Kampf um neue Bundeswehr-Beschaffungen: Ministerium will dem Parlament nicht finanzierte Projekte vorlegen
Das Verteidigungsministerium will dem Haushaltsausschuss des Bundestages zahlreiche Rüstungsprojekte zur Billigung vorlegen, auch wenn deren Finanzierung noch offen ist. In einer aktuellen Liste des Wehrressorts mit den geplanten so genannten 25-Millionen-Vorlagen heißt es, die fehlende Finanzierung sei vor allem durch den bislang geplanten Rückgang des Verteidigungshaushalts nach 2022 bedingt.
Anfang des Jahres hatte das Verteidigungsministerium den Abgeordneten von Verteidigungs- und Haushaltsausschuss bereits eine lange Liste mit den geplanten Vorhaben übergeben (alle Projekte mit einem Volumen von mehr als 25 Millionen Euro müssen vom Parlament gesondert gebilligt werden). Auch in dieser Liste vom Februar waren bereits zahlreiche Beschaffungspläne mit der Bemerkung versehen deren Finanzierung zum jetzigen Zeitpunkt nicht gesichert ist.
Neu scheint allerdings, dass das Ministerium die Vorlagen zu Projekten auch dann an den Haushaltsausschuss weiterleiten will,wenn die Finanzierungsgrundlage fehlt. In der aktualisierten Liste, die das Ressort Ende vergangener Woche dem Parlament zuschickte, sind für zahlreiche Vorhaben die Sitzungswochen genannt, zu denen die Vorlage in den Ausschuss kommen soll. Während bei finanziell abgesicherten Beschaffungen die genaue Kapitelnummer aus dem Haushaltsplan genannt ist, steht dort bei den anderen lediglich Bundeshaushalt.
Sofern die Finanzierung der nachfolgend genannten Beschaffungsvorhaben aus dem Einzelplan 14 nicht gesichert ist, ist dies in der Tabelle mit dem Hinweis „Bundeshaushalt gekennzeichnet. Die Finanzierungsprobleme ergeben sich insbesondere aus dem im Eckwertebeschluss vorgesehenen starken Rückgang der Haushaltsmittel nach dem Jahr 2022, heißt es im Vortext zur Liste.
Die Projekte, die entsprechend gekennzeichnet sind:
• Ein weiterer Anlauf für ein fliegendes Aufklärungssystem zur Signalerfassung (SIGINT): Für PEGASUS, (PErsistent German Airborne SUrveillance System – Dauerhaftes deutsches luftgestütztes Überwachungssystem), sollen die Parlamentarier im 2. Quartal Entwicklungskosten freigeben. Der Versuch, nach dem gescheiterten EuroHawk-Projekt und der aufgegebenen Planung, Triton-Drohnen aus den USA dafür zu beschaffen, ist allerdings mit Problemen behaftet: Für die Integration des Aufklärungssystems in die bereits gebilligten Global6000-Flugzeuge fehlt die Finanzierung.
• Ersatzzbeschaffung für Mehrzweck- und Erprobungsboote der Wehrtechnischen Dienststelle 71
• Beschaffung der neuen Seefernaufklärer Boeing P-8 Poseidon (Foto oben) als Nachfolger der betagten und weitgehend nicht mehr einsatzbereiten P-3C Orion
• Entwicklung Transportpanzer Boxer für Joint Fire Support Teams
• Zubehör für Sturmgewehre (Laserlichtmodule und Visiere)
• Future Combat Air System (FCAS), das Gemeinschaftsprojekt mit Frankreich und Spanien
• Main Ground Combat System (MGCS), Gemeinschaftsprojekt mit Frankreich
• modulare und luftverlastbare Flugsicherungsanlage
• Hughes Air Defense Radar Nachfolgesystem – vier stationäre weitreichende Radare zur Luftraumüberwachung in Deutschland
• verlegefähige Luftbild-Auswertestationen für Tornado und Eurofighter
• U-Boot Klasse 212CD – ein Gemeinschaftsprojekt mit Norwegen
• Betriebsstoffversorger der Marine, als Ersatz für die sehr alten und nicht mehr betriebssicheren Tanker
• neue Festrumpfschlauchboote
• drei neue Flottendienstboote als Ersatz für Oste, Oker und Alster
Ein wenig überraschend scheint, dass das Verteidigungsministerium damit auch die bislang als gesichert geltenden multinationalen Projekte infrage stellt – und auch im Haushalt offensichtlich sichere Vorhaben doch nicht so sicher sind. Denn das Eckwertepapier des Bundesfinanzministers,, auf das sich das Wehrressort beruft, enthält eine Übersicht über die Fähigkeiten, die aus Sicht der Bundesregierung als verabredet gelten und damit auf der Finanzierungsliste stehen:
Dies gilt insbesondere für Vorhaben im Rahmen der deutsch-französischen und deutsch-norwegischen Rüstungskooperationen, die Schließung der Fähigkeitslücke zur luftgestützten, signalerfassenden Aufklärung (PEGASUS), die Nachfolge des Kampfflugzeugs TORNADO, den Ersatz der veralteten Flottendienstboote, die Beschaffung von Luftfahrzeugen zur U-Boot-Abwehr sowie eines Taktischen Luftverteidigungssystems. Die Umsetzung eines Teils dieser Vorhaben wird mit den Eckwerten bereits ermöglicht.
Mal sehen, wie dieses Delta aufgelöst wird.
(Archivbild Oktober 2012: A P-8A Poseidon assigned to Patrol Squadron (VP) 30 flies over the aircraft carrier USS Harry S. Truman – U.S. Navy photo by Mass Communication Specialist 2nd Class Mike DiMestico)
Nur noch peinlich, wie uns diese Bundesregierung mit ihrer unfähigen Ministerin vor der ganzen Welt blamiert. Zig Milliarden sind in der Corona-Krise mit zweifelhaftem Erfolg verbrannt worden. Und nun wird mal wieder bei der Bundeswehr gespart, obwohl da sowieso schon Land unter angesagt ist. Das haben die Soldaten wirklich nicht verdient.
[Auf diesem Niveau läuft die Debatte hier wirklich nicht. Lassen Sie es bitte. T.W.]
@Paul
Zunächst einmal trägt die Amtsinhaberin für den Zustand der Streitkräfte die geringste Verantwortung, schlichtweg aufgrund der Länge, oder besser, Kürze ihrer Amtszeit. Fündig wird man diesbezüglich eher bei ihren Vorgängern, sodann bei der Kanzlerin und den Ministern des Koalitionspartners.
