MAD-Jahresbericht 2019: Präsident betont „wehrhafte Demokratie“
In normalen Zeiten hätte diese Nachricht viel mehr Aufmerksamkeit gefunden, aber es sind keine normalen Zeiten: Der Militärische Abschirmdienst (MAD) hat seinen ersten Jahresbericht vorgelegt. Und gleich im Vorwort macht MAD-Präsident Christof Gramm deutlich, was ihm beim Schutz der Bundeswehr derzeit am meisten Sorge bereitet: die Bedrohung von rechts.
Aus diesem Vorwort:
Wir leben zwar in einer stabilen Demokratie, aber wir erkennen auch: Die Bedrohungen für grundlegende Werte unserer offenen Gesellschaft haben zugenommen. Insbesondere rechtsextremistische Bestrebungen gefährden unsere freiheitliche demokratische Grundordnung. Die Bundeswehr steht dabei nicht außerhalb der Gesellschaft, sondern sie ist als Teil der Gesellschaft von dieser Entwicklung betroffen. Hier sieht sich der MAD wortgetreu als „Abschirmdienst“ und als ein verlässlicher Eckpfeiler unserer „Wehrhaften Demokratie“. Eine unserer Kernaufgaben ist es, die Bundeswehr von jeglichen verfassungsfeindli- chen Bestrebungen frei zu halten.
Es ist der erste dieser Reports des MAD, die künftig jährlich vorgelegt werden sollen, und er ist mit 36 Seiten knapp ausgefallen. Allereings ist aus Veröffentlichungen in den vergangenen Monaten ein großer Teil dessen, was den Jahresbericht 2019 ausmacht, bereits bekannt – zum Beispiel aus dem Jahresbericht der Koordinierungsstelle für Extremismusverdachtsfälle im Verteidigungsministerium, in dem Bereits die Zahlen zu Extremisten in der Bundeswehr im vergangenen Jahr genannt sind.
Zudem hatte der MAD-Präsident schon in einer öffentlichen Anhörung des Bundestages im vergangenen Jahr wie auch im Januar in einem Interview deutlich gemacht, dass sein Amt die Rechtsextemisten in der Truppe gezielt im Blick hat – und dabei auch fehlende Verfassungstreue als Kriterium heranziehen will.
Das hatte ihm teilweise heftige öffentliche Kritik eingebracht. Im Vorwort des Jahresberichts präzisierte Gramm, wie er das versteht und begründet:
Verfassungstreue ist für Angehörige des öffentlichen Dienstes Berufspflicht. Mit dem Eintritt in die Bundeswehr erklärt sich jeder Angehörige bereit, unsere Verfassung anzuerkennen und aktiv dafür einzutreten. Es ist uns ein besonderes Anliegen, nicht nur die Orientierung und die Sensibilisierung für fehlende Verfassungstreue in der Bundeswehr zu verbessern, sondern auch einen Beitrag zu den rechtsethischen Grundlagen des Soldatenberufs zu leisten!
Den MAD-Report 2019 gibt es auf der Webseite des Amtes; und vorsorglich fürs langfristige Archiv hier als Sicherungskopie:
20200505_MAD-Report 2019
Nachtrag 6. Mai: Wegen eines Fehlers in einer Karte gab’s eine Neufassung.
20200506_MAD-Report_2019
Ich erlaube mir, hier auf den Beitrag von Klaus Naumann, Mitglied im Beirat für Fragen den Inneren Führung der Bundesminsterin der Verteidigung, hinzuweisen und als Lektüre zu empfehlen https://www.bpb.de/apuz/307654/militaer?fbclid=IwAR0_RLz9vPJ51GZQMNINStqgSoWmR-bfmVuZEjsHDAb4_NMz-4-2T4cFUzc
Die Sicherungskopie ist noch die Version mit dem Kartenfehler.
[Ja, gesehen, wird um die Neufassung ergänzt. T.W.]
Und ich erlaube mir, Josef König für den Hinweis zu danken. Nach der Lektüre des Naumann-Beitrages sehe ich die im Bericht angerissene Farbenlehre als durchaus zwiespältig an. Ich halte die Farbe „Orange“ grundsätzlich für anfällig und ungenau, das hört sich für mich zu sehr nach „vielleicht“ an…
Josef König sagt: 05.05.2020 um 21:04 Uhr
Danke für den Link zum Artikel von Klaus Naumann. Das war ein ziemlich intelligenter Artikel, der den Sachverhalt sehr zutreffend darstellt
@Trevor Faith sagt: 06.05.2020 um 22:00 Uhr
„Danke für den Link zum Artikel von Klaus Naumann. Das war ein ziemlich intelligenter Artikel, der den Sachverhalt sehr zutreffend darstellt“
Darüber lässt sich trefflich streiten.
Er ist, wie bei den meisten Artikel von Herrn Naumann, zugegebener Maßen gut und intelligent geschrieben und bringt wichtige Punkte. Aber und auch das ist vielen seiner anderen Artikel und Aufsätze gemein, ist er geprägt von einer Skepsis ggü. dem militärischen Milieu und insbesondere seinen konservativen Ausprägungen.
[So, jetzt bleiben wir mal auf dem Boden. Der Artikel ist gut geschrieben, bringt wichtige Punkte, taugt aber weniger, weil der Autor skeptisch ist gegenüber dem militärischen Milieu? Diese Art von Argumentation bleibt, das muss ich jetzt mal so sarkastisch sagen, bitte im Offizierskasino und wird hier nicht zur Grundlage. T.W.]
@Koffer sagt: 06.05.2020 um 22:18 Uhr
[So, jetzt bleiben wir mal auf dem Boden. Der Artikel ist gut geschrieben, bringt wichtige Punkte, taugt aber weniger, weil der Autor skeptisch ist gegenüber dem militärischen Milieu? Diese Art von Argumentation bleibt, das muss ich jetzt mal so sarkastisch sagen, bitte im Offizierskasino und wird hier nicht zur Grundlage. T.W.]
Nein, er taugt eine Menge! Wie ich ja bereits schrieb, er bringt intelligente Punkte! Er ist ein wichtiger Debattenbeitrag.
Aber wie bei jedem Debattenbeitrag muss man den Autor berücksichtigen.
Genauso wie Sie einzelne meiner Kommentare vor dem Hintergrund meiner allgemeinen Kommentarrichtung einordnen können, so ist das auch mit denen von Herrn Naumann.
