EU-Einsatz im Mittelmeer: Die Bundeswehr mitten im Informationskrieg
Das Boarding-Team der deutschen Fregatte Hamburg hat ein Frachtschiff im Mittelmeer vor Libyen gestoppt, um es auf möglichen Waffenschmuggel nach Libyen zu untersuchen. Die Situation an Bord der Roseline A* war zwar, so die deutsche Darstellung, kooperativ – aber nach wenigen Stunden widersprach die Türkei, unter deren Flagge der Containerfrachter fährt, der Untersuchung. Und schon ist die Bundeswehr mitten im Informationskrieg zwischen der Türkei und der EU.
Der Reihe nach: Offiziell meldete das Einsatzführungskommando der Bundeswehr die Aktion am gestrigen Sonntag am (heutigen) Montagmorgen via Twitter:
Die interne Sofortmeldung nennt darüber hinaus als Standort des Schiffes beim Boarding eine Position rund 200 Kilometer nördlich der libyschen Hafenstadt Bengazi – und den Hinweis, dass die Besatzung des türkisch geflaggten Schiffes ausschließlich aus türkischen Staatsbürgern besteht. Nach dem Widerspruch des Flaggenstaates gegen die Untersuchung verließen die deutschen Soldaten dann ja auch das Schiff.
Die Anweisung an die Hamburg zur Untersuchung der Rosaline A kam vom Kommandeur der EU-Operation Irini – und das ist seit dem 19. Oktober der griechische Commodore Theodoros Mikropoulos. Angesichts der ohnehin angespannten Situation zwischen der EU und der Türkei und des immer wieder erhobenen Vorwurfs, die Türkei verletze mit Waffenlieferungen das UN-Embargo gegen Libyen, ist das noch ein zusätzliches Problem: Die Beziehungen zwischen der Türkei und Griechenland machen diese Lage noch etwas komplizierter.
In türkischen Medien wurde dann auch sofort der Vorwurf erhoben, ein griechischer Militär habe die Deutschen dazu benutzt, rechtswidrig gegen ein türkisches Schiff vorzugehen – das darüber hinaus humanitäre Hilfe für Libyen an Bord habe. Der Außenpolitik-Redakteur des türkischen Senders TRT via Twitter:
TRT hat auch Videomaterial von Bord des Frachters bekommen, das die Deutschen beim Anlanden per SeaLynx-Hubschrauber zeigt (Foto oben). Aber auch beim Vorgehen auf der Brücke, wo sich dann die Frage stellt: Wenn ein Besatzungsmitglied mit erhobenen Händen abgeführt wird, nennt das die Deutsche Marine kooperatives Vorgehen? Interessanterweise findet sich übrigens nirgendwo der Hinweis, dass der Master des Frachtschiffes dem Boarding und der Durchsuchung zugestimmt habe – kooperativ ist da ein sehr unbestimmter Begriff.
Und damit ist die Deutsche Marine mitten im Informationskrieg zwischen der Türkei und Griechenland, aber auch zwischen der Türkei und der EU angekommen. Ein paar hundert Kilometer weiter östlich ist übrigens die Marine bei ihrer Ägäis-Mission mit der Fregatte Brandenburg wiederum auf die Kooperation der Türkei angewiesen. Mal sehen, ob und wie das Auswirkungen hat.
Nachtrag: Die Bundeswehr verwies zum Unterschied der verschiedenen Arten des Boardings auf einen Grundsatzartikel vom September auf ihrer Webseite; hier dürfte einschlägig sein:
Das Unopposed Boarding stellt die unterste Stufe der Boardingarten dar. Sofern das Hailing Verdachtsmomente eines Verstoßes gegen das vom VN-Sicherheitsrat gegen Libyen verhängte Waffenembargo ergibt, kann die EU-Operationsführung eines ihrer im Operationsgebiet stehenden Schiffe mit einem Boarding beauftragen. Hierfür müssen grundsätzlich sowohl das Einverständnis des zivilen Kapitäns, als auch die Zustimmung des Flaggenstaats vorliegen. Die Besatzung verhält sich kooperativ und Widerstand ist weder erkennbar, noch zu erwarten. Üblich ist das Ausbringen einer Lotsenleiter bei Transfer über Speedboot und die Abholung des Teamleiters durch den Ersten Offizier des Schiffes. Nach Anbordgehen wird das Schiff unter Eigensicherung durch das Boardingteam in Kooperation mit der Besatzung intensiv durchsucht. Die Besatzungsmitglieder werden fotografiert und identifiziert. Ergänzend werden sämtliche Papiere und Dokumente gesichtet und ausgewertet. Zur Sicherheit des Boardingteams wird der Besatzung ein gemeinsamer Aufenthaltsort zugewiesen.