Anderswo wird auch nur mit Wasser gekocht. So haben jüngst die Inspekteure der niederländischen Streitkräfte, allen voran Marinechef Vizeadmiral Kramer, den Zustand ihrer Armee öffentlich mit verheerenden Worten geschildert und sich sogar als Zechpreller der NATO bezeichnet. So viel zum Thema Blamage.
Link: https://www.dmkn.de/hilferuf-aus-holland/
Man könnte fragen, warum nicht in den Vor-Corona-Zeiten mehr Geld für die Verteidigung ausgegeben wurde. Diese Frage für das Hier und Jetzt zu stellen, ergibt jedoch wenig Sinn. Wenn die Steuereinnahmen wegbrechen, muss irgendwo gespart werden. Das muss und sollte nicht bei der Bundeswehr sein – kann aber.
Ich glaube, Sie übersehen, wozu dieser Schritt dient, den Sie in meinen Augen zu Unrecht kritisieren. Jene, die bei der Bundeswehr sparen wollen, sitzen vor allem im Parlament und in den sozialdemokratischen Ministerien. Das BMVg will alles andere als sparen.
Es will sich gerade nicht abwimmeln lassen, und legt seinen Finanzierungsbedarf daher für eine Deckung durch den Bundeshaushalt vor. So besteht eine Chance, dass wenigstens noch ein paar Kohlen aus dem Feuer geholt werden, die in jedem anderen Wahljahr für die nächste Regierung liegengeblieben wären.
@ muck
Sie reiten sehr auf der SPD beim Thema Sparen herum.
Ist es nicht eher so, dass die Union unsere Steuergelder momentan gerne Richtung USA schiebt, während die SPD versucht, unsere Arbeitsplätze hier zu sichern…?
;-)
@Der Realist
Man kann jeden Waffeneinkauf in den USA von industriellen Offset deals abhängig machen – und das ist in der Vergangenheit regelmäßig passiert.
Das kann entweder mit militärischen*
oder auch zivilen Gütern wie Hochgeschwindigkeitszügen etc passieren.
Arbeitsplätze gibt es so oder so in Deutschland.
*
Beispiele:
Lynx ist in der Auswahl für das Bradley replacement.
Boxer könnte ein LAV / Stryker Ersatz sein.
Die Lufttanker von Boeing funktionieren nicht wie sie sollen, und sind in der Anzahl zu gering. Dh die USA könnten locker ein paar Dutzend MRRT Tanker von Airbus kaufen – Kanada hat erst kürzlich Airbus in die engere Auswahl genommen.
https://www.youtube.com/watch?v=eqvns-43AtA
.
Da die C32 nicht mehr produziert werden, und die US-Army Fahrzeuge genauso wachsen wie in Europa (dh viele passen nicht mehr in die Herc) wäre auch eine mittelgroße Bestellung von A400M denkbar.
https://www.youtube.com/watch?v=z5oE8b2WwWk
Der wäre auch als behelfsweise Tankflugzeug über dem Mittelmeer einsetzbar und könnte, falls nötig, schnell von Deutschland Truppen ins Baltikum und Rumänien verrbingen.
Wenn die US Navy klug wäre, würde sie sich an das U212 CD Projekt anhängen. Die Dinger reichen locker für den Atlantik und sind viel billiger als Atomuboote. Wenn die USA 6 U212 bestellten, könnten sie 3 ihrer Atomuboote im Atlantik Richtung Pazifik verlegen und so einiges an Geld sparen. Gleichzeitig würde die CD so um einiges billiger und wir könnten dann vielleicht noch mal 6 nachbestellen.
@Koffer sagt: 11.05.2021 um 21:40 Uhr
„Aber wir leben halt in der realen Welt und da ist es nun einmal so, dass man auf der politischen Ebene nicht immer das bekommt was man gerne hätte, sondern das beste aus der schlechten Lage machen muss.
Die Lösung wäre demnach, also jetzt lieber (wieder einmal) die Klappe halten und die Prügel für die Versäumnisse des BKAmt und des BT kassieren.“
Aber verbessern über´s Knie gebrochene Kauf-Entscheidungen die schlechte Lage wirklich nachhaltig? Gibt es deswegen langfristig mehr Geld?
In meinen Augen ein klares Nein. Denn langfristig mehr Geld gibt es nur über die reguläre Haushaltsplanung. In diesem Rahmen muss der Mund aufgemacht werden. Die Forderungen waren da, sie wurden ignoriert, also muss man damit leben.
Aus meiner Sicht scheinen Sie die skizzierten Implikationen des Überbuchens des Haushaltes mit Beschaffungswünschen nicht ausreichend zu würdigen. Leidtragende dieser Sonderliste werden doch die Heeressoldaten sein. Die U-Boot-Kooperation mit Norwegen wird ihre Milliarden bekommen, neue Schiffe werden schon aus wirtschaftspolitischen Gründen durchgesetzt und die D-F-Kooperation bezüglich FCAS kann auch nicht auf´s Eis gelegt werden.
Klar, in einer Wünsch-dir-was-Welt wird der Haushalt 1 zu 1 aufgestockt. In Realität wird es aber zu Verdrängungen kommen. Und dann gibt es für´s Heer halt weniger/keine neuen Pumas, Visiere, Nachtsichtgeräte, Fm-Mittel…
Sehen Sie diese Gefahr nicht?
Ich finde es gut, dass sich das BMVg mit der Ministerin an der Spitze hier für die Ausstattung der Bundeswehr ins Zeug legt! Der gewählte Weg bringt sicherlich Aufmerksamkeit (grundsätzlich positiv), aber ich habe meine Zweifel, dass er so richtig zielführend ist.
@ Positroll
Sie unterschätzen die Lobby der amerikanischen Rüstungsunternehmen inkl. der Werftindustrie – „Buy American!“ ist da drüben mehr als nur eine hohle Phrase und hat nicht unbedingt immer etwas mit nüchternen Sachentscheidungen zu tun. Ich wäre daher mehr als nur verwundert, wenn man tatsächlich ein ausländisches Design wie den Lynx als Nachfolgemoddel auswählen würde, was anschließend zudem auch alle Klagewellen überlebt. Einzige Ausnahme mögen hier die Handwaffen sein, wobei man beispielsweise SigSauer ohnehin mit der amerikanischen SigSauer Inc. verbindet und nicht der (ehem.) deutschen Schmiede.
