Streit zwischen der Türkei und der EU nach Embargo-Kontrolle im Mittelmeer – und die Bundeswehr mittendrin (Zusammenfassung)
Nach der Embargo-Kontrolle eines türkischen Frachters auf dem Weg nach Libyen durch die Deutsche Marine flammt der Streit zwischen der Türkei und der Europäischen Union wieder auf – und diesmal ist die Bundeswehr mitten drin. Ein Boarding-Team der deutschen Fregatte Hamburg hatte im Rahmen der EU-Mission Irini den türkischen Containerfrachter Roseline A gestoppt, die Inspektion der Ladung nach Widerspruch des Flaggenstaates aber abgebrochen. Die türkische Regierung warf Deutschland dennoch Fehlverhalten vor.
Der Vorfall ereignete sich am (gestrigen) Sonntag rund 200 Kilometer nördlich der libyschen Hafenstadt Bengasi. Auf Anweisung der EU-Mission gingen deutschen Soldaten an Bord des Frachters, der verdächtigt wird, unter Verstoß gegen das UN-Embargo gegen Libyen Waffen oder militärisch nutzbares Material zu transportieren. Nach Angaben der Bundeswehr hatte der Kapitän des Schiffes der Untersuchung zugestimmt; die Zustimmung des Flaggenstaates Türkei lag allerdings zunächst nicht vor.
Nachdem die deutschen Soldaten mit dem SeaLynx-Bordhubschrauber der Hamburg zur Roseline A übergesetzt und bereits mit der Inspektion begonnen hatten, erklärte die türkische Regierung, dass sie dem Boarding nicht zustimme. Die Untersuchung sei daraufhin beendet worden; das Bundeswehr-Team sei allerdings bis zum Montagmorgen an Bord geblieben, um aus Sicherheitsgründen erst bei Tageslicht mit dem Hubschrauber zur Fregatte zurückzukehren, erklärte das Einsatzführungskommando.
Was im Rahmen der Embargo-Überwachung der EU-Mission ein normaler Vorgang sein könnte, nahm am Montag allerdings Züge eines Informationskrieges zwischen der Türkei und der EU und vor allem auch Deutschland an. Türkische Medien veröffentlichten ein Video von Bord des Frachters, in dem die deutschen Soldaten in der nach Bundeswehrangaben kooperativen Situation gezeigt wurden, die allerdings so kooperativ nicht aussieht.
Greek commander orders German frigate to unlawfully search a Turkish cargo ship heading towards Libya without permission from Turkish authorities. Soldiers deployed from a helicopter and boarded the Turkish ship ROSELINA-A that was carrying humanitarian aid to Libya. pic.twitter.com/KAPDKx6Vt1
— Yusuf Erim (@YusufErim34) November 23, 2020
Das türkische Außenministerium klagte zudem, die Bundeswehr sei rechtswidrig vorgegangen, wie dpa berichtete:
„Wir protestieren gegen diese Aktion, die ohne Befugnis und mit Gewaltanwendung durchgeführt wurde“, teilte das Außenministerium mit. Diese „heuchlerische und gesetzeswidrige Behandlung“ von türkischen Frachtschiffen, die nach Libyen unterwegs seien, „ist keinesfalls zu akzeptieren.“
Obwohl sich der Kapitän kooperativ gezeigt habe und über die Ladung des Schiffes Auskunft gegeben habe, hätten bewaffnete Kräfte eine stundenlange Prüfung durchgeführt, hieß es weiter. „Am gesamten Personal, einschließlich dem Kapitän, wurde zwangsweise eine Leibesvisitation durchgeführt“.
Nach Darstellung der Türkei transportiert die Roseline A Hilfsgüter wie Lebensmittel und Farben für Libyen. Auch bei früheren Untersuchungen der EU-Mission hatte Ankara mit gleich lautender Argumentation den Vorwurf zurückgewiesen, dass Waffenembargo gegen Libyen zu brechen.
Die rechtliche Befugnis der Streitkräfte unter EU-Kommando, Schiffe auf dem Weg nach Libyen anzuhalten und zu durchsuchen, gegebenenfalls auch gegen deren Willen, ergibt sich aus dem UN-Mandat in der Sicherheitsratsresolution 2292, auf dem Irini beruht. Das legt unter anderem fest:
Acting under Chapter VII of the Charter of the United Nations,
1.Condemns the flows of arms and related materiel transferred to or from Libya in violation of the arms embargo, including to ISIL and other terrorist groups in Libya; (…)
3. Decides, with a view to addressing the threat posed by unsecured arms and ammunitions in Libya and their proliferation, to authorize, in these exceptional and specific circumstances for a period of 12 months from the date of this resolution Member States, acting nationally or through regional organizations, with appropriate consultations with the GNA, in order to ensure strict implementation of the arms embargo on Libya, to inspect, without undue delay, on the high seas off the coast of Libya, vessels bound to or from Libya which they have reasonable grounds to believe are carrying arms or related materiel to or from Libya, directly or indirectly, in violation of paragraphs 9 or 10 of resolution 1970 (2011), as modified by paragraph 13 of 2009 (2011), paragraphs 9 and 10 of 2095 (2013) and paragraph 8 of 2174 (2014), provided that those Member States make good-faith efforts to first obtain the consent of the vessel’s flag State prior to any inspections pursuant to this paragraph, and calls upon all flag States of above-mentioned vessels to cooperate with such inspections;
4. Authorizes Member States, acting nationally or through regional organizations, conducting inspections pursuant to paragraph 3, to use all measures commensurate to the specific circumstances to carry out such inspections, in full compliance with international humanitarian law and international human rights law, as applicable, and urges Member States conducting such inspections to do so without causing undue delay to or undue interference with the exercise of freedom of navigation;
Der entscheidende Punkt an dieser Stelle ist die Festlegung make good-faith efforts to first obtain the consent of the vessel’s flag State prior to any inspections – mit anderen Worten: sich um die Zustimmung des Flaggenstaates zu bemühen, dem an dieser Stelle kein Veto-Recht zugesprochen wird. Allerdings hat sich die EU-Missionsführung darauf festgelegt, ohne eine solche Zustimmung dann eben nicht gegen den Willen von Schiffsführung und Flaggenstaat die Untersuchung zu erzwingen.
Das machte auch das Statement deutlich, dass die Operation Irini gegenüber den Kollegen von Bruxelles2 dazu abgab – dem Flaggenstaat wird das Veto-Recht zugestanden:
Operation Irini is a very important to contribution by the EU to find solution, peaceful solution to the Libyan crisis. Over the last days, or in the recent weeks, we have seen steps which are a cause for a relatively cautious optimism that we are heading or at least advancing slowly towards the possible solution on the ground.
And it is important that Irini delivers on its mandate. The mandate is to enforce UN arms embargo. Operation Irini acts always when it comes to inspections, hailing or communications with suspected vessels, acts on a certain amount of information that it has at its disposable. The countries on the flag of region, the vessels are navigating have the right to refuse the inspection. The operation Irini makes the request, if the country which is responsible for the ship says they don’t agree with the inspection, the inspection cannot proceed.
So in this case and in many cases of inspection, or hailing or suspicions the Irini reports back to the UN. There were contacts between us and the Turkish partners of course because the Turks they are not giving the permission for the inspection, which they are entitled to. What follows is again the process which is enshrined in the mandate of operation Irini.
Ergänzung: Vor der Bundespressekonferenz machten der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Christian Thiels, und Außenamts-Sprecherin Andrea Sasse deutlich, dass aus deutscher Sicht völkerrechtlich ein Veto-Recht des Flaggenstaates besteht:
Frage: Es gibt aktuell Berichte darüber, dass eine Bundeswehrfregatte ein türkisches Schiff inspiziert und es danach scharfe Proteste aus Ankara gegeben habe. Kann das Verteidigungsministerium dazu Stellung nehmen?
Thiels: Ich kann Ihnen gern etwas zum Verfahren sagen. Es ist korrekt, dass die Fregatte „Hamburg“ derzeit im Einsatz IRINI operiert. Die Fregatte führte am 22. November, also gestern, ca. 200 km nördlich von Bengasi ein sogenanntes kooperatives Boarding mittels Hubschrauber auf dem türkischen Containerfrachter „Rosaline A“ durch. Das Schiff wurde verdächtigt, das Waffenembargo nach Libyen zu verletzen.
