Kampf um neue Bundeswehr-Beschaffungen: Ministerium will dem Parlament nicht finanzierte Projekte vorlegen
Das Verteidigungsministerium will dem Haushaltsausschuss des Bundestages zahlreiche Rüstungsprojekte zur Billigung vorlegen, auch wenn deren Finanzierung noch offen ist. In einer aktuellen Liste des Wehrressorts mit den geplanten so genannten 25-Millionen-Vorlagen heißt es, die fehlende Finanzierung sei vor allem durch den bislang geplanten Rückgang des Verteidigungshaushalts nach 2022 bedingt.
Anfang des Jahres hatte das Verteidigungsministerium den Abgeordneten von Verteidigungs- und Haushaltsausschuss bereits eine lange Liste mit den geplanten Vorhaben übergeben (alle Projekte mit einem Volumen von mehr als 25 Millionen Euro müssen vom Parlament gesondert gebilligt werden). Auch in dieser Liste vom Februar waren bereits zahlreiche Beschaffungspläne mit der Bemerkung versehen deren Finanzierung zum jetzigen Zeitpunkt nicht gesichert ist.
Neu scheint allerdings, dass das Ministerium die Vorlagen zu Projekten auch dann an den Haushaltsausschuss weiterleiten will,wenn die Finanzierungsgrundlage fehlt. In der aktualisierten Liste, die das Ressort Ende vergangener Woche dem Parlament zuschickte, sind für zahlreiche Vorhaben die Sitzungswochen genannt, zu denen die Vorlage in den Ausschuss kommen soll. Während bei finanziell abgesicherten Beschaffungen die genaue Kapitelnummer aus dem Haushaltsplan genannt ist, steht dort bei den anderen lediglich Bundeshaushalt.
Sofern die Finanzierung der nachfolgend genannten Beschaffungsvorhaben aus dem Einzelplan 14 nicht gesichert ist, ist dies in der Tabelle mit dem Hinweis „Bundeshaushalt gekennzeichnet. Die Finanzierungsprobleme ergeben sich insbesondere aus dem im Eckwertebeschluss vorgesehenen starken Rückgang der Haushaltsmittel nach dem Jahr 2022, heißt es im Vortext zur Liste.
Die Projekte, die entsprechend gekennzeichnet sind:
• Ein weiterer Anlauf für ein fliegendes Aufklärungssystem zur Signalerfassung (SIGINT): Für PEGASUS, (PErsistent German Airborne SUrveillance System – Dauerhaftes deutsches luftgestütztes Überwachungssystem), sollen die Parlamentarier im 2. Quartal Entwicklungskosten freigeben. Der Versuch, nach dem gescheiterten EuroHawk-Projekt und der aufgegebenen Planung, Triton-Drohnen aus den USA dafür zu beschaffen, ist allerdings mit Problemen behaftet: Für die Integration des Aufklärungssystems in die bereits gebilligten Global6000-Flugzeuge fehlt die Finanzierung.
• Ersatzzbeschaffung für Mehrzweck- und Erprobungsboote der Wehrtechnischen Dienststelle 71
• Beschaffung der neuen Seefernaufklärer Boeing P-8 Poseidon (Foto oben) als Nachfolger der betagten und weitgehend nicht mehr einsatzbereiten P-3C Orion
• Entwicklung Transportpanzer Boxer für Joint Fire Support Teams
• Zubehör für Sturmgewehre (Laserlichtmodule und Visiere)
• Future Combat Air System (FCAS), das Gemeinschaftsprojekt mit Frankreich und Spanien
• Main Ground Combat System (MGCS), Gemeinschaftsprojekt mit Frankreich
• modulare und luftverlastbare Flugsicherungsanlage
• Hughes Air Defense Radar Nachfolgesystem – vier stationäre weitreichende Radare zur Luftraumüberwachung in Deutschland
• verlegefähige Luftbild-Auswertestationen für Tornado und Eurofighter
• U-Boot Klasse 212CD – ein Gemeinschaftsprojekt mit Norwegen
• Betriebsstoffversorger der Marine, als Ersatz für die sehr alten und nicht mehr betriebssicheren Tanker
• neue Festrumpfschlauchboote
• drei neue Flottendienstboote als Ersatz für Oste, Oker und Alster
Ein wenig überraschend scheint, dass das Verteidigungsministerium damit auch die bislang als gesichert geltenden multinationalen Projekte infrage stellt – und auch im Haushalt offensichtlich sichere Vorhaben doch nicht so sicher sind. Denn das Eckwertepapier des Bundesfinanzministers,, auf das sich das Wehrressort beruft, enthält eine Übersicht über die Fähigkeiten, die aus Sicht der Bundesregierung als verabredet gelten und damit auf der Finanzierungsliste stehen:
Dies gilt insbesondere für Vorhaben im Rahmen der deutsch-französischen und deutsch-norwegischen Rüstungskooperationen, die Schließung der Fähigkeitslücke zur luftgestützten, signalerfassenden Aufklärung (PEGASUS), die Nachfolge des Kampfflugzeugs TORNADO, den Ersatz der veralteten Flottendienstboote, die Beschaffung von Luftfahrzeugen zur U-Boot-Abwehr sowie eines Taktischen Luftverteidigungssystems. Die Umsetzung eines Teils dieser Vorhaben wird mit den Eckwerten bereits ermöglicht.
Mal sehen, wie dieses Delta aufgelöst wird.
(Archivbild Oktober 2012: A P-8A Poseidon assigned to Patrol Squadron (VP) 30 flies over the aircraft carrier USS Harry S. Truman – U.S. Navy photo by Mass Communication Specialist 2nd Class Mike DiMestico)
@Der Realist sagt: 18.05.2021 um 20:33 Uhr
Zum Thema C-130. Sorry, aber das ist Phantomdiskussion. Wir wollten mit den FRA gemeinsam eine vor allem auch die SpezKr unterstützende Befähigung haben, die aber auch weitere Fähigkeiten haben sollte. Und zwar jetzt. Mit Blick auf die FRA und die DEU Forderungen und den Zeitrahmen waren es eigentlich immer unstrittig, dass die C-130 der einzige Kandidat war und ist.
Das jetzt kleinteilig zu zerpflücken und mit Blick auf einzelne Leistungsparameter jeweils bessere „Konkurrenzprodukte“ herauszustreichen vernachlässigt das Faktum, dass es eine binationale Gesamtbewertung war und ist.
[So, ich denke, das nicht zu diesem Thread gehörende Thema C-130 – die Beschaffung ist nämlich längst beschlossen und ist keineswegs Teil der anstehenden Vorlagen – können wir nunmehr endlich, endlich, endlich beenden. Ich gebe zu, ich habe dem zu lange zugeschaut… T.W.]
@ Koffer
Ja, eine binationale Entscheidung vor der Covid-19 Situation, die damals niemand absehen konnte. Genauso wie die laufenden Entscheidungen vom STH und F-18 vor Corona begannen.
Aber jetzt sollte man sich überlegen, ob man sein Geld zur Unterstützung der heimischen Arbeitsplätze einsetzt, oder nicht.
Da haben sich die Rahmenbedingungen etwas geändert. Und die USA sind nicht gerade für gute Offset-Deals bekannt…