Und ganz ehrlich: Ich habe so manch tiergehende und differenzierte Diskussion im Offizierkasino erlebt, da sehe ich keinen Widerspruch zu Ihrem Blog.
Wenn gewünscht, kann ich die Positionen von Herrn Naumann auch gerne mit einigen Zitaten belegen. Wie gesagt, auch diese immer intelligent und zumeist gut geschrieben ;)
Aber ich glaube das wäre hier OT, oder?
Aber wenn @Trevor Faith und @Josef König Herrn Naumann als Kronzeugen anführen möchten, dann müssen Sie schon gestatten, dass er als Autor eingordnet wird. Das ist ja nicht ehrenrührig ;)
LOL
Streiche: tiergehende
Setze: tiefgehende
http://www.bundeswehr-journal.de/2020/mad-identifizierte-2019-insgesamt-14-extremisten/
.
Mit dem, was ich jetzt sage gibt’s Haue, muss aber sein.
14 Extremisten, acht Rechtsextremisten usw. So what?
Worüber reden wir, in der Öffentlichkeit soweit Corona es zulässt, bei ca. 184.000 Soldaten und 65.000 Zivilbeschäftigten?
Kein Extremismus , gleich welcher Spielart, hat in staatlicher Exekutive irgend etwas zu suchen.
Bei 14 + 8 (sind die 8 Untermenge der 14?) muss sich niemand ernsthaft aufregen. Die Gesellschaft wird nicht gefährdet, die Demokratie wankt nicht. Die Dumpfbacken, die der Menge 14 + 8 angehören entsprechen nicht einmal ansatzweise dem rechten Wähleraufkommen der AfD, der Interessengruppe Reichsbürger, der Prepper usw.
Wir stehen ausgezeichnet da, der MAD hat die Lage im Griff. Hören wir auf unnötige Aufmerksamkeit zu erzeugen.
@KPK
Zumindest ein Überfliegen der PDF hätte Ihnen Klarheit verschafft:
14 Fälle Rot (Extremisten), davon 8 Rechtsextremismus, 4 Islamismus, 2 Reichsbürger (Summe 14)
38 Fälle Orange (Verdacht fehlende Verfassungstreue), davon 27 Rechtsextremismus
35 von 52 Fällen (Rot + Orange = 14+38=52) sind aus dem Heer
6 von 52 Fällen sind aus der Luftwaffe
6 von 52 Fällen sind aus der SKB
Wo aber kein Verdacht, da keine Ermittlung – es könnten also noch viel mehr Fälle (Orange und Rot) in der Bundeswehr sein.
Daher ist Ihre einfache Erhebung 14 von 184000 nicht ganz richtig um diese Zahl dann mit den Wählergruppierungen zu vergleichen.
@Klaus-Peter Kaikowsky (KPK) sagt: 06.05.2020 um 23:55 Uhr
„Mit dem, was ich jetzt sage gibt’s Haue, muss aber sein.
14 Extremisten, acht Rechtsextremisten usw. So what?“
Und jetzt kommt der erste Widerspruch, aber vermutlich von unerwarteter Seite ;)
Ich finde ja auch, dass die Zahlen nicht besorgniserregend sind und das wir als Bundeswehr insgesamt gut dastehen, aber „so what“ ist vielleicht dann doch etwas zu flapsig formuliert, oder?
Ich stimme Ihnen zu, dass wir das Problem nicht aufbauschen sollten, und vor allem, dass wir allen Versuchen von (nicht)-geneigter Seite die Zahlen zur Beschädigung des Ansehens der Bundeswehr zu instrumentalisieren entgegen treten sollten, aber nichts desto trotz bleibt es eine Aufgabe jedes Vorgesetzten und jedes Soldaten aktiv für die FDGO einzutreten und andere dazu zu motivieren dies auch zu tun.
@Koffer zu 07.05.2020 um 9:51 Uhr.
Absolut.
Hatte die Nachricht samt Kommentar im DLF in den Frühnachrichten 07:30 erstmals gehört. Tenor, „hast’de schon gehört, um Gottes Willen, diese Zahlen“, das ist es, was mich aufbringt.
Ansonsten, ganz Ihrer Auffassung.
@ Koffer
@ Koffer
Mit Verlaub. Kein Thema.
Mir scheint aber, dass es zu dem im Bericht des MAD zu genannten Sachverhalten kaum, um nicht zu sagen, keine Aufarbeitungen gibt. Nach der Lektüre des Beitrages von Klaus Naumann, der ja auch in seiner Verantwortung als Mitglied im Beirat für Fragen der Inneren Führung der Bundesministerin der Verteidigung zu plublizieren weiß, dachte ich mir, ich poste mal diesen link. Und, mit Verlaub, als Besucher und Unterterkunftsbewohner in einem ehemaligen Offizierkasino, sind mir so mache dort vertretenen, und oftmals unkorregierten Meinungen, noch gut in Erinnerung.
Aber nix für nungut.
Zitat: „Das hatte ihm teilweise heftige öffentliche Kritik eingebracht. Im Vorwort des Jahresberichts präzisierte Gramm, wie er das versteht und begründet:“
Nichts für ungut, aber ich erkenne in dem nachfolgenden Absatz keine Präzisierung, bloß nebulöse Absichtserklärungen. Gerade eine Präzisierung täte aber Not, schon um eine Rechtssicherheit zu schaffen, deren Abwesenheit der Verfassungstreue der Männer und Frauen in Uniform gewiss nicht zuträglich ist.
Die Sorge vor willkürlichen Entscheidungen ist nicht ganz und gar unbegründet, solange die Behörde nicht klar definiert, in welchem Handeln sie einen Ausdruck von mangelnder Verfassungstreue erblickt, der nicht gleichzeitig auch dem „herkömmlichen“ Aufgabenkreis des MAD unterfiele, die Behörde also nicht bisher schon auf den Plan gerufen hätte.
Denn umgekehrt muss sich der MAD fragen lassen: Hat man die Verfassungstreue der Soldaten bisher etwa nicht in den Blick genommen, hat man die eigenen Befugnisse bisher nicht ausgeschöpft? Gerade für Letzteres gibt es keine Anhaltspunkte, womit sich die Frage stellt, auf welcher Grundlage der MAD angekündigt hat, seine Aktivitäten auszuweiten.
Die Bundeswehr kann von ihren Angehörigen beziehungsweise von Bewerbern für den Soldatenberuf durchaus eine über das normale Maß hinausgehende Verfassungstreue verlangen. Dann muss dies aber auch so kommuniziert und vor allem mit einer rechtlichen Grundlage unterfüttert werden.