Der Auftrag zum Boarding wurde durch die Operationsführung der Operation IRINI erteilt. Die Fregatte ist dabei das ausführende Element vor Ort. Es ist also nicht so, dass auf der Fregatte entschieden würde, welches Schiff untersucht wird, sondern die Operationsführung prüft die Voraussetzung dafür und sagt dann: Dieses Schiff soll jetzt bitte untersucht werden.
Im Verdachtsfall kann dann eine weiterführende Untersuchung eines Schiffes durchgeführt werden. Dazu ist die Zustimmung des betroffenen Flaggenstaates – so heißt es technisch – einzuholen. Der Flaggenstaat ist der Staat, unter dessen Flagge das jeweilige Schiff fährt. Sofern innerhalb einer bestimmten Frist – um die vier Stunden – kein Widerspruch vorliegt, gilt dies als stillschweigende Zustimmung.
Nach dem, was wir wissen, ist es gestern genau so abgelaufen. Wenn Sie mehr Details dazu wünschen, müssten Sie sich an die „operational headquarters“ für IRINI in Rom wenden. Aber nach dem, was wir an Information auch von der Fregatte „Hamburg“ bekommen haben, ist es gestern dazu gekommen, dass das Boardingteam mittels eines Hubschraubers auf den Frachter abgeseilt ist und dann angefangen hat, die Ladung zu kontrollieren. Die Besatzung war komplett kooperativ und hat alle Möglichkeiten eröffnet.
Die Türkei hat dann nachträglich erklärt, dass sie dem Boarding nicht zustimmt. Daraufhin wurde das Boarding sofort unterbrochen. Das ist, was das betrifft, die klassische Verfahrensweise. Das Boardingteam hat die Inspektion eingestellt und ist inzwischen auf die Fregatte „Hamburg“ zurückgekehrt. Der türkische Frachter „Rosaline A“ kann seine Fahrt jetzt fortsetzen.
Um der Frage gleich vorzugreifen: Bis zum Abbruch der Untersuchung konnten an Bord des Frachters keine verbotenen Güter festgestellt werden.
Frage: Wie oft kommt es vor, dass ein Flaggenstaat doch noch ein Veto gegen die Untersuchung einlegt?
Kann ein Flaggenstaat immer ein Veto einlegen, damit die Schiffe nie kontrolliert werden? Angenommen, die Türken schmuggelten Waffen nach Libyen; dann müssten sie, wenn deutsche Marinesoldaten kommen und gucken wollen, eigentlich immer nur Nein sagen, und dann könnten die Schiffe weiterfahren. Habe ich das richtig verstanden?
Thiels: Die Angabe, wie oft das schon vorgekommen ist, habe ich im Moment nicht parat. Das müsste ich Ihnen gegebenenfalls nachliefern.
Zu den genauen Ausplanungen, wie es sich mit dem Veto verhält, kann vielleicht das Auswärtige Amt etwas sagen.
Zusatzfrage: Konnte das türkische Schiff, das sie jetzt nicht zu Ende kontrollieren konnten und das potenziell Waffen für Libyen an Bord hat, jetzt gen Libyen weiterfahren?
Thiels: Das ist korrekt, ja. Aber bis zu dem Zeitpunkt, an dem die Türkei ihr Veto eingelegt hat, wurde an Bord nichts gefunden.
Zusatz: Das kann ja gut versteckt sein.
Sasse: Ich kann noch kurz ergänzen. Wir nehmen den Vorfall natürlich sehr ernst. Im Zusammenhang mit der Berliner Libyen-Konferenz haben wir mehrfach deutlich gemacht, dass wir von allen Teilnehmern dieser Konferenz erwarten, das Waffenembargo mit Blick auf Libyen, das immer noch existiert, einzuhalten. Das gilt natürlich auch für die Türkei. Alle müssen sich daran messen lassen, einschließlich der Türkei.
Wie der Kollege vom BMVg schon deutlich gemacht hat, ist es tatsächlich völkerrechtlich erforderlich, dass der Flaggenstaat dem Boarding zustimmt. Diese Zustimmung wird nach vier Stunden fingiert. Im in Rede stehenden Fall wurde die Zustimmung von der Türkei zurückgenommen. Deshalb ist hierbei verfahrensmäßig alles sauber gelaufen.
Zusatzfrage: Warum sind Sie dann besorgt?
Sasse: Wir sind besorgt, weil es überhaupt Vorfälle dieser Art gibt, dass verschiedene Länder verdächtigt werden, Waffen nach Libyen zu schmuggeln.
Wir haben an dieser Stelle allerdings auch schon mehrfach betont, dass wir durchaus einen Abschreckungseffekt der Operation IRINI sehen. Die starke Präsenz der Schiffe der Operation im Mittelmeer zeigt uns, dass dieser Abschreckungseffekt inzwischen Wirkung zeigt.
Frage: Was wird das AA in Reaktion auf die Weigerung der Türkei, das erwähnte Schiff auf dem Mittelmeer kontrollieren zu lassen, unternehmen?
Sasse: Darüber kann ich an dieser Stelle noch nicht spekulieren. Ich kann Ihnen allerdings den Hinweis geben, dass das Verhalten der Türkei insgesamt beim Europäischen Rat im Dezember auf der Tagesordnung stehen wird. Dort werden sicherlich auch Vorfälle dieser Art thematisiert.
Frage: Erneut handelt das Nato-Mitglied Türkei gegen die Interessen der Mitglieder der Nato. Wie sinnvoll kann vor diesem Hintergrund die Mitgliedschaft in mehreren Verteidigungsbündnissen sein, wenn sich Partner über Bündnisse hinweg derart verhalten?
Diese Frage richtet sich an das AA und das BMVg.
Sasse: Wir haben in der Vergangenheit bereits mehrfach – der Außenminister hat das vielfach getan – deutlich gemacht, dass wir das Verhalten der Türkei in vielerlei Hinsicht als problematisch empfinden und dies auch regelmäßig mit der Türkei aufnehmen.
Wir möchten daraus keine Schlüsse auf den Sinn der Mitgliedschaft der Türkei in Verteidigungsbündnissen ziehen. Allerdings müssen wir an dieser Stelle auch noch einmal sagen, dass wir zu dem Verhalten der Türkei mehrfach Stellung bezogen haben, und zwar in vielerlei Hinsicht.
Thiels: Dem kann ich nichts hinzufügen.
Und noch eine Ergänzung: Das Einsatzführungskommando schildert den Vorfall hier:
Irini: Unopposed Boarding Roseline A
(Vorsorglich die Sicherungskopie: 20201123_Irini_Unopposed_Boarding_Roseline_A)
Der Vollständigkeit halber ein letzter Nachtrag: Das Thema tauchte auch auf der Parlamentarischen Versammlung der NATO auf – aus dem Transkript der Rede von NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg und den Fragen der Parlamentarier:
Askin BAK: Thank you very much, Secretary, thank you Mr. President. I will. for the the past two decades, the EU has been deliberately excluding Turkey as a non EU ally from its own defence related initiatives and NATO has not been successful in defending the rights and interests of non EU allies vis-à-vis the EU, in despite of the agreements between the two organizations against this backdrop. Why should we assume that the EU security and defence initiatives, which are obviously in the direction of a more autonomous Union are good for NATO, as you often suggest publicly. How do you plan to uphold non-EU allies’ rights and interests in the time ahead.
Yesterday, the German warship and helicopter stopped and searched a Turkish commercial ship in an abusive and hostile manner. The ship was carrying some commercial goods and mostly humanitarian assistance, don’t you agree that this kind of exclusive and uncoordinated operations did further complicate and harm the Alliance. Thank you.
In seiner Antwort an den türkischen Abgeordneten ging Stoltenberg allerdings nur auf die generelle Frage nach dem Verhältnis von NATO und EU ein – und nicht auf den Vorfall.
(Foto: Screenshot aus dem von türkischen Medien veröffentlichten Video von Bord des Frachters)
RosEline ;-)
[Verdammt. So ein einmal falsch abgespeicherter Name ist schon hartnäckig… Danke, ist korrigiert. T.W.]