*KORREKTUR: Das Schiff heißt offensichtlich Roseline A (nicht Rosaline A und auch nicht Roselina A):
https://www.marinetraffic.com/en/ais/home/shipid:339833/zoom:10
(Wird ggf. mit Stellungnahme EUNAVFOR MED Irini ergänzt)
(Fotos: Screenshots aus dem Video von Bord des türkischen Frachters, veröffentlicht vom türkischen Sender TRT)
Die Türkei gehört aus der NATO geworfen. Punkt. Mit dieser Regierung ist keine Partnerschaft mehr möglich.
[Hm, wir sollten in der Debatte ein bisschen über dieses Niveau hinauskommen…? T.W.]
Und wie will das Bordingteam in die 10000 Container reingucken die übereinander gestapelt sind?
„Wenn ein Besatzungsmitglied mit erhobenen Händen abgeführt wird, nennt das die Deutsche Marine kooperatives Vorgehen“?
Wenn das zu sehende Besatzungsmitglied vorsichtshalber freiwillig die Hände hob, zur Ausräumung jeglichen Zweifels der Kooperation, dies u.U. sogar SOP der Reederei, Schiffsführung war?
Das Bild sagt wenig, ist interpretierbar. Und ja, kooperativ sieht das aus, gegenteiliger Verhalten bedenkend.
Mal Ehrlich! Zum Nachdenken…
1. Ich bin Besatzungsmitglied und weis das ich auf der Brücke eine Kamera habe
2. Ich bemerke (nicht einfach so nebenbei) das ich gleich geboarded werde
3. Ich stelle mich Medienwirksam (aber dennoch passiv) gegen die Durchsuchung und nehme „ungeplant-geplant“ meine Hände über den Kopf.
4. Ich freue mich darauf das „die Deutschen“ bald mit negativer Presse zu tun haben…
Nur mal so, ganz schnell beim lesen und betrachten der Bilder eingefallen…
FEED THE MEDIA BEAST!
Meine Frage hierzu: warum kann der Flaggenstaat einfach so den Abbruch einer Durchsuchung erzwingen? Führt dies die ganze Mission nicht irgendwie ad absurdum?
@all
Da bereits der Verdacht geäußert wird, „die Medien“ (also in diesem Fall: ich) würden auf eine Inszenierung der türkischen Besatzung reinfallen: Ich habe mal beim Einsatzführungskommando angefragt, ob die Formulierung „die Situation war kooperativ“ bedeutet, dass der Kapitän des Schiffes dem Boarding zugestimmt hat. Wenn ich eine Antwort bekomme, trage ich sie oben nach.
„Wenn ein Besatzungsmitglied mit erhobenen Händen abgeführt wird, nennt das die Deutsche Marine kooperatives Vorgehen“?
Di Formulierung muss ja nicht bilaterale Kooperation beinhalten.
Wenn das Besatzungsmitglied bei vorgehaltener Waffe die Hände nach oben reckt und dann den Anweisungen folgt, würde das auch bei der deutschen Polizei als „kooperatives Vorgehen“ bezeichnet werden.
„„die Situation war kooperativ“ bedeutet, dass der Kapitän des Schiffes dem Boarding zugestimmt hat“
@ T.W. evt auch hier mal die IRINI Regularien darstellen soweit für Sie greifbar.
Angeblich ist Voraussetzung für Boarding ja a priori Zustimmung des Kapitäns oder Nichtreaktion auf Boarding Ankündigung. Einer dieser Fälle müsste dann ja vorgelegen haben, als die Entscheidung zum Boarding an Bord der Hamburg fiel.
Dann wäre das Boarding ja kooperativ, bis der Kapitän ( wohl auf Anweisung des Flaggenstaates) das Einveständnis wieder entzogen hat. Ob das nachträglich überhaupt möglich ist wäre ja auch interessant
[Ich bemühe mich da um Klärung, bitte aber auch darum, mich nicht missverständlich zu zitieren – was Sie oben eingangs als Zitat darstellen, war eine Frage, nicht wie es da steht meine Aussage. T.W.]
Wenn der Flaggenstaat einfach der Durchsuchung widersprechen kann, was bringt die Mission dann überhaupt. Solange der Staat einfach immer widerspricht können die ja Waffen schmuggeln so viel sie wollen. Eine Kontrolle ist dann nicht möglich.
Sofern dies tatsächlich so zutrifft, halte ich die Mission für Zeitverschwendung.