Dies muss umso mehr gelten, als die verwaltungs- und verfassungsgerichtliche Aufarbeitung des sog. Radikalenerlasses mehr als einmal betont hat, dass eine „Verfassungsferne“, d.h. eine passive Distanz gegenüber einzelnen Werten des Grundgesetzes, die sich nicht in einer aktiven Ablehnung, d.h. in ungesetzlichen Taten äußert, von der Meinungsfreiheit gedeckt ist und sogar bei Staatsdienern nicht als Ablehnung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung gewertet werden darf. Wieso sollte für Soldaten nicht gelten, was etwa für Lehrer gilt, die immerhin künftige Generationen unterrichten?
Wie @Reiter90 tue ich mir deswegen sehr schwer mit diesen Farbenspielen, nicht zuletzt in Anbetracht der Verlautbarungen des MAD-Präsidenten aus dem vorigen Jahr, dem schon Aussagen wie „das wird man ja wohl noch sagen dürfen“ als Hinweis auf eine problematische Einstellung zur Verfassung gelten wollten.
Dieselbe Verfassung beinhaltet Freiheitsrechte, die auch zum Schutze der Verfassung nicht leichtfertig beschnitten werden dürfen, und vor allem beinhaltet sie den Anspruch darauf, dass jedes staatliche Handeln, das einen Eingriff in die Rechte des Betroffenen darstellt, sich rechtlich einwandfrei darstellt, hinreichend konkret begründet ist und den Geboten der Verhältnismäßigkeit und Erforderlichkeit genügt.
Zieht man nun noch die Rechtssprechung zur Tätigkeit der Verfassungsschutzbehörden heran, kommen mir ernstliche Zweifel, ob das Grundgesetz oder auch nur die einschlägigen einfachgesetzlichen Regelungen dem MAD die Tätigkeit auf einer Ebene gestatten wollen, die der Ebene seiner bisherigen Auftragserfüllung vorgelagert scheint – was umso problematischer wirkt, als dass, wie gesagt, die Kriterien des MAD (wie sie bislang kommuniziert wurden), in ihrer Schwammigkeit beinahe informell erscheinen.
Eine Behörde, die die Verfassung verteidigt, kann nicht den Eindruck erwecken wollen, ihre Mitarbeiter entschieden aus dem Bauch heraus.
Ich dachte immer, dass diese Erwartung im Gelöbnis / in der Vereidigung eindeutig kommuniziert wird.
Soldaten, die Zweifel haben, ob sie mit ihrem verhalten verfassungstreu unterwegs sind, finde ich echt eine abstruse Personengruppe. Auch eine, die vielleicht nichts in der bw zu suchen hat.
@Muck
„Gerade eine Präzisierung täte aber Not, schon um eine Rechtssicherheit zu schaffen, deren Abwesenheit der Verfassungstreue der Männer und Frauen in Uniform gewiss nicht zuträglich ist.“
– Sie haben vollkommen Recht. Es ist leicht zu sagen: „Halten Sie sich an die Verfassung“. Schwieriger ist hingegen, in der „Grauzone“ herauszufinden, was verfassungskonform ist und was nicht.
– Das selbst Landesregierungen und deren Ministerien samt Rechtsabteilungen das Problem haben die Grenzen der Verfassungskonformität zu erkennen, zeigt die aktuelle Rechtsprechung zur Coronakrise, die ja auch die Bundesweh betrifft. Der Verfassungsgerichtshof Saarland hat beispielsweise Teile der Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen der Regierungsverordnungen aufgehoben.
Darf man den verordnenden Akteuren nun „fehlende Verfassungstreue“ vorwerfen?
@ Muck
Ich weiß nicht was am § 8 SG „Eintreten für die demokratischen Grundordnung“ mit dem schlanken Satz „Der Soldat muss die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes anerkennen und durch sein gesamtes Verhalten für ihre Erhaltung eintreten.“ nicht eindeutig sein soll.
Wenn sich jemand in zweifelhaften rechtsradikalen Prepper Netzwerken wie „Uniter e.V.“ aufhält oder bei der identitären Bewegung, die unseren Staat mehr oder weniger ablehnt, engagiert und identifiziert, dann ist dies wohl eindeutig, dass er nicht „durch sein gesamte Verhalten für ihre Erhaltung“ eintritt.
Insofern kann ich die Kritik an der Praxis des MAD mit der Farbenlehre nicht verstehen. Als Soldat, als Beamter hat man sich von allen radikalen Strömungen gegen die freiheitliche demokratischen Grundordnung fernzuhalten und im Gegensatz dazu aktiv für die Werte der Grundordnung eintreten.
Ein Disziplinarvorgesetzter der die eindeutig rechtsextremistische Masterarbeit eines ihm unterstellten Offiziers ignoriert, weil ja sonst die Karriere des Offiziers gefährdet gewesen wäre und er vielleicht dann nicht Berufsoffizier geworden wäre, setzt sich aus meiner Sicht nicht aktiv für die demokratische Grundordnung Deutschlands ein und gehört deshalb aus meiner Sicht aus dem Dienst entfernt.
Also die Bw hat ein rechtsradikales bis rechtsextremes Problem. Das Problem ist weniger in der Lw aber desto mehr in den Kampfeinheiten des Heeres vertreten mit einem eindeutigen Schwerpunkt bei dem KSK, inklusive der Traditionslinie für Spezialeinheiten die der damalige Kdr General Günzel von den Spezialeinheiten der Wehrmacht ableitete.
Über das Ausmaß des rechtsextremen Problems der Bundeswehr (und anderer Sicherheitsorgange Deutschlands, wie Polizei, Verfassungsschutz usw.) kann man diskutieren, es zu negieren bedeutet man setzt sich nicht mehr aktiv für die demokratische Grundordnung Deutschlands ein.
Beispielsweise siehe auch: https://www.br.de/nachrichten/bayern/der-polizist-uniter-und-der-tag-x,RfptGRB
@Georg sagt: 08.05.2020 um 10:42 Uhr
„Ein Disziplinarvorgesetzter der […] gehört deshalb aus meiner Sicht aus dem Dienst entfernt.“
„Also die Bw hat ein rechtsradikales bis rechtsextremes Problem.“
„Das Problem ist weniger in der Lw aber desto mehr in den Kampfeinheiten des Heeres vertreten“
LOL, offensichtlich hat da jemand Lust auf Provokation am langen Wochenende ;)
[Und dennoch wird das jetzt nicht ein Pingpong-Spiel, das es zu diesem Thema hier schon mehrfach gab. T.W.]