@all
Zur Ergänzung Aussagen von BMVg und Auswärtigem Amt oben nachgetragen.
Es ist wirklich erstaunlich, dass die Twitter Diskussion unter dem verlinkten Tweet exakt so aussieht wie jeder Tweet über Trump oder Covid-19. Genau die gleichen Muster, starke Verwendung von Memes und standardisierten Kampfbegriffen.
Mit anderen Worten: diese Mission ist so sinnvoll, wie eine Hausdurchsuchung ohne Durchsuchungbefehl!^^
Man möge mir meinen Sarkasmus verzeihen, aber bei solchen Missionsbestimmungen muss sich doch niemand mehr wundern, dass uns auf der sicherheitspolitischen Bühne niemand mehr für voll nimmt!
Wenn der Bericht des Spiegel heute mit dieser Aussage Recht behält, Zitat :“Da die Kontrollen der EU-Operation nur bei Einverständnis des Staates stattfinden dürfen, unter dessen Flagge die verdächtigen Schiffe fahren, brach die Bundeswehr ihre Aktion sofort ab. ..“ ist diese Mission mehr als unglaubwürdig…
[Sie brauchen hier nicht zu lesen. Aber wenn Sie schon kommentieren, sollten Sie gelesen haben, was hier steht. T.W.]
Sind die Lynx der Marine tatsächlich nicht nachtflugfähig…?
Entweder nimmt man die UN Resolution ernst und setzt das Waffenembargo durch, oder man lässt es bleiben. Für beides gibt es Argumente. Aber dieses halb-und-halb ist ein einziger Treppenwitz. Adenauer oder auch Helmut Schmidt würden sich im Grabe umdrehen.
Frage: Wenn wir mal eine Fregatte ins Südchinesische Meer schicken, wird die sich dann auch zurückziehen, wenn die Chinesen ihr Veto einlegen?
Da im Parallelthread immer wieder nachgefragt wurde, woraus sich das Zustimmungserfordernis des Flaggenstaates ergibt und wie es sein könne, dass das Boarding abgebrochen werden musste:
1. Allgemeiner völkerrechtlicher Grundsatz des Seerechts (UNCLOS): Boarding (auch „kooperativ“) greift in die exclusive (enforcement) jurisdiction an Bord eines Schiffes ein – und die übt erst einmal nur der Flaggenstaat aus. Ausnahme: Der Flaggenstaat (nicht: der ‚master‘!) genehmigt es Dritten.
2. An diesem Grundsatz ändert die maßgebliche UNSCR 2292 ganz ausdrücklich nichts, denn in Ziff. 9. der UNSCR wird ausdrücklich betont, dass die Ermächtigungen der Resolution gerade kein abweichendes oder neues (Völkergewohnheits-) Recht mit Blick auf die exclusive flag state jurisdiction schaffen sollen. An einer solchen „Fernrechtswirkung“ ist nun einmal kein (ständiges) Sicherheitsratsmitglied interessiert.
3. Dementsprechend ist auch in Ziff 3. der UNSCR ausdrücklich als Einschränkung vorgesehen „provided that those Member States make good-faith efforts to first obtain the consent of the vessel’s flag State prior to any inspections pursuant to this paragraph“.
4. Bedeutet im Ergebnis: Es geht an sich schon nicht ohne vorherige Flaggenstaatszustimmung oder jedenfalls möglichst intensive Bemühung um eine solche – legt man aber los, weil diese ausbleibt und man so lange gewartet hat, dass man ein stillschweigendes Einverständnis unterstellt, dann muss man halt abbrechen, wenn sich qua nachträglicher Verlautbarung des Flag States herausstellt, dass dieser sein Einverständnis (nun doch) verweigert.
auf Twitter:
„Ein „Unding“, dass die Türkei versuche, die Kontrolle ihrer Frachter zu behindern, nannte die verteidigungspolitische Sprecherin der FDP, Strack-Zimmermann, den Vorfall. Wenn man das zulasse, könne man die Mission direkt beenden.“
und darunter ein Kommentar eines grauen Wolfes, der den Vorgang in Richtung Piraterie und Kriegserklärung schiebt.
„Mission direkt zu beenden“ ist keine Einzelmeinung.
Zwei Ergänzungen dazu noch.
Passend hat die Bundeswehr auf ihren Kanal Bundeswehr Exclusive bei youtube ein entsprechendes Video eingestellt (koinzidenz).
Was das Verhalten einzelner Soldaten angeht – ohne Wertung – erfährt man, das es sich teilweise um 21 jährige HGs handelt.
2.
Man kann sich sicher sein, das zeitgleich auch jemand in Schwielowsee und in Bonn/Berlin „aufs Knöpfchen“ gedrückt hat oder eben bewusst nicht drauf geklickt hat.
Ähm, mag mir mal jemand diesen Satz erklären: „Die starke Präsenz der Schiffe der Operation im Mittelmeer zeigt uns, dass dieser Abschreckungseffekt inzwischen Wirkung zeigt.“
Wie soll denn bitte aus der bloßen Präsenz der Schiffe auf deren Wirkung geschlossen werden? Das ergibt doch so formuliert wenig Sinn. ‚Weil wir eine starke Präsenz haben, sind wir uns sicher, dass es einen Abschreckungeffekt gibt‘ wäre ja noch nachvollziehbar (wenngleich auch da der Beleg fehlte, dass die präsenz tatsächlich einen Effekt hätte), aber aus der bloßen Präsenz zu folgern, dass sie Wirkung hat ist doch -salopp gesagt- bescheuert. Die Wirkung mag sich ja aus anderen Beobachtungen belegen lassen (zB dass weniger Schiffe Libyen ansteuern), aber doch nicht durch die bloße Präsenz?
Das ist doch im Endeffekt nix anderes als zu sagen ‚Die Operation ist erfolgreich, weil es sie gibt‘. Was doch sehr fragwürdig wäre.
Ich bin etwas überrascht was sich offensichtlich recht viele unter Embargoeinsätzen der EU so vorstellen.
Insbesondere Deutschland achtet eigentlich immer darauf, dass solche Einsätze eher „kooperativ“ angelegt sind. Auch in einer Vielzahl anderer Einsätze war dies der Fall (OEF, UNIFIL, ATALANTA).
Zum Ablauf hier noch eine Stellungnahme des EinsFüKdo:
https://www.bundeswehr.de/de/einsaetze-bundeswehr/zentrales-mittelmeer-eunavfor-med-irini/einsatz-irini-unopposed-boarding-fregatte-hamburg-4582604
@Frank Müller-Rath:
Vielen Dank für die Erläuterungen und Klarstellungen.
Man sollte halt beim Einsatz von Streitkräften auch wissen was man wie und auf welcher Grundlage erreichen will und kann.
Aber insbesondere unsere maritimen Einsätze bleiben ja meist in der Symbolpolitik stecken (OEF, UNIFIL, ATALANTA, etc).
Der heutige Tag hat einfach einer breiteren Öffentlichkeit verdeutlicht wie die Rahmenbedingungen dieser Einsätze sind. Wird aber schon Ende der Woche wieder vergessen sein.
@Frank Müller-Rath
Danke! Ich hatte den Sachverhalt ja schon im Beitrag der MV Royal Diamond 7 Blamage gepostet, aber man kann es nicht oft genug erklären.
Und diese Schuldzuweisungen und vorauseilenden Beschwichtigungen aus der BuPressKonf sprechen ja Bände (seufz):
– Das wurde der Hamburg befohlen!
– Das war alles kooperativ auch die Zwangsmaßnahmen!
– Die Türkei hat die Erlaubnis zurückgenommen (oder später als die nirgends niedergeschriebenen äußerst expliziten 4h geantwortet?)
– Schlimm genug, dass wir da überhaupt sind!
Ich kann nur mit dem Kopf schütteln. Also wenn der Kdt der HAMBURG das Boarding nicht möchte, weil ihn Zweifel plagen, dann findet es auch nicht statt – egal was ein Commander irgendwo befiehlt. Dann ist halt das Wetter zu schlecht, der Heil kaputt, Boote fahren nicht oder die (E) Diesel im Eimer. Das ist doch gelebte Praxis von allen, wenn nationale Vorbehalte bestehen. War hier ja anscheinend nicht der Fall, also kann sich der Kdt der HAMBURG den Schuh schonmal anziehen. Ich nehme an, er hatte aber den Consent vom Kapitän des Händlers und vielleicht die Info der Zustimmung der Türkei über das FHQ/OHQ (wenn es die denn wirklich gab). Also flutscht er da wohl raus.