@all
Ich habe mittlerweile die Vermutung, dass man seitens des Ministeriums diesen Zug gewählt hat, um sich klammheimlich von einigen ungeliebten und potentiell gefährlichen Altlasten zu verabschieden. So könnte man sich ganz galant von der desaströsen Ausschreibung der neuen Sturmgewehre oder dem Fass ohne Boden in Form der PUMAs verabschieden, da am Ende ja die Haushälter den Stöpsel gezogen hätten und nicht etwa das BMVg… ;-)
@Der Realist sagt: 12.05.2021 um 22:21 Uhr
„Ist es nicht eher so, dass die Union unsere Steuergelder momentan gerne Richtung USA schiebt, während die SPD versucht, unsere Arbeitsplätze hier zu sichern…?“
Sorry, aber Sie ziehen hier eine falsche Logikkette.
Das BMVg möchte nicht deswegen Produkte in den USA kaufen, weil die Union Geld in die USA schieben will, sondern das BMVg möchte der Bw vernünftige Ausrüstung in einem vernünftigen Zeitrahmen zur Verfügung stellen. Wenn dann der STH, der Nachfolger P-3C und ein Teil der Nachfolger Tornado etc. in den USA gekauft werden (müssen), weil in Europa derzeit keine passenden Produkte auf dem Markt sind, dann ist das halt so.
@K.B. sagt: 13.05.2021 um 10:49 Uhr
„In meinen Augen ein klares Nein. Denn langfristig mehr Geld gibt es nur über die reguläre Haushaltsplanung. In diesem Rahmen muss der Mund aufgemacht werden. Die Forderungen waren da, sie wurden ignoriert, also muss man damit leben.“
Ja und nein. Die BReg muss damit leben. Aber das BMVg kann amS weiterhin den Finger in die Wunde legen. Das schadet nicht und macht Verantwortlichkeiten deutlich.
„Aus meiner Sicht scheinen Sie die skizzierten Implikationen des Überbuchens des Haushaltes mit Beschaffungswünschen nicht ausreichend zu würdigen. Leidtragende dieser Sonderliste werden doch die Heeressoldaten sein. “
Das sind wir doch schon seit 30 Jahren. Seit die großen Rüstungsgeschäfte nicht mehr im Heer zu machen sind fallen wir doch immer hinter Lw und Marine runter. Das wird nicht besser oder schlechter werden, wenn man BMF und HHA Verantwortung übernehmen lässt.
„Ich finde es gut, dass sich das BMVg mit der Ministerin an der Spitze hier für die Ausstattung der Bundeswehr ins Zeug legt! Der gewählte Weg bringt sicherlich Aufmerksamkeit (grundsätzlich positiv), aber ich habe meine Zweifel, dass er so richtig zielführend ist.“
Ich sehe die negativen Punkte. Damit haben Sie auch vollkommen recht, aber ich bin es einfach leid (und es scheint so zu sein, als wäre es auch das BMVg langsam leid) für die Versäumnisse von BMF, BKAmt und HHA verantwortlich gemacht zu werden. Manchmal muss man halt auch Ross und Reiter benennen.
@Voodoo sagt: 13.05.2021 um 13:05 Uhr
„Ich habe mittlerweile die Vermutung, dass man seitens des Ministeriums diesen Zug gewählt hat, um sich klammheimlich von einigen ungeliebten und potentiell gefährlichen Altlasten zu verabschieden. So könnte man sich ganz galant von der desaströsen Ausschreibung der neuen Sturmgewehre oder dem Fass ohne Boden in Form der PUMAs verabschieden, da am Ende ja die Haushälter den Stöpsel gezogen hätten und nicht etwa das BMVg… ;-)“
Beim Sturmgewehr stimme ich Ihnen nicht zu. Der Finanzumfang ist viel zu gering und außerdem werden die ja auf jeden Fall beschafft werden.
Aber bei den Pumas, könnten Sie Recht haben…
@all
Auch hier verstehe ich die Versuchung, die Debatte zu drehen und die generelle Haushaltslage im Lichte der Pandemie und die, je nach Sicht, schlechten oder weniger schlechten Beiträge der einzelnen Parteien dazu zu bewerten. Aber das ist kein Thread „quo vadis, Bundeshaushalt?“ und deshalb findet das hier nicht statt.
In Bezug auf das gestoppte STH-Verfahren scheinen beide angebotenen Muster auch über FMS-Deals nicht gerade Schnäppchen zu sein.
Die RAF bekommt 14 neue Chinook für umgerechnet 1,62 Milliarden Euro:
https://www.flightglobal.com/helicopters/raf-to-receive-14-new-block-ii-chinooks-in-14-billion-deal-but-sees-fleet-shrink/143726.article
Das ist ein stolzer Preis für so einen relativ simplen und Jahrzehnte in Produktion stehenden Helikopter, der sehr geringe Produktionskosten haben sollte…
Daher würde es mich nicht wundern, wenn wir am Ende ohne STH und dafür vielleicht mit einer stattlichen H225 und NH90 Flotte enden.
Die Worte unserer Bundesministerin der Verteidigung in ihrer zweiten Grundsatzrede vom 17.11.2020 sind unmissverständlich:
„…. Ich sage gleichzeitig mit Nachdruck: Das Verteidigungsministerium allein kann nicht dafür sorgen, dass unsere sicherheits- und verteidigungspolitische Verlässlichkeit als Verbündeter gestärkt wird.
Das ist eine gesamtpolitische Aufgabe. So muss auch die langfristige Finanzlinie des Verteidigungshaushalts ein gemeinsames Anliegen einer Regierung sein.
Ich kann mir daher gut vorstellen, in kommenden Legislaturperioden dem Vorbild anderer europäischer Länder zu folgen, und ein Verteidigungsplanungsgesetz zu verabschieden, das die Finanzierung unserer Sicherheit überjährig und langfristig festschreibt. …“
Link zur vollständigen Rede: https://www.bmvg.de/de/aktuelles/zweite-grundsatzrede-verteidigungsministerin-akk-4482110
Und nur so kann meines Erachtens eine nachhaltige Finanzierung der Sicherheit und Verteidigung Deutschlands, Europas und der NATO funktionieren. Ein Verteidigungshaushalt erheblich abhängig von jährlich schwankenden Steuereinnahmen, sprich nach Kassenlage, und abhängig vom Wahlergebnis und den Befindlichkeiten einzelner Parteien (z.B. Koalitionspartnern) hat sich als größtes Hemmnis einer nachhaltigen, planbaren Sicherheit- und Verteidigungspolitik erwiesen.
Und wenn ich das Ministerium und die Ministerin richtig verstehe, soll mit dem hier erörterten Schritt des BMVg auch nochmals sehr deutlich auf die Notwendigkeit eines übergeordneten, ressortübergreifenden Reformbedarfs („Verteidigungsplanungsgesetz“) hingewiesen werden.