Die Fallzahlen im Bereich Islamismus (4 Rot, 4 Orange, 77 Verdachtsfälle) sind bei nur 3.000 Muslimen in der Bw eine auffällig statistische Signifikanz. 2,5% der muslimischen Soldaten sind demnäch Verdachtsfälle. Würden wir diese 2,5% auf die restlichen 177.000 und den Rechtsextremismus anwenden, dann hätten wir 4.425 rechtsextremistische Verdachtsfälle. Es sind aber „nur“ 363.
Der aktuelle und zukünftige Nachwuchs wird weiterhin/vermehrt Soldaten islamischen Glaubens in die Bundeswehr bringen.
Kann und darf darüber diskutiert werden, wie man damit umgehen will?
Wenn man behauptet, die Bw hat ein rechtsradikales/-extremes Problem, hat dann die Bw auch ein islamistisches Problem?
>>Unter den insgesamt 180.000 Soldaten des Jahres 2019 wird die Anzahl der Muslime seitens des Verteidigungsministeriums auf circa 3.000 geschätzt.<<
https://de.wikipedia.org/wiki/Personen_mit_Migrationshintergrund_in_der_Bundeswehr
@Georg
Nichts für ungut, aber ich denke, Sie verschieben hier etwas die Torpfosten, wie man so schön sagt. Ich habe weder das Vorhandensein von Extremismus in den Streitkräften in Abrede gestellt, noch mich auch nur auf die konkreten Fälle bezogen, die Sie in den Ring werfen.
Bezogen habe ich mich auf Grenzfälle. Auf Grenzfälle, die mir – vielleicht zu Unrecht, vielleicht zu Recht, oder vielleicht auch nur irrtümlich aufgrund der Informationspolitik des MAD – dadurch entstanden zu sein scheinen, dass sich die Grenzen verschoben haben.
Ich frage noch einmal: Hat der MAD seine Befugnisse bisher nicht ausgeschöpft, Fanatiker in Uniform wissentlich toleriert? Wenn dies nicht der Fall ist, wenn er seine Befugnisse bisher schon ausgeschöpft hat, so würde dies bedeuten, dass der Dienst seine Beobachtung in einen Bereich verlegt hat, der seinem Aufgabenbereich vorgelagert ist.
Und ich äußere weiterhin Zweifel daran, dass Verfassung und Gesetze diesen Bereich kennen und gutheißen. Eine Aussage oder Handlung ist entweder extremistisch, oder sie ist es nicht. Einstufungen im Sinne von „ein bisschen Schwanger“ beinhalten zwangsläufig die Gefahr einer irrtümlichen oder rechtswidrigen Handhabung zum Nachteil eines Bürgers. (Weiter im Folgenden.)
@Sanjäger
Der Rechtsanwender unterliegt natürlich auch politischen und gesellschaftlichen Einflüssen, und diese Einflüsse bedürfen der konstanten Überprüfung. Es ist mir ein Anliegen, dies hervorzuheben, weil ich glaube, dass nichts so sehr extremistische Strömungen in der Gesellschaft begünstigt wie der Anschein ungenügender staatlicher Neutralität.
Damit die Befürchtung gar nicht erst aufkommt, ich wolle hier für irgendwelche selbsternannten Kreuzfahrer eine Lanze brechen, so sei zuerst als bekanntes Beispiel genannt, dass die Partei Die Linke nur in denjenigen Bundesländern vom Verfassungsschutz beobachtet wird, in denen CDU/CSU regieren. Ist da kein Missbrauch der Regierungsgewalt zu befürchten, egal durch wen?
Den Gedanken weiterspinnend: Sitzen im MAD nicht auch Menschen, die ihre Befugnisse missbrauchen könnten, egal zu wessen Gunsten?
Kommen solche Fragestellungen vor Gericht, werden nachrichtendienstliche wie disziplinarrechtliche Maßnahmen erschreckend oft kassiert. Der amtierende Ministerpräsident von Thüringen etwa, Ramelow, war jahrelang rechtswidrig Ziel einer Beobachtung durch den Verfassungsschutz und musste sich durch alle Instanzen klagen, damit der Dienst diese beendete.
Den Gedanken weiterspinnend: Ist dies wirklich eine Situation, die wir schaffen wollen, dass möglicherweise zu Unrecht abgelehnte Bewerber oder aus dem Dienst entfernte Soldaten erst den Rechtsweg beschreiten zu müssen?
Und wenn die Gefahr mangelnder Konkretheit bislang noch nicht deutlich geworden ist, hier ein Beispiel aus meinem eigenen Umfeld. An meiner Universität (keine Klarnamen bzw. -bezeichnungen, in diesen Zeiten brauche ich meinen Job) droht der Senat Mitarbeitern wie Studenten, die keine „genderneutrale Sprache“ verwenden, mit Auflösung ihres Arbeitsverhältnisses bzw. Exmatrikulation aufgrund angeblicher Verfassungsfeindlichkeit (da aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz nach Art. 3 GG eine Pflicht zur geschlechtsneutralen Anrede hervorgehe).
Gewiss, ein sehr krasses Beispiel und vermutlich eines, das bald auch vor Gericht landen und hoffentlich atomisiert werden wird. Doch zeigt die Anwendungspraxis, dass man durchaus unwissentlich und ohne eigenes ungesetzliches oder unmoralisches Zutun in den Verdacht der Verfassungsfeindlichkeit geraten kann.
Stellen wir uns vor, ein Soldat äußert sich ablehnend über den Vorschlag, den Dienst in der Bundeswehr für Angehörige von Drittstaaten zu öffnen. Ich brauche Ihnen hoffentlich nicht zu sagen, dass es Leute gibt, durchaus auch in öffentlichen Ämtern, die eine solche Äußerung als ausländerfeindlich interpretieren würden. Wie also damit umgehen?
@ muck
Mir geht es um die „orange“-Fälle, also die Fälle wo der MAD Bedenken hat, dass der Soldat sich „aktiv durch sein gesamtes Verhalten für die freiheitlich demokratische Grundordnung eintritt“. Dieser Punkt nach § 8 SG ist m.M.n bisher zu wenig in der Praxis beachtet worden. Da geht aus meiner Sicht nicht um genderneutrale Anreden, sondern darum, dass der Soldat, als Beamter, als Diener des Staates sich von allen auch nur anrüchigen verfassungsfeindlichen Organisation fernzuhalten hat.