Zum Vorgehen der Truppe muss er sich aber verantworten. Und körperliche Zwangsmaßnahmen – also das nicht freiwillige Durchsuchen lassen oder gar Einschränkungen der Bewegungsfreiheit unter Gewaltandrohung, sowie etwaiges “RAID” Auftreten sind halt Gaga und handwerklich einfach schlecht. Die Truppe war ja “auf Einladung” da. Der Trick ist ja eben, die Besatzung dazu zu bringen alles freiwillig zu tun – am besten ohne dass sie es merken.
Zur Rumgeheule: “m’ Mission!”:
Was wird erwartet? Der Resolutionstext ist bekannt, sogar amtlich übersetzt ;)
Man WILL es so bzw KANN nicht mehr.
Es ist eben kein “Embargo” sondern lediglich ein Einfuhrverbot ohne harte Kontrollen. Aber das war allen vorher bekannt.
Embargo funktioniert. Aber wer sich mit UNSCR ein wenig befasst, weiß schon wo der Tiger Zähne hat oder wo er Steine lutscht. Wenn so ein Paragraph nicht mit “decides” oder “acting under chapter xy…” beginnt kommt da meist wenig.
Wer wissen möchte wie Embargo geht und wann auch Flag consent keine Rolle mehr spielt der lese bitte die Resolutionen zum Embargo gegen Jugoslawien (z.B. OP Sharp Guard)
https://documents-dds-ny.un.org/doc/UNDOC/GEN/N92/723/03/IMG/N9272303.pdf?OpenElement
https://documents-dds-ny.un.org/doc/UNDOC/GEN/N93/222/97/IMG/N9322297.pdf?OpenElement
Alles kein Hexenwerk – muss man nur Mehrheiten finden.
@Zephyr
Klar fliegen die nachts, das heißt aber nicht, dass man ohne Not das Risiko eingehen muss, ein ganzes Boardingteam nachts von einem Frachter abzuwinschen, wenn es eine Alternative in Form von ein paar Stunden warten gibt. Ohne jetzt zu wissen, wie der Entscheidungsprozess vor Ort gelaufen ist.
Die Marine wäre da deutlich weiter gekommen, wenn der Frachter unter Piratenflagge gefahren wäre.
Auf hoher See gilt für registrierte Schiffe eine gewisse Narrenfreiheit, die erst wieder in den Hoheitsgewässern des Landes endet, in dem man anlegen will.
@ O.Punkt
Wie ist den nach Ihrer Vorstellung ein Boardingteam aufgestellt?
Das ist Truppendienst, d.h. mit Masse Mannschaftssoldaten, PUO als Gruppenführer. Da ist der 21-jährige HG wohl durchaus keine Ausnahme.
da kann man schon die sinnhaftigkeit der Mission an sich in Frage stellen…wenn die Länder unter deren Flagge ein Schiff fährt ein Veto gegen eine Untersuchung einlegen können
andere frage…wieso muss eine hochwert Luftabwehr Fregatte solch eine Mission durchführen!?
da gibt es doch bestimmt günstigere Lösungen (k130, Tender, EGV, F123)
F125 ist ja leider noch nicht einsatzbereit …
positiv dass mindestens ein Lynx aktuell einsatzbereit ist ;-)
Nach der Logik des Auftrages sollte vielleicht das Finanzamt künftig auch auf Steuerprüfungen verzichten. Das würde auch eine sehr „erfolgreiche“ Mission werden.
Hat jemand schon Mal gute Argumente für eine Teilnahme an der Mission IRINI gehört? Es hört sich unsinnig an aber ich kann mir nicht vorstellen, dass man das Geld und die Soldaten nur für ein Theater einsetzt. Man wird sich doch was bei gedacht haben…
Die Türkei bestellt die Botschafter der EU, Italiens und Deutschlands ein.
Nach TUR Auffassung hätte Deutsche Marine nicht an Bord gehen dürfen, ohne ausdrückliche Zustimmung aus Ankara.
Bisher nur in NLD Medien gefunden.
NOS Teletekst: https://mobile.twitter.com/hdevreij/status/1330987072694448139/photo/1
@FMR
„2. An diesem Grundsatz ändert die maßgebliche UNSCR 2292 ganz ausdrücklich nichts, denn in Ziff. 9. der UNSCR wird ausdrücklich betont, dass die Ermächtigungen der Resolution gerade kein abweichendes oder neues (Völkergewohnheits-) Recht mit Blick auf die exclusive flag state jurisdiction schaffen sollen.“
Das stimmt so pauschal nicht Lesen wir nochmal den entsprechenden Text von Nr3 und 9:
3) Decides, with a view to addressing the threat posed by unsecured arms and ammunitions in Libya and their proliferation, to AUTHORIZE, in these exceptional and specific circumstances for a period of 12 months from the date of this resolution Member States, acting nationally or through regional organizations, with appropriate consultations with the GNA, in order to ensure STRICT IMPLEMENTATION of the arms embargo on Libya, to inspect, without undue delay, on the high seas off the coast of Libya, vessels bound to or from Libya which they have reasonable grounds to believe are carrying arms or related materiel to or from Libya, directly or indirectly, in violation of paragraphs 9 or 10 of resolution 1970 (2011), as modified by paragraph 13 of 2009 (2011), paragraphs 9 and 10 of 2095 (2013) and paragraph 8 of 2174 (2014), PROVIDED that those Member States make good-faith EFFORTS to first obtain the consent of the vessel’s flag State prior to any inspections pursuant to this paragraph, and calls upon all flag States of above-mentioned vessels to cooperate with such inspections;
9) Affirms that the authorizations provided in this resolution apply only with respect to the smuggling of illegal arms and related materiel on the high seas off the coast of Libya and shall not affect the rights or obligations or responsibilities of Member States under international law, including any rights or obligations under UNCLOS, including the general principle of exclusive jurisdiction of a Flag State over its vessels on the high seas, with respect to any OTHER situation, …
3) macht das Zugriffsrecht ausdrücklich nur davon abhängig, das VERSUCHT wird, das Einverständnis zu erhalten. Das ist eine Frage der Comity between Nations. Dass der Flaggenstaat zustimmt wird gerade nicht gefordert. Dieser ist nämlich bereits durch das bestehende Embargo verpflichtet, bei der ganzen Sache positiv mitzuwirken.
Und all die Verbote in den Embargo-Resolutionen, die dieser vorangingen und weitergelten*, richteten sich direkt gegen Staaten, nicht nur private Schmuggler.
in 9) wird die Hoheit des Flaggenstaates ausdrücklich nur bezüglich einer „OTHER situation“ als Hinderungsgrund akzeptiert – nicht aber, wenn ein Verdachtsgrund für das Vorliegen einer Waffenlieferung (wie in 3) definiert) besteht.
Die entscheidende Frage ist also: gab es einen guten Grund, das Schiff zu durchsuchen, oder war es nur eine verdachtsunabhängige Stichprobe. Nur in letzterem Fall bestünde tatsächlich ein Vetorecht der Türkei.
Im ersteren Falle nicht, soweit es die Resolution betrifft. Die Beschränkung auf Zustimmungsfälle besteht insoweit nur, weil die EU (unter erheblicher deutscher Mitwirkung) bei der Implementierung die Hosen gestrichen voll hatte und den Spielraum, den die UN Resolution gewährt, nicht ausgeschöpft hat. Sich insoweit auf „Völkerrecht“ als Hinderungsgrund zu berufen, ist mehr als feige.
Kurz gesagt: Falls ein Verdachtsgrund für die Durchsuchung vorlag, sind die Beschwerden der Türkei ziemlich haltlos.