@ T.W. et. al
relevante Dolumente sind ja die UN Sicherheitsratsresolution
https://www.undocs.org/S/RES/2292%20(2016)
und die EU Ratsentscheidung die darauf bezug nimmt.
https://data.consilium.europa.eu/doc/document/ST-6414-2020-INIT/en/pdf
in keinem der beiden Dokumente ist m.E. für das Boarding eine Zustimmung des Flaggenstaates vorgeschrieben. In der EU Entsceidung zu IRINI ist allenfalls das Einziehen sowie Vernichten etc. eventueller Kontrabande mit einem Einveständnis bedingt . (siehe Article 2 Absatz 3 des Dokumentes)
Insofern wäre noch Interessanter woher das Einverständniserfordernis für Boarding +Durchsuchung im Falle von IRINI abgeleitet wird.
[s. dazu den Nachtrag oben. T.W.]
@ T.W.
danke für die Ergänzung der boarding Definitionen.
Fraglich bleibt aber woraus die Bundeswehr bzw. IRINI Führung hier eine Beschränkung auf „unopposed boarding“ ableitet. Wies gesagt kann ich eine derartige Einschränkung in den Rechtsgrudnlagen (UN + Eu siehe obige Dokumente ) des Einsatzes nicht erkennen.
Das ist schon ein brisanter Vorfall. Von außen betrachtet scheint es so, als würde bspw. ein Telefonanruf (symbolisch) von türkischer Seite reichen um eine legtimierte EU-Militäroperation lahmzulegen. Es wird die militärische Durchsetzungsfähigkeit der EU unterminiert (nicht zum ersten Mal!) und der Einsatz obendrein (im Tweet, wenn auch nur als subjektiver Kommentar eines TRT Journalisten) als Verbrechen dargestellt. Ob man aus Sipo Perspektive wirklich noch von Partnerschaft reden kann, ist eine durchaus berechtigte Frage! Entweder man zeigt als EU „klare Kante“ gegenüber der türkischen Regierung (die nachweislich aktiv im Libyenkonflikt mitmischt) oder der Einsatz sollte sofort beendet werden.
Das Verhalten Deutschlands ( Entern des Schiffes eines Partnerlandes; Nato, Beitrittskandidat EU) grenzt an Piratentum. Hier wird ein Cargo-Schiff geentert. Eine Zustimmung der Türkei vor dem Entern wurde nicht eingeholt. Frankreich, VAE, Ägypten, Russland (Wagner Söldner) uva. schicken tonnenweise Waffen zu General Haftar. Wieso wird da weggeschaut ? Türkei braucht keine NATO, kann sich mittlerweile selbst verteidigen, im Gegensatz zur EU (siehe Aussagen AKK). Deutschland läßt sich von Frankreich und Griechenland gegen die Türkei aufhetzen. Dies ist leider überhaupt nicht förderlich für die historische deutsch-türkische Freundschaft.
Sehr schade.
[Hm, Ihre Meinung ist Ihre Meinung, allerdings bleiben wir bei den Fakten – nach Widerspruch des Flaggenstaates wurde ja abgebrochen. T.W.]
Hatten wir beim letzten Mal auch, daß die Türkei der Durchsuchung eines eigenen Frachters widersprochen hat und daraufhin damals vom Boarding Abstand genommen wurde. Es scheint da also irgendwo in den RoE eine Vorbehaltsmöglichkeit für den Flaggenstaat eingebaut zu sein, oder er ergibt sich aus einem übergeordneten internationalen Recht.
Das macht die ganze IRINI-Mission natürlich irgendwie zur Schaufensterpolitik. Außer Spesen nichts gewesen.
Admin, wo bleibt die Meinungsfreiheit auf Ihrer Seite ? Werden nur Anti-Türkische Hass-Postings veröffentlicht ?
Wieso wird mein Betrag gelöscht ? Löschst du auch diese Nachricht? Wie jämmerlich von Ihnen.
[Ah, Sie sind doch ein Troll – kurz nach Veröffentlichung Ihres Kommentars lassen Sie die Maske fallen. Danke. T.W.]
Also ist hier der „grundsätzliche“ Ablauf zeitlich flexibel? Vor dem Boarding scheint es ja keine Zustimmung des Flaggenstaates gegeben zu haben. Oder wurde diese im Nachhinein zurückgezogen?
Es ist ja deutlich mehr als eine schlichte Formalität, wenn hiermit ein Boarding einfach unterbunden werden kann.
Mit der Zustimmung und Nichtzustimmung verhält es sich eigentlich wie bei einer Alkoholkontrolle der Polizei.
In der Regel wird nett angefragt, ob man kontrollieren kann.
Wenn alle Seiten zustimmen, wird es eine einfache Kontrolle (kooperativ).
Wenn nicht zugestimmt wird, wird im Regelfall trotzdem geboardet, wenn Verdachtsmomente vorliegen – dann aber eben „nicht kooperativ“ – im Bundeswehrartiel stehen ja unterschiedliche Vorgehensweisen.