Dazu gehören meiner Meinung nach vor allem „Reichsbürger“, „Neue Rechte“, „Identitäre Bewegung“ aber auch so zweifelhafte Vereine wie „Uniter e.V.“
Wie wollen sie einem Polizisten oder einem Soldaten vertrauen, dass er im Extremfall die Grundrechte der Bevölkerung, der Menschen im Lande schützt, wenn er z.B. rassistische Äußerungen macht ? – und davon gibt es bei der Polizei viele !
@muck sagt: 10.05.2020 um 4:09 Uhr
Ich teile Ihre Bedenken ob möglicher „Unschärfen“ bei der Einstufung als orange. Gerade die Politisierung des Disziplinar- und Personalrechts unter der letzten IBuK sollte uns hier eine Mahnung sein.
Aber ich teile auch @Georg Bewertung der weitreichenden Treupflicht des § 8 SG. Im Gegensatz zu normalen Bürgern, gilt für uns Staatsdiener nicht nur ein Betätigungsverbot gegen den Staat, sondern ein Unterstützungsgebot für die FDGO und den diese stützende und schützenden Staat.
Wer also nicht aktiv für die FDGO eintritt begeht bereits schwerwiegende Dienstvergehen, die sehr, sehr häufig an der Grenze zur Entfernung aus dem Dienst liegen.
Von daher kann ich intellektuell die Kategorie orange inhaltlich absolut berechtigt anerkennen, aber ich habe in der Tat Sorge ob der Umsetzung für eine solche Einstufung im Einzelfall…
@ CRM-Moderator 08.05.2020 um 17:05 Uhr:
Ihre Hochrechnung mit den 2,5% Islamisten und dem Übertrag auf Rechtsextremisten passt doch ganz gut. Sozialwissenschaftliche Studien ergeben genau diese 2-3% an Personen mit klar rechtsextremen Einstellungen in der Bevölkerung.
Und genau dieses von Ihnen beschriebene Delta von 363 aufgeführten Verdachtsfällen zu 4425 statistisch zu erwartenden sollte uns zu denken geben. Das von Georg beschriebene Beispiel der Bewertung von Franco A.s Masterarbeit zeigt dabei exemplarisch, wie es zu diesem Delta kommt.
Kurzer Verweis auf die bereits geführte Debatte: https://augengeradeaus.net/2020/03/extremisten-in-der-bundeswehr-mehr-blick-nach-rechts-mehr-verdachstsfaelle-mehr-meldungen/comment-page-1/#comment-333414
@Text von Klaus Naumann:
Danke für den Hinweis! Ein sehr differenzierter Text in meinen Augen. Naumann verweist – wie eigentlich alle in dieser Debatte – auf das Fehlen verlässlicher Daten. Das wäre doch mal ein Auftrag – nicht für den MAD, sehr wohl aber für das Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr – die Einstellungen der Soldatinnen und Soldaten zu erfassen und mit der Gesamtbevölkerung zu vergleichen.
Natürlich wird die politische Diskussion nach einer solchen Studie eher banal sein: Linksaußen skandiert „Nazis in der Bundeswehr“, Rechtsaußen kritisiert „Gesinnungsschnüffelei“, und die Mitte versucht die Bundeswehr zu verteidigen.
Aber die Streitkräfte selbst können daraus doch viel lernen: In welchen Bereichen gibt es mehr Probleme, in welchen weniger? Welche Faktoren liegen dem zugrunde? Und welche Maßnahmen könnte man passgenau für bestimmte Bereiche ergreifen?
@Blick nach außen:
Ist ja nicht so, dass nur in Deutschland über Extremisten in den Streitkräften diskutiert wird:
https://warontherocks.com/2020/05/of-course-the-u-s-military-has-a-white-supremacy-problem-its-baked-in/
„The Department of Defense is under pressure from Congress to expose and correct its white supremacy problem. It’s clear that there is a problem […] and a recent troop survey indicates a worrying upward trend in signs of white supremacy in the ranks. But it’s also clear that the department has taken a softball approach to the challenge — as illustrated by the fact that it doesn’t treat membership in white supremacist organizations as a sole rationale for discharge. Worse yet, the services, especially the U.S. Army, have a long habit of venerating those who fought for the Confederacy, […] whose major relationship to the U.S. Army was that they fought against it. Might one wonder why the services have a poor record combating white supremacy? Maybe it’s because white supremacy is baked in.“
(@Georg/Koffer: Kann das Zufall sein, dass auch dort ein Luftwaffensoldat Richtung Heer stänkert? :-) )
@ muck
Zitat: „Ich frage noch einmal: Hat der MAD seine Befugnisse bisher nicht ausgeschöpft, Fanatiker in Uniform wissentlich toleriert? Wenn dies nicht der Fall ist, wenn er seine Befugnisse bisher schon ausgeschöpft hat, so würde dies bedeuten, dass der Dienst seine Beobachtung in einen Bereich verlegt hat, der seinem Aufgabenbereich vorgelagert ist.“
Es geht hier aus meiner Sicht nicht um Frage „ein bisschen schwanger oder nicht schwanger“ sondern um die Frage „Wie halte ich es mit der Treue zu der FDGO ?“. Bisher war die Sichtweise von Betroffennen Staatsdienern aber auch von Untersuchungsstellen, die oder jene Organisation ist nicht verboten, also ist es auch nicht verboten dort Mitglied zu sein oder als Mitläufer mit den Zielen der Organisation zu sympathisieren.
Dies gilt jedoch nicht nach § 8 SG für Soldaten und den entsprechenden Paragraphen für Beamte. Dies galt schon immer nach dem Dienstrecht und ist bis jetzt noch nicht so forciert durchgesetzt worden ! (siehe auch meinen obigen Link zu dem Bericht über den Ex-Soldaten und jetzigen bayrischen Polizisten der sich weigert bei Uniter e.V. auszutreten).
Selbst die bayrischen Bischöfe mussten nach der Säkularisition eine Wohlverhaltenspflicht gegenüber dem bayrischen Staat aussprechen und einhalten und wurden und werden nach der großflächigen Enteignung von kirchlichen Besitztümern dafür bis heute vom bayrischen Staat alimentiert (B-Besoldung). Also vereinfacht ausgedrückt „wessen Brot ich esse, dessen Lied ich singe“. Dies gilt für alle Arbeitnehmer und in einem besonderen Maß für die Beamten und Soldaten. Das gegenseitige Treueverhältnis zwischen Dienstherrn und „Staatsdiener“ ist ein besonderes und geht weit über die Pflichten eines gewerblichen Arbeitnehmers gegenüber seiner Beschäftigungsfirma hinaus !