*The Security Council, Recalling the ARMS EMBARGO on Libya which was imposed, modified and REAFFIRMED by resolutions 1970 (2011), 1973 (2011), 2009 (2011), 2040 (2012), 2095 (2013), 2144 (2014), 2174 (2014), 2213 (2015), 2214 (2015), and 2278 (2016)
@Frank Müller-Rath, @ Memoria und @Jas: Ihre Kommentare sind wirklich überzeugend. Die Rahmenbedingungen und Möglichkeiten des Einsatzes sind eindeutig beschrieben.
Gewiss ist ein Einfuhrverbot von Waffen in ein Konfliktgebiet eine ernste Angelegenheit. Und unter den ausgehandelten Rahmenbedingungen wirkt die Kontrolle halt erst einmal schwierig bis unmöglich. Oder es grenzt an ein Pokerspiel.
Aber wer ein gutes Blatt hat und nichts zu verbergen hat, sollte doch einem kooperativen Boarding und einer Inspektion ohne Zögern zustimmen. Und selbst wenn man als Flaggenstaat erst spät über die bereits laufende Inspektion informiert würde. Das stärkt doch die Glaubwürdigkeit ungemein. Und wenn im Ergebnis nichts gefunden wird, kann man sich als Flaggenstaat doch ganz entspannt zurücklehnen. Tut nicht weh und kostet auch nix. Im Gegenteil, als womöglich problematisch eingestufter Staat kann man das Ergebnis doch als wahren Erfolg und Sieg über die Zweifler verkaufen und souverän diplomatisch austeilen: „Die bösen und gemeinen Zweifler. Wir sind ein Rechtsstaat. Wir repräsentieren Rechtschaffenheit. Wir halten uns selbstverständlich an Einfuhrverbote. Wir würden niemals Waffen in Krisengebiete liefern. Das weis jeder. Und das ist der Beweis. Schämt Euch für diesen Vertrauensbruch und diesen Verstoß gegen internationales Recht. Wir werden deshalb keiner weiteren Inspektion unserer Schiffe zustimmen. Blablabla“ (oder so ähnlich)
Aber wer ein schlechtes Blatt hat, emotional-unbeherrscht agiert oder ein Looser beim Pokern ist, der macht es genauso wie in diesem Fall. Wenn man eine bereits laufende Inspektion untersagt… verspielt damit den Rest an Glaubwürdigkeit. Das wirkt doch wie ein Geständnis, nur viel peinlicher. Nun fühlt sich jeder Zweifler in seinem Verdacht bestätigt, dass dieser Flaggenstaat gegen ein Einfuhrverbot für Waffen in ein Krisengebiet verstößt. Da hilft auch keine diplomatische Empörung mehr. Es gibt zwar keinen Beweis… aber die Glaubwürdigkeit in dieser Sache ist meines Erachtens vollkommen verspielt. Kann man so machen…
Auch unter diesen ungünstigen Rahmenbedingungen lässt sich wohl scheinbar ein Ergebnis erzielen.
Auch wenn ich die „Enttäuschung“ vieler, dass man die Untersuchung hat Abbrechen müssen, verstehen kann: Die Nachricht ist, dass die Türkei eine Untersuchung eines türkischen Frachters auf dem Weg nach Libyen scheut. Kalr, Unschuldsvermutung usw., aber eigentlich denkt sich doch jeder: „Na, die wollten sich nicht untersuchen lassen, weil sie was zu verbergen haben.“ Wie analog der Frachter mit dem Flugbenzin an Bord.
Klar, stichhaltige Beweise („smoking guns“; bzw. mindestens „guns“ in einem der Container) wären natürlich besser gewesen – aber auch so ist das Narrativ in der Welt: „Türkischer Frachter darf nicht untersucht werden (obwohl Verdachtsmomente bestehen).“
Und zum „kooperativen Vorgehen“: Mich wundert, dass noch keiner der Kameraden hier auf die Stichworte „Eigensicherung“ „Eskalationsfähigkeit“ etc. hingewiesen hat. Meine Marine- und Boardingerfahrung ist 0, aber dass man da nicht in Badehose und nur mit Waschlappen bewaffnet auftritt ist selbst mir klar…
Mir ist nicht ganz klar warum sich die türkische Regierung in eine Kontrolle einmischt die sie vor der UN selbst unterstützt.
Angemommen man findet bei einer von der Türkei genehmigten Kontrolle Schmuggelware dann ist formaljuristisch der Kapitän des Schiffes haftbar aber nicht die türkische Regierung. Im Gegenteil, die Türkei stände als verlässlicher Partner da.
Nachdem die Türkei die Kontrolle aber untersagt hat übernimmt sie ja letztlich auch die volle Verantwortung für die Legalität der Fracht. Wenn also aus anderen Quellen Details über die Schmuggelware bekannt werden ist der Ruf der Türkei nachhaltig beschädigt um nicht zu sagen als Partner disqualifiziert da sie auf staatlicher Ebene die Verantwortung für einen Völkerrechtsbruch übernommen hat (sofern überhaupt noch irgendjemand daran glaubt daß die Türkei ein Partner ist – vermutlich ist inzwischen selbst der Iran ein zuverlässigerer Partner – wer Ironie findet darf sie behalten).
Ich denke, dass die diplomatische Reaktion der Türkei so massiv ist, weil der Vorfall so sehr schmerzt. Ein türkischer Frachter im östlichen Mittelmeer durch ein deutsches Kriegsschiff geboardet! Das wäre ja so als wenn in der Nordsee eine türkische Fregatte ein deutsches Containerschiff aufbringen würde….
Da werden sich auch in der Türkei ein paar Leute die Frage gefallen lassen müssen, wie es so weit kommen konnte. Eine Aussage „Die Türkei kann sich alleine verteidigen – im Gegensatz zur EU“ – wird dadurch jedenfalls nicht untermauert. Dass die Hamburg dort vor Ort ist und welchen Auftrag sie hat, war der Türkei ja bekannt. Und dass Lieferungen nach Libyen unter besonderer Beobachtung stehen auch. „Freiheit der Handelswege garantieren“ wird in Zukunft ein noch spannenderes Thema werden, wenn dies so weitergeht.
@ Positroll
danke. Ähnliche Überlegungen hatte ich im anderen thread ja auch schon angestellt.
Auch ich lese die Resolution so, dass die grundsätzliche Völkerrechtliche Pflicht zur Einholung eines Einverständnisses des Flaggenstaates durch die Resolutionen im Rahmen von deren Anwendungsfällen gerade abbedungen wird.
Die durch JAS et.al. anführt Klausel kein neues Völkerrgewohnheitsrecht erzeugen zu wollen ist insofern ja irrelevant, weil sie sich eben nur auf Fälle außerhalb des Anwendungsbereiches der Reolution bezieht in denen kein neues Gewohnheitsrecht gefördert werden soll.
Beachtenswert ist imho auch die Aufforderung der Resolution „and calls upon all flag States of above-mentioned vessels to cooperate with such inspections; “ der die Türkei hier zumindest resolutionsunfreundlich nicht Folge geleistet hat.
Politisch kann man hier sicher über Sinn und Zweck des einsatzes streiten, rechtlich hätte sich hier mit mehr Selbstbewusstsein ein nichtkooperatives Boarding auf Basis von UN und EU Ratsresolution rechtfertigen lassen.
Das es noch weitergehende operative Einschränkungen (ROE) gibt auf die wir keinen Zugriff haben mag sein, dass wäre dann aber keine Frage des Völkerrechts
@Fußgaenger
„Und zum „kooperativen Vorgehen“: Mich wundert, dass noch keiner der Kameraden hier auf die Stichworte „Eigensicherung“ „Eskalationsfähigkeit“ etc. hingewiesen hat. Meine Marine- und Boardingerfahrung ist 0, aber dass man da nicht in Badehose und nur mit Waschlappen bewaffnet auftritt ist selbst mir klar…“
Und genau da wird’s eben wichtig:
Eigensicherung haben sie, indem sie ein paar einfache Grundsätze anwenden und ein komplett bewaffnetes Team auf dem Kontakt haben. Fingerspitzengefühl ist aber Vertrauenswährung – war hier wohl noch ausbaufähig.
Sie müssen sich so eine kooperative Boardingoperation wie eine Zollkontrolle – nur ohne eigene Jurisdiktion und freiwillig – vorstellen. Das ist ein guter Bewertungsmaßstab. Immer wenn die Truppe was tut und sich vorher fragt „Würde das der Zoll jetzt auch so machen“ kriegt man ein gutes Gefühl für die Angemessenheit der Mittel.
