projektgruppe geht? Genau um diese „Verquickung“ der beiden Themen. Es steht wortwörtlich ganz oben im Text von T.W. drin.
@ T.W.:
Das internationale Kontrollregime zu Drohnen ist übrigens ein Klassiker (daher überlese ich die Passagen meist sehr schnell).
Zitat aus dem Koalitionsvertrag von 2013 (!!):
„Extralegale, völkerrechtswidrige Tötungen mit bewaffneten Drohnen lehnen wir kategorisch ab. Deutschland wird für die Einbeziehung bewaffneter unbemannter
Luftfahrzeuge in internationale Abrüstungs- und Rüstungskontrollregime eintreten und sich für eine völkerrechtliche Ächtung vollautomatisierter Waffensysteme
einsetzen, die dem Menschen die Entscheidung über den Waffeneinsatz entziehen.“
http://www.cdu.de/sites/default/files/media/dokumente/koalitionsvertrag.pdf, S. 124
Wird sich wahrscheinlich sehr ähnlich auch 2021 im Koalitionsvertrag wieder finden.
@Der Realist:
Ja auch die SPD verquickt diese Themen, deswegen muss es noch lange nicht sinnvoll sein.
Was mir in der gesamten Diskussion auffällt, ist daß wir fast nur über bewaffnete Drohnen sprechen, die bei Einsätzen wie Afghanistan und Mali verwendet werden könnten.
Kein Wort von einem europäischen Gefechtsfeld, obwohl das der originäre Einsatzbereich (sprich: Europa) und der Kernauftrag der Bundeswehr (Landes- / Bündnisverteidigung) ist. Die politische Diskussion sollte sich daher eigentlich um diesen Punkt drehen.
Ob, wie und unter welchen Bedingungen Drohnen dann bei vorgenannten Auslandseinsätzen eingesetzt werden, ist doch eine vollkommenen andere Thematik (Schutz der Truppe, z.B. bei Patrouillen), mit der man sich beschäftigen kann, wenn man bewaffnete Drohnen im Bestand hat.
Ja, gute Frage! „Die unbefugte Benutzung der AI und Drohnen im Kampf mit dem Aggressor …“ Ich habe dieser Aussprache mit großem Interesse gelesen. Nebenkosten für die „Republik Mali“? Hmm, einer Milliarde Euro… Regards from Irael! https://twitter.com/IDF/status/1453086554579165184
Ich erinnere noch mal daran, dass die extra-legale Toetung von ausgewaehlten Individuen, potentiell jederzeit auf dem ganzen Planeten und in Inkaufnahme von Kollateralschaeden, durch Drohnen-Angriffe im Rahmen des globalen Krieg gegen den Terror, zugespitzt formuliert die Glaubwuerdigkeit des Westens nachhaltig untergraben hat. DAS ist ein Kollateralschaden, den viele unterbewusst auch in Deutschland spueren, von diesem berechtigten Unwohlsein wird eben auch die Debatte um die bereits vor ihrer Einfuehrung strategisch obsolete „Bw-Soldaten-out-of-area-Schutz-Drohne“ ueberschattet. Da hilft das ganze taktisch-operative Geraune hier in den Kommentaren nix, das Gros der Buergerinnen und Buerger versteht vieles falsch, aber spuert das meiste richtig. Der politische Konfessionalismus um diese Frage ist doch Mumpitz; dieses „Pro Drohne = Pro Soldat“ und umgekehrt, sehr bescheiden.
Hoffentlich hat die naechste Regierung ein bisschen Mut und sagt: Nein. Findet nicht statt. Es gibt wahrlich Wichtigeres, als wegen eines laeppischen bis zweifelhaften taktischen Mehrwerts weiterhin so einen politischen Aufriss durchstehen zu muessen.