Bitte nicht falsch verstehen, ich bin für Arbeitsplätze in Deutschland, ich halte jedes der Eingangs genannten Beschaffungsvorhaben des BMVg für begründet und für relevant für die Aufgabenerfüllung der Bundeswehr. Ich finde den Schritt des BMVg richtig und hoffe auf eine Diskussion und positive Effekte und nachhaltige Veränderungen.
(@TW: Ich bin mir zwar nicht sicher, aber ich hoffe inständig mein Beitrag folgt Ihrem letzten Hinweis.)
@T.W.
Zumindest im Fall von FCAS/NGWS hat sich das Parlament ausdrücklich vorbehalten, die Finanzierung nur dann freizugeben, wenn eine Partnerschaft auf Augenhöhe zustande kommt. Hier handelt das BMVg weniger konativ als kognitiv. Es klang hier auch an, dass es neben dem BMVg weitere Interessenträger gibt. Dann wäre das Parlament das einzig geeignete Korrektiv.
Es ist das alte Thema: Eine nachhaltige und schrittweise Modernisierung der Bundeswehr ist mit oppurtinistischer HH Planung der Politik nicht zu erreichen. Dieses Vorgehen ist schlicht das Signal, nicht der BW für fehlende und wegbrechende Fähigkeiten ab 2024+ die Schuld zu geben sondern klipp und klar „aktenfest“ darzulegen, wer jetzt seinen Job machen muss/müsste. Und der Haushaltsausschuss/BMF täte gut daran, eine Ablehnung oder gar den Versuch eines „Aussitzen“ gut zu begründen. Denn die absehbaren Mängel und Fähigkeitslücken 2024+ werden 1 zu 1 auf dieses Frühjahr 2021 zurückgeführt werden. Die Stunde der Wahrheit für die Trendwende Material ist gekommen ….
Die hier öffentlich dargestellten Projekte sind nur die Spitze des Eisberges. Unterhalb der 25 Mio Vorlagen Projekte soll sich die Situation ebenso prekär darstellen.
Es laufen jetzt die Projekte „ins Geld“ bei denen man ab 2016 nach dem Ausruf der Trendwende Material begonnen hat, ehrlich die vorhandenen Materiallücken und Fähigkeitslücken schließen zu wollen.
Und mit dieser Aktion wird der Ball genau dahin gespielt, wo er nun hingehört. Jetzt heißt es Farbe bekennen.
@Vodoo
Es gab schon immer Ausnahmen zu „buy American“.
Und wenn Boeing und Co uns dafür im Gegenzug F18SH, CH53K und Orions bauen und verkaufen können, werden sich deren Lobbyisten nicht gegen einen derartigen Deal stellen, so lange alle wesentlichen „player“ ihren Teil vom Kuchen abbekommen.
Zumal ein US Lynx sehr viel US Komponenten verbauen würde, und man auf deutsche Boxer-Chassis US Module draufpacken kann.
Wenn man dann noch bedenkt, wie sehr die USA auf höhere deutsche Militär-Investitionen drängen, sollte ein solcher Deal mE recht gute Chancen haben, wenn man ihn ernsthaft verfolgt.
Letztendlich würde es Sinn machen die beiden dicken Brocken FCAS und MGCS komplett aus dem Haushalt herauszulösen…
Diese beiden sind so groß und unkalkulierbar und über so eine große Dauer angelegt dass sie alles andere gefährden!
alle anderen Projekte zusammengefasst kommen auf die Gesamtkosten von nur einem dieser Projekte!
das muss man sich mal vor Augen führen…
Außerdem sind die primären Ziele dieser beiden Vorhaben:
– Stärkung der europäischen Zusammenarbeit
– Unabhängigkeit von anderen Herstellern
– Wirtschaftsförderung
das hat alles nicht direkt was im EPL14 zu suchen!
Die kompletten Entwicklungskosten in den nächsten 10-15 Jahren müssen ausgelagert werden!
Konkret können dann Mitte der 2030er wenn die ersten Einheiten zulaufen sollen dann die direkten beschaffungskosten wieder im EPL14 einfließen
die anderen Beschaffungsvorhaben (der bekannten Liste) sind dann mit einer steigenden finanzlinie, wie in den letzten Jahren, bis Mitte der 2030er Jahre zu verwirklichen!
@Obibiber sagt: 15.05.2021 um 9:29 Uhr
Ehrlich gesagt, denke ich nicht, dass die Herauslösung aus dem EP14 sachgerecht wäre. Die Logik des Bundeshaushalts würde dagegen sprechen. Außerdem wächst ja auch außerhalb des EP14 das Geld nicht auf den Bäumen und ein neugeschaffener EP für solche Rüstungsgroßprojekte würde ja ziemlich sicher zu lasten des EP14 gehen.
Ich denke AKK ist mit der Forderung nach einem Streitkräfteplanungsgesetz da eher auf dem richtigen Weg. Damit wird für BT, Bw und Öffentlichkeit erkennbar was geplant ist und wieviel dafür mittelfristig ausgegeben wird und im Gegensatz zur aktuellen mittelfristigen Finanzplanung halt mit Gesetzescharakter und nicht allein aufgrund Entscheidung BMF/BKAmt. Das würde auch die Frage der Ermächtigungen für langfristige Projekte immens erleichtern.
Selbst wenn dabei nicht mehr Geld rauskäme, würde es zumindest die Planung verbessern.
@ Koffer
Was sind wirklich US-Produkte ohne europäische Alternative?
C-130?
P-8?
F/A-18?
STH?
Wenn man ehrlich ist, nur der STH.
Mit Verlaub, aber ich halte ein Verteidigungsplanungsgesetz (z.B. in Form der Idee von Herrn Dr. Lindner) für absolut kontraproduktiv für unsere Streitkräfteentwicklung. Es ist in diesem Thema leider zu sehr OT für eine ausführliche Begründung, daher nur soviel: Der beabsichtigte Zweck kann mMn relativ einfach ohne ein neues Gesetz (mit all seinen Nachteilen) erreicht werden.
@Koffer:
sehe ich nicht so…
Das macht definitiv Sinn
Die beiden genannten Projekte sind in den nächsten 10-15 Jahren reine
Industrieförderung!
Die Industrie profitiert durch diese Mittel massiv in Zukunft (Stichworte: Drohnen Technik, Cyber, Sensor, usw.) auch im zivilen Bereich!