Waffen und Ausrüstung mitführen? klar.
Waffen von Anfang an als Drohmittel einsetzen um Kooperation zu erzwingen? nein.
Den Schiffsführer beten die Brücke bis auf das Notwendigste auszudünnen und die Besatzung an einen Ort zu sammeln? klar mit dem richtigen Mandat sogar anweisen.
Leute grundsätzlich unter Waffen abführen und sie durchsuchen? nein
usw…
Das ist eben die Kunst für die man die Truppe ausbilden muss. Was sagt das Mandat, was geben die ROE her und was ist langfristig wirklich sinnvoll im Seegebiet. Klingt zwar doof aber: Embargo lebt tatsächlich vom Mitmachen ;)
Deshalb ist normales Boarding viel Kenntnis von Ladepapieren, Zollbestimmungen, Transportwesen und Schiffskunde und weniger PengPeng und die Brücke sichern. – Dafür gibt es bei Bedarf eben auch andere (Spezial)Kräfte.
Normales Boarding hatte (als man es ernst meinte) auch den ECLO – Embargo Control Liasion Officer – also einen zivilen Kapitän der genau wusste wie Schmuggel funktioniert und wie man Bücher frisiert. Weder bei SOPHIA noch IRINI sind die mWn dabei – auch das sagt schon viel über den eigentlichen Willen, aber auch die Professionalität aus.
Und bei einem Containerfrachter sammelt man eh nur Verdachtsmomente auf See und beantragt dann bei ausreichendem Verdacht über das OHQ eine Umleitung in einen Hafen. Aber dafür muss man eben geschult werden – oder den ECLO dabei haben. Wer nicht weiß WIE man schmuggelt muss eben auf den losen Waffenhaufen im Lagerraum hoffen. Und ob das so erfolgsversprechend ist…
Spannend wäre ja gewesen wass passiert wäre wenn die Tur. kein Veto eingelegt hätte. Dann müsste man ja jeden Container ausladen und durchsuchen. Wie soll das bei im zweifel mehreren hundert Containern gehen? Ist denn auch der Einsatz von Sprengstoffschnüffelhunden vorgesehen?
@nichtkooperatives Boarding
Bei der wohlfeilen Forderung nach Durchsetzung des Boardings möge jeder bedenken, daß die Türkei auch Kriegsschiffe im Mittelmeer auf See hat, über und unter Wasser, und bereit ist, diese zum Schutz ihrer Frachtschiffe einzusetzen. An das Standoff mit den Franzosen sei erinnert, das zum Rückzug Frankreichs aus der Mission geführt hat. Die Anzahl der Missionsteilnehmer, die tatsächlich bereit sind, zur Durchsetzung des Embargos ihre Seeleute und vor allem eines ihrer Marineschiffe zu riskieren dürfte sehr, sehr überschaubar sein. Es ist unter diesen Umständen weise, ein Boarding zu beenden, wenn der Flaggenstaat ein Veto einlegt. Zumindest bei Flaggenstaaten, die kampfstarke Marineassets im vor Ort haben.
„Am gesamten Personal, einschließlich dem Kapitän, wurde zwangsweise eine Leibesvisitation durchgeführt“.
Ohne nähere Details zu wissen, muss man hier wohl einmal den Boardingsoldaten ein großes Lob aussprechen.
Denn wenn das einzige Problem, das die sich beschwerende Seite mit dem Verhalten der Boardingsoldaten hat, ist, dass „Leibesvisitationen“ durchgeführt wurden (sehr wahrscheinlich zur Eigensicherung), dann Hut ab.
Keine „Beschimpfungen“ oder gar „Anwendung von unmittelbarem Zwang“ über die man viel mehr Stimmung hätte machen können. Und das obwohl es scheinbar auch hitzigere Diskussionen gab, wie im Video zu sehen.
So blieb nur entweder eine Lüge zu verbreiten oder das schlimmste tatsächliche Übel aufzubauschen: „Leibesvisitationen“.
Kurzum: Gute Arbeit ans Boardingteam!
@Mitleser
Ob weise oder nicht, spielt keine Rolle, wie inzwischen gelernt werden durfte. Genausowenig ist die Anwesenheit ja/nein kampfstarker Marineassets von Bedeutung.
Legt der Flaggenstaat sein Veto ein, ist die Mission abzubrechen, zumal die EU-Missionsführung sich darauf verständigte, ohne Zustimmung des Flaggenstaates kein Boarding. Aus deutscher Sicht besteht eben völkerrechtlich ein Veto-Recht des Flaggenstaates, siehe oben.
Stellungnahme Operationsführung IRINI.
https://eeas.europa.eu/headquarters/headquarters-homepage/89221/operation-irini-statement-spokesperson-recent-inspection-turkish-vessel_en
Auf der Pressekonferenz wurde gesagt:
„… keine Schlüsse auf den Sinn der Mitgliedschaft der Türkei in Verteidigungsbündnissen ziehen.“
.. das „mehreren“ stammt aus der Frage.
Kann mir jemand auf die Sprünge helfen, was es mit dem Plural auf sich hat? Ich habe nur die NATO-Mitgliedschaft der Türkei vor Augen, in dem EU-internen Bündnis nach TEU ist sie ja nicht drin.
@thonar: Kam mir auch sehr gediegen vor, wenn man bedenkt dass auf Schiffen auh mal der ein oder der andere islamische Milizionär mitfährt.
Auch dass der Matrose im Bild vor dem Soldaten läuft und sein Kamerad im Hintergrund in Patrollienhaltung, ist doch alles sehr entspannt.
„Der entscheidende Punkt an dieser Stelle ist die Festlegung make good-faith efforts to first obtain the consent of the vessel’s flag State prior to any inspections – mit anderen Worten: sich um die Zustimmung des Flaggenstaates zu bemühen, dem an dieser Stelle kein Veto-Recht zugesprochen wird“
Nein, das ist nicht der entscheidende Punkt.
Das ist gelinde gesagt schwierig, wenn sich jemand, ohne Kenntnis des internationalen Rechts, eine Beurteilung anmaßt, was der entscheidende Punkt in einem völkerrechtlichen Rechtsstreit sei.
Der Flaggenstaat hat ein Vetorecht, ebenso der Kapitän, genauer gesagt darf keine Inspektion ohne Zustimmung von beiden stattfinden. Das ergibt sich aus dem wirklichen springenden Punkt, nämlich dem internationalen Seerecht. Darauf wird in der zitierten Passage indirekt Bezug genommen:
„to inspect, without undue delay, on the high seas off the coast of Libya, vessels bound to or from Libya which they have reasonable grounds…“
„Off the coast“ bedeutet das Schiff muss nicht an der Küste sein, nicht im Hafen ABER IN LIBYSCHEN GEWÄSSERN.
„rund 200 Kilometer nördlich der libyschen Hafenstadt Bengasi“ ist aber weit außerhalb der libyschen Gewässer, die nur 12 km von der Küste reichen.
„dem Flaggenstaat wird das Veto-Recht zugestanden: Operation Irini is a very…“
Nein, das ist nur die Klarstellung des Status quo des internationalen Seerechts. Sie können nicht eine Klarstellung als Zugeständnis interpretieren.
„Sofern innerhalb einer bestimmten Frist – um die vier Stunden – kein Widerspruch vorliegt, gilt dies als stillschweigende Zustimmung.“
Das ist nach Völkerrecht wiederum rechtswidrig. Es gibt keine stillschweigende Zustimmung im internationalen Recht. Hier wird ein einseitig eingeführtes militärisches Verfahren als gegebenes Recht unterstellt.
