Der (nicht mehr ganz so) neue Schützenpanzer: Heer erklärt „taktische Gefechtstauglichkeit“ des Puma

Der Schützenpanzer Puma, der in der Bundeswehr den bald 50 Jahre alten Marder ablösen soll, ist nach Jahren der Nachbesserungen so weit wie ihn die Bundeswehr haben möchte: Das Heer erklärte die Einsatzreife, oder, wie es korrekt heißt, die taktische Gefechtstauglichkeit des Schützenpanzers. Ausschlaggebend dafür war die jüngste Einsatzprüfung des Pumas in der Ausstattung und Konfiguration, wie er für den Einsatz in der NATO-Eingreiftruppe 2023 genutzt werden soll.

Nachdem im Februar die taktische Einsatzprüfung des nach Bundeswehrangaben modernsten Schützenpanzers der Welt erfolgreich abgeschlossen wurde, ging das Heer am (heutigen) Donnerstag mit den Details an die Öffentlichkeit (wenn auch ein bisschen verklausuliert), mit der Kernaussage: Die Taktische Gefechtstauglichkeit ist festgestellt.

Von der Webseite des Heeres:

Während der Einsatzprüfung im Juli 2020 wurden am Schützenpanzer Puma teilweise erhebliche Mängel festgestellt, die Fähigkeiten des Systems waren deutlich eingeschränkt. Damals war die Entscheidung für den Einsatz in der VJTF (Very High Readiness Joint Task Force) nicht verantwortbar. Davon ausgehend haben Industrie, Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr und Amt für Heeresentwicklung sowie die Truppe fokussiert zusammengearbeitet.
Unter hohem Druck konnte in den letzten sechs Monaten das System Panzergrenadier mit dem Puma VJTF signifikant modifiziert werden. Die Taktische Gefechtstauglichkeit ist festgestellt – eine wesentliche Voraussetzung für die Entscheidung zum Einsatz des System Panzergrenadier VJTF 2023 im Rahmen der NATO Response Force 2022 bis 2024. Optiken, Waffenwirkung und der Schutz der Soldaten wurden noch einmal verbessert. Damit kann das Panzergrenadierbataillon 112 die geplante Ausbildung und die Zertifizierung des deutschen Beitrages für die VJTF 2023 leisten. Mehr als 250 einsatzbereite Puma werden für die NATO-Bündnisverpflichtung und die Landesverteidigung benötigt. (…)
Nach einer nicht erfolgreichen Einsatzprüfung im Sommer 2020, stehen die Zeichen nach der zweiten Einsatzprüfung im Februar 2021 auf Grün.

Für die nächsten Jahre plant das Heer, einen Großteil ihrer Pumas auf diesen technischen Stand zu bringen, oder, wie es heißt, hochzurüsten. Nicht alle knapp 350, die die Bundeswehr bislang erhalten hat – sondern 266. Diese Zahl errechnet sich aus dem Vorhaben, bis 2027 eine einsatzbereite Heeresdivision aufzustellen, mit fünf Panzergrenadierbataillonen, die mit Puma ausgerüstet sind. Eingerechnet sind dabei auch Kampffahrzeuge für Ausbildungszwecke wie Fahrschulen, und in diesen 266 sind auch die 40 bereits umgerüsteten VJTF-Pumas enthalten.

Allerdings, das ist bedeutsam: Zunächst einmal werden nur die 40 Pumas auf dem aktuellen technischen Stand gebracht, die die Bundeswehr in der NATO-Speerspitze, der Very High Readiness Joint Task Force (VJTF) 2013 einsetzen will. Für die anderen Schützenpanzer gibt es noch keinen Vertrag – und auch kein freigegebenes Geld.