Passend ist, dass dies
Außen-/EU Integrationspolitik und
Förderung der europäischen Unabhängigkeit in der Verteidigungspolitik/Rüstung
und Industrie ist
und bringt der Bundeswehr in dieser Zeit NULL Mehrwert!
das hat alles im EPL14 nichts zu suchen…
Hierfür müssen vorhanden andere Fördertöpfe/Einzelpläne genutzt werden,
oder ein neuer geschaffen werden,
oder das ganze im Rahmen der „nach Corona“ Industrie-/Verteidigungs- und Förderungspolitik neu aufgezogen werden
Die Beschaffung der einzelnen Systeme und Lose ab Mitte der 2030er kann dann wieder in den EPL14
@muck sagt: 12.05.2021 um 18:41 Uhr
„Anderswo wird auch nur mit Wasser gekocht. So haben jüngst die Inspekteure der niederländischen Streitkräfte, allen voran Marinechef Vizeadmiral Kramer, den Zustand ihrer Armee öffentlich mit verheerenden Worten geschildert und sich sogar als Zechpreller der NATO bezeichnet. So viel zum Thema Blamage.
Link: https://www.dmkn.de/hilferuf-aus-holland/ “
Super gefunden, vielen Dank für den Link. Solche deutlichen Worte wünsche ich mir mal von den deutschen Inspekteuren inkl. des Generalinspekteurs. Aber das bleibt wohl Wunschdenken, schließlich ist die Karriere damit beendet. dazu zählt uch Machtverlust im Falle des GI.
@Der Realist sagt: 15.05.2021 um 13:22 Uhr
„Was sind wirklich US-Produkte ohne europäische Alternative?
C-130?
P-8?
F/A-18?
STH?“
Ja, genau. Mit Blick auf Qualität und Markverfügbarkeit genau diese vier.
@Sir Prise sagt: 15.05.2021 um 14:40 Uhr
„Mit Verlaub, aber ich halte ein Verteidigungsplanungsgesetz (z.B. in Form der Idee von Herrn Dr. Lindner) für absolut kontraproduktiv für unsere Streitkräfteentwicklung. Es ist in diesem Thema leider zu sehr OT für eine ausführliche Begründung, daher nur soviel: Der beabsichtigte Zweck kann mMn relativ einfach ohne ein neues Gesetz (mit all seinen Nachteilen) erreicht werden.“
Da Sie keine Gründe für ihre Meinung angegeben haben, kann ich Ihrer Argumentation nicht folgen.
@Obibiber sagt: 15.05.2021 um 15:05 Uhr
„sehe ich nicht so…
Das macht definitiv Sinn
Die beiden genannten Projekte sind in den nächsten 10-15 Jahren reine
Industrieförderung!“
Nun kann man inhaltlich das so oder so sehen (ich z.B. stimme Ihnen inhaltlich nicht zu), aber es ist prozessual schon ganz einfach, als Industrieförderung im engeren Sinne dürften wir Probleme mit Brüssel bekommen.
@Pio-Fritz sagt: 15.05.2021 um 15:21 Uhr
„Solche deutlichen Worte wünsche ich mir mal von den deutschen Inspekteuren inkl. des Generalinspekteurs. Aber das bleibt wohl Wunschdenken, schließlich ist die Karriere damit beendet. dazu zählt uch Machtverlust im Falle des GI.“
Ich denke Sie ignorieren hier die zahlreichen Aussagen der Inspekteure und des GI. Denken Sie nur alleine an die äußerst deutliche Positionierung des Inspekteur des Heeres vor einiger Zeit. Das ließ nicht an Deutlichkeit zu wünschen übrig.
@ Koffer
Schnelle Marktverfügbarkeit ist nur bei der Herc gegeben. Und deren Fähigkeiten hat der A400 mittlerweile auch erhalten.
STH und F-18 stecken mitten in der Entwicklung und bei der P-8 dauert es 4 Jahre ab Bestellung, bis eine geliefert wird.
Qualität bei Boeing? Nur bei den Flugzeugen, die eigentlich von MDD kommen…
@ Obibiber (15.05.2021 um 9:29 Uhr und 15:05 Uhr):
Das klingt nach einem recht interessanten Ansatz, aber…
@ Koffer (15.05.2021 um 10:22 Uhr und 15:24 Uhr):
Das sehe ich in weiten Teilen auch so.
Eine vollständige Auslagerung von Projekten (wie z.B. FCAS und MGCS) aus dem Einzelplan 14 verstehe ich auch als einen weitgehenden Einfluss-Verlust des BMVg auf die Finanzierung und somit die Fortsetzung/ Beendigung der Verteidigungsprojekte. Wenn ein anderes Ressort (z.B. Wirtschaft, Forschung und Entwicklung) zuständig und verantwortlich ist, dann entscheidet am Ende auch dieses andere Ressort über Finanzierung und Fortsetzung/ Beendigung einzelner Verteidigungsprojekte. Das ist definitiv nicht zielführend.
Was die Ministerin gemäß ihrer 2. Grundsatzrede anstrebt ist meines Erachtens ein Verteidigungshaushalt, der die Grundlage für eine verlässliche, stabile und langfristige Planung ermöglicht. Und diese ist Voraussetzung für häufig langjährige und erfahrungsgemäß zT über eine Dekade andauernde, komplexe (nationale und europäische) und sich verteuernde und verzögernde Entwicklungs- und Beschaffungsvorhaben.
Dies bedeutet meines Erachtens auch künftig die vollständige Finanzierung aus dem Einzelplan 14. Auch künftig würden dann mit einem immer noch begrenzten, aber einem angepassten (höheren), überjährlichen, verlässlich-stabilen Budget sowohl die kostenintensiven Entwicklungsprojekte als auch die weitestgehend marktverfügbaren Produkte finanziert. Und auch künftig müsste man abhängig von unerwarteten Kostensteigerungen und Dringlichkeit priorisieren, aber halt in einem wesentlich überschaubareren Rahmen, ohne das gleich die Verlässlichkeit und Glaubwürdigkeit Deutschlands als internationaler Partner bei EU und NATO auf dem Spiel steht.
@ Der Realist (15.05.2021 um 16:36 Uhr):
Sorry, mangels Begründung kann ich Ihre Bewertung nicht ganz nachvollziehen:
– Wenn ich das richtig verstanden habe, wurde die C-130 von der Stange beschafft, weil gewisse, spezielle Szenarien vom A400M auch absehbar nicht bedient werden können (Luftbetankung von Helikoptern war hierbei nicht das wesentliche Argument für die C-130).
– Die F-18 ist fertig entwickelt (lediglich neue Störsender für die Growler werden noch entwickelt).
– Lieferzeiten (wie bei der P-8) gibt es wohl bei jedem Produkt.
– Nur der STH lässt sich als in der Entwicklung einstufen.