– Man kann im Video ja gut erkennen, dass nur bei der Begleitung zum „gemeinsamen Aufenthaltsort“ ein Soldat das Besatzungsmitglied begleitet und deshalb das Besatzungsmitglied die Hände oben hat. (freiwillig/kooperativ, weil sonst wären die Hände hinterm Rücken)
Das hat ja viel mit Eigensicherung des Soldaten zu tun.
– Interessanter ist eher die Diskussion der Boardingsoldaten mit dem sitzenden Besatzungsmitglied am Tisch. Da wird es wahrscheinlich, wie bei jeder Kontrolle, um Zeitdruck gehen und weil die Schiffsführung die Kontrolle für unnötig hält.
Vielleicht liegt auch hier der Grund für den Abbruch.
Eine Anfrage im Vorfeld abzulehnen, lässt sich nicht so gut verkaufen. Dann steht in der Statistik:
Türkei x abgelehnte Boardinggesuche
China 0 abgelehnte Boardingbesuche
Italien 0 abgelehnte Boardingbesuche
usw.
Wie lange die ganze Prozedur jetzt genau gedauert hat, wissen wir noch nicht aber nach ein paar Stunden ist vielleicht der Druck gewachsen („Reeder ruft bei seinem türkischen Schwager an, der zufällig in der türkischen Marineführung arbeitet“) und man wollte die Fahrt endlich wieder fortsetzen.
– Was richtig ist:
Die Durchsuchung von allen Containern auf einem Containerschiff ist an Bord sowieso nicht möglich, die ganzen Zwischenräume/Hohlräume im Schiff (Verstecke) zu durchsuchen kann richtig lange dauern und allein die Frachtpapiere zu checken ist oft auch nur eine Alibiveranstaltung.
@muck
Der NATO-Vertrag sieht weder ein Verfahren zur Prüfung des Wohlverhaltens noch einen Ausschluss vor. Mitglieder können lediglich von sich aus den Austritt erklären. Die NATO ist ein Verteidigungsbündnis. Ein Bekenntnis zu Werten und deren Einhaltung ist im Gründungsvertrag vom 4. April 1949 nicht vorgesehen. Angesichts der sowjetischen Bedrohung waren die Gründungsmitglieder sich, was guten Stil anbelangt, gegen die UdSSR.
Sicher wissen Sie, dass es einen Ausschluss vertragsrechtlich nicht gibt!
Nebenbei, Erdogan lebt und regiert nicht ewig. Sehr richtig schreiben Sie „Mit dieser Regierung …“. Bei einem Nachfolger wird es noch übler nicht kommen können. Ein nicht machbarer „Rauswurf“ wäre eine strategisch schädliche Kurzschlussreaktion, trotz aller Ärgernisse der letzten Jahre, wir brauchen die Türkei.
ich fürchte, dies gibt 3:0 für die türkei:
die böse deutsche marine entert einen friedlichen frachter
schuld sind die griechen mit ihrer bodenlosen anklage
un-mandat wird mit einen anruf weggebrühlt….
an einer dipl. lösung war die führung der t. nicht interessiert -> es wäre doch billig
zu sagen, man habe nichts gefunden, als so eine peinlichkeit!
ob die franz. marine auch so friedlich abgezogen wäre?
@DuvarEnglish
Ankara prevented German vessel from policing Libya arms blockade.
Staatlich-türkische Agentur (?), Duvar English – Reuters
„Following the search that lasted until the early hours of the morning, the soldiers understood that there was nothing on the ship apart from humanitarian aid, foods such as biscuits, and paint materials, and left the ship,“ a source said.
Video
https://twitter.com/i/status/1330832886681972736
https://www.duvarenglish.com/amp/ankara-prevented-german-vessel-from-policing-libya-arms-blockade-berlin-news-55160?__twitter_impression=true
@T.W.
Es wäre schön, wenn Sie nicht auf türkische Propaganda reinfallen. Einfache Recherche ergibt, dass der Befehl zum Boarding mitnichten vom griechischen Force Commander kam, sondern vom italienischen Operation Commander. Der Grieche ist in diesem Fall nur weiterleitende Stelle.
Deshalb ist der Vorwurf, dass „die Medien“ und damit auch Sie hier unnötig die Stimmung aufheizen und Zusammenhänge aufzeigen, die nicht da sind, aus meiner Sicht leider nicht ganz unbegründet.
[Interessante Aussage. Nach meinen Informationen heißt es in der ersten Lagemeldung der Bundeswehr, dass die Anweisung vom griechischen Force Commander kam. Was ist Ihre Quelle? T.W.]