Dies gilt es wieder in das Bewusstsein einiger Aussenseiter im Staatsdienst zu verankern und dafür die erweiterte Aufgabenstellung für den MAD. Dies macht aus meiner Sicht jedenfalls mehr Sinn die Verfassungstreue der Staatsdiener zu überprüfen als der Ratschlag des damaligen Verfassungsschutzpräsidenten Hans-Georg Maaßen an die AFD, wie sie sich verhalten müsse, damit sie nicht vom Verfassungsschutz beobachtet werden muss.
PS: Der eigentliche Skandal des o.g. Falles der Polizisten ist ja, dass der bayrische Dienstherr, das bayrische Innenministerium, keinen Anlaß sieht gegen den Polizisten dienstrechtlich entwas zu unternehmen.
Am 08. Mai hat Claus Kleber im Heute Journal Klaus v. Dohnyani (fast 92 Jahre alt) zu seinen Lehren aus der Herrschaft der Nationalsozialisten gefragt. Sein Ratschlag war, aufzupassen das keine gesellschaftlich Verhältnisse wie vor der Machtergreifung 1933 wieder auftreten.
Jetzt schauen Sie sich die gesellschaftliche Realität im Jahre 2020 in Deutschland in Punkto Rechtsradikalismus an. Selbt die Emordung eines Regierungspräsidenten führt noch zu keinem grundsätzlichen Umsteuern im Beharrungsvermögen des Staatsapparates mit ihren „Staatsdienern“.
Kleines Gedankenexperiment: Wenn die NSU-Morde einen linksextremistischen Hintergrund gehabt hätten, wie damals die RAF, glauben Sie dass die jeweiligen Landesverfassungsschutzämter auch die Vorgänge verschleiert und der gerichtlichen Aufarbeitung entzogen hätten ?
@K.B. sagt: 10.05.2020 um 12:12 Uhr
„@Georg/Koffer: Kann das Zufall sein, dass auch dort ein Luftwaffensoldat Richtung Heer stänkert? :-) “
Ich denke einfach, dass er nicht nachvollziehen kann wie sehr die US Army jenseits der politischen Fragen den Gegner ob der militärischen Operationsführung respektiert hat. Vielleicht muss man dazu in der Tat im „Heeresdenken“ groß geworden sein um solche Gedankengänge nachvollziehen zu können.
@Georg sagt: 10.05.2020 um 13:58 Uhr
„PS: Der eigentliche Skandal des o.g. Falles der Polizisten ist ja, dass der bayrische Dienstherr, das bayrische Innenministerium, keinen Anlaß sieht gegen den Polizisten dienstrechtlich entwas zu unternehmen.“
Hm, wenn ich das Verwaltungsrecht richtig kenne, dann ist das nur korrekt, denn Uniter ist bisher nur ein Prüffall und kein Verdachtsfall. Daraus leitet sich dann ab, dass eine Mitgliedschaft an sich noch kein Dienstvergehen darstellt. Sehr wohl kann natürlich ein individuelles Fehlverhalten des betroffenen auch bereit im Vorfeld einer Einstufung als Verdachtsfall ausreichen, aber das muss halt rechtsstaatlich abgewogen werden.
„Sein Ratschlag war, aufzupassen das keine gesellschaftlich Verhältnisse wie vor der Machtergreifung 1933 wieder auftreten.
Jetzt schauen Sie sich die gesellschaftliche Realität im Jahre 2020 in Deutschland in Punkto Rechtsradikalismus an. Selbt die Emordung eines Regierungspräsidenten führt noch zu keinem grundsätzlichen Umsteuern im Beharrungsvermögen des Staatsapparates mit ihren „Staatsdienern“.
Sorry, aber das halte ich dann jetzt doch für reichlich übertrieben. Wenn Sie mal die Vorgänge des Jahres 1933 mit denen von heute vergleichen, dann, kann ich Ihre sprachliche Gleichsetzung noch nicht einmal ansatzweise nachvollziehen. Das ist für mich schlicht Alarmismus.
@K.B.:
„Und genau dieses von Ihnen beschriebene Delta von 363 aufgeführten Verdachtsfällen zu 4.425 statistisch zu erwartenden sollte uns zu denken geben. “
Verstehe.
Die Bw macht also Auswahlverfahren. Überprüft die Leute. Macht mit ihnen pol. Bildung. Und trotzdem dürfen die Zahlen nicht kleiner sein, wie beim ungescreenten Rest der Bevölkerung. Und deshalb muss es eine Dunkelziffer geben. Und deshalb ist bei der Bw was im Argen.
Hochspannende Argumentation.
Ich bin von 3.000 Angehörigen des Islam in der Bw ausgegangen. Im o.a. Wiki-Link steht aber auch, „Die Deutsche Islamkonferenz (DIK) schätzt ihre [Muslime] Zahl auf circa 1.500.“
Würde bedeuten, 77 Verdachtsfälle bei 1.500. Also 5,1%.
Ihre Argumentation folgend müssten also von den verbliebenen 178.500 Soldaten nun 9.160 (5,1%) rechtsextreme Verdachtsfälle sein. Das Delta zu den realen „363“ wäre noch exorbitanter. Was darauf schliessen würde, dass es die Bw irgendwie schafft ~8.800 Verdachtsfälle zu verschleiern.
Wenn das so wäre, dann kann man den Laden wohl dichtmachen, oder?
Die neue Wehrbeauftragte wird sich sicherlich der Thematik annehmen.
@K.B.
Nachschlag. Ich habe jetzt Ihren Kommentarlink zum AG Thread vom März geöffnet und gelesen. Ich glaube die anderen Kommentatoren haben Ihnen damals ausführlich zu Ihren 2,5% und wie die „ermittelt“ wurden geantwortet.
Wir können uns natürlich immer über Dunkelziffern und gefühlte Einschätzungen unterhalten. Aber am Ende des Tages muss man eben die nackten Zahlen zur Kenntnis nehmen. Schlagen Sie meinetwegen 10% drauf.
Ich schau´ einfach mal über den Tellerrand zu unserem engsten Verbündeten in Europa: Frankreich. Da hat der Staatspräsident Macron im Februar verkündet, er wolle mit einem Aktionsplan (30 Seiten) gegen „islamistischen Separatismus und Radikalismus“ im Land vorgehen und die 47 vom Staat identifizierten Viertel, sog. „verlorene Territorien der Republik“, „republikanisch Wiedererobern“. Und da werde ich sehr hellhörig. Denn das sagt Macron nicht aus populistischer Lust und Laune. Bei uns in D ging das medial ein bißchen unter.