– Aber zuvor genannte Punkte lenken auch ein wenig vom Thema ab ;-)
Mich würde interessieren, wie sich die Industrie zu einem etwaigen Verteidigungsplanungsgesetz positioniert; es könnte sich als Fluch und Segen zugleich erweisen. Als Segen, weil es auch der Wirtschaft Planungssicherheit geben und die Bereitschaft der Streitkräfte erhöhen könnte, lukrative Großprojekte anzustoßen.
Als Fluch, weil das Gesetz dem heutigen Modus Operandi in Geschäften mit der öffentlichen Hand zuwiderläuft, deren Zustandekommen zunehmend auf allzu optimistischen Kalkulationen beruht, die vorwegnehmen, dass der staatliche Auftraggeber Geld nachschießen wird, um seine Investition zu retten.
@Der Realist sagt: 15.05.2021 um 16:36 Uhr
„Schnelle Marktverfügbarkeit ist nur bei der Herc gegeben. Und deren Fähigkeiten hat der A400 mittlerweile auch erhalten.“
Nein, hat sie nicht. Das ist sachlich einfach falsch. Die C-130 ist ein taktischer Gefechtszonentransporter das soll und kann der A400M nicht.
„STH und F-18 stecken mitten in der Entwicklung“
Nein, und nein.
„und bei der P-8 dauert es 4 Jahre ab Bestellung, bis eine geliefert wird.“
Im Vergleich zu den ca. 20 Jahren bis eine europäische Lösung auf dem Hof stehen wird, ist das definitiv „marktverfügbar“.
@Hans II sagt: 15.05.2021 um 19:08 Uhr
„Und auch künftig müsste man abhängig von unerwarteten Kostensteigerungen und Dringlichkeit priorisieren, aber halt in einem wesentlich überschaubareren Rahmen, ohne das gleich die Verlässlichkeit und Glaubwürdigkeit Deutschlands als internationaler Partner bei EU und NATO auf dem Spiel steht.“
Zustimmung.
Und es geht ja auch nicht nur um unsere Glaubwürdigkeit nach außen, es geht ja auch ganz praktisch um unserer tatsächliche Befähigung zur Erfüllung des Auftrags 87a.
„Neu scheint allerdings, dass das Ministerium die Vorlagen zu Projekten auch dann an den Haushaltsausschuss weiterleiten will, wenn die Finanzierungsgrundlage fehlt.“ – Mir gefaellt diese Art des regierungsinternen Blame-Gamings nicht, da meine Erwartungshaltung an die internen Abstimmungsprozesse der Regierungskoalition eine andere ist.
Warum wird sowas nicht mehr in den Fuehrungsgremien und -treffen sowie unter den „Verteidigern“ in den Parteien und Fraktionen der Koalition geklaert, bevor offizielle Gremien im Parlament formal dazu Stellung nehmen sollen?
Mein Eindruck ist, AKK hat sich zu sehr von ihrer Partei abgekoppelt, oder ist abgekoppelt worden, und bei der Bundeskanzlerin kann keine(r) mehr auf Moderation und/oder Fuehrung hoffen. Es hat den Anschein, dass AKK nicht mehr genug politische Karten auf der Hand hat, um sowas einigermassen geraeusch- und friktionslos durchzubringen, sie kann jetzt nur noch als „Anwaeltin der Bundeswehr“ darauf hoffen, dass das Rauschen & Raunen in der Oeffentlichkeit ihr ein bisschen Rueckenwind gibt ggueb der Koalition.
Wuerde mich nicht wundern, wenn in der CDU niemand mehr Bock hat, mit AKK nach der Wahl Politik zu machen. Ihre einzige Chance waere: In einer gruen-schwarzen BReg herrscht in der naechsten Legislaturperiode der Eindruck vor, dass AKK zumindest kein Brummeln und Saebelschaeren im Offz-Korps hervorruft („Ich mag die IBuK, und Du?“) und daher als gemeinsamer Nenner im Amt bleiben kann. Sonst: EDEKA auf dem Flightlevel. Also: Flucht nach vorn. Aber sehr unorthodox, keine guten Praezedenzlagen. Aber was soll es, die aktuelle Koalition im Bund ist durch, daher kein Wunder, dass das Manoever „Rette sich, wer kann“ angepfiffen wurde.
Verteidigungsplanungsgesetz..auch nix Gescheites, eigentlich unpolitisches Denken, was dahinter steht.
@Hans II, Koffer: Wobei bei der C-130-Beschaffung zumindest die Kommunikation etwas merkwürdig war. Ich erinnere mich noch daran, dass da in der Öffentlichkeit sehr viel damit argumentiert wurde, dass die A400M auf vielen Pisten nicht landen kann, weil zu schwer (gab da mal einen Vorfall in Gao, glaube ich). Mit dem Kriterium hätte es damals allerdings tatsächlich marktverfügbare Alternativen gegeben, z.B. die C-27 oder die C-295, die alle deutlich bessere ACN-Kennzahlen haben als die A400M (und die C-130).
Das Verteidigungsplanungsgesetz gibt es seit vielen Jahren in Frankreich (LPM). Offenbar wurde das BMVg in jüngster Zeit im Rahmen der engeren Zusammenarbeit darauf verstärkt aufmerksam.
Es scheint mir jedoch eher ein Teil der Scheindebatte rundum die aktuellen Beschaffungsvorhaben zu sein.
Bei seriöser Planung gibt es mit Verpflichtungsermächtigungen in Deutschland ein Instrument mit ähnlichem Effekt.
Lediglich bei der politischen Bindewirkung teile ich die Hoffnung, dass ein solches Gesetz helfen könnte. Jedoch sollte man sich da nicht zu große Hoffnungen machen:
Politik lässt sich nicht durch Technokratie ersetzen.
@ein_versuch sagt: 16.05.2021 um 10:51 Uhr
„Mit dem Kriterium hätte es damals allerdings tatsächlich marktverfügbare Alternativen gegeben, z.B. die C-27 oder die C-295, die alle deutlich bessere ACN-Kennzahlen haben als die A400M (und die C-130).“
Wer hat denn gesagt, dass das das einzige Kriterium war?
@J10 sagt: 16.05.2021 um 9:58 Uhr und @Memoria sagt: 16.05.2021 um 10:57 Uhr
Sie haben natürlich recht, wenn Sie bemängeln, dass es auch politische Alternativen zu einem Streitkräfteplanungsgesetz gäbe und das in einem gut aufgesetzten politischen Prozess bzw. mit starken und einflussreichen Sicherheits- und Verteidigungspolitikern man auch anders zum Ziel kommen könnte.
Aber wir leben nun einmal in DEU und die Bw hat seit über 30 Jahren nicht mehr genügend einflussreiche Befürworter im politischen Raum um bei einem jährlichen Verteilen des Kuchens genügend davon abzubekommen. Und vor allem langfristig planbar genügend davon abzubekommen.