Zum Rechtsrahmen und den Auswirkungen in der Praxis hier einige sehr interessante Klarstellungen:
https://augengeradeaus.net/2020/09/erstes-boarding-der-hamburg-im-eu-einsatz-vor-libyen-tanker-gestoppt/#comment-350669
Wenn man ein Embargo wirklich durchsetzen will, dann bedarf es Stringenz bei den Rechtsgrundlagen (von UNSCR bis RoE und nationaler Umsetzung), klarer politischer Rückendeckung und Entscheidungswille auf mehreren Ebenen.
Im aktuellen Fall sind bereits die Rechtsgrundlagen auf Kooperation ausgelegt, da ein Einsatz nach Kap. VII offenbar nicht mehrheitsfähig war.
Diese fehlende Stringenz wird nun halt am praktischen Beispiel offenbar.
Business as usual – ähnlich gelagert schon bei OEF, UNIFIL und zeitweise ATALANTA.
Sehr geehrter Admin, bin entgegen Ihrer Unterstellung doch kein Troll. Mein Beitrag war weg, da hab ich gedacht, dass es von Ihnen gelöscht wurde. Sie haben es aber nicht gelöscht. Vielen Dank, war ein Missverständnis. Ausser einer Corona-Maske trage ich überhaupt keine Maske. MfG
@Odysseus:
Sie schreiben viel Richtiges in Ihrem Beitrag und natürlich will kein Master gerne fremde Leute über sein Schiff wuseln haben. Egal ob er was zu verbergen hat, oder nicht.
Aber abgesehen vom Zeitpunkt des Anbordkommens und Vonbordgehens kann das Schiff seinen Weg während der Durchsuchung normal fortsetzen. So eine Durchsuchung kann durchaus viele Stunden dauern, aber der „Zeitverlust“ sind wenige Minuten am Anfang und Ende wo das Schiff evtl auf einen anderen Kurs und zu verringerter Fahrt (bei Speedbootanlandung) befohlen werden muss.
TUR nutzt den Zwischenfall auch um gegen GRC zu schießen, da das Boarding auf Anweisung der griechischen Head of Mission durchgeführt worden sein soll (was ja auch logisch ist und in der Natur der Sache liegt), s. Tweet oben.
Vulgo: DEU läßt sich von GRC instrumentalisieren.
@Mitleser um 14:34 Uhr :
An diesem Boarding wird klar, dass IRINI nur eine Alibi-Mission der EU ist, die keine Wirkung gegen die Unterstützer der Konfliktparteien in Libyen entfaltet.
Mir tut die Besatzung der HAMBURG leid, die monatelang ohne entspannte Landgänge in den Häfen an Bord „kaserniert“ ist. Gleich ihr (lang erwartetes) zweites Boarding wird aus rein politischen Gründen zum Mißerfolg und lässt die Besatzung wie Deppen dastehen. So geht man nicht mit Staatsbürgern in Uniform um! Die Verantwortlichen dafür sitzen in Brüssel und Berlin. Und die Admiralität schweigt mal wieder!
@ memoria
„da ein Einsatz nach Kap. VII offenbar nicht mehrheitsfähig war. …..“
Die UN Resolution auf der IRINI basiert läuft aber unter Kapitel VII der UN Charta.
siehe https://www.undocs.org/S/RES/2292%20(2016) (seite 3 oben)
„Acting under Chapter VII of the Charter of the United Nations,….“
Eine konkrete Begründung warum der Flaggenstaat hier zustimmen müssen soll hat mir hier immer noch keienr überzeugend dargelegt.
Die allgemeinen Völker /Seevölkerrechtsregeln werden heir ja durch eine resolution der VN im Sinne einer Boardingermächtigung konkretisiert.
Ich habe eher den Eindruch, dass (mal wieder) nciht existente rechtliche Beschränkungen angeführt werden um mangelnde politische Courage/Durchsetzungswilllen zu kaschieren
So schnell wie möglich die Fregatte nach Wilhelmshaven zurück beordern,
damit die Besatzung wenigstens noch zu Hause Weihnachten feiern kann.
Unter den Bedingungen ist der gesamt Einsatz total absurd.
Also wie Deppen steht eher die EU da, weniger die Besatzung, denke ich mal. Gründe genug, warum das stümperhaft und wirkungslos aussieht wurden ja schon genannt.
Hier wäre ja eher mal eine Stellungnahme des BmVg interessant, was der Sinn und Zweck der ganzen Operation sein soll, wenn das ganze Prozedere so simpel zu umgehen ist. Oder warum man das boarding nicht dennoch fortgesetzt hat und zum „Non-Cooperative Boarding“ hocheskaliert hat. Die Frage wäre da aber dann wohl wieder eher eine für die EU, so wie ich das auf der Bundeswehrseite verstanden habe, müssten da ja andere RoE freigegeben werden.