Fazit: Wir müssen wissen, wo wir zukünftig möglicherweise die Prioritäten zu setzen haben. Wenn wir denn welche setzen wollen.
Nebeneffekt von Corona und folgender Wirtschaftskrise: Die Bw wird auf ein breiteres Bewerberspektrum zugreifen können. Nicht nur bei den Piloten.
@ Koffer
Zitat: „Hm, wenn ich das Verwaltungsrecht richtig kenne, dann ist das nur korrekt, denn Uniter ist bisher nur ein Prüffall und kein Verdachtsfall. Daraus leitet sich dann ab, dass eine Mitgliedschaft an sich noch kein Dienstvergehen darstellt. Sehr wohl kann natürlich ein individuelles Fehlverhalten des betroffenen auch bereit im Vorfeld einer Einstufung als Verdachtsfall ausreichen, aber das muss halt rechtsstaatlich abgewogen werden.“
Es ist ein immer sich gleichendes und wiederholendes Argumentationsmuster bei Ihnen. Gestern noch haben sie die besondere Treue von Staatsdienern, hier Soldaten gemäß § 8 SG betont und heute argumentieren Sie „erlaubt sei, was nicht verboten ist“. Ja was denn nun ?
Darf ein Soldat guten Gewissen Mitglied bei Uniter e.V. sein, die sich auf den Tag X, auf einen Staatsstreich vorbereiten, 13000 Schuss Munition gestohlen haben, Leichensäcke und Löschkalk bestellen wollen um „unliebsame Personen“ aus dem öffentlichen Leben zu entfernen, oder entspricht dies nicht ihren Vorstellungen von sich „aktiv für die FDGO nach § 8 SG einsetzen“ ?
Wieviel kriminelle Energie benötigt es bei der Bw 1000 Schuss Munition zu stehlen (Franco A.) ?
Nachdem Sie (vermutlich) und ich auch als Disziplinarvorgesetzter für die Richtigkeit des Bestandes eines Standortmunitionslagers verantwortlich waren, frage ich Sie, wieviel Dienstgrade in einer Organisation „mitspielen“ müssen um 1000 Schuss Munition ohne Nachweis verschwinden zu lassen und ohne das das Fehl in den monatlichen Kontrollen nicht auffällt ?
Wir reden hier nicht über 10 Schuss, die man in einer Schießkladde verbucht aber nicht verschossen hat ! Bereits dies wäre eine gesetzliche Urkundenfälschung nach StGB !
Die Geschichte des von mir oben verlinkten bayrischen Polizeibeamten und ehemaligen KSK -Scharfschützen geht ja noch weiter. Bei dem in Meck-Pomm sichergestellten 13000 Schuss Munition waren gemäß Losnummern 1000 Schuss Hartmetallgeschoße einer bayrischen Spezialpolizeieinheit dabei. Auf Nachfrage des ZDF-Zoom Teams im bayrischen Innenministerium – „kein Kommentar“.
Wir reden hier nicht über ein paar Waffennarren, die ein paar Schuss unterschlagen haben, sondern von Elitekämpfern, die schutzwestendurchschlagende Spezialmunition in großer Zahl gesammelt haben und nun frage ich Sie aus welchen Grund ?
Nach den zig-Morden der vergangenen Jahre mit rechtsradikalen Hintergrund, einer rechtsradikalen, in Teilen rechtsextremisten AFD mit über 20 % Zustimmung in manchen Teilen der Republik wollen Sie mir erklären, dass diese Vorgänge nicht vergleichbar sind mit der Entwicklung in den 20iger Jahren des letzten Jahrhunderts bis zum 30. Januar 1933 ?
Wieviel Prozent Wahlergebnis hatte den die NSDAP in der Reichtstagswahl vor der Machtergreifung erreicht und warum ist Hitler trotzdem zum Reichskanzler gewählt worden ?
@CRM-Moderator 10.05.2020 um 23:47 Uhr:
„Aber am Ende des Tages muss man eben die nackten Zahlen zur Kenntnis nehmen. “
Deshalb mein Verweis auf das von Naumann beschriebene Fehlen statistischer Daten – eben jener „nackten Zahlen“.
Und wenn dann herauskommt, dass es nur ein Fünftel so viele Rechtsextremisten in der Bundeswehr gibt wie in der Durchschnittsbevölkerung, werden wir alle zufrieden sein und können uns fokussiert um den Rest kümmern.
Ich finde es auffällig (und im Endeffekt problematisch), dass der Anteil von Personen mit rechtsextremistischen Einstellungen in der Bundeswehr kleiner als ein Zehntel sein soll, als der Anteil an der Gesamtbevölkerung (MAD-Zahlen gegen Untersuchung Friedrich-Ebert-Stiftung) – bei allem Einsatz und allem Erfolg der Verantwortlichen in Sachen Überprüfung der Bewerber, disziplinarischer Kontrolle und politischer Bildung.
@Prioritätensetzung:
Ein Ausspielen der Zahlen gegeneinander (Islamisten vs. Rechtsextremisten vs. Linksextremisten) halte ich für nicht zielführend.
Unabhängig davon: Ja, die Bundeswehr hat – mit Blick auf die Zahlen – das Problem, Islamisten anzuziehen. Für mich sind diese recht hohen Zahlen aber auch eine Erfolgsmeldung, weil Islamisten zuverlässig erkannt und entfernt werden.
@Georg sagt: 11.05.2020 um 9:46 Uhr
„Es ist ein immer sich gleichendes und wiederholendes Argumentationsmuster bei Ihnen. Gestern noch haben sie die besondere Treue von Staatsdienern, hier Soldaten gemäß § 8 SG betont und heute argumentieren Sie „erlaubt sei, was nicht verboten ist“. Ja was denn nun ?“
Der Schutz der Persönlichkeitsrechte und des Rechtes auf freie Meinungsäußerung und politischer und gesellschaftlicher Betätigung ist gemäß unserer FDGO ein hohe und zentrales Gut. Es bedarf daher besonderen Schutzes. Dies haben sowohl Verwaltungsgerichte, als auch das Bundesverfassungsgericht wiederholt und eindeutig klar gestellt.
Wenn ich mich gerade als Staatsdiener nicht vorbehaltlos hinter dieses Grundrecht stellen würde, würde ich etwas falsch machen.