Da Ihre Frage ignoriert wurde: „Kann ein Flaggenstaat immer ein Veto einlegen, damit die Schiffe nie kontrolliert werden? Angenommen, die Türken schmuggelten Waffen nach Libyen; dann müssten sie, wenn deutsche Marinesoldaten kommen und gucken wollen, eigentlich immer nur Nein sagen, und dann könnten die Schiffe weiterfahren. Habe ich das richtig verstanden?“ will ich sie beantworten. Ja, genau so ist das. Wir haben es hier nämlich, wie immer bei Staaten, nicht mit richtig und falsch zu tun, Gerechtigkeit, das würde Politiker nämlich unverzüglich entmachten, sondern mit einem Rechtspositivimus genannten Konstrukt, wonach das Recht durchzusetzen ist, hier das internationale Seerecht, ganz gleich ob richtig oder falsch oder gerecht. Und nach internationalem Seerecht darf niemand an Bord eines anderen Schiffes gehen oder es sonstwie bedrängen oder nötigen, sofern es sich nicht in seinem Hoheitsgebiet befindet.
„Frage: Erneut handelt das Nato-Mitglied Türkei gegen die Interessen der Mitglieder der Nato. Wie sinnvoll kann vor diesem Hintergrund die Mitgliedschaft in mehreren Verteidigungsbündnissen sein, wenn sich Partner über Bündnisse hinweg derart verhalten?“
Frankreich und die USA unterstützen General Haftar, die Türkei die Regierung in Tripolis. Die Frage ist berechtigt aber man müsste sie in alle Richtungen stellen, vor allem an die USA, die Haftar zum Sturz Gaddafis überhaupt in diese Position gebracht haben, wieder Krieg führen zu können. Wie sie auch die Taliban aufgebaut haben um Russland in den Afghanistan Krieg zu ziehen, die radikalislamische „syrische Opposition“, um Assad zu stürzen usw…
——
„Nach Darstellung der Türkei transportiert die Roseline A Hilfsgüter wie Lebensmittel und Farben für Libyen“
Farben sind Hilfsgüter?! Deren Zusammensetzung sollte man sich mal ansehen.
„das Bundeswehr-Team sei allerdings bis zum Montagmorgen an Bord geblieben, um aus Sicherheitsgründen erst bei Tageslicht mit dem Hubschrauber zur Fregatte zurückzukehren,“
Und wenn „der böse Russe“ nachts angreift?
[Pardon, aber da sind Sie doch ein wenig inkonsistent in Ihrer Argumentation…
Nein. „on the high seas“ bedeutet genau das nicht. Insofern fällt es etwas schwer, Ihrer Interpretation zuzustimmen.
T.W.]
@Kriegsrecht-links:
„Der Flaggenstaat hat ein Vetorecht, ebenso der Kapitän, genauer gesagt darf keine Inspektion ohne Zustimmung von beiden stattfinden. “
Schon hier am Anfang der entscheidende Fehler Ihrerseits:
Es ist eben keine Zustimmung von beiden erforderlich.
Es ist die Zustimmung des Kapitäns erforderlich UND
es ist erforderlich, dass der Flaggenstaat kein Veto einlegt gegen ein Boardingersuchen.
Dafür hat der Flaggenstaat ein bisschen Bedenkzeit und der Boardingersuchende (IRINI) die Pflicht den Flaggenstaat anzufragen.
Also nicht: 2 mal aktive Zustimmung,
sondern: 1 mal aktive Zustimmung + 1 mal passive Zustimmung (kein Widerspruch einlegen)
Mehr geht natürlich immer (2 mal aktive Zustimmung), aber ist nicht die Bedingung zum Boarden!
Wenn also Boardingersuchen um 17:00 Uhr an Kapitän gestellt wird und um 17:05 an den Flaggenstaat und der Kapitän um 17:30 zustimmt und der Flaggenstaat sich nicht zu dem Ersuchen äußert, kann das Boarding durchgeführt werden. Es findet dann kooperativ (weil Kapitän zugestimmt hat) statt.
Wenn dann in der ganzen Zeit des Boardings/Durchsuchung der Flaggenstaat sich nicht zum Boarding äußert und das Boarding erfolgreich beendet wird, sagen wir um 08:00 Uhr nächsten Tag, ist der Vorgang abgeschlossen. Dann kann der Flaggenstaat auch nichts mehr machen, Boarding wurde erfolgreich und nach den Regeln durchgeführt. Flaggenstaat hat dem Boarding nicht widersprochen (kein Veto).
In diesem Fall war es jetzt anders und es lief alles nach den Regeln, eigentlich schon vorbildlich, ab mit anschließendem Streit.
Die große Frage ist allerdings:
Da die Boardingcrew nachts nicht abgeholt wurde mit dem Hubschrauber und erst nächsten morgen bei Tageslicht – war das von Anfang an geplant?
Dauer ein Boardingprozess so lange und hätte man nach Plan sowieso die ganze Nacht das Schiff und die Papiere durchsucht?
Oder wäre dann nachts doch der Lynx geflogen und man hat sich jetzt anders entschieden, weil der Prozess abgebrochen wurde.
Welche Gründe sprachen dann auf einmal dagegen?
Salve,
da ich Erfahrung auf Containerschiffen habe, stellt sich mir die Frage, wie man die Container auf dem Schiff durchsuchen will?
Die Container sind zufällig angeordnet, sie können Ihre Türen gegeneinander stehen haben, wären also nur bei Zerstörung des Containers zu durchsuchen. Bei Durchsuchung des darunter befindlichen Containers müßte dann der obere (zerstörte) Container von Bord gebracht (ins Meer geworfen) werden.
Man kann also nur einige Container öffenen deren Türen zur Bordwand zeigen UND über diese hinaus gestapelt sind. Man seilt sich dann ab, öffnet nach Beseitigung eines Zollsiegels die Türen und sieht vermutlich eine Wand von eingeschweisten Waren auf Paletten! Auspacken kann man da natürlich nichts, außer man legt die Fregatte direkt an das Containerschiff und entläd die Ware auf die Fregatte. Klingt nicht nur abenteuerlich, ist es auch.
Man kann die Waren nur in einem Hafen prüfen, oder mittels Durchleuchtung, was aber auch nur bei der oberen Lage möglich wäre.
Mein Fazit: Bei einer Durchsuchung eines Containerschiffes außerhalb eines Hafens kann man nur die Papiere prüfen.
Daher erschließt sich mir weder der Befehl des Boardings, noch der Widerspruch der türkischen Regierung.
@Hans II:
Nichts wird so heiß gegessen wie es gekocht wird.
Ich nehme an, die türkische Seite hat sich irgendwann erinnert, dass da ein Grieche das Kommando hat und die Gelegenheit beim Schopf gepackt und eine Szene gemacht. Ganz im Rahmen des Narrativs, „aber der aggressive, böse Grieche, wir armen humanitären Türken, und die EU/BW hält denen auch noch das Messer“.
Denn, wenn man Libya.liveuamap.com mitplottet, so landen mindestens mehrmals wöchentlich türkische Maschinen der türkischen Luftwaffe im Westen Libyens.
P. S: Mal sehen ob und wie sich diese PsyOps in der türkischstämmigen deutschen Bevölkerung ausbreitet und ob es zu „sentiments“ kommt…
„Der Flaggenstaat hat ein Vetorecht“
Nicht nach UN Mandat. Nur weil die EU (incl GER) zu feige war, dieses voll durchzusetzen, und sich selbst unnötig die Hände gebunden hat. S meinen obigen Kommentar.
Auf so eine Selbstbindung kann sich die Türkei aber nicht wirklich berufen, vor allem solange sie sich bei einer Anfrage nicht meldet.
@Odysseus: Danke für Ihren Hinweis, dass das Boarding-Ersuchen an den Flaggenstaat gerichtet wird.
Also quasi angekündigt.
Daher wäre es also auch kein stillschweigendes anerkennen, sondern eben kein Veto.
Die Ministerin sieht bei den rechtlichen Grundlagen des Einsatzes auf europäischer Ebene noch Klärungsbedarf:
„Das Gleiche gilt für die Frage, was zu geschehen hat, wenn sich beispielsweise eine Annäherung an ein türkisches Schiff ereignet. Das ist aus unserer Sicht immer noch nicht befriedigend gelöst, und deswegen sind wir gemeinsam mit dem Auswärtigen Amt und dem Auswärtigen Dienst der Europäischen Union in einer harten Diskussion, damit die Soldatinnen und Soldaten, die im Einsatz sind, eine klare Geschäftsgrundlage haben.“
https://www.kas.de/de/web/die-politische-meinung/artikel/detail/-/content/interview-zeitenwende
Mal wieder der alte Trick der Berliner Politik so zu tun als würden diese Dinge „in Brüssel“ entschieden und nicht von den nationalen Regierungen.