@wacaffe & all
Es läuft jetzt Gefahr, in eine falsche Wahrnehmung zu geraten… Eine Zustimmung des Flaggenstaates soll nach der oben verlinkten UN-Resolution eingeholt werden; wie ohne eine solche Zustimmung verfahren wird, ist eine Entscheidung der EU-Operationsführung und keine Vorgabe der UN-Resolution. Insofern ist die Suche nach „wo steht das“ müßig.
(Ich seh‘ schon, es braucht eine Zusammenfassung…)
Wenn ein Boarding unkooperativ ist, also das zu boardende Objekt nicht willens ist, das Team anzunehmen, bedarf es ja weiterer „Maßnahmen“, um eine Kooperation evtl doch noch herzustellen, oder in letzter Konsequenz ein „opposed“ boarding durchzuführen (dann nicht möglich mit dem Team der HAMBURG).
Egal wie, hier müssen dann weiter Rules of Engagement gezündet werden und diese sind meistens einer höheren Instanz als dem Kommandanten der Einheit vorbehalten und müssen entsprechen beantragt und freigegeben werden.
Steht auch so in der Darstellung, denn die Entscheidung zum Abbruch traf nicht der CO der HAMBURG sondern wurde ihm vorgegeben.
@T.W.
Die Mission wird durch die Italiener aus Rom geführt, alle Entscheidungen werden in Rom getroffen bzw. das OHQ wird immer mit einbezogen, siehe Internetseite der Operation Irini und andere Quellen. Natürlich bekommen die Schiffe in See ihre Befehle vom Force Commander im Sinne der Hierarchie. Der griechische Force Commander hat diese Entscheidung aber nie und nimmer alleine ohne Zustimmung des italienischen OpCdr getroffen.
Heißt nicht, dass es den Griechen nicht zu Pass kam, aber das wird nicht die ursprüngliche Intention gewesen sein.
Interessant übrigens auch, dass die französische Fregatte vor ein paar Wochen ebenfalls ein türkisches Schiff geboardet hat im Rahmen der Mission IRINI und da niemand davon gesprochen hat, dass man sich von den Griechen instrumentalisieren lässt.
[Wir sind da ja durchaus einer Meinung – aber a) hat die Bundeswehr darauf Bezug genommen und b) hat die Türkei das natürlich aufgegriffen. Insofern hat es in dem jetzt laufenden Infowar natürlich eine Bedeutung. T.W.]
@T.W.
Da bin ich absolut Ihrer Meinung, natürlich nutzt die Türkei das für ihre Interessen. Ich wollte ja nur darauf hinaus, dass deutsche Medien nicht ungeprüft darauf einsteigen sollten.
Die wirklichen Eingriffsrechte sind erneut interoretationsbedürftig.
Dies beginnt bei der UNSCR, die sich zwar auf Kap. VII bezieht, aber ansonsten auf das Seerecht und (implizit) auf dessen Grenzen verweist.
Die Führung von IRINI sieht auch non-cooperative und opposed Boarding vom europäischen Mandat gedeckt:
„This means that the Operation now is fully capable to undertake all the necessary actions to accomplish its mandate, including boarding suspect embargo breakers which show uncooperative or opposed behaviours. With this achievement, the Operation has now entered its crucial stage.“
https://www.operationirini.eu/operation-irini-declared-full-operation-capability/
Am Ende ist aber natürlich nicht alles rechtlich Mögliche zwangsläufig politisch klug in der Umsetzung.
Bisher gibt es vor einer Bewertung da noch viele Unklarheiten über den Rechtsrahmen, die Weisungslage (europäisch und national) und den konkreten Fall.
Im AA ist man wohl schon wieder nervös. Wenn Diplomatie auf Praxis trifft.
@all
Es gibt eine Zusammenfassung, u.a. mit einem Statement von Irini:
if the country which is responsible for the ship says they don’t agree with the inspection, the inspection cannot proceed.
https://augengeradeaus.net/2020/11/streit-zwischen-der-tuerkei-und-der-eu-nach-embargo-kontrolle-im-mittelmeer-und-die-bundeswehr-mittendrin-zusammenfassung/
@Dante
Der Frachter hat nur eine Kapazität von max 1122 TEU.
Voll wird es wohl nicht sein, Typ. sind 80%. Wenn man ungefähr weis wonach man sucht (Gewicht / Containernummer/Hafen wo der Container an Bord gekommen ist) kann man in den Ladungspapieren nach passendem suchen und weiter eingrenzen. Und dann mal so in 80 Container schauen sollte in 4-5 Std machbar sein. THz Scanner haben sie ja wohl leider nicht.