Wenn ich die Wahl habe zwischen einen perfekten Prozess der realistisch nicht kommt oder einer zweibesten Lösung, die fliegen könnte, dann wähle ich das letztere.
@ein_versuch
Ja Alternativen gibt es immer. Aber ein billigeres Transportflugzeug (C295)in das außer Krad und Quad kein Fahrzeug der deutschen Streitkräfte passt oder das kein nennenswerter Verbündeter in unserer Nähe nutzt und die betankungsfähigkeit nicht mitbringt ist dann doch ein sehr teurer Luxus.
@ Koffer: Niemand, aber die ACN-Zahl der C-130 is sogar schlechter als die der A400M, da ist diese Kommunikation halt doch verwunderlich ;)
@ein_versuch sagt: 16.05.2021 um 14:07 Uhr
Geschwindigkeit, Wendigkeit, Interoperabilität, Preis, etc. etc. etc.
@ Koffer
Nur die Hälfte unserer 6 bestellten C-130 sind Transporter und leider in der langen Version der Hercules bestellt, was für Ihre genannte Aussage keinen Sinn macht. Damit liegt sie in der Größe eher beim A400M, als bei der Transall. Die Briten mustern ihre Hercs übrigens jetzt aus und ersetzen sie durch den A400M.
Unsere Fähigkeitslücke war eigentlich die Helikopter-Luftbetankung, die mittlerweile auch mit dem A400M und nicht nur mit den drei bestellten KC-130J möglich ist.
Und zur F-18: Wir bekommen die Block 3 Variante der Super Hornet und die Block 2 Variante der Growler, was trotz verschiedener Bezeichnung der gleiche technische Stand ist. Beide sind in der Entwicklung.
Und beim STH ist weder die CH-53K, noch die neue CH-47, die wir eventuell bekommen sollen, komplett zugelassen.
@ chris
Die C295 ist luftbetankbar und kann auch andere Flugzeuge in der Luft betanken. Das Flugzeug ist nach der Hercules der absolute Hotseller im Transporterbereich und wird auch in Europa von mehreren Verbündeten eingesetzt. Außerdem ist sie die verlängerte Version der CN235, die ebenfalls von mehreren Verbündeten inklusive Frankreich eingesetzt wird.
@ ein_versuch
Genau deswegen habe ich den Kauf der Hercules (besonders in der langen Version) nie verstanden.
Außer den generellen Abmessungen am Boden sehe ich keinen Vorteil der Herc gegenüber dem A400M und hier (ACN) hätte eine C295 natürlich noch mehr Vorteile gehabt.
Aber vielleicht können wir ja ein paar günstige RAF-Hercs dazukaufen… Die kommen ja demnächst nur mit dem A400M aus…
@Der Realist sagt: 16.05.2021 um 19:05 Uhr
„Nur die Hälfte unserer 6 bestellten C-130 sind Transporter und leider in der langen Version der Hercules bestellt, was für Ihre genannte Aussage keinen Sinn macht.“
Doch. Wir bestellen mit kürzester Lieferzeit Flugzeuge für unsere Spezialkräfte, in einer Rolle, die der A400M nicht ausfüllen kann und der in der Kombination aller Faktoren auch nicht zeitgerecht und in dieser Qualität durch andere Lfz erfüllt werden konnte.
Das ist geradezu ein Musterbeispiel für marktverfügbare Lösungen.
„Und zur F-18: Wir bekommen die Block 3 Variante der Super Hornet und die Block 2 Variante der Growler, was trotz verschiedener Bezeichnung der gleiche technische Stand ist. Beide sind in der Entwicklung.“
Wenn wir sie zeitnah bestellen werden wir sie in 5-10 Jahren haben. Wenn wir auf eine europäische Eigenentwicklung warten würden, dann reden wird von 20 Jahren.
Deswegen brauchen wir ja jetzt diese Übergangslösung.
Das hatten wir doch alles schon in anderen Fäden, wo kommen denn jetzt Ihre wilden Theorien her?!
„Und beim STH ist weder die CH-53K, noch die neue CH-47, die wir eventuell bekommen sollen, komplett zugelassen.“
s.o.
@Koffer
Exakt, und dieses Kriterium muss in Zukunft im Vordergrund stehen. Es muss klipp und klar kommuniziert werden: Die Steuergelder schonende Variante ist der Kauf marktverfügbarer Ausrüstung. Wer hingegen die einheimische Wirtschaft fördern will, wird um eine Erhöhung des Verteidigungsetats nicht umhinkönnen.
Stimmt.
Bloß ist die Frage, ob die zweitbeste Lösung nicht ebenso unrealistisch ist. Vor allem fiskalische Gesichtspunkte, die man nur richtig kommunizieren müsste, sprechen für sie; aber sie wird eben auch als Versuch interpretiert werden, die Bundeswehr „kriegstauglich“ zu machen.
Und entsprechenden politischen Gegenwind erfahren.
@Der Realist
Die KC-130 ist genauso als Transporter einsetzbar.
Ja, aber aus Kostengründen und wegen einer sicherheitspolitischen Umorientierung. Die Briten legen keinen Schwerpunkt mehr auf ihr Heer, zu dessen Unterstützung taktische Transportflugzeuge hauptsächlich dienen. Außerdem sind die Flieger bereits 25 Jahre alt, der Zeitpunkt zum Weiterverkauf ist günstig.
Dies trifft nur teilweise zu. Die KC-130 kann bereits heute so gut wie alle Hubschrauber betanken, von der Größenordnung M/SH-60 bis hinauf zur CH-53K. Die A400M ist zurzeit nur zur Betankung der H225 in der Lage, und längst noch nicht zertifiziert. Wer weiß, ob die Betankung des künftigen STH jemals möglich sein wird?
In Anbetracht der vielen Verzögerungen im A400M-Programm wäre es vernünftig, hier eine längerfristige Fähigkeitslücke vorwegzunehmen. Der für uns entscheidende Vorteil der C-130-Familie besteht jedoch in ihrer besseren Eignung für den taktischen Transport.
Der Airbus kann Teile des strategischen und taktischen Regimes abdecken, aber die Hercules (auch die Langversion) ist deutlich leichter, kleiner und kommt mit weniger Equipment auf dem Boden aus, sodass sie von kürzeren und schlechteren Pisten aus operieren kann, sprich: von einer größeren Anzahl Pisten aus.
@ muck
Der entscheidende Vorteil wäre gewesen, eine reine KC-130J-Flotte zu bestellen.