Hallo zusammen,
Ich hoffe, dass die nächste Regierung ein bisschen Mut hat und endlich die bewaffneten Drohnen freigibt. Denn die Leben unsere Piloten (und ihre Angehörigen) sind es wert, dass man sie nicht auf dem Schlachtfeld schickt wenn es sich vermeiden lässt. Schließlich sollte es nichts wichtigeres geben, die mutigen Frauen und Männer die Deutschland verteidigen zu schützen!
Alles andere ist nur Verantwortungslos.
„J10 sagt: 28.10.2021 um 19:01 Uhr
Es gibt wahrlich Wichtigeres, als wegen eines laeppischen bis zweifelhaften taktischen Mehrwerts weiterhin so einen politischen Aufriss durchstehen zu muessen.“
Das lässt sich leicht sagen, wenn man selbst nie betroffen war oder sein wird. Es ist auch fraglich, ob es wirklich die Bevölkerung ist, die das ’spürt‘ oder ’nur‘ Politiker in bestimmten Parteien (aus welchen Gründen auch immer). Wir sollten uns eigentlich auch in einer Welt der Fakten bewegen und nicht in einer Gefühlswelt.
Davon abgesehen: Es sollte in der politischen Debatte und auch hier im Forum nicht nur um Auslandseinsätze der BW gehen, sondern auch um konventionelle Einsätze in Europe.
Da hat die Ampel-Koalition noch nicht einmal begonnen und schon schießt sich die SPD das erste Mal selbst ins Knie:
Man hätte doch in den vergangenen großkoalitionären Jahren wirklich ALLE Zeit der Welt gehabt, dieses Thema „abzuräumen“. Stattdessen hat man sich in völlig sinnlosen Rückzugsgefechten mit dem Koalitionspartner verheddert, deren EINZIGES Ergebnis ist, dass das Problem jetzt „frisch serviert“ im Eingangskörbchen der Ampel liegt.
Denn EINES dürfte wohl unzweifelhaft klar sein: Der Druck und auch die operative Notwendigkeit, bewaffnete Drohnen zu beschaffen, wird sich weder mit moralisch hochtrabenden Scheindebatten, noch mit Politik-Mikado (nach dem Motto: „wer sich zuerst bewegt, hat verloren“) auflösen lassen. Der im vergangenen Jahr verstorbene Berliner Aphoristiker Harald Schmid pflegte zu sagen: „Die Realität ist der Reißwolf jeder Theorie“ … und ganz egal, welche „Parteifarbe“ der oder die neue Verteidigungsminister/in haben wird: Man wird sich der Thematik stellen oder im Zweifelsfall erklären müssen, wie man es verantwortet, Soldaten OHNE den bestmöglichen Eigenschutz weltweit in Einsätze zu schicken, weil „Deutschland an der Seite der Partner Verantwortung übernehmen“ muss …
Im Text ist von anderen letalen Waffensystemen die Rede. Sind hier wirklich Waffensysteme oder Waffen und Munition gemeint? Loitering Munition (Wartende Munition) etwa? LM wird ja bereits von anderen Nationen eingesetzt. Dürfte man mit denen nicht mehr zusammenarbeiten? Hat man das bis zum Ende gedacht?
@Trevor Faith 29.10.2021 um 11:19 Uhr:
Dann lassen Sie uns doch nicht dumm sterben, wenn Sie aus der Praxis für die Praxis was zu „Verdammt, die Killerdrohne fehlt!“ in der Lage sind mitzuteilen.
Ungeklärt bleibt die Frage, inwiefern die Bundesregierung die breite Auslegung von Art. 51 der UN-Charta u.a. durch die Nato-Partner USA, UK, & Fr. für gezielte Tötungen mit Kampfdrohnen mitträgt.
[Ach, so vieles bleibt in dieser Welt ungeklärt… Ungeklärt bleibt z.B., warum eine deutsche Positionierung zu bewaffneten Drohnen die Auslegung des Selbstverteidigungsrechts in der UN-Charta durch andere Mitgliedsländer in allen Details beleuchten müssen sollte. Den Versuch dieses OT lassen wir hier. T.W.]