Naja …
wenn die Vorgabe ist immer ein kooperatives Boarding durch zu führen dann ist das erstmal eine Standing Order und Basta.
Wenn das HQ oder andere Vorgesetzte Stellen in Berlin/Brüssel/Rom oder sonst wo sagen um ein unkooperatives Boarding durchzuführen langen die Verdachtsmomente nicht aus…. ja dann ist das ebenfalls so.
Um es mit dem Beispiel Verkehrskontrolle deutlich zu machen.
Polizei: Stimmen sie einem Alkoholtest zu?
Bürger: Nein
Polizei: Dann kommen Sie mit auf die Wache.
Bürger: Na dann bitte…. ich hab Zeit.
Polizei erbittet eine Richterliche Verfügung.
Richter: Hat es nach Alkohol gerochen?
Polizei: eigentlich nicht.
Richter: Waren Ausfallerscheinungen zu beobachten? Lallende Sprache, Koordinationsstörungen, auffälliges Fahrverhalten?
Polizei: auch nicht, haben den Bürger angehalten wegen einer kaputten Rückleuchte.
Richter: na dann schreiben sie eine OWi und lassen den Bürger seiner Wege ziehen. Ich sehe hier keinen Anhaltspunkt für einen Grundrechtseingriff. Gute Nacht.
@ex_inst.
es geht ja gar nicht darum in Container zu gucken. Klettern sie mal in die 4. oder 5. Lage wenn das Schiff im Seegang rollt. Dazu kommt die Boxen haben alle eine Zollplombe die kein OLtzS ersetzen darf. Es geht darum Anhaltspunkte zu finden die ein Verbringen in einen sicheren Hafen rechtfertigen….
Klassisch würde z.B. die Lademarken nicht stimmen oder Ladepapiere geben hinweise… Wenn da Versender oder Empfänger drin stehen von dem die Nachrichtendienste wissen daß es Strohmänner sind. Oder es finden sich tatsächlich Contabande im zugänglichen Teil des Schiffes. Oder man stellt z.B fest daß der 3. Ing. eigentlich Major der Iranischen Revolutionsgarde ist. Deshalb wird auch immer die Besatzung gecheckt. Oder oder oder…. aber Verplombte Container macht auf See keiner auf…. solange da nicht Granaten raus kullern.
Ist schon komisch….ausgerechnet heute veröffentlicht #BundeswehrExclusive auf Ihrem YouTube Kanal eine Folge aus der Serie „Besatzung Bravo“ mit dem Titel „Klar zum Entern | BESATZUNG BRAVO | #5
Boarding ist hier das Thema. Welch ein Zufall…
https://www.youtube.com/watch?v=ZlbfxAFn4PQ
Mal einige Fakten:
1. Die vermutlich mit Waffen beladenen Schiffe werden von der türkischen Marine begleitet, das weiß auch die Bundeswehr. Dieses Schiff wurde nicht begleitet und wurde dennoch gestoppt und durchsucht, was mMn ein politisches Statement war.
2. Weder der Kommandant noch die Türkei haben einer Durchsuchung zugestimmt, aber nach ein paar Stunden, wohlwissend das man sowieso nichts finden wird (Punkt 1), bricht man die Operation ab, weil der Flaggenstaat Widerspruch eingelegte hat (fällt aber früh ein).
3. Durch die Operation hat Deutschland seine Vermittlerrolle komplett verloren. Das ist sehr Schade. Vor allem wegen der Rechtswidrigkeit der Operation erinnert die ganze Sache an Piraterie und vermutlich wird, auch wenn nicht sofort, bald eine Entschuldigung folgen.
[Ihre Meinung ist Ihre Meinung, aber die Quelle für Ihre Behauptung, der „Kommandant“ – Sie meinen vermutlich den Kapitän des Frachters? – habe der Durchsuchung nicht zugestimmt, liefern Sie bitte noch nach. So bekommt das alles ein Gschmäckle… T.W.]
https://twitter.com/arkas_holding/status/1330883317231652864
Hier hat die Frachtfirma eine Pressemitteilung auf Türkisch veröffentlicht. Ich habe das ganze mal schnell mit Hilfe von Google übersetzen lassen:
„Am 22. November 2020, gegen 10:30 Uhr Ortszeit, stellte sich das Containerfrachtschiff M / V Roseline A mit der IMO-Registriernummer 9163984, das unserem Unternehmen gehört, während seiner Handelsreise in den libyschen Hafen von Misurata als EU WARSHIP vor und eine Fregatte mit der Nummer F220, die als deutsches Schiff verstanden wurde, wurde per Funk verhört, und dann wurde von einem Hubschrauber, der vom selben Schiff abgehoben wurde, trotz des Widerstandes des Schiffskapitäns Militärpersonal auf unser Schiff entladen. Militärpersonal führte bewaffnete Durchsuchungen im Schiff und in einigen der transportierten Container durch. Das gleiche Team verließ unser Schiff ungefähr 16 Stunden später mit dem Hubschrauber.