Die C-130J-30 ist deutlich größer als die Transall und ist daher kaum eine Verbesserung als Ersatz ggü.dem A400M. Sie hat keine gute ACN, ist sehr lang und damit weniger gut für schlecht ausgebaute Plätze mit wenig Platz auf dem Vorfeld geeignet.
@ Koffer
Tut mir leid, aber bei der F-18 kann ich Ihnen nicht mehr zustimmen.
Die Entscheidung dafür ist lange her, aber der zeitliche Vorteil ggü.einer EF-Lösung ist jetzt schon fast verpufft.
Wenn man davon ausgeht, dass man wie Sie schreiben, in 10 Jahren ab jetzt Flugzeuge geliefert bekommt, ist bis dahin der EF ECR auch fertig. Die ruhen sich aktuell bei Airbus und Hensoldt bei dem Thema nicht aus…
@Der Realist sagt: 17.05.2021 um 13:59 Uhr
„Die Entscheidung dafür ist lange her, aber der zeitliche Vorteil ggü.einer EF-Lösung ist jetzt schon fast verpufft.
Wenn man davon ausgeht, dass man wie Sie schreiben, in 10 Jahren ab jetzt Flugzeuge geliefert bekommt, ist bis dahin der EF ECR auch fertig. Die ruhen sich aktuell bei Airbus und Hensoldt bei dem Thema nicht aus…“
Welcher EF ECR, mit welcher Wahrscheinlichkeit, mit welchen Leistungsparametern?!
Wir sprechen hier über eine tatsächlich zeitnah funktionierende Lösung vs. eine hypothetisch vielleicht funktionierende Lösung.
Für mich ist da klar, dass das erstere „marktverfügbar“ ist und das letztere nicht.
Es könnte doch ganz einfach sein:
Die Wunschliste wird erfüllt und dann kann man den alten Krams endlich aussondern.
Die Wunschliste wird nicht erfüllt und endlich, bei den Inspekteuren angefangen, hat man mal einen „ Arsch in der Hose“, redet Klartext, trägt Verantwortung und sagt der Politik ganz klar, was nicht mehr geht und welche Einsatzarten nicht mehr bedient werden können und mustert entsprechend aus. Der alte Krams ist in der Materialerhaltung nicht mehr finanzier- und bedienbar.
Andere europäische Nationen, wie bspw. die Niederländer haben es klar vorgemacht.
Wann zeigt man hier mal klare Kante?
Vermutlich nirgends, wurschtelt wie bisher rum und will noch die große Umorganisation einleiten!
Wacht endlich auf, der Arbeitgeber Bundeswehr bekommt es aktuell noch nicht mal in Koblenz hin seinen Soldaten , obwohl verpflichtet, wöchentlich CoronaTests anzubieten. Nee viel besser, wer sich testen lassen will, kann während der Dienstzeit in die City zu einem Testzentrum gehen.
Die Zahnarztgruppe ist völlig unterbesetzt und das Gebäude seit Wochen mit Legionellen verseucht.
Im BwZK wartet man Wochen auf Termine, weil Privatpatienten bevorzugt werden usw.
Wacht endlich auf!
@Der Nachdenkliche
Ja, scheinbar kann man der Bundesregierung und den Haushältern im Parlament nicht begreifbar machen, dass Neuanschaffungen perspektivisch günstiger sind als der Unterhalt alten und schwer versorgbaren Geräts. Freilich ist diese Kurzsichtigkeit weit verbreitet, siehe etwa Österreich.
Der Realist sagt: 17.05.2021 um 13:55 Uhr
„Die C-130J-30 ist deutlich größer als die Transall und ist daher kaum eine Verbesserung als Ersatz ggü.dem A400M.“
Das stimmt, dennoch ist die C130J-30 immer noch deutlich kleiner als die A400M!
Extra für Sie (Quellen: Wikipedia, Lockheed Martin)
A400M: Capacity: 37,000 kg (81,600 lb),
Length: 45.1 m (148 ft 0 in),
Wingspan: 42.4 m (139 ft 1 in),
Height: 14.7 m (48 ft 3 in),
Max takeoff weight: 141,000 kg (310,852 lb)
C130J:
Payload main: 42,000 lb (19,051 kg),
Length: 97 ft 9 in (29.79 m),
Wingspan: 132 ft 7 in (40.41 m),
Height: 38 ft 10 in (11.84 m),
Max takeoff weight: 155,000 lb (70,307 kg)
C130J-30:
Lockheed Martin designation for its 15 ft (4.6 m) extended fuselage variant
Length: 34.39 m statt 29.79 m,
Maximum Allowable Payload: 44,000 pounds (19,958 kilograms),
Max takeoff weight: 75,000 kg
Bemerkung: Das Max takeoff weight der C130J-30 ist von mir geschätzt, da ich auf die Schnelle keine Angaben finden konnte. Dürfte aber immer noch weit unter den 141 Tonnen der A400M liegen.
@muck
Man muß dann eben die Kosten während der Restnutzungsdauer aufzeigen und nicht nur für das nächste Jahr. Z.T. bekommt man ja nicht mehr die Techniker für die Wartung der alten Systeme, da das heute nicht mehr ausgebildet wird.
@Thomas Melber
Stimmt, aber das Problem ist vornehmlich politischer Natur. Für perspektivische Einsparungen (oder auch Gewinne) wird man nicht gewählt. Es interessiert allein das Plus oder Minus in der laufenden Legislaturperiode. Ob daraus langfristig weitere Kosten entstehen – who cares.
@docschneider55: Ja, allerdings hat die A400M dank ihres Fahrwerkes einen niedrigeren „runway impact“ als die C-130J. Die A400M kann deswegen auf Pisten landen, die für die C-130J nicht mehr erreichbar sind.
@docschneider55
Max. Takeoff Weight C-130J-30 := 164,000 lb/74,389 kg
Quelle: Webseite von LM
Also ganz gut geschätzt!
@ docschneider55
Den Tanker gibt es nur von der kurzen Hercules. Die gute ACN, die bessere Field Performance, die höhere Reichweite und die geringeren Abmessungen am Boden ebenso nur bei der kurzen Variante.
Also wären 6 KC-130J die bessere Wahl gewesen.
Es geht hier um eine Abrundung nach unten, nicht um das Rückgrat der Flotte. Das ist bei uns der A400, bei anderen eben die C-130J-30.
Insgesamt eine schlechte Entscheidung.
Vor allem, wenn man die Hercules mit ihrem Hauptkonkurrenten bei aktuellen Ausschreibungen vergleicht, der KC-390.
Da gibt es mittlerweile sehr interessante Vergleichsdaten, die die Hercules deklassieren.