Die Finanzierung dieser Hochrüstung dürfte, nicht zuletzt angesichts der Entwicklung des Bundeshaushalts in Corona-Zeiten, nicht ganz so einfach werden. Als ersten Schritt soll noch vor der Sommerpause dieses Jahres die Nachrüstung einer ersten Tranche dem Haushaltsausschuss des Bundestages zur Billigung vorgelegt werden. Und die Zahlen, die dazu zu hören sind, gehen ein bisschen auseinander: Das Heer hofft, mit gut einer Milliarde Euro die technische Aufrüstung von 140 bis 150 Pumas zu bekommen. Ob es bei dieser Summe und ob es bei dieser Zahl bleiben wird, ist noch offen; aus anderen Quellen ist auch von 100 Pumas auf dem Stand der VJTF zu hören.

Wie das System im Einsatz aussehen soll, vor allem im Zusammenwirken mit den – abgesessenen – Panzergrenadieren, zeigte die Industrie im vergangenen Jahr mit diesem Werbevideo:

Allerdings sollte man sich dann auch ein anderes Video aus dem vergangenen Jahr ansehen: Eine Dokumentation des ZDF, die auch auf den Puma blickt. In der Kurzfassung:

Mit den geplanten Hochrüstungs-Schritten kommt auch ein logistisches Problem auf die Truppe zu: Künftig wird es dann mehrere Puma-Versionen nebeneinander geben. Zunächst die 40 VJTF-Schützenpanzer, dann – nach der Planung technisch identisch – die Pumas, die schrittweise auf diesen technischen Stand gebracht werden. Und die selbst im günstigsten Fall auch nach 2027 noch vorhandenen mehr als 70 Gefechtsfahrzeuge, die auf dem ursprünglichen Stand bleiben.

Nun ist dieser Schützenpanzer eine Geschichte, die die Bundeswehr – und natürlich auch die beteiligten Unternehmen Krauss-Maffei Wegmann und Rheinmetall – schon sehr lange beschäftigt. Schon im September 2002 wurden die ersten Haushaltsmittel für die Entwicklung bewilligt. Im Juni 2009 billigte der Bundestag den Abschluss eines Vertrags über die Herstellung und Lieferung von 405 Fahrzeugen des Typs Schützenpanzer PUMA, und in einem Sachstandsbericht hieß es: Zehn in den Jahren 2010 bis 2012 auszuliefernde Serienfahrzeuge sollen den ausstehenden Nachweis- und Eignungsprüfungen des Gesamtsystems PUMA dienen.

Das klappte alles nicht so wie geplant. Zur wechselvollen Geschichte dieses Rüstungsprojekts gehörte im Jahr 2011 die Reduzierung der bestellten Zahl von 405 auf 350 Schützenpanzer oder im Jahr 2013 die klare Ansage des damaligen Verteidigungsministers Thomas de Maizière, dass der Puma für eine Einführung in die Truppe noch nicht reif sei. (Nebenbei: de Maizière erinnerte kurz nach Amtsantritt bei einem Truppenbesuch daran, dass er selbst als Wehrpflichtiger 1972 den Marder als damals neues Fahrzeug erlebt hatte.) Immerhin gab es 2015 die Nutzungsgenehmigung – einsatzbereit war der Schützenpanzer damit aber noch lange nicht.

Anekdote am Rande: Schon die Namensfindung für den Nachfolger des Marder war nicht ganz einfach. Den Vorschlag, den neuen Schützenpanzer Panther zu nennen, lehnte der damalige SPD-Verteidigungsminister Peter Struck Anfang des Jahrhunderts ab – den Namen hatte die Wehrmacht für einen ihrer Panzer genutzt. Zwischendurch sollte das Gefechtsfahrzeug Igel heißen, was aber im Heer nicht so begeistert aufgenommen wurde. Und dann wurde daraus der Puma.

Fürs Archiv: wesentliche Aussagen zum Rüstungsprojekt Puma gibt es im jüngsten Rüstungsbericht vom Dezember 2020.

(Foto: Soldaten des Panzergrenadierbataillons l112 aus Regen am 18.02.2021 bei der EinsatzprüŸfung des Schützenpanzers Puma auf dem TruppenüŸbungsplatz Bergen – Maximilian Schulz/Bundeswehr)