Bevor die Soldaten auf unserem Schiff kamen wurde während der per Funk durchgeführten Verhöre die Situation vom Kapitän sowohl der türkischen Küstenwache, als auch MRCC Ankara und durch autorisierte unseres Unternehmens dem Transport- und Infrastrukturministerium mitgeteilt . Ab dem 23.11.2020 nahm unser Schiff um 10:00 Uhr Ortszeit seinen normalen Kurs wieder auf.
Unser Unternehmen hat die nationalen und internationalen Regeln und Konventionen bei all seinen bisherigen Aktivitäten bis ins kleinste Detail eingehalten und ist auf keine nachteiligen Situationen gestoßen. Alle Transporte, die es durchführt, dienen menschlichen und kommerziellen Zwecken. Angesichts einer solchen Praxis ist unsere Crew besorgt und unser Unternehmen traurig. Trotz der Soldaten, die während des Vorfalls zu unserem Schiff kamen, zeigte unsere Besatzung, die über langjährige Erfahrung auf offener See verfügte, keinen Widerstand, und durch kooperatives und harmonisches Handeln wurde ein trauriger Vorfall verhindert. Das Thema wird vom türkischen Ministerium für Verkehr und Infrastruktur, auswärtige Angelegenheiten und nationale Verteidigung verfolgt.“
@RN1906
Danke. Damit steht die Aussage der Reederei gegen die Aussage der Deutschen Marine, wie sie auch in der oben verlinkten Bundeswehr-Darstellung zu finden ist:
Der Kapitän der Roseline A stimmte dem Boarding zu und steuerte sein Schiff so, dass der Hubschrauber über dem Container seine Position halten und das Boardingteam sicher absetzen konnte.
So wie ich die Bundeswehr kenne, gibt’s von dem Funkverkehr mit der Zustimmung bestimmt eine Aufzeichnung…
Bin bei Google Maps auf was Interresantes gestoßen als ich mir Misrata angeschaut habe. Auf den Flugplatz sind 2 Türkische Drohnen Bayraktar TB2 zu sehen. So ein Ding passt bestimmt in einen Container, könnte ich mir gut vorstellen.
Die Mission ist reine Geld und Zeit Verschwendung und ändert an der Situation in Libyen nichts. Die Waffen finden ihren Weg dort hin, mit und ohne Mission IRINI.
Zudem hat TUR in LBY Truppen stationiert, die es wohl legitim (legal ?) mit Nachschub versorgen darf.
Warum ist hier die Stimmung so schlecht gegenüber der Türkei?
Die EU hat keine Befugnisse in internationalen Gewässern. Russland,Frankreich usw. Wollen die demokratisch gewählte Regierung in Lybien stürzen weil man viel investiert hat in die Tötüng von Gaddafis und man jetzt dank der Türkei seine Felle wegschwimmen sieht. Das ist das eigentliche Thema. Aber über westliche verbrechen ,die das Hauptproblem in Lybien darstellen, wird nicht debattiert. Es wird totgeschwiegen.
@Gustav
Die EU hat keine Befugnisse in internationalen Gewässern.
Aber die UN schon… s. oben.
Ich sehe hier in den Kommentaren viel Enttäuschung, dass die Mission IRINI nutzlos und Zeit- und Geldverschwendung ist. Dem ist wohl leider so.
Allerdings würde mich stark interessieren ob bzw. wieviele zivile Frachter aus anderen Staaten (wie z.B. Frankreich, Ägypten usw.) bisher im Rahmen von IRINI geboardet und durchsucht wurden und wie es mit der Kooperation dort ausgesehen hat und ob dort der Flagenstaat die Durchsuchung verhindert hat oder nicht. Ich habe leider hierzu nichts finden können online. Über Hinweise wäre ich dankbar.
Irgendwo muss ja Haftar , der nun seit Jahren die legitime Regierung bekämpft , seine Waffen herbekommen. Falls hier IRINI bisher nicht genug kontrolliert hat, dann verstehe ich nicht warum so auf den aktuellen türkischen Fall fokussiert wird. Falls man zuvor auch andere kontrollieren wollte, aber diese Flaggenländer auch abgelehnt haben, dann verstehe ich nicht die Aufregung hier über das Verhalten der Türkei und es wäre verwunderlich wieso diese Vorgänge keinen Platz in unseren Medien finden.