Das AA und das BMVg hat es vorab entweder nicht wirklich interessiert oder man hat aktiv an diesem Rahmen mitgearbeitet (Deeskalation).
Reden und Handeln gehen auch bei dieser Ministerin immer weiter auseinander.
@Memoria
IRINI auf Basis UN Mandat ist eine EUropäische Operation.
Selbstverständlich werden „in Brüssel“ die Verfahren der Operation festgelegt, nicht in x-beliebigen Hauptstädten.
Die Zukunft der Op sollte in Brüssel und den Hauptstädten perspektivisch mehr im Fokus liegen, als TUR Irrationalität. Am 31.03.21 läuft das Mandat aus. In Anbetracht der langwierigen EU-Entscheidungsprozesse kümmere man sich zielführender und rechtzeitig um Nachfolge/Verlängerung/Ende der Op.
Angesichts der günstigen Entwicklung in Libyen, kann eine Beendigung in der Tat zum Tragen kommen.
@KPK:
Die GSVP ist intergouvermental.
Gerade auch in den Details.
In Brüssel entscheiden in diesen Themen nationale Regierungen im jeweiligen Rat.
Die Ministerin will hiervon erneut ablenken.
@Couthon
Ich dachte immer ISO-Container haben normalerweise die Tür(en) an der/den kurzen Seite(n).
Wie könnte da ein Container mit Tür zur Bordseite stehen ? In einem reinen Container Schiff stehen diese längs im Schiff wie durch die Cellguides vorgegeben. Zwischen den Containern Zeilen ist Platz zur Ladungssicherung teilweise auch in From einer begehbaren Lashingbridge. Über Deck ist bei diesem Schiff alle 40′ eine Gasse zum Lashing. Dort ließe sich jeder 40′ Container nach entfernen der Lashingstangen öffnen.
@ex_inst: So war mit das auch (grob) geläufig. Hat ja mit den Sicherheitsbestimmungen zu tun, dass Ladung zugänglich ist.
Leiter kennen wir den Instanzenzug nicht, den die Meldung innerhalb der Türkei gemacht hat, und an (von) welcher Stelle ein Veto durchgesetzt wurde.
Es gab wohl durchaus belastbare Nachrichten:
„Wie aus einem der dpa vorliegenden Geheimdokument der EU hervorgeht, wurde zu dem Frachter sogar schon ein Sonderbericht für Waffenembargo-Experten der Vereinten Nation verfasst. Er beruhte nach Informationen aus EU-Kreisen auf Aufklärungsergebnissen.“
Über SZ Online, leider habe ich keinen Zugang zu DPA.
@Thomas Melber:
Streit über Bundeswehr-Inspektion Satellitenaufnahmen deuten auf Waffenschmuggel auf türkischem Frachter hin
https://www.spiegel.de/politik/ausland/tuerkei-in-libyen-konflikt-satellitenaufnahmen-deuten-auf-waffenschmuggel-auf-frachter-hin-a-00000000-0002-0001-0000-000174211418
@AOR
Mein Kopfschütteln wird chronisch.
Was macht die Marine/IRINI da? WENN man solche belastbare Intel hat, rumpelt man doch nicht mit ein paar Hauptgefreiten und ohne ECLO auf nen Containerschiff. Das ist politisch so sensitiv und zeitkritisch, WENN man es schon riskiert, dann mit nem Plan.
Ist die Intel belastbar? Dann weiß man wonach man sucht: Größe und Gewicht ergibt ein paar logische Positionen in der Ladung.
Ist man bereit das politische Echo abzufedern? Ok dann aber energisch aufs Ergebnis arbeiten.
Dann ECLO her. Ggf SpezKr drauf. Kurzes Hallo, Bücher auf, Diskrepanz/Verdacht feststellen und Diversion anordnen. Schnell zu den Containern und Verdacht bestätigen oder eben pokern(Belastbare Intel). Hier ist der Wille und ein professioneller Plan entscheidend. Das Video zeigt ne “Gesprächsführung” wie man es eben nicht macht und der Plan war wohl Angeln im Klärbecken….
Kurzum:
Wenn man sich so sicher ist, dass man es in Kauf nimmt ein türkisches Schiff zu boarden, dann muss man auch die Eier haben, umgehend nach außen zu treten (Als IRINI) und den Embargobruch vorwerfen, umleiten, durchsuchen und fündig werden. Politisches Gewitter inklusive.
Wenn man die Intel NICHT hat, dann hat sich DEU (abermals) zum willfährigen Affen machen lassen. Dann war hier nie Aussicht auf Erfolg und das Boarding kam von vorne herein mit nem diplomatischen Preisschild für DEU und ohne echten Effekt…
[Ah ja, ne ECLO. Hatte ich bestimmt früher auch mal, hatten wir doch alle… Mal ernsthaft: Können wir solche Abkürzungen, die nicht so geläufig sind, vielleicht einmal wenigstens ausschreiben und/oder erläutern? T.W.]
@Jas sagt: 27.11.2020 um 19:01 Uhr
Ich rate dazu, über Operationsführung nicht zu spekulieren.
Das wird selten der Realität gerecht.
@Wiegold
Sorry – ich hatte es oben aber schonmal erklärt – hier nochmal:
Normales Boarding hatte (als man es ernst meinte) auch den ECLO – Embargo Control Liasion Officer – also einen zivilen Kapitän der genau wusste wie Schmuggel funktioniert und wie man Bücher frisiert.
@Koffer
Man braucht nicht über Operationsführung zu spekulieren – Das Mandat, das Vorgehen und die erreichten Effekte sprechen ja für sich. IRINI hat sich als zahnloser Tiger präsentiert und DEU als hemdsärmeliger Gehilfe potentiell national motivierter Spielchen, denn aus IRINI Sicht, kann man das Boarding mit diesem Mandat nicht ernst gemeint haben.
@Koffer, @JAS:
Einige Rahmendaten haben wir ja und auch Ziele wie Strategie der Akteure des Konflikts sind geläufig. Das BMVg hat entsprechen Infos öffentlich gemacht.
Sicher, wenn die Intel belastbar ist hätte man härter vorgehen können. Man hätte per Auffinden der illegal transportierten Güter einen Schmuggel nachgewiesen.
Aber mit welchem Effekt?
Es wäre bewiesen worden, was eh jeder weiß. Und für die Anhänger des Regimes Erdogan wäre bestätigt gewesen, Deutschland und die EU sind zumindest harte politische Gegner.
Wir haben uns auferlegt, wenn der Flaggenstaat wie der Kapitän das Boarding verweigern, brechen wir ab.
Das Verhalten der Türkei spricht doch Bände und in letzter Konsequenz kann nur Ankara entscheiden ob man Partner im Rahmen internationalen Rechts ist, oder nicht? Ob Annäherung an die EU und Wertegemeinschaft mit der NATO von Vorteil sind, oder nicht?
Und da gehe ich z. B mit @muck dacore, da stellt sich die Frage ob man in der Türkei nicht die Entscheidung trifft, sich selbst aus derartigen Institutionen zu geleiten.
Und da gehe ich mit der NATO dacore, wir brechen die Allianz nicht an Stellen auf, an welchen sie im Nachgang unglaubwürdig erscheinen würde. Man kann die Nato nur selbst verlassen.
Ganz im Sinne zu @Koffers Ausführungen zu Pflicht im anderen Faden…
@Jas sagt: 27.11.2020 um 20:52 Uhr
„Man braucht nicht über Operationsführung zu spekulieren – Das Mandat, das Vorgehen und die erreichten Effekte sprechen ja für sich. IRINI hat sich als zahnloser Tiger präsentiert und DEU als hemdsärmeliger Gehilfe potentiell national motivierter Spielchen, denn aus IRINI Sicht, kann man das Boarding mit diesem Mandat nicht ernst gemeint haben.“
Ist das so? Ich kenne da einige relevante Akteuere, die Ihnen in jedem Einzelpunkt und/oder umfassend widersprechen würden.
Ich empfehle: Weniger hemdsärmlig. Mehr Differenzierung.