„Nach den zig-Morden der vergangenen Jahre mit rechtsradikalen Hintergrund, einer rechtsradikalen, in Teilen rechtsextremisten AFD mit über 20 % Zustimmung in manchen Teilen der Republik wollen Sie mir erklären, dass diese Vorgänge nicht vergleichbar sind mit der Entwicklung in den 20iger Jahren des letzten Jahrhunderts bis zum 30. Januar 1933 ?“
In der Tat. Genau das. Glücklicherweise noch nicht einmal ansatzweise.
Und damit es so bleibt, bedarf es steter Wachsamkeit des Staates (inkl. Vorgesetzter und des MAD) und staatsbürgerlichen Engagements jedes Einzelnen. Aber die geschichtlichen Fakten der 20er und 30er Jahre zu verfälschen oder die aktuelle Lage zu dramatisieren hilft dabei nicht weiter.
@Georg
10.05.2020 um 13:58 Uhr
Da ist was wahres dran, aber der Vergleich 2020 zu 1933 passt wirklich nicht.
Allerdings passt eher der Vergleich 2020 zu 1921. Hoffentlich kommen wir nicht in Richtung 1923.
@Koffer
Ich bin auch ein Verwaltungsrechtler und sehe das ähnlich wie sie.
Aber die Beispiele von Georg sind auch wirklich alarmierend und haben auch mich vor Monaten stark wachgerüttelt.
Das sind mir einfach zu viele Einzelfälle mit verschiedensten Verbindungen und auch ein Herr Maaßen wird nicht von heute auf morgen seine politische Meinung geändert haben. Das war mit Sicherheit genügend Leuten bekannt, aber man hat das alles abgetan und als Alarmismus bezeichnet.
@Koffer 10.05.2020 um 20:58 Uhr
„Ich denke einfach, dass er nicht nachvollziehen kann wie sehr die US Army jenseits der politischen Fragen den Gegner ob der militärischen Operationsführung respektiert hat.“
Ohne diesen OT zu weit auszudehnen: Verlinkte Texte zu kommentieren, ohne zu lesen, geht, ist aber nicht immer zielführend. ;-)
„Camp Bragg (now Fort Bragg) was named in 1918 after an officer who resigned from the Army in 1856 to become a plantation slaveowner, and later became a staggeringly incompetent Confederate general.“
@ K.B. sagt: 12.05.2020 um 10:21 Uhr
„Ohne diesen OT zu weit auszudehnen: Verlinkte Texte zu kommentieren, ohne zu lesen, geht, ist aber nicht immer zielführend. ;-)“
Ich sehe nicht, dass ich meine Aussage ob des verlinkten Textes inhaltlich im Kern ändern müsste. Der Respekt für den ehemaligen Kriegsgegner ist etwas, was zumindest im Heer Teil der Identität ist. Das ist übrigens nach meiner Beobachtung weltweit so.
Ich habe auf diese unterschiedlichen „Selbstverständnisses“ schon im mehreren Kommentarfäden der letzten Jahre hier im Blog hingewiesen. Aber ich halte es nicht für geboten, dass Thema hier weiter auszuwälzen.
@K.B.
„Ein Ausspielen der Zahlen gegeneinander (Islamisten vs. Rechtsextremisten vs. Linksextremisten) halte ich für nicht zielführend.“
Sie nehmen sich einen Kronzeugen von der Stiftung einer politischen Partei mit dessen hergeleiteten Zahlen, die nicht ansatzweise (1/10!) mit den ermittelnden Zahlen übereinstimmen. Daraufhin vermuten sie Verschleierung. Umgekehrt finden Sie das Auffinden der Islamisten einen Erfolg, weil auf diesem Extremismusgebiet der MAD wohl gut arbeitet. Ich fasse ihre beide Wahrnehmungen mal überspitzt zusammen: Sie insinuieren, der MAD betreibe „racial profiling“. Und natürlich „Rechte Auge blind“.
Abschliessend werfen Sie mir vor, ich würde die verschiedenen Extremisten gegeneinander ausspielen. Wer also versucht trockene Analyse zu betreiben, dem wird Unlauteres unterstellt. So kann man natürlich auch eine Diskussion führen. Ob ihre mögliche Problemlösung dann noch was mit dem Problem zu tun hat? Fraglich.
@CRM-Moderator:
Sollte ich Aussagen als persönlichen Vorwurf formuliert haben, bitte ich um Entschuldigung. Das war nicht meine Absicht.
Warum soll die Mitte-Studie von Friedrich-Ebert-Stiftung und Uni Bielefeld fehlerhaft sein? Ich sehe die nicht als „Kronzeugen“, sondern als einzige empirische Studie zum Thema, die ich auf Anhieb gefunden habe. Freue mich über Hinweise auf weitere Untersuchungen in der Richtung.
Ich unterstelle auch nur in ganz wenigen Fällen „Verschleierung“, sondern sehe primär Unachtsamkeit oder Verharmlosung – meist aus Kameradschaftsgründen, seltener aus ideologischer Nähe. Diese Unachtsamkeit und Verharmlosung sehe ich entsprechend weniger beim MAD, sondern eher in der unmittelbaren Umgebung der Extremisten.
Wir sind uns einig, dass das Auffinden zahlreicher Islamisten ein Zeichen guter Arbeit ist. Ob das genaue Hinschauen und konsequente Abarbeiten dabei auch rassistische Grundlagen hat? Gute Frage. In jedem Fall wird auf der islamistischen Seite die Gefahr gesehen und effektiv verfolgt.
K.B.
Jede Partei hat ihre Stiftung und bildet dort ihre Leute aus (Stipendien) oder macht Studien, um ggf. Argumentationslinien der Partei zu unterfüttern. Deshalb hat ein Studie der FES einen anderen Drall/Folgerung als die der KAS oder HBS oder…
Und insofern sind wir uns einig, dass gem. dem Fluch der kleinen Zahl, bei nur 3.000 Muslime ein Verdachtsfall schneller erkannt wird, weil einfach wegen Neugier oder Interesse ggü. dieser Minderheit bei gewissen Äusserungen im Kameradenkreis möglicherweise schneller aufgeschaltet wird.
„Fun“ Fact (nein, nicht funny) zum Thema Rechtsextremismus in D:
Laut Bundeszentrale Politischer Bildung 2017 ist die grösste rechtsextreme Organisation in D die türkischen Grauen Wölfe. Sorgt immer wieder für Erstaunen.